7.6 Beugung und Interferenz am Gitter Eine der wichtigsten Untersuchungsmethoden in der Physik und in der Astronomie ist die sog. „Spektralanalyse mit Hilfe von optischen Gittern“, kurz Spektroskopie. Mit dieser Methode ist es möglich die chemische Zusammensetzung von Stoffen zu analysieren, ohne diese im Labor direkt untersuchen zu müssen. So war es Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal möglich mit Hilfe der Spektroskopie die Zusammensetzung der Sonne experimentell zu bestimmen ohne dafür die Erde verlassen zu müssen (73,5% Wasserstoff, 25% Helium, 1,5% schwerere Elemente). [33] Die Sonne Dabei wird, stark vereinfacht dargestellt, das von der Sonne emittierte Licht mit Hilfe von optischen Gittern in seine Spektralfarben aufgespalten und das so entstehende Spektrum mit den Laborspektren von unterschiedlichen Elementen verglichen. Im Rahmen dieses Kapitels sollen die Grundlagen der Spektroskopie erklärt werden. Hierzu zählt insbesondere die spektrale Zerlegung des Lichts durch Beugung und Interferenz an optischen Gittern. Experiment In einem Experiment wird mit einer Quecksilberdampflampe ein optisches Strichgitter beleuchtet. In der Quecksilberdampflampe wird das Element Quecksilber durch starkes Erhitzen verdampft und zum Leuchten angeregt. Ein optisches Strichgitter, auch Beugungsgitter oder Mehrfachspalt genannt, besteht aus einer Glasplatte auf die in gleichen Abständen gerade Striche aus Metall aufgebracht wurden. Auf einem guten „Rowland-Gitter“ befinden sich beispielsweise 5700 Striche pro cm. © M.Brennscheidt Das Licht der Quecksilberdampflampe wird zunächst mit einem Kondensor (Linse mit f=5cm) auf den sog. Beleuchtungsspalt fokussiert. Die Breite des Spalts wird dabei so groß gewählt, dass keine Beugungs- und Interferenzeffekte beobachtet werden. Mit Hilfe einer zweiten Linse ( ) wird das hinter dem Spalt entstehende schmale Lichtbündel auf das optische Gitter abgebildet. Beobachtung: Auf dem Schirm hinter dem optischen Gitter erscheint ein buntes, sich wiederholendes Streifenmuster, das sog. Gitterspektrum. Das optische Gitter hat das vom Quecksilber emittierte Licht in seine Spektralfarben zerlegt. Im Gegensatz zum kontinuierlichen „Regenbogenspektrum“ von weißem Licht beinhaltet das Spektrum von Quecksilber jedoch nur wenige diskrete Farben. Man spricht deshalb von einem sog. Linienspektrum. Wählt man anstatt einer Quecksilberdampflampe eine Natriumdampflampe als Lichtquelle, so kann ein anderes Linienspektrum beobachtet werden: Führt man das Experiment mit weiteren Elementen durch, so kann bei jedem Element ein anderes Linienspektrum beobachtet werden. Die Linienspektren von verschiedenen Elementen sind somit gewissermaßen die „Fingerabdrücke“ dieser Elemente und machen diese unverwechselbar. Auf diese © M.Brennscheidt Weise ist es möglich nur durch die Beobachtung von Spektren auf die chemische Zusammensetzung von Stoffen zu schließen. So erfolgt die spektrale Untersuchung der Sonne „nur“ durch Vergleich des Sonnenspektrums mit Spektren bekannter Elemente aus dem Labor. Im Folgenden soll nun untersucht werden wie an einem optischen Gitter das Licht in seine Spektralfarben zerlegt wird. Hierzu soll das Gitter zunächst auf mikroskopischer Ebene betrachtet werden: Trifft das Lichtbündel auf das Gitter, so bilden sich analog zum Einzel- und Doppelspaltexperiment zwischen den einzelnen Strichen Huygensche Elementarwellen aus, die hinter dem Gitter miteinander interferieren. Je nach Beugungswinkel interferieren die Elementarwellen konstruktiv bzw. destruktiv. In der Abbildung ist die Entstehung einer Spektrallinie erster Ordnung dargestellt. In diesem Fall beträgt der geometrische Wegunterschied zwischen zwei benachbarten Wellen gerade eine Wellenlänge , so dass die Wellen sich jeweils konstruktiv überlagern. Bei der nächsten Spektrallinie gleicher Farbe (2. Ordnung) beträgt der Wegunterschied dann , usw. Für die Spektrallinien ergibt sich somit die Bedingung: Berücksichtigt man den Abstand der einzelnen Striche voneinander, so ergibt sich unter Einbeziehung des Beugungswinkels der Zusammenhang: Der Abstand der einzelnen Striche voneinander wird mit Gitterkonstante bezeichnet. Er kann aus dem Kehrbruch der Strichzahl berechnet werden. Hierzu ein Beispiel: Ein optisches Gitter besitzt eine Strichzahl von . Für die Gitterkonstante ergibt sich somit der Wert: © M.Brennscheidt Mit der obigen Formel kann nun abschließend erklärt werden, warum an einem optischen Gitter, das Licht in seine Spektralfarben zerlegt wird (Dispersion). So besitzt das Licht mit einer größeren Wellenlänge auch einen größeren Beugungswinkel. Bei einer kleineren Wellenlänge ist der Beugungswinkel entsprechen auch kleiner. Rotes Licht (langwellig) wird somit stärker gebeugt als blaues Licht (kurzwellig). Innerhalb einer Beugungsordnung liegen Farben mit größerer Wellenlänge deshalb weiter außen als Farben mit kleinerer Wellenlänge. Abschließende Bemerkung: Wiederholt man das Experiment mit Beugungsgittern unterschiedlicher Strichzahl, so ist zu beobachten, dass die Spektrallinien umso schärfer und lichtintensiver werden, je höher die Strichzahl ist. Gleichzeitig vergrößert sich mit steigender Strichzahl die Dispersion, d.h. die Spektrallinien rücken immer weiter auseinander. © M.Brennscheidt
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