„Darum geht hin…“ / Matthäus 28, 16 – 20 Einstieg: Diskussion in

„Darum geht hin…“ / Matthäus 28, 16 – 20
Einstieg:
Diskussion in einem zwischenkirchlichen Gremium über Barmherzigkeit
und unserem Umgang mit Flüchtlingen. Bericht einer Pastorin von einem
Essen mit Flüchtlingen in ihrer Kirche. Unsicherheit, ob sie beten solle.
Erleichtert, als eine Ehrenamtliche sie dazu ermutigte. Dann aber habe sie
darauf geachtet, aus Rücksicht auf Muslime nicht zu Jesus zu beten.
Ich habe deutlich gemacht, dass ich das ganz anders sehe: Wenn wir uns
nicht zu Jesus bekennen, wer dann?! Müssen Menschen, die zu uns
kommen, das nicht erwarten dürfen?
Einwand: Wir dürften Notlagen doch nicht ausnutzen, um Menschen mit
unserem Glauben zu konfrontieren.
Meine Antwort: Ich bin davon überzeugt, dass die größte Not des
Menschen seine Verlorenheit vor Gott ist, darum wäre es gerade nicht
Liebe, ihm das Angebot der Versöhnung durch Christus vorzuenthalten.
Dass ich mich auf der Grundlage dieser Überzeugung auch über die ganz
offensichtliche Not meines Nächsten erbarme, ist für mich dabei
selbstverständlich, weil genau das Jesus auch tat!
Wir haben gemerkt, dass es da noch viel Gesprächsbedarf gibt – auch und
gerade über unsere vorhandenen oder nicht vorhandenen
Grundüberzeugungen.
Auch bei unserem Gesprächsabend zum Thema „Flüchtlinge“ vor 2 ½
Wochen war das ein Thema.
Ich hatte gesagt, dass wir als Gemeinde keine direkte Sozial- oder
Flüchtlingsarbeit machen, sondern Gemeindearbeit, d.h. dass wir auch
Flüchtlingen, die zu uns kommen und Gemeinschaft mit uns suchen, vor
allem anderen helfen, Jesus und sein Wort, die Bibel, besser
kennenzulernen.
Dass wir uns dabei auch mit um die vielen Fragen und Probleme
kümmern, die mit ihrem Flüchtlingsstatus zusammen hängen, ist für uns
selbstverständlicher Teil unseres Dienstes.
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Es kam die Frage auf, ob wir nicht gerade als Christen allen Menschen
helfen müssten – egal, ob sie Jesus suchen oder nicht.
Auf viele weitere Fragen habe ich versucht, im neuen Gemeindemagazin
erste Antworten zu geben. Diese Frage möchte ich nun hier mit
aufgreifen:
Wenn ein Mensch am Ertrinken ist, dann werde ich als Jünger Jesu, der
ich in einem sicheren Boot sitze, nicht erst einmal sagen. „Hey, mein
Lieber, nun atme tief durch und sage mir ehrlich, ob Du Jesus suchst.
Wenn ja, zieh ich Dich heraus, wenn nicht, warte aufs nächste Boot.“
Nein, ich werde zufassen und ihn vor dem Ertrinken retten – alles andere
kann man später klären.
Aber in solch einer Not- und Rettungssituation sind wir nicht, wenn
Flüchtlinge zu uns in die Gemeinde kommen. Das Retten vor dem
Ertrinken ist schon geschehen – bei viel zu vielen allerdings leider auch
nicht –, die Erste Hilfe hat der Staat schon übernommen, und wir haben
unseren Staat mit unseren Steuergeldern dabei unterstützt (und mancher
darüber hinaus mit großem ehrenamtlichen Einsatz).
Aber nun geht es um die zweite Hilfe, um Integration, um eine
Perspektive für das Leben, um Werte und Überzeugungen, um Vorbild
und echte Hoffnung – und da müssen wir als Jünger Jesu und als
christliche Gemeinde auch als solche erkennbar sein und dürfen nicht aus
falsch verstandener Toleranz Christus verleugnen.
Es gehört zur Freiheit unseres Landes, dass niemand gezwungen werden
darf, eine bestimmte Glaubensüberzeugung anzunehmen. Aber zu dieser
Freiheit gehört auch, dass niemand uns verbieten darf, unsere
Glaubensüberzeugung zu vertreten und auszuleben und andere dazu zu
ermutigen, ihre eigene Überzeugung zu hinterfragen und möglicherweise
auch zu ändern.
Der Apostel Paulus schreibt an die Römer:
„Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes,
die selig macht alle, die daran glauben…“ Römer 1, 16
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Als Christen in unserem Land müssten wir uns vielleicht wegen mancher
Verhaltensweisen und Zustände schämen, aber des Evangeliums sollten
wir uns gewiss nicht schämen!
Und wir müssen sehr genau schauen, was wir mit unserer kleinen, uns
von Gott anvertrauten Kraft, tun können und was nicht.
Viele von uns jedenfalls wünschen sich, dass Jesus auch über uns einmal
dasselbe sagen kann, was er der Gemeinde in Philadelphia sagte:
„Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan und
niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast
mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet!“
Offenbarung 3, 8
Manche sagen: Auch der Staat müsse auswählen, wem er helfen wolle
und wem nicht. Es sei falsch, wenn kirchliche Vertreter die
uneingeschränkte Liebe zu allen Fremdlingen fordern, schließlich habe
auch das biblische Israel unterschiedliche Fremde unterschiedlich
behandelt und darauf geachtet, dass seine jüdische Identität erhalten
blieb.
Ich warne grundsätzlich davor, mit Bibelworten Politik machen oder sie
beurteilen zu wollen – meist geschieht das sowieso sehr oberflächlich,
egal von wem und mit welcher politischen Tendenz.
Aber wir können das biblische Israel nicht mit dem deutschen Staat
vergleichen. Israel war im Alten Testament ein Gottesstaat – das ist es
heute längst nicht mehr, und Deutschland ist es auch nicht.
Wenn man anfängt, aktuelles staatliches Handeln nach biblischen
Maßstäben zu bewerten und z.B. zu fordern, dass Deutschland seine
jüdisch-christliche Prägung behalten und sich darum gegen
nichtchristliche Flüchtlinge restriktiv verhalten solle, dann sollte man sich
vor einer fruchtlosen Diskussion über die richtige Bibelauslegung klar
machen, dass es dann aber nicht nur um Gottes Maßstäbe im Blick auf
den Umgang mit dem Fremden gehen kann.
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Dann muss es auch um Gottes Maßstäbe im Blick auf unsere ethischen
Leitlinien gehen, oder darum, wie Gott wohl denkt über die
Weiterverbreitung von deutschen Waffen oder über den
Verdrängungswettbewerb deutscher Firmen in fremden Ländern oder
über die Frage, wann mit welchen Partnern zu welchem Zweck
Koalitionen und Allianzen gebildet werden und welche Rolle dabei Geld
und Macht stehen.
Dann muss man klären, was Jesus denn mit dem Doppelgebot der Liebe
(Gott lieben und den Nächsten) und sogar dem Gebot der Feindesliebe
gemeint hat und wie das praktisch aussehen soll.
Dann muss man darüber reden, was Selbstverleugnung auf Deutsch oder
für Deutsche heißt und was es bedeutet, ein neuer Mensch zu sein in
Christus.
Unser Land ist kein Gottesstaat, auch kein christlicher, sondern eine
Wertegemeinschaft. Welche Werte uns verbinden und uns wichtig sind,
darauf müssen wir uns als Gesellschaft immer wieder zu einigen
versuchen.
Dieser immer wieder neu stattfindende Einigungsversuch ist
deutschlandweit und europaweit und weltweit in vollem Gange. Dabei
können und sollten sich auch immer wieder Christen einbringen, die sich
hoffentlich für ihr eigenes Leben und Denken und Handeln auf biblische
Maßstäbe berufen und sich bemühen, andere davon auch zu überzeugen.
Auch wir als Gemeinden und Kirchen können und sollten uns in die
Diskussion einbringen und unsere Gesellschaft mit gestalten. Aber von
einem christlichen Gottesstaat sind und bleiben wir trotzdem weit
entfernt.
Den wird es meiner Überzeugung nach auch erst geben, wenn Christus
selbst wiederkommt und das Friedensreich Gottes auf dieser Erde
aufrichten wird. Darauf hinzuleben und Christus als den
wiederkommenden Herrn zu verkündigen, das ist unsere Aufgabe, und
die kann und wird uns niemand abnehmen.
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Darum nun noch einmal konkret zu unserem Bibeltext:
Matthäus 28, 16 – 20 lesen!
1. Wir schaffen das nicht – ohne IHN! (V. 16 + 17)
Die Überwindung von Zweifeln gehört zum Auftrag dazu.
Wie sollen 11 übriggebliebene Jünger hingehen und alle Völker zu
Jüngern Jesu machen?
Auch wir stoßen laufend an unsere Grenzen – das ist menschlich!
Geistlich ist,
- an den Ort zu gehen, wo Jesus uns hinbestellt (bewusst seine
Gegenwart suchen),
- ihn anzusehen (Zeit mit ihm verbringen, sich beeindrucken lassen),
- vor ihm niederzufallen (Anbetung, Unterordnung),
- ihm die Zweifel bringen!
Dann werden wir seinen Zuspruch erfahren!
2. Wir beugen uns keiner „Gewalt“ – nur SEINER!
Darum sind Christen so gefährlich für totalitäre Staaten und Strukturen:
Sie glauben, was Jesus hier sagt, und beugen sich darum nur vor IHM!
Sie haben viel Gottesfurcht und wenig Menschenfurcht!
Achtung: Nicht verwechseln mit Mangel an Demut und fehlender
Bereitschaft, sich um Gottes Willen anderen unterzuordnen!
Ein Kennzeichen der ersten Christen war, dass sie bei aller Gesetzestreue
und bei allem Respekt vor den Institutionen lebten nach der
Überzeugung:
„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ Apg. 5, 29
Und als der Druck zunahm, beteten sie nicht zu allererst um Bewahrung,
sondern um Freimut zum Predigen!
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Aber stimmt denn das wirklich? Ist Jesus schon alle Gewalt und Macht
gegeben oder wird das erst geschehen?
Interessante Textunsicherheit bei den Liedern: „Jesus Christus herrscht als
König, alles wird ihm untertänig“; genauso bei „Er ist Herr…. Jedes Knie
muss sich beugen, jede Zunge muss bekennen“
Es ist wichtig zu wissen: Die Machtfrage ist nicht mehr offen, sie ist schon
entschieden!
Aber wenn sie entschieden ist, warum erleben wir die Wirklichkeit anders?
Vielleicht liegt es daran, dass wir durch unsere Begrenztheit nicht alles
jetzt schon sehen können, was schon längst Tatsache ist.
Bild: Das Licht mancher Sterne wurde schon vor langer Zeit losgeschickt
und erreicht uns erst jetzt…
Es gilt: Christus ist der Herr!
3. Darum gehen wir hin!
Hingehen „in alle Welt“ (wie Markus den Missionsbefehl Jesu wiedergibt)
beginnt nicht mit großen Reisplänen, sondern mit der Bereitschaft, das
sichere Zuhause zu verlassen und den anderen aufzusuchen, der Christus
noch nicht kennt.
Wir haben bei unserem Abend über die Flüchtlingssituation in unserer
Gemeinde ja auch offen über die Sehnsucht nach Heimat und
auftretendem Heimweh nicht nur bei den Hinzukommenden gesprochen.
Auf den anderen zugehen, hingehen, bedeutet immer auch,
Liebgewonnenes zu verlassen und sich auf Fremdes einzulassen.
Trotzdem brauchen z.B. Missionare interessanterweise auch
Heimaturlaub.
Darum wollen wir als Gemeinde immer wieder weite Wege gehen, um
Menschen mit Christus bekannt zu machen. Aber lasst uns auch
miteinander darauf achten, dass die Gemeinde für uns alle ein
Schutzraum ist und bleibt – vielleicht als ein ganz kleiner Vorgeschmack
auf die himmlische Heimat.
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Dabei sind alle Gaben wichtig und jeder wird gebraucht! Finde Deinen
Platz und Deine Aufgabe!
4. Wir machen Jünger – nicht für uns, sondern für Christus!
Das Motiv unserer Mission ist
- nicht Mitgliederwerbung
- nicht Großwerden einer Konfession oder Institution
- nicht Interessengemeinschaft als Freizeitbeschäftigung
- nicht Denkmalpflege
- sondern: Menschen unter den heilsamen Einfluss der Herrschaft
Christi einladen!
Etwas Besseres kann einem Menschen nicht passieren, das ist unsere
Überzeugung!
5. Wir taufen und lehren, dranzubleiben!
Sorge vor Missbrauch der Taufentscheidung.
Aber ins Himmelreich kommt nicht, wer getauft ist, sondern wer an Jesus
glaubt und ihn in seinem Leben als den Herrn bekennt!
Darum gilt es bei allem Prüfen des Taufbegehrens vor allem um das, was
danach kommt: Die Echtheit der Taufe wird sich zeigen – bei Deutschen
genauso wie bei Iranern oder Afghanen!
Jesus beruft zur Jüngerschaft!
Jünger sind keine Fans, die bei Erfolg jubeln und bei Misserfolg buhen,
sondern „Mitspieler“, die mittrainieren und mitkämpfen und mitleiden
und mitverlieren und mitsiegen.
Unser zukünftiger weiterer Pastor Ole Schumann hat uns erzählt, wie sehr
ihm gerade das am Herzen liegt: Er möchte vor allem junge Menschen für
Jesus und seine Gemeinde begeistern.
Sie sollen nicht nur sagen: „Na ja, ohne Jesus geht´s wahrscheinlich nicht,
aber mit ihm macht´s auch keinen Spaß.“
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Sondern: „Hey, mit Jesus leben, seinen Willen tun, mit seiner Kraft
rechnen und auf seinen Wegen gehen ist das beste Lebenskonzept, was
es gibt!“
Dazu dürfen wir als Gemeinde auch nicht nur in den Anfang eines
Menschen, der glaubt, investieren (die Taufe gehört an den Beginn),
sondern müssen einander helfen, weiterzuwachsen und dranzubleiben!
Unser neuer Pastor wird uns da wunderbar verstärken.
6. Wir sind nicht allein!
Welch eine umfassende Zusage?! Welch ein Trost?!
Diese Zusage steht im Zusammenhang mit dem Missionsbefehl. Und es ist
sowohl eine Orts- als auch eine Zeitangabe!
Jesu Gegenwart erleben wir am stärksten, wenn wir unterwegs sind in
höherer Mission das erleben viel von uns schon im eigenen Dienst!
Komm, lass Dich anstecken und gewinnen, mitzuhelfen!
Text noch einmal lesen: Matthäus 28, 16 – 20!
Volkmar Glöckner 2016