Falltext B 126 27.04.2015 Der verwitwete Kanzleigründer (K) genießt seinen wohlverdienten Ruhestand. Er hat zwei Söhne, den langjährigen Juniorchef (J), der inzwischen in die Fußstapfen des K getreten ist, und den A, der sich entgegen der Familientradition für eine Karriere als Richter entschieden hat. K ist der Meinung, dass er seinen umfangreichen Nachlass (Gesamtumfang 10.000.000 €) nach der jeweiligen Lebensleistung seiner Söhne verteilen müsse. J, der über Jahre hinweg durch die harte Schule in der väterlichen Kanzlei gegangen ist, soll dafür nun die Früchte ernten, so dass K diesen als Alleinerben einsetzt. Als A zufällig von der Existenz und vom Inhalt des Testaments erfährt, ist er erbost und beschließt, dieses verschwinden zu lassen. Während sich K im Urlaub befindet, verschafft sich A mittels eines Dietrichs Zugang zum Arbeitszimmer in der Villa des K, das sich direkt neben dem Schlafzimmer befindet und das K ausschließlich zu beruflichen Zwecken nutzt. Dort findet A nach kurzer Suche das Testament, steckt es ein und verbrennt es, wie von vornherein beabsichtigt, sofort nach seiner Rückkehr im heimischen Kamin. Als K nach seiner Reise das Testament überarbeiten möchte, um neben J auch seine spanische Urlaubsliebe (U) mit einem Viertel zu berücksichtigen, bemerkt er, dass dieses verschwunden ist. Kurze Zeit später berichtet K auf einer Familienfeier, er sei offenbar so schusselig geworden, dass er nicht einmal mehr wisse, wo er seine Sachen abgelegt habe. Zuletzt sei ihm dies mit seinem Testament passiert. A erwidert daraufhin spontan, K habe Glück im Unglück, da in Kürze das „Gesetz zur Formalisierung letztwilliger Verfügungen“ in Kraft trete, das u.a. vorsehe, dass Testamente zukünftig nur dann gültig seien, wenn sie maschinenschriftlich verfasst sind. Der Gesetzgeber wolle damit gegen die häufig mangelhafte Lesbarkeit von Testamenten ankämpfen. A weiß, dass ein solches Gesetz überhaupt nicht geplant ist. Er möchte jedoch den K zur Erstellung eines unwirksamen Testaments veranlassen, um sicherzustellen, dass es bei der gesetzlichen Erbfolge bleibt. Entgegen der Intention von A fasst K dessen Aussage jedoch als einen Scherz auf und nimmt sich vor, am nächsten Tag erneut ein handschriftliches Testament zu erstellen. Dazu kommt es jedoch nicht mehr, weil K noch in der Nacht einen Herzinfarkt erleidet und verstirbt. A glaubt nun, er habe eine Glückssträhne, und möchte sich nicht mit der Hälfte des Erbes zufrieden geben. Aus diesem Grunde verfasst er ein handschriftliches Testament, in dem er sich selbst als Alleinerbe einsetzt, und unterschreibt dieses mit dem Namen des K. Um einen Erbschein zu erlangen, legt er dem zuständigen Nachlassgericht das von ihm angefertigte Testament vor. Der zuständige Rechtspfleger (R), der den K kannte und weiß, dass dieser niemals den A als Alleinerben eingesetzt hätte, fragt den A, ob er sich sicher sei, dass es sich um das Original handele. A erkennt, dass R den Erbschein nun unter keinen Umständen ausstellen würde. Daher sagt er, dass er noch einmal mit seinem Bruder reden müsse, und lässt sich das Testament zurückgeben. Eine Woche später treffen sich die beiden Brüder auf dem Tennisplatz. Während A im Halbfinale der Clubmeisterschaften um den Einzug ins Finale kämpft, hat der bereits im Finale stehende J auf dem ca. 3,00 m hohen Schiedsrichterstuhl Platz genommen, um sich seinen Finalgegner schon einmal anzuschauen. Als A einen Volley leichtfertig ins Aus schlägt, reagiert J mit einem höhnischen Grinsen. Wütend über den vergebenen Volley und die Reaktion des J rennt A zum Schiedsrichterstuhl und wirft diesen mit einem wuchtigen Stoß um, wobei er damit rechnet, dass J dabei Blessuren erleiden, jedoch nicht „draufgehen“ wird. Durch das Umstürzen des Stuhles erleidet J eine Knöchelverletzung, die im Krankenhaus nach den Regeln der ärztlichen Kunst operativ behandelt wird. Der vom sarkastischen Auftreten des J genervte Arzt vergisst jedoch, den J bei und nach der Entlassung mit blutverflüssigenden Mitteln zu versorgen und bezüglich der richtigen Nachsorge zu Hause entsprechend zu informieren. Einige Tage nach der Entlassung wird J auf Grund erheblicher Herz-Kreislauf-Beschwerden erneut ins Krankenhaus eingeliefert, wo er noch am gleichen Tag verstirbt. Bei der Obduktion wird als Todesursache ein Zusammenwirken von Lungenembolie und Lungenentzündung diagnostiziert, deren beider Ursprung die lange Bettlägerigkeit des J gewesen ist. Wie hat sich A strafbar gemacht? Ggf. erforderliche Strafanträge sind gestellt. Hinweis: Teilnehmer aus Bundesländern, in denen § 271 StGB nicht zum Pflichtfachstoff gehört, brauchen diesen Tatbestand nicht zu prüfen. Bitte weisen Sie in Ihrer Lösung darauf hin.
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