Humanitäre Hilfe und klare Regeln Thesenpapiers zum Umgang mit den Herausforderungen in der Asyl-, Flüchtlings- sowie Einwanderungspolitik Jegliche Form von Fremdenhass, Gewalt und fremdenfeindlicher Intoleranz verurteilen wir entschieden! Anschläge auf Asylheime und Flüchtlinge sind einer zivilisierten Gesellschaft unwürdig und müssen strafrechtlich mit aller Härte verfolgt werden. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die grundsätzliche Bereitschaft zur humanitären Hilfe durch extremistische oder gewaltbereite Personen unterlaufen wird. Die stetig hohe Anzahl von in Deutschland ankommenden Asylbewerbern und Flüchtlingen stellt Bund, Länder und Kommunen vor gewaltige Herausforderungen. Die Zahl der Flüchtlinge erreicht 2015 einen Rekordstand. Die Flüchtlingsfrage wird sich auf absehbare Zeit nicht von allein erledigen. Deren Bewältigung erfordert nicht nur enorme Kraftanstrengungen aller Beteiligten, sondern auch die Bereitschaft zu deutlichen Veränderungen in der Asyl-, Flüchtlings- sowie Einwanderungspolitik. Wir beobachten zurzeit ein völliges Staatsversagen auf den unterschiedlichen Ebenen – von den Bundesländern bis zur EU. Die Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Aufnahme, Betreuung und Integration stoßen vielerorts an ihre Grenzen. Zugleich erleben wir in Sachsen und Deutschland unterschiedlichste Facetten im Umgang mit Flüchtlingen - breite bürgerschaftliche Unterstützung und Hilfe, aber auch teilweise überforderte Behörden sowie nicht hinnehmbare fremdenfeindliche Anschläge auf Unterkünfte und Flüchtlinge. Für uns gilt zuallererst der Grundsatz: Politisch Verfolgte sind Menschen, denen wir helfen wollen! Dazu gehört eine menschenwürdige Unterbringung, eine angemessene soziale Betreuung sowie ein zügiges und rechtsstaatliches Asylverfahren. Ein Teil der Flüchtlingsprobleme in Deutschland ist hausgemacht. Wer leugnet, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und die Hürden für die legale Zuwanderung möglichst hoch legt, darf sich über eine versuchte Zuwanderung aus wirtschaftlichen Motiven über den Umweg des Asylrechts nicht wundern. Ein modernes Einwanderungsrecht würde dazu beitragen, die humanitäre Hilfe stärker auf politisch Verfolgte zu konzentrieren. Der Wunsch einer wirtschaftlich motivierten Zuwanderung nach Deutschland ist nachvollziehbar, sie muss jedoch außerhalb des Asylrechts geregelt werden. Deutschland hat eine Verantwortung und als wohlhabendes Land auch Ressourcen, politisch Verfolgten und Flüchtlingen aus Kriegsgebieten zu helfen und ihnen zeitweilig oder dauerhaft eine sichere Heimat zu bieten. Allerdings bedarf es endlich einer fairen Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union. Dass derzeit nur sehr wenige Länder die Hauptlast der Flüchtlingsaufnahme in der EU tragen, widerspricht dem europäischen Gedanken. Für uns ist klar: Eine unbegrenzte und ungesteuerte Einwanderung aus den unterschiedlichsten Motiven würde Deutschland am Ende überfordern und auch politischen Extremismus fördern. Es gehört zur Wahrheit, dass wir über die deutsche Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik nicht alle Armutsprobleme in der Welt lösen können. Wir brauchen eine realistische, offene und ehrliche Diskussion über die Herausforderungen im Umgang mit Asylbewerbern, Flüchtlingen sowie Einwanderern. Diese muss auf Fakten, und nicht auf Vorurteilen basieren. Ziel muss es sein, dafür einen neuen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Die sächsische FDP spricht sich daher für folgende Vorschläge aus: Strikte Trennung zwischen Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie Einwanderungspolitik. Deutschland muss zwischen politisch Verfolgten und Einwanderungswilligen mit wirtschaftlichen Motiven klar unterscheiden. Eine wirtschaftliche Einwanderung über die Asylgesetzgebung widerspricht dem Grundanliegen des deutschen und europäischen Asylrechts. Wir brauchen ein modernes Einwanderungsgesetz, das die legale Zuwanderung nach klaren Kriterien regelt. Anträge auf Einwanderung sind dabei grundsätzlich im Herkunftsland zu stellen. Weiterhin sollten die Voraussetzungen für die europäische „Blue Card“ vereinfacht werden, beispielsweise durch Senkung von Einkommenshürden oder den erleichterten Zugang zu Jobs in Mangelberufen wie der Altenpflege. Wer als Asylbewerber abgelehnt wird und der behördlichen Anordnung zur Ausreise nicht nachkommt, muss mit einer Wiedereinreisesperre und einem befristeten Arbeits/Einwanderungsverbot in Deutschland rechnen. Daneben wollen wir für Einwanderungswillige, die aufgrund von Lebenssituation und Herkunftsland keine Aufenthaltserlaubnis nach dem deutschen Asyl- und Flüchtlingsrecht bekommen, eine Perspektive für ein Leben in Deutschland schaffen. Voraussetzung dafür sind jedoch klare staatliche Kriterien. Das Angebot richtet sich an Personen, die unter anderem unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, unsere Werte, unser Rechtssystem, unsere Kultur schätzen, unsere Sprache erlernen und absehbar ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Für uns kommt nicht darauf an, wo jemand herkommt, sondern wo jemand hin will. Schnellere Bearbeitung der Asylanträge. Die Personalstellen beim Bundesamt für Flüchtlinge und Migration sind nicht nur aufzustocken, sondern auch tatsächlich zu besetzen. Zur Unterstützung müssen die Bundesländer, auch Sachsen, eigenes Personal zur Verfügung stellen. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind zu diesem Zweck umgehend Beamte im Rahmen einer sofortigen, zeitlich befristeten Abordnung zur Verfügung zu stellen. Dafür ist auf Personal in den sächsischen Ministerien und Landesbehörden zurückzugreifen. Es ist absurd, dass bundesweit 1.600 neu eingestellte Zöllner nach Mindestlohnverstößen fahnden, aber nicht genügend Personal für die Bearbeitung von Asylanträgen vorhanden ist. Die bisherige Verfahrensweise ist generell zu überprüfen und unter dem Gesichtspunkt der Effizienz zu straffen, beispielsweise durch den teilweisen Wegfall von Widerrufsprüfverfahren. Eine Änderung des Asylverfahrensgesetzes darf kein Tabu sein. Es ist anzustreben, dass ein möglichst hoher Anteil von Asylentscheidungen bereits gefällt wird, während sich die Asylbewerber in den Erstaufnahmeeinrichtungen befinden. Ziel muss es sein, ein normales Asylverfahren in maximal drei Monaten zu beenden, wie es beispielsweise in den Niederlanden erfolgt. Sowohl gegenüber denjenigen, die auf eine Entscheidung ihres Asylantrages warten, als auch gegenüber denen, die in ihrer Heimat Hab und Gut aufgeben wollen, um nach Deutschland zu kommen, ist es auch ein Gebot der Fairness, schnellere Entscheidungen zu treffen und diese dann auch konsequent umzusetzen. Soziale Integration durch Arbeit und Bildung. Wer als Flüchtling für längere Zeit oder auf Dauer in Deutschland weilt, muss die Möglichkeit haben, die deutsche Sprache zu erlernen, sich zu bilden und nach einer kurzen Wartezeit auch zu arbeiten. Bestehende Hürden sind abzubauen. Realistische Prognosen zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen. Der überstürzte Aufbau von Zeltlagern und die teilweise unzureichende und zu späte Information der Bevölkerung sind ein klares Anzeichen überforderter Behörden. Ein ehrlicher Dialog mit der Bevölkerung soll dazu beitragen, extremistischen Kräften den Boden zu entziehen. Realistische Abschätzung der Folgewirkungen. Unabhängig von der Unterbringung muss die Sächsische Staatsregierung belastbare Prognosen zu veränderten Anforderungen aufgrund des Flüchtlingszustroms in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen abgeben, beispielsweise zum zusätzlichen Bedarf an Lehrern, Erziehern, Polizisten, Sozialarbeitern, Dolmetschern, aber auch zum Bedarf an Wohnraum, Kita- und Schulplätzen. Übernahme der kompletten Flüchtlingskosten durch den Bund. Die Bewältigung der Flüchtlingsproblematik ist eine nationale sowie europäische Aufgabe. Die alleinige Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge und auch die finanzielle Lage rechtfertigen es, dass der Bund für die Kosten komplett aufkommt. Bevorzugte Bereitstellung von Landes- und Bundesimmobilien. Für die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften, insbesondere Erstaufnahmeeinrichtungen, sind Immobilien von Bund und Freistaat bevorzugt bereitzustellen. Zudem ist dafür eine Absenkung von Bau- und Nutzungsstandards notwendig. Erweiterung des Kreises „sicherer Herkunftsstaaten“, zum Beispiel auf Länder wie Albanien, Kosovo und Montenegro. Die humanitären Anstrengungen sollten auf politische Flüchtlinge, beispielsweise aus Bürgerkriegsländern, konzentriert werden. Flüchtlinge mit wirtschaftlicher Motivation aus demokratischen Staaten, die teilweise den Beitritt zur Europäischen Union anstreben, sind davon zu unterscheiden. Eine Ausweitung des zweistufigen Verfahrens würde sicherstellen, dass für alle Betroffenen schnellere Entscheidungen getroffen werden. Konsequenter Vollzug von Abschiebungen ohne Vorankündigung. Eine rechtskräftige Entscheidung zur Rückführung ist auch konsequent zu vollziehen. Mit Ausnahme außergewöhnlicher persönlicher Härten, beispielsweise bei schweren Krankheiten, gibt es keinen Grund, rechtsstaatlich getroffene Entscheidungen zu unterlaufen. Auch der Freistaat Sachsen gehört bisher zu den Bundesländern, die nur einen Teil der rechtskräftigen Abschiebungen tatsächlich vollziehen beziehungsweise gegenüber den Betroffenen auf die unverzügliche Ausreise bestehen. Diese Praxis sendet falsche Signale an die Betroffenen und Herkunftsländer. Beseitigung möglicher finanzieller Fehlanreize. Im Rahmen einer europäischen Harmonisierung sind mögliche Fehlanreize in den Sozialsystemen zu beseitigen. Für Asylbewerber und Flüchtlinge muss der Schutzgedanke im Vordergrund stehen. Wirtschaftlich motivierte Zuwanderung sollte nicht durch finanzielle Anreize im Asylrecht gefördert werden. Straftaten konsequent ahnden. Wer als Flüchtling eine Straftat begeht, die nach dem Strafgesetzbuch mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird, verspielt die Solidarität des aufnehmenden Landes. Dieser Grundsatz ist auch auf Familien anzuwenden, deren minderjährige Kinder straffällig werden. Daher soll der Rechtsanspruch auf Asyl bzw. das Bleiberecht bei verurteilten Straftätern auch vor Abschluss eines Asylverfahrens erlöschen. Die entsprechenden Strafverfahren sind zügig durchzuführen. Konsequente Bekämpfung von Schleusern und Schlepperkriminalität. Dazu ist die Bundespolizei vor allem auch an den sächsischen Landesgrenzen aufzustocken. Offene Stellen sind endlich zu besetzen. Auf Bundesebene muss sich der Freistaat dafür einsetzen, dass es angesichts der aktuellen Schleuserkriminalität zu keiner weiteren Reduzierung der Bundespolizei in Sachsen kommt. Qualifizierter Umgang mit interkulturellen Herausforderungen. Mitarbeiter von Verwaltung und Bildungseinrichtungen sowie Betreuungs- und Sicherheitspersonal müssen Kenntnisse über ethnische, religiöse und länderspezifische Hintergründe von Flüchtlingen haben, um beispielsweise mögliche Konfliktpotenziale frühzeitig zu erkennen. Dafür sollten Bund und Land entsprechende Schulungen anzubieten. Der derzeitige Flüchtlingsstrom nach Europa ist vor allem ein Ergebnis der katastrophalen Lebenssituation in einigen Ländern und Regionen. Er lässt sich langfristig nur verringern, wenn die Fluchtursachen vor Ort beseitigt werden. Dazu braucht es eine neue Form der Entwicklungskooperation mit Herkunftsländern von Flüchtlingen, bei denen die Chance besteht, tragfähige wirtschaftliche und staatliche Strukturen aufzubauen sowie rechtsstaatliche Prinzipien zu etablieren. Nur echte wirtschaftliche Perspektiven verringern den Migrationsdruck. Gleiches gilt für stärkere Anstrengungen zur Beendigung von Kriegssituationen und die konsequente Bekämpfung von Terrorismus. Deutschland sollte bei all diesen Aufgaben eine internationale Vorreiterrolle übernehmen. Gleichzeitig muss die Europäische Union die Flüchtlingspolitik in diesem Jahr zu ihrer zentralen Aufgabe machen. Dieses Problem lässt sich nicht mehr durch einzelne Länder bewältigen. Das gilt für Staaten an der EU-Außengrenze wie Italien, Griechenland und Ungarn genauso wie für die Hauptzielländer. Nicht zuletzt dürfen auch die Anrainerstaaten der EU nicht mit den Flüchtlingsproblemen allein gelassen werden.
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