Mit dem Neid kam der Tod in die Welt Predigt zu Weish 1,13-15; 2,23f. (B/13) Eine Quizfrage zu Beginn: Warum wurden die ersten Menschen aus dem Paradies vertrieben? Gestandene Katholiken wie Sie werden wie aus der Pistole geschossen antworten: Weil Adam sich hat verführen lassen von Eva, und die wiederum von der Schlange. Und dann haben sie von den Früchten des verbotenen Baumes gegessen. 100 Punkte. So könnte es auch im Katechismus stehen. Das Weisheitsbuch jedoch sagt: Der Grund liegt viel tiefer! Und diesen Grund kennst du, lieber Leser, der du die Paradiesgeschichte liest, aus deinem eigenen Leben. Das Weisheitsbuch meint: „Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt (Weish 2,24). Anders gesagt: Was den Tod mitten im Leben bringt, ist das Gift, das die Schlange im Paradies durch ihre Worte verspritzt: Begreift ihr denn nicht, fragt die Schlange, warum Gott euch von diesem Baum nicht essen lassen will? Er weiß genau: Wenn ihr vom verbotenen Baum esst, werdet ihr sein wie Gott. Der Unterschied zwischen ihm und euch wird aufgehoben. Also: Keine Angst! Greift nur zu! „Da“, erzählt die Paradiesgeschichte, „sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen …“ (Gen 3,6). Die Schlange im Paradies verspritzt das Gift des SichVergleichens, des Sich-Minderwertig-Fühlens, des Gleich-Sein-Wollens, kurz: den Neid auf die anderen. 1 Diese teuflischen Einflüsterungen kennen wir nur zu gut. Es geht schon in der Schule los: Der Nachbarsjunge ist aber besser als als du, sagen die Eltern. Meine Freundin, denkt das kleine Mädchen, kann so viel besser malen als ich. Und das geht im Teenageralter weiter: Die sieht einfach toll aus. Dagegen bin ich eine Null! Wie der auf Mädchen wirkt; die fliegen nur so auf ihn – und mich lassen sie links liegen. Und es durchsetzt das Berufsleben: Warum hat er die Position bekommen – und nicht ich? Wie gelingt es ihr nur, den Chef so um den Finger zu wickeln? Warum hören alle wie gebannt zu, wenn er etwas Belangloses sagt – und bei mir schauen alle weg und fangen an sich zu unterhalten? „Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt“, sagt das Weisheitsbuch. Weil die Menschen sich dazu verleiten ließen, sich zu vergleichen, ging das Paradies zu Ende. Liebe Zuhörer, es sind zu allen Zeiten weise Menschen, die wie das Weisheitsbuch raten: Lass dich nicht von den betörenden Worten der „alten Schlange“ umgarnen. Vergleiche dich nicht! So auch die frühere Leiterin des Instituts für Demoskopie in Allensbach, Elisabeth Noelle Neumann. Sie erzählte einmal von einem Schlüsselerlebnis in ihrem Leben: Ich beklagte mich bei meinem Vater, wie viel besser hätten es die anderen Kinder. „Nicht vergleichen“, sagte 2 er. Immer wieder „Nicht vergleichen!“, bis ich anfing, es mir selbst zu sagen. Mit seinem Rat hat mich mein Vater auf den Weg, Autonomie zu gewinnen, geschickt. Nicht nur bei jedem Anflug von Selbstmitleid hat mir sein Wort „Nicht vergleichen“ geholfen, sondern auch bei jedem Anflug von Stolz. Wer sich mit anderen vergleicht, sagt nicht ja zu sich selbst. Er sieht immer nur, was ihm fehlt. Wahrscheinlich leiden wir auch weniger an den gegebenen Tatsachen als vielmehr am Vergleichen und daran, was sich daraus ergibt: eine zermürbende Einsamkeit, die unzufrieden und unruhig macht, die Phantasien und Träume weckt und zu Neid und Eifersucht führt. Daher ist vor allem an diesem Punkt Wachsamkeit geboten. Wie hieß es im Weisheitsbuch? „Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt.“ Einleitung Das Weisheitsbuch, aus dem wir gleich eine Passage hören, würde heutzutage in Buchhandlungen in der Rubrik „Ratgeber“ stehen. Vielleicht mit dem Titel: „Wie ich als gläubiger Mensch in einer ökonomisierten Mehrheitsgesellschaft überleben kann“. Geschrieben wurde das Weisheitsbuch der Bibel im 1. Jh. v. Chr. in Alexandrien, der grandiosen Metropole am Nil, neben Rom größte Stadt im Römischen Reich. Juden lebten dort in der Minderheit und wurden wegen ihres altmodischen Glaubens belächelt. 3 Da sind es gebildete und weise Leute aus ihren Reihen, die diesen Ratgeber schreiben: Wie ich mit meinem alten Glauben in der modernen Stadt überleben kann. Und sie beginnen, die alten Geschichten der Bibel neu zu schreiben, so – dass neue Perspektiven auf das Leben in der Gegenwart fallen. Ein Beispiel davon hören wir in der Lesung. Kyrierufe Du, Herr, bist ein Freund des Lebens. Du rufst die Welt aus ihrem Tod. Herr, erbarme dich. Du, Herr, rührst uns an mit deinem Wort. Du gehst uns unter die Haut in Brot und Wein. Christus, erbarme dich. Du, Herr, verwandelst unser Leben. Du bist die Quelle für Freude und Glück. Herr, erbarme dich. Fürbitten Das Weisheitsbuch nennt Gott einen „Freund des Lebens“. Ihn bitten wir: Gott, du Freund des Lebens: Schenke uns wache Augen für die Schönheit deiner Schöpfung, die du uns allen geschenkt hast. Lass uns noch staunen können und unseren Beitrag für die Bewahrung Deiner Schöpfung leisten. Gott, du Freund des Lebens: Du hast uns unsere Begabungen geschenkt. Hilf uns, unsere Begabungen und Fähigkeiten wertzuschätzen und sie zur eigenen 4 Freude und zum Wohl unserer Mitmenschen einzusetzen. Gott, du Freund des Lebens. Nimm das Gift des Neids, der Angst und der Gier aus unseren Herzen. Schenke unserem Herz innere Zufriedenheit, Dankbarkeit und Zuversicht. Gott, du Freund des Lebens. Schenke uns die Gnade, das Gute im Menschen zu sehen und nicht den dauernden Konkurrenten, gegen den ich mich behaupten muss. Gott du Freund des Lebens. Erinnere dich unserer Verstorbenen. Nimm sie auf in dein Reich des ewigen Lebens, wo der Tod keine Macht mehr hat. 5
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