40 Jahre zsge: Ein kurzer Rückblick durch präsidiale Augen

November 2015
I n f o r m a t i o n e n f ü r S p e n d e r i n n e n u n d S p e n d e r, B e h ö r d e n
report
und weitere Interessierte
zsge
Zürcher Stiftung
für Gefangenen- und
Entlassenenfürsorge
40 Jahre zsge:
Ein kurzer Rückblick durch
präsidiale Augen
Sie präsidierten die zsge (von rechts): Alfred Bohren (1978 bis 1997), Esther Holm (1997 bis 2007) und Peter
Aisslinger (seit 2008).
40 Jahr-Jubiläum der zsge: Rückblick mit
drei StiftungsratspräsidentInnen
Die Zürcher Stiftung für Gefangenen- und Entlassenenfürsorge (zsge) kann
dieses Jahr ein kleines Jubiläum feiern: 1975, vor 40 Jahren also, nahm sie
ihren Betrieb auf und stellt seither ein wichtiges Angebot für die Reintegration
ehemaliger Strafgefangener in die Gesellschaft bereit. Ein kurzer Rückblick
mit zwei ehemaligen und dem aktuellen Stiftungsratspräsidenten.
Die Zürcher Stiftung für Gefangenenund Entlassenfürsorge (zsge) feiert 2015
ihr 40 Jahr-Jubiläum: Mit der öffentlichen Beurkundung der Stiftungsurkunde
und der Genehmigung des Reglementes
am 18. April 1975 nahm die vom Zürcher
Verein für Gefangenen- und Entlassenenfürsorge eingerichtete Stiftung ihren Betrieb auf. Bis dahin hatte sich der 1855
gegründete Verein um entlassene Strafgefangene gekümmert, stiess aber in der
Form als Verein nach mehr als einem Jahrhundert zunehmend an seine Grenzen.
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Die Überführung in eine Stiftung, der als
Startkapital auch das seit 1964 betriebene «Übergangsheim Neugut» geschenkt
wurde, schuf die Möglichkeit, die Ziele
des Vereins in neuer Form weiterzuverfolgen.
Drängende Wohnungsnot
Erster Stiftungsratspräsident wurde der
Zürcher Bezirksrichter Richard Gilg.
Dieser musste das Präsidium aber bereits
1978 aus gesundheitlichen Gründen abgeben und fand in Alfred Bohren einen
geeigneten Nachfolger. «Ich war gerade
zum Schulpräsidenten im Schulkreis
Waidberg gewählt worden und hatte noch
etwas Kapazität, die ich für eine gute
Sache einsetzen wollte», erinnert sich
Bohren. Finanziell kannte die Stiftung in
jener Zeit keine Probleme: Eine jährliche
Sammlung sowie Legate finanzierte einen
Teil der Betriebskosten. Und für den
Rest hatte die Stiftung gewissermassen
eine Defizitgarantie des Kantons. Im Gegenzug war dafür der Direktor der Strafanstalt Regensdorf (heute Justizvollzugsanstalt Pöschwies) stets Vizepräsident
der zsge.
Am meisten bereitete dem Stiftungsrat in
den 70er- und 80er-Jahren die in Zürich
herrschende Wohnungsnot Sorgen. «Davon
waren vor allem auch Strafentlassene
betroffen, die es sehr schwer hatten, auf
dem Wohnungsmarkt etwas zu finden»,
blickt Alfred Bohren zurück. Und so
baute die zsge verschiedene neue Wohnprojekte auf, etwa Wohngruppen in
Altstetten und Winterthur, 1992 kam
dann auch das bis heute existierende
Wohnangebot Waffenplatz hinzu. «Dort,
wo wir neue Angebote aufbauten, waren
am Anfang immer grosse Vorbehalte zu
spüren», so Bohren, der sich an eine grosse
Versammlung mit besorgten Bürgern in
Altstetten zu erinnern vermag. «Am Ende
hat es aber mit der Integration immer
gut geklappt.»
Professioneller werden
Alfred Bohren stand der zsge bis Frühling
1997 vor. Bei der Suche nach einer Nachfolgerin wurde die zsge im Kantonsrat
fündig: Esther Holm hatte gerade ihr
Jahr als Kantonsratspräsidentin abgeschlossen. «Die Anfrage, das Präsidium
zu übernehmen, hat mich sehr gefreut,
war aber auch eine Herausforderung,
musste ich mich doch in eine ganz neue
Welt einleben», erinnert sich Esther Holm.
«Rückblickend war aber gerade dies sehr
hilfreich, stellte ich doch Fragen, die sich
die Fachleute gar nicht mehr stellten.»
Hilfreich war auch, dass mit ihr eine
Finanzfachfrau das Präsidium übernahm,
wuchs doch in den 90er-Jahren die Einsicht, dass die enge personelle, organisatorische und finanzielle Vermischung mit
staatlichen Stellen so nicht mehr möglich
war. Statt einer Defizitgarantie gab es neu
Leistungsverträge mit dem Kanton, die
Buchhaltung und das Rechungswesen
wurden professionalisiert.
nach zehn Jahren abgeben wollte, musste
nicht lange nach einer Nachfolge gesucht
werden: Vizepräsident Peter Aisslinger
übernahm das Amt. Als Kantonsrat war
er bereits 1992 zum Stiftungsrat gestossen
und kannte die zsge beim Amtsantritt
also sehr gut. «Ich hatte mit Esther Holm
zusammen eine Organisationsreform aufgeleist und auf diesem Wege wollte ich
weitergehen», erklärt Peter Aisslinger.
Ein weiteres Ziel war die Stärkung der zsge
als Gesamtorganisation. Mit Erfolg:
«Unsere Betriebe verstehen sich heute viel
mehr als Teil eines grossen Ganzen. Und
unsere Mitarbeitenden arbeiten nicht
mehr nur im Neugut, im Waffenplatz
oder im Arbeitsbetrieb, sondern verstehen
sich heute auch ganz als zsge-ler.» Zur
Stärkung dieses zsge-Dachs trägt auch der
aus drei Mitgliedern bestehende Stiftungsratsausschuss bei, der als Bindeglied
zwischen der operativen Ebene des Geschäftsführers und der strategischen des
Stiftungsrates fungiert und den Kontakt
zu allen wichtigen Partnern wie etwa dem
Kanton sicherstellt. Mit diesem konnte
2010 erstmals ein alle Betriebe umfassenden Rahmenvertrag ausgearbeitet werden.
Neben organisatorischen Fragen, galt es
in den letzten Jahren aber auch immer
wieder auf gesetztliche Änderungen im
Straf- und Massnahmenvollzug zu reagieren. «Es ist eine grosse Herausforderung,
auf neue Anforderungen mit innovativen
Ideen zu reagieren», hält Peter Aisslinger
fest und erinnert etwa an die Änderungen
im Bereich der Gemeinnützigen Arbeit
oder an das «59er-Projekt» im Neugut.
«Die zsge hat sich in den letzten 40 Jahren
als flexible und innovative Institution
erwiesen», so Peter Aisslinger. «Und deshalb kann man sagen, dass das Ziel der
Stiftungsgründer vor 40 Jahren, den Verein
in eine zukunftsfähige Organisation zu
überführen, voll und ganz erreicht wurde.»
In diesem Sinne: Happy Birthday, zsge!
Aber auch organisatorisch änderte sich
viel: 1999 erhielt die Stiftung eine eigene
Geschäftsstelle an der Militärstrasse in
Zürich. Der Leiter dieser Geschäftsstelle
wurde schliesslich 2002 zum Geschäftsführer ernannt, wurde also zum Vorgesetzten der ihm bisher gleichgestellten
Betriebsleiter. «Das sorgte damals durchaus für Unruhe und Unmut, aber der
Schritt war schlicht und einfach nötig»,
so Esther Holm. Er erlaubte es nämlich
auch, dass der Stiftungsrat, der sich bis
dahin mit vielen operativen Details beschäftigten musste, sich endlich auf seine
strategischen Aufgaben konzentrieren
konnte.
Ein Dach über alle Betriebe
Als Esther Holm Ende 2007 das Präsidium
Wurde 1975 der zsge vom Vorgängerverein gewissermassen als
Startkapital mitgegeben: das Wohnangebot Neugut.
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«Das Neugut ist für die Zukunft gut
gerüstet»
Anfang März hat Sylvie Pantano die Nachfolge von Rolf Weidmann als
Leiterin des Wohnangebots Neugut der zsge angetreten. Dem zsgeReport erklärt sie, was sie an ihrer neuen Aufgabe reizt, wo das Neugut
heute steht und welchen Herausforderungen sich die ArbeitsexternatsInstitution (AEX) in der Zukunft stellen muss.
Sylvie Pantano, seit Anfang März sind
Sie die neue Leiterin des zsge-Neugut.
Wie kam es dazu?
Vor meinem Stellenantritt bei der zsge
habe ich fünf Jahre lang als Klinische Psychologin im Rekrutierungszentrum der
Schweizer Armee in Rüti gearbeitet und
habe die Psychologie-Abteilung auch
vorübergehend geleitet. Doch nach fünf
Jahren an dieser Stelle hatte ich das Gefühl, dass es an der Zeit ist, wieder einmal eine neue Herausforderung anzugehen. Eine Kollegin, die im Bewährungsund Vollzugsdienst des Kantons Zürich
arbeitet, hat mich dann zufälligerweise
auf die ausgeschriebene Stelle bei der zsge
aufmerksam gemacht. Dummerweise war
eben gerade die Meldefrist abgelaufen,
aber ich habe mich dennoch gleich hingesetzt und mein Dossier eingereicht.
Und glücklicherweise wurde es dann fürs
Bewerbungsverfahren auch noch berücksichtigt.
Und was hat sie an der ausgeschriebenen
Stelle angesprochen?
Für mich war es gewissermassen die Möglickeit wieder zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Ich habe zuerst vier Semster
Jura studiert, danach Psychologie, Psychopathologie und Kriminologie. Nach dem
Studium konnte ich ein Praktikum bei
Frank Urbaniok beim Psychiatrisch-Psychologischen Dienst im Amt für Justizvollzug absolvieren. Ich habe unter anderem in der Strafanstalt Pöschwies in
Regensdorf gearbeitet und mich intensiv
mit allen Aspekten der deliktorientierten
Therapie beschäftigt. Und ich habe gemerkt, dass mich die forensische Psychologie mehr und mehr fasziniert.
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Und was macht diese Faszination aus?
Ich finde es als Psychologin interessant,
den Gründen nachzugehen, die Menschen
zu deliktischem Verhalten führen. Und
auch den Gründen, warum viele von ihnen
aus der Spirale nicht mehr ausbrechen
können, sondern immer wieder straffällig
werden. Und das führt dann natürlich
zur Frage, was wir als Gesellschaft tun
können, um diesen Menschen zu helfen,
aus diesem Kreislauf rauszukommen und
sich wieder sinnvoll in die Gesellschaft
einzugliedern. Ich finde das eine tolle Arbeit und wir alle bei der zsge, haben
die Chance, hier einen wichtigen Beitrag
leisten zu können.
«Das Team im Neugut
ist ein Glücksfall.»
Seit dem Stellenantritt Anfang März
sind nun einige Monate vergangen.
Was sind Ihre ersten Eindrücke, z.B.
von Ihrem Team?
Sylvie Pantano: «Klienten zu begleiten und einen Beitrag für eine positive
Entwicklung zu leisten, ist sehr befriedigend».
Das Team hier im Neugut ist, so finde
ich, ein Glücksfall. Man merkt sofort,
dass hier Menschen an der Arbeit sind,
die über eine hohe fachliche Kompetenz
verfügen, sich ständig austauschen und so
eine gemeinsame Sicht auf die von uns
betreuten Fälle entwickeln. Dazu kommt,
dass unser Kernteam auch menschlich
sehr gut harmoniert, die Stärken der einzelnen Teammitglieder ergänzen sich sehr
gut. Natürlich haben wir auch das Glück,
dass wir sowohl im Kernteam wie auch
bei den Nachtwachen aktuell in Vollbesetzung arbeiten können. So haben wir
auch genügend Zeit für den fachlichen
Austausch und haben die Chance, uns als
Team weiterzuentwickeln.
Was stand in den ersten Wochen für Sie
vor allem im Vordergrund?
Natürlich die Einarbeitung, das Kennenlernen des Betriebes, der Mitarbeiter, der
Klienten. Darüber hinaus bin ich aber in
den vergangenen Wochen auch viel herumgereist, habe mich bei den Vollzugsbehörden, in den verschiedenen Strafanstalten und Massnahmenzentren vorgestellt. Und ich konnte dabei auch feststellen, dass das Neugut unter den Fachleuten einen äussert guten Ruf hat, dass
«Das viele Lob von Fachleuten für das Neugut
freut mich sehr.»
man unserem Betrieb eine hohe Qualität
attestiert. Dieses Lob hat mich natürlich
sehr gefreut. Und es ist gleichzeitig natürlich auch Verpflichtung, alles dafür zu
tun, dass wir diesen exzellenten Ruf auch
weiterhin haben werden.
Sie haben wie erwähnt die letzten fünf
Jahre als Klinische Psychologin in
einem Rekrutierungszentrum der
Schweizer Armee gearbeitet. Gibt es
Erfahrungen, die sie von dort zur zsge
mitnehmen konnten?
Ja, ich denke es sind vor allem zwei
Aspekte. Zum einen hatte ich in Rüti
die Gelegenheit, das dortige Team von
zwölf Psychologinnen und Psychologen
interimistisch zu leiten. Das war für
mich eine gute Schulung in Sachen
Personalführung. Zum anderen habe ich
bei der Schweizer Armee aber auch
gelernt, administrative Arbeiten effizient
und effektiv zu organisieren. Davon profitiere ich ohne Zweifel nun auch hier
im Neugut.
Von der Arbeit als Psychologin her
unterscheiden sich die beiden Stellen
aber doch recht stark. Bei der Schweizer
Armee habe ich viele Klienten in der
Regel nur ein- oder zweimal gesehen,
wenn es darum ging, ihre Eignung für
eine militärische Ausbildung, eine
Kaderstelle oder einen Auslandeinsatz
abzuklären. Danach folgte der Bericht
und der Fall war abgeschlossen. Hier ist
das ganz anders: Wir arbeiten über
Wochen und Monate mit unseren
Klientinnen und Klienten, können
Fortschritte und positive Entwicklungen
beobachten und einen Beitrag dazu
leisten. Das ist letztlich natürlich viel
befriedigender.
Das Neugut hat in den letzten Jahren
viel Pionierarbeit geleistet, Stichwort
«59er-Projekt», Stichwort Pilotprojekt
im ROS (Risikoorientierter Strafvollzug). Gibt es neue Gebiete oder Projekte,
in denen das Neugut in den nächsten
Jahren tätig werden will?
Es ist so, das Neugut hat in den vergangenen Jahren viel Innovationskraft gezeigt,
gerade das «59er-Projekt» war und ist
ein wegweisendes Projekt. Damit ist das
Neugut für die Zukunft gut gerüstet. Es
geht nun vor allem darum, dass mit dem
«59er-Projekt» erreichte zu konsolidieren
und die betriebswirtschaftlich erforderliche Belegung zu sichern.
Ist denn die Belegung aktuell ein Problem für das Neugut?
Die Belegung im Neugut ist stets ein
Diskussionpunkt. Wir arbeiten eng mit
den Vollzugsbehörden zusammen. Wir
stellen fest, dass die Klienten im Rahmen
des Vollzugs immer länger in den uns
vorgelagerten Progressionsstufen behalten
werden. Wir als letzte Stufe, als Arbeitsexternat (AEX) bzw. als Wohn- und Arbeitsexternat (WAEX), haben dann das
Problem, dass die Klienten nur noch kurz
bei uns bleiben, was unsere Arbeit beim
letzten, aber letztlich so wichtigen Schritt
zurück in ein eigenständiges Leben nicht
einfacher macht. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir im Gespräch mit den Voll-
zugsbehörden das Bewusstsein für diesen
Punkt schärfen können. Gleichzeitig
müssen wir uns aber als zsge überlegen, ob
es sinnvoll ist, neben den beiden Klientengruppe, die wir im Neugut aktuell betreuen, auch noch ein Angebot für eine
dritte Gruppe aufzubauen. Doch das wird
die Zukunft weisen.
Die neue Leiterin des Neugut
Sylvie Pantano (*1976) ist in Schlieren
geboren und aufgewachsen. Nach der
Matura Typus B an der Kantonsschule
Stadelhofen hat sie an der Universität
Zürich ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen, wechselte dann
nach vier Semstern zu einem Psychologie-Studium. Dieses absolvierte sie mit
Vertiefung im Bereich Neuropsychologie, mit Psychopathologie des Erwachsenenalters und Kriminologie als
Nebenfächer. Während und nach dem
Studium absolvierte Sylvie Pantano
verschiedene Praktika, etwa im Schweizerischen Epilepsie-Zentrum oder im
Pyschiatrisch-Psychologischen Dienst
im Amt für Justizvollzug des Kantons
Zürich. Von 2009 bis 2015 arbeitete
sie als Klinische Psychologin im Rektrutierungszentrum der Schweizer Armee
in Rüti ZH, zuletzt als stellvertretende
Chefpsychologin und Chefpsychologin
ad interim. Sylvie Pantano lebt mit
ihrem langjährigen Partner in Birmensdorf, aktuell laufen die Vorbereitungen für die Hochzeit im kommenden
Jahr. Neben Reisen sind Filme ihre
grosse Leidenschaft.
Weitere Informationen: www.ffzh.ch
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Dank Motivation aus dem Teufelskreis
ausbrechen
Seit letztem Herbst lädt die zsge regelmässig zu Fachveranstaltungen in den
Arbeitsbetrieb an der Kanonengasse ein. Diese Veranstaltungen dienen als
Plattform für den fachlichen Austausch und die Kontaktpflege von im Strafund Massnahmenvollzug beschäftigten Personen. Für die zweite dieser Fachveranstaltungen konnte Klaus Mayer, Dozent für Psychologie an der ZHAW,
gewonnen worden.
Die Atmosphäre Anfang Juli im Arbeitsbetrieb der zsge an der Kanonengasse
muss als hitzig und heiss beschrieben
werden. Auf dem Höhepunkt der Hitzewelle in diesem Sommer lockten der
Biergarten oder die Badeanstalt mit attraktiven Feierabend-Angeboten, doch rund
30 Gäste liessen es sich dennoch nicht
nehmen, an der zweiten Fachveranstaltung
der zsge im Arbeitsbetrieb teilzunehmen.
Sie wurden für ihren Durchhaltewillen
mit einem interessanten Referat belohnt.
Als Referenten konnten Peter Aisslinger,
der Präsident des Stiftungsrates der zsge,
und Edgar Rutishauser, der zsge-Geschäftsführer, Klaus Mayer begrüssen.
Mayer arbeitet als Dozent und Studienleiter im Departement Soziale Arbeit an
der ZHAW in Zürich, und beschäftigt
sich vor allem mit Fragen betreffend
Deliquenz, Kriminal- und Rückfallprävention. Er gewährte in seinem rund einstündigen Referat einen Einblick in sein
Forschungsgebiet.
Veränderungen sind möglich
In seinem Referat zeigte Klaus Mayer
Möglichkeiten auf, wie es gelingen kann,
bei deliquierenden Personen eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Eine
solche, so Mayer, sei dabei gerade bei
Personen wichtig, welche aufgrund von
persönlichen Merkmalen oder in bestimmten Situationen immer wieder in
deliktische Handlungen verfallen, da bei
diesen Personen das übliche Sanktionsmittel, also Strafe oder Busse, nicht
mehr greift.
Klaus Mayer zeigte auf, was sinnvolle
Veränderungsziele sein können, welchen
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Hürden die Beteiligten im Laufe des
Prozesses begegnen und wie Veränderungsmotivation mittels therapeutischer Begleitung gefördert werden kann. Er unterstrich, dass die Verhaltensänderung über
gezielte Motivationsförderung gelingen
kann, dass es sich dabei aber um einen
mühsamen und langwierigen Prozess
handle. Auf diesem steinigen Weg seien
innere Widerstände natürliche Begleiter,
seien Rückschläge Teil des Weges, die
es zu akzeptieren gelte. Eine vielversprechende Strategie zur Motivationsförderung sei es, Diskrepanzen zwischen dem
Ist- und einem Soll-Zustand herauszuschälen, klare Ziele zu definieren und
dem Klienten mit einem konstruktiven
Kommunikationsstil zu begegnen. Ganz
wichtig sei es schliesslich über erreichte
Veränderungsschritte immer wieder positiv zu sprechen («Change Talk»).
Zeit und Ressourcen nötig
Die Grenzen einer Verhaltensänderung
mittels Motivationsförderung ortete der
Referent bei den zur Verfügung sehenden
Ressourcen, den Kompetenzen und den
Fähigkeiten, die ein beteiligter Klient
mitbringen bzw. entwickeln muss sowie
der benötigten Zeit, die ein solcher
Prozess erfordere. Gerade letztere sei oftmals nicht im gewünschten Masse vorhanden.
Das interessante Referat an diesem heissen Sommerabend liess alle Anwesenden
schwitzen und ihre Kehlen austrocknen.
Genüssliche Abhilfe und ausreichend
Zeit zur Diskussion und persönlicher
Vernetzung verschaffte der anschliessende, gelungene Apéro in den kühleren
Räumlichkeiten der Recycling-Werkstatt.
Referent Klaus Mayer: «Verhaltensänderung herbeizuführen ist ein mühsamer
und langwieriger Prozess. Doch er lohnt sich.»
recyclingArt und
Fabrikat präsentieren
sich gemeinsam
Neu bei der zsge
stellungen und ich bin sehr glücklich
nun einen Teil des Neugut-Teams zu
sein. Die Arbeit ist sehr vielschichtig
und die Begleitung der Klienten in
den verschiedenen Lebensbereichen
eine erfüllende und herausfordernde
Arbeit.
Sie sind am gleichen Ort zu Hause. Und
sie haben beide spezielle Produkte im
Angebot, die es in dieser Form sonst
(fast) nirgends (mehr) gibt: recyclingArt,
das Schmuck- und Produkte-Label der
zsge, und Fabrikat, der etwas andere
Shop für Büroutensilien. Eine Zusammenarbeit liegt da auf der Hand: An der
Militärstrasse 76, wo sowohl der Laden
wie auch die Geschäftsstelle der zsge
eingemietet sind, präsentieren sich die
beiden Partner nun gemeinsam in einem
neuen Schaukasten.
Jonas Bösiger
Neugut
Seit Mai 2015 bin ich Teil des Sozialpädagogischen Kernteams des Neugut.
Mein beruflicher Werdegang startete
nach der Matura mit der Hotelfachschule in Luzern. Doch ich merkte
schnell, dass die Hotelerie nicht ganz
der richtige Ort für mich ist. Durch
verschiedene Zivildiensteinsätze bin
ich dann zur Ausbildung in Sozialer
Arbeit an der ZHAW gekommen.
Dabei konnte ich auch Praktika absoliveren. Das erste durfte ich bei der
Stadt Zürich, der sip züri absolvieren.
Dort konnte ich wertvolle Erfahrungen
in der Konfliktarbeit mit unterschiedlichsten Anspruchsgruppen sammeln.
Ein zweites Praktikum absolvierte ich
im Jugendheim Schenkung Dapples,
wo ich den Massnahmen-vollzug bei
Jugendlichen kennen lernte.
Nach einer längeren Reise durch Indien
und Indonesien habe ich dann viereinhalb Jahre bei RoadCross Schweiz
als Bereichsleiter Jugendprävention,
einen Beitrag zur Verkehrssicherheit
geleistet. Dazu habe ich ein Moderatorenteam geleitet und selbst Schulungen bei 16-24jährigen in verschiedensten Institutionen durchgeführt.
Mit der Zeit fehlte mir aber die kontinuierliche sozialarbeiterische und
sozialpädagogische Begleitung von
Klienten immer mehr. Und da kam
mir die Stellenausschreibung vom
zsge-Neugut gerade recht.
Mein erster Eindruck an der neuen
Stelle deckt sich mit meinen Vor
Vanessa Hübscher
Arbeitsbetrieb
Seit Anfang März 2015 arbeite ich
mit einem 30 Prozent-Pensum im
Arbeitsbetrieb. Dort kümmere ich
mich als kaufmännische Mitarbeiterin hauptsächlich um die KlientenAdministration im Bereich Atelier 4.
Ich habe ursprünglich meine Ausbildung an der Hotelfachschule in
Zürich absolviert und mich später zur
Personalassistentin weitergebildet.
Seit der Geburt meines dritten Kindes
arbeite ich nun Teilzeit im kaufmännischen Bereich.
Die dort von reyclingArt ausgestellten
Produkte können dabei neu auch gleich
im vor einem Jahr eröffneten Ladenlokal erworben werden. Neben den recyclingArt-Produkten verkauft Fabrikat
noch weitere Produkte, von denen man
glaubte, dass es sich nicht mehr gibt:
Vom Tintenfässchen über handgemachte
Pinsel bis hin zur guten alten BleistiftAnspitzmaschine. Ein Abstecher in den
ästhetisch kreativ eingerichteten Laden
samt einem Blick in den gemeinsamen
Schaukasten lohnt sich also in jedem
Fall.
Bei der zsge habe ich im Arbeitsbetrieb eine ideale Stelle gefunden:
Sie ist einerseits eine neue Herausforderung für mich, andererseits
stellt sie einen guten Ausgleich zu
meinem Alltag als Mutter dar.
Und es gefällt mir sehr, dass ich, da
ich in der Stadt Zürich wohne, meinen Arbeitsweg neu mit dem Fahrrad zurücklegen kann.
Weitere Informationen im Internet:
www.recyclingart.ch, www.fabrikat.ch
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Advents-Aktion von
Zürcher Stiftung für Gefangenenund Entlassenenfürsorge
Starthilfe für die Rückkehr in die Gesellschaft
recyclingArt
Militärstrasse 76
8004 Zürich
Tel. 044 240 25 51
Fax 044 240 25 53
[email protected]
www.zsge.ch
www.recyclingart.ch
Das Jahr neigt sich langsam dem Ende
entgegen, die Adventszeit und damit auch
das Weihnachtsfest rücken langsam wieder näher. Nun sind wieder passende
Geschenke gefragt. Und natürlich auch
schöne Verpackungsideen. Mit der winebag bietet Ihnen recylingArt die Chance,
einem Geschenk in Tropfenform noch
einen zusätzlichen, speziellen Touch zu
geben. Profitieren Sie von unserer
Adventsaktion und beziehen Sie als
Privatkunde bis Ende November 2015
winebags zu einem Preis von CHF 1.50
statt CHF 3.00 pro Stück!
PAT R O N AT
Prof. Dr. med. Felix Gutzwiller
Präventivmediziner, Ständerat, Zürich
Monika Weber, lic. phil.
alt Stadträtin und alt Ständerätin, Zürich
STIFTUNGSRAT
Bestellungen online über unseren OnlineShop auf www.recyclingart.ch, per Mail
via www.zsge.ch oder in unserem Shop an
der Kanonengasse 20, 8004 Zürich (Öffnungszeiten Mo-Fr, 13.30 bis 17 Uhr,
Telefon 044 296 80 06).
Die zsge-Starthilfeprojekte auf einen Blick
zsge-Waffenplatz
Im Waffenplatz stehen fünf 3 ZimmerWohnungen sowie Gemeinschaftsräume
für 15 Personen zur Verfügung. Das Team
bereitet die BewohnerInnen auf das selbständige Wohnen und Arbeiten vor.
Während des Aufenthalts hilft es bei
persönlichen Problemen, bei Arbeits- und
Wohnungssuche, Suchtproblemen, bei
der Verwaltung der persönlichen Finanzen
und beim Verkehr mit Ämtern.
zsge-Neugut
Das Neugut ermöglicht zwölf Personen,
die letzte Phase des Straf- und Massnahmenvollzugs im Arbeits- bzw. im Wohnund Arbeitsexternat zu verbringen. Das
Team unterstützt die BewohnerInnen auf
dem Weg zurück zum Leben in Freiheit
und begleitet sie während ihren individuellen Lernschritten.
zsge-Arbeitsbetrieb
Im zsge-Arbeitsbetrieb können Personen
ihre Strafe in Form von Gemeinnütziger
Arbeit leisten. Zahlungsunfähige Personen können zudem Bussen, die in Ge8
meinnützige Arbeit umgewandelt worden
sind, ebenfalls im Arbeitsbetrieb abarbeiten. Schliesslich bietet der Arbeitsbetrieb Förderarbeitsplätze zur sozialen und
strukturellen Stabilisierung; dazu gehört
die Weitervermittlung in geeignete Folgeprojekte und/oder die Integration in den
primären Arbeitsmarkt.
Peter Aisslinger
Präsident des Stiftungsrates, alt Kantonsrat, Zürich
Thomas Erb
Leiter Vollzugskoordination & Sozialwesen
stv. Direktor JVA Pöschwies
Rita Bernoulli
Juristin, alt Kantonsrätin, Küsnacht
Marco V. Camin
Unternehmer, alt Kantonsrat, Zürich
Zeno Cavigelli
Dr. theol., Theologe, Synodalrat, Zürich
Irene Gysel-Nef
alt Kirchenrätin, Kilchberg
Martin Naef
Jurist, Nationalrat, Zürich
Jürg Peyer
Dr. iur., Rechtsanwalt, Zürich
Rosmarie Quadranti
Kauffrau, Nationalrätin, Volketswil
Rolf Stucker
Chef Jugenddienst Stadtpolizei Zürich, alt Kantonsrat,
Zürich
Daniel Tewlin
Staatsanwalt, Thalwil
Walter Vogt
Leiter Gefängnis Winterthur, Eglisau
SPENDENKONTO
PC 80-5566-3
zsge – Zürcher Stiftung für Gefangenen- und
Entlassenenfürsorge, 8004 Zürich
IMPRESSUM
Das Angebot des Arbeitsbetriebes ist äusserst vielfältig: Die Busseninformationsund Anlaufstelle dient den Klientinnen
und Klienten zur Abklärung administrativer Belange im Zusammenhang mit
ihren Bussen. An der öffentlichen Sammelstelle können ausgediente Elektro- und
Elektronikgeräte abgegeben werden, die
anschliessend in der Recyclingwerkstatt
zerlegt und nach verschiedenen Werkstoffen und Entsorgungswegen sortiert
werden. Weiter werden im Atelier 4 des
Arbeitsbetriebs Tragtaschen aus Landkarten hergestellt, Versandarbeiten und
unterschiedliche handwerkliche Arbeiten
ausgeführt sowie aus Schrottteilen
Schmuck, Gebrauchsgegenstände und
andere Objekte gefertigt.
zsge-report, November 2015
Herausgegeben von der Zürcher Stiftung für
Gefangenen- und Entlassenenfürsorge zsge
Konzept und Texte: Stefan Feldmann, Uster
Fotografie: Stefan Feldmann, Edgar Rutishauser,
Gestaltung: Raymond Naef, Zürich
Druck: Buchmann AG, Zürich
Das ZEWO-Gütesiegel für gemeinnützige
Institutionen.
Es steht für uneigennützigen und zweckbestimmten Umgang mit Spenden.