Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode –1– Drucksache 18/XXXX Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (Einzelplan 11) 31 Höhe der Grundsicherung im Alter im ersten Bezugsmonat häufig nicht richtig berechnet Kat. B (Kapitel 1102 Titel 632 01) 31.0 Rentnerinnen und Rentner mit Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben im ersten Bezugsmonat ihrer Rente meistens zu hohe Leistungen erhalten. Die Grundsicherung ist einkommensabhängig. Monatliches Einkommen, wie Renten, ist in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern der Grundsicherung zufließt. Viele Renten werden allerdings erst Ende des Monats, die Grundsicherung aber schon Anfang des Monats ausgezahlt. Für den ersten Bezugsmonat berücksichtigten deshalb die zuständigen Behörden die Rente bei der Berechnung der Grundsicherung häufig nicht. Das BMAS muss sicherstellen, dass die zuständigen Behörden ordnungsgemäß handeln. 31.1 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherung) haben Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen aufbringen können. Voraussetzung ist, dass sie • die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung für den Bezug einer gesetzlichen Altersrente erreicht haben oder • das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Die Länder führen die Grundsicherung im Auftrag des Bundes aus. Der Bund beaufsichtigt sie und erstattet ihnen die Ausgaben. Die Länder bestimmen die für die Ausführung der Grundsicherung zuständigen Behörden. Dabei handelt es sich in der Regel um Kreise und kreisfreie Städte. Vorgaben für Einkommensanrechnung Die Behörden müssen Einkommen bei der Berechnung der Grundsicherung berücksichtigen. Allerdings ist gesetzlich nicht geregelt, wann monatliches Einkommen anzurechnen ist. Die Rechtsprechung entwickelte das sogenannte Zuflussprinzip. Danach ist monatliches Einkommen in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern der Grundsicherung (Leistungsberechtigte) zufließt. Dies geschieht insbesondere durch Gutschrift auf dem Bankkonto der Leistungsberechtigten. Zuflussprinzip nicht beachtet Der Bundesrechnungshof untersuchte mit Unterstützung des Prüfungsamtes des Bundes Stuttgart, ob die Behörden das Zuflussprinzip beachten. Er stellte fest, dass die meisten Behörden Renten bei Leistungsberechtigten im ersten Monat, in dem sie ihre Renten erhielten, nicht berücksichtigten. Sie taten dies erst im Folgemonat. Das betraf Renten, die die Rentenversicherungsträger zum Monatsende zahlten. Die Grundsicherung wird hingegen am Monatsanfang ausgezahlt. Für den ersten Leistungsmonat unterstellten die Behörden für diese Leistungsberechtigten einen nicht um die Rente verringerten Grundsicherungsanspruch. Nur wenige Behörden beachteten das Zuflussprinzip und rechneten Drucksache 18/XXXX –2– Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode die Renten auch im ersten Leistungsmonat an. Dem Bund sind dadurch erhebliche Mehrausgaben entstanden. 31.2 Der Bundesrechnungshof hat bemängelt, dass die meisten Behörden das Zuflussprinzip nicht beachteten. Sie gewährten im ersten Leistungsmonat zu hohe Grundsicherungsleistungen, die vom Bund zu tragen waren. Der Bundesrechnungshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass die Behörden durch ihre uneinheitliche Verfahrensweise vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt haben. Sie verstießen damit gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung. Der Bundesrechnungshof hat das BMAS mehrfach aufgefordert sicherzustellen, dass die Behörden das Zuflussprinzip beachten. Für Fälle, in denen monatliches Einkommen erst zum Monatsende gezahlt wird und Leistungsberechtigte Zahlungsverpflichtungen für diesen Monat möglicherweise nicht nachkommen können, hat der Bundesrechnungshof eine Lösungsmöglichkeit aufgezeigt. Behörden könnten Leistungsberechtigten auf Antrag ein Darlehen gewähren. Dadurch könnten diese auch im ersten Leistungsmonat fällige Zahlungen, wie etwa Mietzahlungen, leisten. Falls das BMAS auf diesem Weg die Schwierigkeiten beseitigen möchte, die sich aus dem Zuflussprinzip ergeben, wäre gegebenenfalls eine Gesetzesänderung erforderlich. 31.3 Das BMAS hat die Auffassung des Bundesrechnungshofes bestätigt, dass das Zuflussprinzip anzuwenden ist. Ebenfalls hält es die Möglichkeit eines Darlehens für sinnvoll, das die Behörden den Leistungsberechtigten auf Antrag zur Überbrückung bis zur Auszahlung der Rente oder eines sonstigen monatlichen Einkommens gewähren können. Hierfür sei eine Rechtsänderung erforderlich. Über eineinhalb Jahre hat das BMAS gegenüber den Ländern nichts unternommen, damit die Behörden das Zuflussprinzip beachten. Einen Gesetzentwurf mit einer entsprechenden Regelung für die Gewährung von Darlehen hat das BMAS bisher ebenfalls nicht vorgelegt. 31.4 Der Bundesrechnungshof fordert eine ordnungsgemäße Einkommensanrechnung bei der Grundsicherung. Er sieht das BMAS in der Pflicht sicherzustellen, dass die Behörden das Zuflussprinzip beachten. Wenn das BMAS die Möglichkeit schaffen möchte, Leistungsberechtigten durch Darlehensgewährung bestimmte Zahlungen, z. B. Mieten, zu erleichtern, müsste es die dafür erforderliche Gesetzesänderung einleiten.
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