Faktenblatt „Prüfung des Vertriebsanteils, Höhe und Ausgestaltung"

Eidgenössisches Departement des Innern EDI
Bundesamt für Gesundheit BAG
Faktenblatt „Prüfung des Vertriebsanteils,
Höhe und Ausgestaltung"
Handlungsfeld:
2. Chancengleichheit
Ziel:
2.2 Gesundheit durch Effizienzsteigerung bezahlbar halten
Massnahme:
2.2.1 Stabilisierung des Kostenwachstums im Medikamentenbereich
Ausgangslage
Der Preis der kassenpflichtigen Arzneimittel setzt sich zusammen aus dem Fabrikabgabepreis und
dem Vertriebsanteil, der die logistischen Leistungen der Apotheker und Grossisten abgilt. Der
Vertriebsanteil der Arzneimittel ist für alle Leistungserbringer, die Arzneimittel abgeben dürfen
(öffentliche Apotheken, Ärzte mit Privatapotheke und ambulanter Bereich der Spitäler), gleich hoch,
unabhängig von der tatsächlichen Summe ihrer Vertriebskosten. Obwohl sowohl der
Fabrikabgabepreis als auch der Vertriebsanteil in jüngerer Zeit mehrfach gesenkt wurden, bleiben die
Arzneimittelpreise in der Schweiz, und insbesondere der Vertriebsanteil für den Apotheker oder Arzt,
im internationalen Vergleich hoch. Die Schweiz, wo eine Mehrheit der Kantone die Arzneimittelabgabe
durch die Ärzte zulassen (Selbstdispensation), stellt diesbezüglich eine Ausnahme in der OECD dar.
Die Vergütung logistischer Leistungen in Zusammenhang mit der Arzneimittelabgabe birgt
unerwünschte wirtschaftliche Anreize für die Ärzte, die theoretisch dazu verleitet werden, eine
grössere Anzahl Packungen sowie die teuersten Arzneimittel zu verkaufen.
Mehrere parlamentarische Vorstösse, die in den letzten Jahren eingereicht wurden, forderten den
Bundesrat auf, in diesem Bereich zu handeln: Motion 09.3089 Vertriebsanteil bei den
Medikamentenkosten (Verena Diener Lenz), Interpellation 12.3594 Verschreibung von Medikamenten
(Erich von Siebenthal), Motion 11.4184 KVG. Absurde Anreize bei der Medikamentenabgabe
(Stéphane Rossini), Motion 09.3255 Einsparpotenzial bei der Medikamentenversorgung (Ruth
Humbel), Motion 09.3532 Medikamentenabgabe durch Ärztinnen und Ärzte. Margen verringern und
nötigenfalls Einkommensverluste kompensieren (Sozialdemokratische Fraktion).
Ende 2012 stellte der Bundesrat fest, dass nach der Senkung des Vertriebsanteils im Jahr 2010 und
den kürzlichen Änderungen der Gesetzgebung zu den Arzneimittelpreisen eine Studie zur Evaluation
der in den verschiedenen Vertriebskanälen verbleibenden potenziellen Einsparungen erforderlich ist.
Er stellte auch fest, dass die bestehenden Studien zu den Anreizen bei der Arzneimittelabgabe
lückenhaft und widersprüchlich sind. Infolge dieser Feststellungen hat das BAG im Rahmen der
Strategie Gesundheit2020 des Bundesrates zwei Studienaufträge vergeben:
 Die erste Studie sollte die Auswirkungen der Arzneimittelabgabe durch den Arzt in der Praxis
(Selbstdispensation) auf den Arzneimittelverbrauch und die Kosten zu Lasten der OKP prüfen.
Die Studie, die vom Institut Polynomics AG in Zusammenarbeit mit einem grossen
Krankenversicherer durchgeführt wurde, kommt zum Schluss, dass Patientinnen und
Patienten mit Selbstdispensation weniger hohe Arzneimittelausgaben haben als Patientinnen
und Patienten, die ihre Medikamente in einer öffentlichen Apotheke beziehen. Diese Differenz
wird durch höhere Ausgaben für andere medizinische Leistungen, namentlich eine höhere
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Aktualisierung: August 2015
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Anzahl Sprechstunden, ausgeglichen. Es gibt daher keinen Grund, gegen die
Arzneimittelabgabe in der Praxis vorzugehen.
Die zweite Studie, durchgeführt von KPMG AG, sollte prüfen, ob es machbar ist, eine Kostenund Ertragsrechnung bezüglich Arzneimittelabgabe in den verschiedenen Vertriebskanälen zu
erstellen. Aus der Studie geht hervor, dass die erforderlichen Daten nicht verfügbar sind und
dass eine Kosten- und Ertragsrechnung bedeutende Ressourcen erfordern würde.
Zielsetzung
Die Wirtschaftlichkeit des Vertriebsanteils ist zu prüfen, und ein allfälliges Sparpotenzial muss genutzt
werden. Die unerwünschten theoretischen Anreize bezüglich Vergütung in Zusammenhang mit den
Arzneimittelpreisen müssen aufgehoben oder so weit wie möglich verringert werden.
Stand der Dinge
Am 20. Mai 2015 hat der Bundesrat Kenntnis von den Ergebnissen der beiden im Auftrag des BAG
durchgeführten Studien sowie von den vom EDI vorgeschlagenen Massnahmen zur Erzielung von
Einsparungen und zur Verringerung unerwünschter Anreize genommen. Die Studien können seither
auf der Webseite des BAG abgerufen werden.
Nächste Schritte
Das BAG wird die möglichen Lösungen zur Einschränkung der Anreize und zur Erhöhung des Anteils
preiswerterer Arzneimittel, namentlich Generika, prüfen. Es wird auch eine Aktualisierung gewisser bei
der Berechnung des preisbezogenen Zuschlags berücksichtigter Parameter vornehmen, was
Einsparungen von mehreren Millionen Franken ermöglichen könnte. Die KrankenpflegeLeistungsverordnung sollte mit Wirkung per Anfang 2017 geändert werden.
Link zu weiterführenden Informationen
Medienmitteilung vom 20. Mai 2015:
http://www.bag.admin.ch/aktuell/00718/01220/index.html?lang=de&msg-id=57318
Forschungsberichte:
http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/06392/06517/index.html?lang=de
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Aktualisierung: August 2015