Niveau Mischen - Weingut Johanninger

Genuss Weinprobe
Weinprobe Genuss
Mischen
auf hohem
Niveau
Junge Lauser und elegante Gaumenschmeichler: Unsere beiden
Weinkenner widmen sich in dieser Ausgabe acht außergewöhnlichen
rheinhessischen Cuvées.
Von Thomas Ehlke und René Harth
V
erschnitt ist ein hässliches
Wort. Ein deutsches Wort. Man
denkt beim Wein unweigerlich an Panscherei. Die Franzosen haben schönere
Worte. Sie sprechen von Assemblage, Mariage oder Cuvée. Und mit Panschen hat
das rein gar nichts zu tun. Denn Cuvées
erfordern das ganze Können des Kellermeisters, sollen sie gelingen. Nicht von
ungefähr sind viele der ganz großen
französischen Weine Verschnitte.
Früher hierzulande oft aus der
Not geboren, haben die rheinhessischen Winzer mittlerweile ihre
Lust an den Cuvées entdeckt. Die
Gründe hierfür sind schnell ausgemacht: Zum einen ist es eine
riesige Spielwiese für kreatives
Weinerzeugen, zum anderen
ergeben sich völlig neue Geschmacksbilder und somit Alleinstellungsmerkmale. Wurden in der Vergangenheit die
einfachen Weine verschnitten,
wird heute durchaus auf hohem Niveau gemischt.
74 Unser Rheinhessen
1. 2014er „FRUITS DE MER“
Der „Fruits de Mer“ aus dem Niersteiner
Weingut Jochen Seebrich ist sozusagen
eine „Auftragskomposition“ für die Gastronomie. Und in der Tat lässt sich diese
Trilogie aus Riesling, Müller-Thurgau und
Sauvignon blanc trefflich zu Fisch und
Meeresfrüchten vorstellen. In der Nase
würzig-kräutrige Aromen und der Duft
nach gelben Früchten, überzeugt dieser
Wein mit einem angenehmen Mundgefühl. Er eignet sich aufgrund seiner
Leichtigkeit – die allerdings, bitteschön,
nicht mit Belanglosigkeit zu verwechseln
ist – auch bestens als gut gekühlter Solitär an lauen Sommerabenden auf der
Terrasse. Jochen Seebrich bezeichnet seine Komposition als „Gute-Laune-Wein,
der Lebensfreude versprüht“. Man mag
ihm nicht widersprechen.
2. 2014er „LAUSER“
Wenn in Rheinhessen von jugendlichen
Tunichtguten die Rede ist, die den Schalk
im Nacken haben und zu jedem SchaUnser Rheinhessen 75
Genuss Weinprobe
WEINE
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1. 2014er „FRUITS DE MER“
Weingut Seebrich, Nierstein,
7 Euro
www.weingut-seebrich.de
5. 2014er „KOPFSTAND“
Weingut Lorenz, Friesenheim,
7,50 Euro
www.bioweingut-lorenz.de
2. 2014er „LAUSER“
Weingut Klieber, Hangen-Weisheim,
4,30 Euro
www.weingut-klieber.de
6. 2014er „WEINLIEBE SILVANER +
LEMBERGER“
Weingut Zehe-Clauß, Mainz-Hechtsheim, 9,20 Euro
www.zehe-clauss.de
3. 2014er „GRÜNWEISS“
Weingut Johanninger, Biebelsheim,
7 Euro
www.johanninger.de
4. 2014er „MONKEY MOUNTAIN
DRY“
Weingut Pfeiffer, Gau-Algesheim,
5,50 Euro
www.weingut-pfeiffer.de
VERLOSUNG
Wir verlosen vier Pakete mit je
sechs Weinflaschen der aktuellen
Verkostung. Wer gewinnen will,
beantwortet folgende Frage:
Aus welchen Rebsorten besteht
der Rotling aus dem Weingut
Zehe-Clauß?
Schicken Sie die Antworten zusammen mit der eigenen Anschrift bis
zum 5. Mai 2016 per Post an die
Verlagsgruppe Rhein Main, Content
Fabrik, Redaktion „Unser Rheinhessen“, Erich-Dombrowski-Str. 2,
55127 Mainz, oder per E-Mail an:
[email protected]
bernack aufgelegt sind, spricht man von
„Lausern“. Dieses Sprachbild hat sich
der Hangen-Weisheimer Winzer Martin
Klieber zu eigen gemacht, als er seine
Cuvée aus Müller-Thurgau, Riesling
und Sauvignon blanc kreierte. Zitrus,
Grapefruit und grüne Aromen sorgen für
Frische und unbekümmerten Trinkspaß.
Ein „Lauser“ eben, der unkompliziert und
frech daherkommt und bei einem Alkoholgehalt von 10,5 Volumenprozent
all jenen eine Nase dreht, die glauben,
es mit einem Leichtgewicht zu tun zu
haben. Das ist er wahrlich nicht, denn
er bleibt lange am Gaumen und kitzelt
die Geschmacksnerven.
welches fußläufig, in unmittelbare Nähe
des Weingutes beginnt. Kellermeister
Oliver Herzer stammt vom Bodensee und
hat sich durch seine Heimat zu seiner
Cuvée „Grünweiß“, einer Mischung aus
Sauvignon Blanc und Silvaner, inspirieren lassen. Und in der Tat: Die tiefe Klarheit des Weines und die leichte,
filigrane Kräutrigkeit erinnern an die
Stilistik der Bodenseewinzer. Wer die
großartigen Weine des Weingutes mit
außergewöhnlichen Speisen genießen
möchte, hat im verpachteten Restaurant
Nickel’s Speisekammer auf dem Gutsgelände hervorragend Gelegenheit dazu.
4. 2014er „MONKEY MOUNTAINS DRY“
3. 2014er „GRÜNWEISS“
Das Weingut Johanninger in Biebelsheim,
gelegen zwischen Bingen und Bad Kreuznach, ist schon eine Besonderheit in der
rheinhessischen Weinszene. Zum einen
haben sich dort drei Männer zusammengefunden, die das Bioweingut gemeinsam erfolgreich betreiben. Zum anderen
liegen die Weinlagen des Betriebes in
Rheinhessen und im Anbaugebiet Nahe,
76 Unser Rheinhessen
Der junge Weinbautechniker Michael
Pfeiffer vom gleichnamigen Familienweingut in Gau-Algesheim ist ein sehr
kreativer und fantasievoller Mensch. Die
Fahrt in seine Weinberge in der Lage Affenberg war für ihn schon immer wie
eine Reise in die „Monkey Mountains“.
Aus dieser Fantasie wurde nun eine eigene Produktlinie. „Monkey Mountain
Dry“ ist eine hocharomatische und wür-
7. 2011er „CM“
Weingut Müsel, Worms-Herrnsheim,
7,50 Euro
www.mueselwein.de
8. 2011er „FLASCHENPOST“
Weingut Wendel, Worms-Pfeddersheim,
8,50 Euro
www.weingut-wendel.de
zige Assemblage aus Weißweinen. Aus
aromatischen Beeren. Seine Winzerkolwelchen genau, war dem Winzer nicht
legen standen im wahrsten Sinne des
zu entlocken. Wir glauben aber, in dieWortes Kopf. Und da, wie wir nun wissen,
sem äußerst schmackhaften Wein die
Johannes Lorenz vom gleichnamigen BioSorten Sauvignon blanc
weingut in Friesenheim ein
und Bacchus erkannt zu
einfallsreicher WeinmaSchön, wenn ein cher ist, war der Name für
haben. Schön, wenn ein
junger Winzer neben neuseine Cuvée aus Rivaner,
Winzer älteren
en Rebsorten auch ältere
Cabernet Blanc und RiesRebsorten neues ling geboren. Sein „Kopfrheinhessische Sorten verwendet und ihnen damit
ist ein wunderbar
Leben einhaucht. stand“
neues Leben einhaucht.
fruchtiger und spritziger
Traditionell und trotzdem
Wein, der dabei Charakter
jung, frech und modern: Diese rheinhesund Tiefgang nicht vermissen lässt. Er ist
sischen Standortvorteile spiegeln sich in
der ideale Sundowner für die Terrasse,
diesem Produkt auf das Vortrefflichste
begleitet aber auch gerne helle Fleischwieder.
gerichte, Fisch sowie scharfe, asiatische
Speisen. Am besten ist es, man stellt
5. 2014er „KOPFSTAND“
gleich mehrere Flaschen kalt.
Es klingt fast wie der Beginn eines
Grimm’schen Märchens: Da zog mal ein
junger Winzer in die Welt hinaus, um über
den Tellerrand zu schauen und brachte
eine aberwitzige Idee mit nach Hause.
Fortan erfolgte in seinen Weinbergen nur
noch der Minimalschnitt und die Reben
dankten es ihm mit ganz kleinen, hoch-
6. 2014er „WEINLIEBE SILVANER +
LEMBERGER“
Der in der MC-Edition des Weinguts Zehe-Clauß erzeugte Jahrgangswein 2014
ist das Resultat einer weingewordenen
Liebe. Der Württemberger Marcus Clauß
heiratete die Rheinhessin Birgit Zehe. In
dem Hechtsheimer Gut des önologisch
multikulturellen Paares entstand diese
„Mariage“ aus den Leitweinen beider Anbaugebiete: dem Lemberger aus Württemberg und dem Silvaner aus Rheinhessen. Der Rotling vereinigt Fruchtaromen
von Quitte, Walderdbeere und Kirsche
und hat zudem einen rauchigen WhiskyTouch, der zusammen mit der Vanillenote
vom Ausbau im Eichenholzfass stammt.
Ein „Maul voll Wein“, das all jenen, die
bislang Rotwein verschmähten, als Einstieg dienen könnte. Und das sogar bei
der sommerlichen Grillfete, denn auch
als Begleiter zu Steaks und Bratwürsten
eignet sich der Rotling bestens.
7. 2011er CUVÉE „CM“
Bei der Cuvée „CM“ aus dem WormsHerrnsheimer Weingut Müsel ist der
Name Programm. „CM“ steht für Cabernet Sauvignon und Merlot. Extrem
weiche Tannine machen diese rubinrot
funkelnde Cuvée zu einem Türöffner für
Rotweintrinker und solche, die es werden wollen. Es ist ein eleganter Wein,
der am Gaumen schmeichelt, ohne
Unser Rheinhessen 77
Weinprobe Genuss
WEINPROBE
Die acht spannenden Cuvées aus
dieser Weinbesprechung können
„Unser Rheinhessen“-Leserinnen und
-Leser bei einer exklusiven Weinprobe am Freitag, 29. April, 19 Uhr, im
mehrfach
ausgezeichneten Weingut Weber,
Herrbornstr. 26, 55435 Gau-Algesheim,
live erleben. Dort stellen René Harth und
Thomas Ehlke diese und
vier weitere Cuvées vor. Begleitet
werden die Weine von feinen
rheinhessischen „Minkelscher“
aus der Küche des Gutsausschanks
St. Marienhof in Gau-Algesheim.
Kosten: 33 Euro pro Person.
Fotos: Fotolia / kubais, Fotolia / misaleva, HBZett Stefan Sämmer, Stephan Dinges
Thomas Ehlke (li.) aus
Nierstein ist Leiter der Alzeyer Lokalredaktion der Allgemeinen Zeitung
und Buchautor.„Weinentdecker“ René
Harth aus Schwabsburg betreibt das
Portal www.meinrheinhessenwein.de
Wer sich zur Probe anmelden möchte,
schickt bis zum 20. April eine E-Mail mit
Anzahl und Namen der Teilnehmer,
seiner Anschrift sowie Telefonnummer
an [email protected] oder
schreibt uns: Verlagsgruppe Rhein
Main, Content Fabrik, Redaktion „Unser Rheinhessen“,
Erich-Dombrowski-Str. 2,
55127 Mainz
Mit Leidenschaft geröstet –
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Liebe getrunken
aufdringlich zu sein. Er ist überdies ein
Alleskönner und lässt sich als Begleiter
zum Fleischgang beim Menü ebenso vorstellen wie zu Gegrilltem auf der Terrasse
oder als Solist bei der Gartenparty. Dann
auch durchaus in der leicht gekühlten
Variante. Sein Alter steht ihm übrigens
gut, ist er doch jetzt in der besten Reifephase angekommen und hat dennoch
weiteres Lagerpotenzial. Der „CM“ liefert
überdies ein Beispiel für die funktionierende Zusammenarbeit der Generationen im Weingut. Vater Hans-Jürgen Müsel
bringt seinen großen Erfahrungsschatz
ein und zeigt sich offen für neue Ideen,
die von seinem Sohn Christian, einem examinierten Weinbautechniker, kommen.
8. 2011er „FLASCHENPOST“
Weine zu erzeugen, die schmecken – das
ist das einfache Credo von Biowinzer Dirk
Wendel aus Worms-Pfeddersheim und
gibt das vorherrschende Understatement
rheinhessischer Winzer wieder. Dabei
spielt er die große Klaviatur eines besonders umtriebigen und ideenreichen
Weinmachers. Seine Produktvielfalt ist
enorm, die Sherry-Art-Kreationen hochdekoriert und eine absolute Seltenheit in
rheinhessischen Gefilden. Herausragend
ist zudem seine Rotweincuvée „Flaschenpost“ aus den Sorten Merlot, Cabernet
Mitos, Spät- und Frühburgunder. Beerig,
kräutrig-würzig und extrem schokoladig
kommt sie daher. Ein molliger Rotwein
mit Anklängen an mit Vanille versetztem,
hochwertigem Pfeifentabak. Wer die Flasche zum Verschenken nutzen möchte,
kann seine Mitteilungen und Glückwünsche auf dem Etikett hinterlassen, das
wie eine Postkarte gestaltet ist. Wer es
so macht wie Dirk Wendel, zeigt Understatement, haut sich ein
Flank-Steak auf den
Grill – und genießt
einfach den Wein
dazu.
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