Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2013

Datum: 29.04.2015
Folgen des Systemwechsels
in der Spitalbranche
- Effizienzsteigerungen und Konsolidierung
Schweizer Spitäler: So gesund
waren die Finanzen 2013
Die Gewinnerzielung bei öffentlichen Spitälern in Form einer positiven EBITDA-Marge von rund 10 %
ist langfristig notwendig, um ein nachhaltiges und eigenständiges Überleben sicherzustellen. Dabei stellt
die Verbesserung der EBITDA-Marge hohe Anforderungen an die betriebliche Optimierung von
Spitälern. Die zunehmende Konkurrenz innerhalb des regulierten Wettbewerbs, Kostendruck aufgrund
höherer Auflagen und Anforderungen sowie die stagnierenden oder allenfalls sinkenden Basisfallpreise
erhöhen den Wettbewerbsdruck. Dadurch gewinnen Kooperationen wie auch Unternehmenstransaktionen an strategischer Bedeutung.
Patrick Schwendener, CFA, PwC, Director,
Corporate Finance /Valuation
Philip Sommer, PwC, Senior Manager, Beratung
Gesundheitswesen
Seit der Einführung der neuen Spitalfinanzierung aufgrund einer risikogerechten Verzinsung des
wird öffentlich kontrovers diskutiert, ob ein Spital Eigen- und Fremdkapitals von jährlich 5% bis
7% sowie durchschnittlicher AnlagenutzungsGewinne erzielen darf oder nicht.
dauern von 20 bis 30 Jahren für die Schweiz eine
minimale EBITDA-Marge von jährlich rund 10%
Gewinne erzielen - ja oder nein?
oder höher ableiten lässt. Dieser Wert stellt
Aus ökonomischer Sicht bleibt unbestritten, gegenüber der Vergangenheit eine markante
dass Unternehmen generell einen Gewinn Erhöhung dar. Allerdings ist er zwingend erforanstreben sollten, um langfristig überleben zu derlich und auf den Wechsel des Finanzierungskönnen. In unserer letzten Studie für das systems zurückzuführen. Beim geforderten
Geschäftsjahr 2012 haben wir gezeigt, dass sich Anstieg der EBITDA-Marge geht es nicht um
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Gewinnmaximierung, sondern um das Erzielen
Weil sich schlechte Jahre nicht planen lassen,
eines Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreiwird ein Spital einen jährlichen Gewinn anstrebungen. Dieser Überschuss soll die langfristige
Finanzierung der betriebsnotwendigen Anlagen ben - unabhängig davon, ob es gewinnorientiert
ermöglichen. Den Grossteil der Margenerhö- («For Profit») oder gemeinnützig («Non-Profit»)
hung braucht das Spital für die Deckung seiner arbeitet. Erwirtschaftete Gewinne werden direkt
Investitionen, welche gemäss Schätzungen von
PWC schweizweit rund CHF 20 Mia. betragen
werden.' Treiber für die Verbesserung des Ergebnisses eines Spitals liegen in der Erlösstruktur
(strategische Positionierung der Angebote, Tarifverhandlungen, Leistungserfassung usw.) sowie
dem Eigenkapital zugeschrieben (Gewinnthesaurierung) und erhöhen damit unmittelbar die
Eigenkapitalquote und langfristig die Widerstandskraft in schlechteren Jahren.
Ein Spital soll eine Rendite auf das Eigenkapital
erwirtschaften, auch wenn die explizite (liquidi-
der Kostenstruktur (Abläufe, Strukturen, Einkauf,
tätswirksame) Verzinsung vielerorts nur das
Investitionen usw.).
Fremdkapital betrifft. Der Eigentümer (ob der
Mit der Einführung der neuen Spitalfinanzierung
2012 erfolgte die Umstellung von der Kostendeckung auf ein reguliertes Preissystem über diagnosebasierte Fallpauschalen. Die Abgeltung für
die Bereitstellung der Anlagen - insbesondere
Kanton oder eine private Institution als Aktionäre
oder Mitglieder eines Zweckverbands) haftet
letztlich für die Risiken aus dem Betrieb. Deshalb
verlangt dieser eine implizite oder teilweise auch
explizite Entschädigung in Form einer Gewinnbeteiligung. Die Forderung, dass der Eigentümer
der Immobilien und Grossgeräte - geschieht Verluste tragen solle und gleichzeitig keine
ebenfalls über die Fallpauschalen. Konkret heisst
Rendite erwirtschaften dürfe, ist daher unangedas, dass die öffentliche Hand für Investitionen
bracht. So gesehen dient das Erwirtschaften
grundsätzlich keine separaten finanziellen Beieines Gewinns der Versorgungssicherheit oder
träge mehr leistet, da diese über die Fallpau- dem Gemeinwohl: Es stellt das Überleben des
schalen abgegolten sind.
Spitals sicher.
Durch diese neue Finanzierungssystematik Öffentliche Spitäler tragen seit 2012 deutlich
mehr Eigenverantwortung für ihr wirtschaftli-
erhält die Spitalführung einerseits mehr unternehmerische Freiheit und Verantwortung. Andererseits steigen die Risiken, weil das Spitalmanagement in einem schlechten Jahr nicht mehr
auf den Rechnungsausgleich durch den Kanton
ches Handeln als vorher. Die Optimierung der
Leistungserbringung ist daher ein logischer
Schritt. Auch wenn eine solche grundsätzlich
zu begrüssen ist, sind Fehlanreize zu vermeiden
zählen kann. Die Geschäftsleitungen setzen sich oder zu beseitigen. Solange der wirtschaftliche
daher neuerdings vertieft mit den Kapital- und
Finanzmärkten auseinander, um die oft dreistelligen, millionenschweren Investitionen zu finanzieren. Die öffentliche Hand wird in ihrer bisherigen Funktion als Kapitalgeberin zunehmend
durch institutionelle Kreditgeber und private
Wettbewerb nicht auf Kosten des Patientenwohls stattfindet, steht das Gewinnstreben
unseres Erachtens in keinem Widerspruch
zu ethischen und moralischen Wertvor-
stellungen. Im Gegenteil: Ein effizientes Spitalwesen trägt nachhaltig zur medizinischen VerInvestoren abgelöst, und die eingesetzten Finan- sorgung bei.
zierungsinstrumente werden vielfältiger.
EBITDA-Marge im Schnitt unter den
Zur Sicherstellung des nachhaltigen Unterneh- geforderten 10% - Personalaufwand
menserfolgs benötigen Spitäler wie erwähnt und medizinischer Aufwand mit stabiler
eine EBITDA-Marge von rund 10% oder mehr. Entwicklung
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Zahlreiche Schweizer Spitäler verzeichneten in dene Faktoren zurückzuführen: Einerseits steht
den letzten Jahren steigende stationäre und zum Beispiel die Optimierung der Leistungs- und
ambulante Fallzahlen und Erträge. Wachstum Kostenplanung noch an oder hat eben erst
und Grösse waren und sind wichtig und stehen begonnen. Dabei entfalten kürzlich eingeführte
weit oben auf der Liste der strategischen Trak- Programme zur Erhöhung der operativen Effitanden. Eine ideale Spitalgrösse lässt sich nicht zienz noch keine oder nicht die volle Wirkung.
abschliessend bestimmen. Diverse Analysen Andererseits sind die Betriebsanlagen teilweise
und empirische Erkenntnisse aus der Fachlite- veraltet und lassen im heutigen Zustand nur
ratur zeigen auf, dass Spitäler mit weniger als bedingt Optimierungen zu. Im Extremfall führt
200 Betten die Skalenerträge nicht optimal aus- dies sogar zu deutlichen Mehrkosten. Das Erreischöpfen können. Zum gleichen Ergebnis kam chen des Zielwerts für die EBITDA-Marge stellt
eine Analyse des Bundesamts für Statistik.' für viele Schweizer Spitäler eine grosse HerausAllerdings sind auch individuelle Besonderheiten forderung dar. Sie haben ihre Ergebnisse subswie etwa die geographische Lage eines Spitals tanziell zu verbessern, sowohl auf der Ertragsund sein entsprechendes Einzugsgebiet zu (Preise, Menge) als auch auf der Aufwandseite
beachten. Ausserdem scheinen die Vorteile aus (in Prozessen, Einkauf usw.), um nicht künftig in
den Skaleneffekten ab einer gewissen Spital- eine finanzielle Notlage zu geraten.
grösse wieder abzunehmen.
Der Personalaufwand stellt mit Abstand die
Neben Zahlen des Leistungs- und Ertragswachs-
bedeutendste Kostenposition eines Spitals dar.
tums standen im Jahr 2013 nach wie vor die Im Vergleich zu 2012 hat sich der Anteil
Profitabilitätskennzahlen im Vordergrund, allen der Personalkosten am Gesamtaufwand um
voran die EBITDA-Marge, welche eine wichtige 0.9 Prozentpunkte reduziert, was im Rahmen
Kennzahl für die Finanzierung von Investitionen der jährlichen Schwankungen der vorjahre liegt.
darstellt. Die vorliegende Analyse bestätigt unse- Insgesamt stellt der Personalaufwand in Relation
re prognostizierte Entwicklung, wonach die zu den Gesamtkosten eine relativ stabile Grösse
EBITDA-Marge steigt und mittelfristig rund 10% dar und weist nur eine geringe Varianz zum Mitoder mehr betragen wird. Im Vergleich zu 2012 telwert (66.5%) auf Künftig ist damit zu rechnen,
hat die EBITDA-Marge 2013 im Median um dass der Personalaufwand nicht im Gleichschritt
0.3 Prozentpunkte zugenommen. Auffallend ist mit dem Umsatz resp. den medizinischen Leisdie relativ grosse Streuung der EBITDA-Margen tungen wachsen wird. Dies ist eine Folge von
von 2013: Das «effizienteste» Spital erzielte einen Skaleneffekten, Leistungsoptimierungen, ProWert von 12.6%, das «ineffizienteste» nur gera- zessverbesserungen, aber auch von allgemeiner
de einen von 1.9%. Wie schon im Vorjahr liegt Personalknappheit bei Ärzteschaft und im Pfleder Median mit 6.8% allerdings noch immer gebereich. Absolut gesehen werden die Persodeutlich unterhalb des minimalen Zielwerts von nalkosten voraussichtlich weiterhin zunehmen.
10 %.3 Unseres Erachtens ist dies auf verschie-
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EBITDA-Marge
Medianwerte
8.o%
8.0%
6.5%
6.5%
7.0%
6.8%
6.o%
6.0%
5.0%
5.o%
3.9%
4.0%
4.0%
3.o%
3.0%
2.8%
2.8%
2.8%
2008
2009
2009
2.1%
2.0%
2.0%
1.0%
o.o%
0.0%
2007
2.9%
I 1I
2010
2011
II
2012
2012
2013
2013
Abbildung 1: Entwicklung der EBITDA-Margen seit 2007
Personalaufwand in % des
Gesamtaufwands
Medizinischer Bedarf in % des
Gesamtaufwands
Personalaufwand
ÜbrigerAufwand
ÜbrigerAufwand
Medizinischer Bedarf
Medizinischer
ÜbrigerAufwand
ÜbrigerAufwand
Medianwerte
Medianwerte
Medianwerte
Abbildung 2: Personal- und medizinischer Aufwand, 2013
Der medizinische Aufwand folgt gemäss der vertikalen Transaktionen
Analyse einer stetigen Entwicklung. Im Vergleich
zu 2012 nahm der relative Anteil am Gesamtauf- Angesichts der aktuellen und künftigen Herauswand um 0.3 Prozentpunkte zu. Zunehmend forderungen entwickeln Spitäler gemeinsam mit
beginnen Spitäler den Einkauf zu optimieren, sei
Partnerunternehmen neue Geschäftsmodelle.
es über Sortimentsstraffung, härtere VerhandDaher werden Kooperationen und Unternehlungsstrategien, Einschränkung der Anzahl Lieferanten oder über Einkaufskooperationen. menstransaktionen auch im Spitalmarkt immer
wichtiger. Die strategischen Ziele bilden dabei
Insbesondere letztere stellen eine Möglichkeit
das Fundament für den Erfolg von Kooperadar, die Verhandlungsmacht zu erhöhen und
tionen. Für eine erfolgreiche Umsetzung und
damit den medizinischen Aufwand zu optimiekontinuierliche Weiterentwicklung der Zusamren. Daher ist eine Senkung des medizinischen
menarbeit ist es wichtig, dass alle involvierten
Aufwands zu erwarten.
Parteien davon profitieren («Win-Win»). Mit einer
Kooperationen, Übernahmen und
Fusionen - Trend zu zunehmend
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Partnerschaft werden meistens mehrere Ziele
verfolgt. Das Erschliessen neuer Märkte, das
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Erhöhen der Marktdurchdringung, der Gewinn - Gemeinschaftsunternehmen: Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren unabvon Know-how oder Skaleneffekte sind die häuhängigen Unternehmen, die eine rechtlich
figsten. Ein Spital unterhält in der Regel zahlreiche Kooperationen; strategische Partnerschafselbstständige Einrichtung gründen oder
erwerben, um damit Aufgaben mit gemeinsaten hingegen bestehen meist nur wenige.
men Interessen auszuführen. (Beispiele: Grün-
Spitäler können unterschiedlich intensiv kooperieren. Die Formen der Zusammenarbeit lassen
sich wie folgt gliedern:
dung einer gemeinsamen IT-Gesellschaft,
Spitalpharmazie und/oder eines Labors)
wobei die Zusammenarbeit längerfristig aus-
Konzern/Gruppe: Zusammenschluss mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen
unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung.
(Beispiele: Gründung einer gemeinsamen
Holdinggesellschaft mit Allein- oder Mehr-
gerichtet ist. (Beispiele: Einkaufsverbund,
heitsbeteiligungen an Spitalgesellschaften)
- Kooperation/Allianz: Vertragliche Verbindung rechtlich selbstständiger Unternehmen
zur Verfolgung gemeinsamer Interessen,
gemeinsame Gerätenutzung, Konsiliarverträge)
Abbildung
Abbildung 3:
3: Verschiedene
Verschiedene Formen
Formen von
von Partnerschaften
Partnerschaften
Fusion mil
mit Vollintegration
Vollintegration
Konzernstrukturen
Gemeinschafts-
unternehmen
Kooperationen / Allianzen)
Vertragliche
Vertragliche Verbindung
selbstständig
selbstständig bleibender
bleibender
Unternehmen
Unternehmen
Verfolgung gemeinsamer
Interessen
Interessen
Beispiele:
Beispiele: Einkaufsverbund, Gerätenutzung,
Gerätenutzung,
Konsiliarverträge
Konsiliarverträge
Wirtschaftliche
Zusammenarbeit
Zusammenarbeit zwischen
zwei oder mehreren voneinander unabhängigen
Unternehmen
Gründung einer rechtlich
selbstständigen
selbstständigen
Einrichtung, welche die
Aufgaben
Aufgaben im
im gemeinsamen
gemeinsamen
Interesse ausführt
Zusammenschluss
Zusammenschluss
mehrerer
mehrerer rechtlich selbstständiger
ständiger Unternehmen
Unternehmen
Einheitliche
Einheitliche wirtschaftliche
wirtschaftliche
Leitung
Leitung
Beispiele:
Beispiele: Gründung
Gründung
einer gemeinsamen
Holdinggesellschaft,
Holdinggesellschaft, die
Mehrheitsbeteiligungen an
Spitalgesellschaften hält
Beispiele: Gründung
-- Alle
Alle Spitalstandorte
Spitalstandorte
werden
werden von
von einem
einem
juristischen Träger
gehalten
- Zentrale Steuerung des
- Betriebliche
Vollintegration
Intensität
Intensitätund
undVerbindlichkeit
Verbindlichkeitdes
desZusammenschlusses
Zusammenschlusses
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Bildung
Bildung einer
wirtschaftlichen und
rechtlichen
rechtlichen Einheit
Einheit
med.
med. Angebots
Angebots der
der
Leistungserbringung
einer
einer gemeinsamen
gemeinsamen ITITGesellschaft,
Gesellschaft, SpitalSpitalund/oder eines
eines
pharmazie und/oder
Labors
Labors
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Zusammenschluss
Zusammenschluss von
von
mindestens
mindestens zwei
zwei rechtlich
rechtlich
selbstständigen
Spitälern
selbstständigen
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Beispiele: Juristische
Fusion mit betrieblicher
Integration der Standorte
(Kliniken,
(Kliniken, SupportSupportfunktionen)
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Abbildung 4: Methoden zur Bestimmung des Unternehmenswertes
Traditionelle
Bewertungsmethoden
Substanzwertmethode
Bestimmungsfaktoren für
den Unternehmenswert
Langfristiges Wachstum
Ertragswertmethode
(Vergangenheit)
Mittelwertmethode
Risiko und Kapitaleinsatz
Praktikermethode/
Steuerwert
Traditionelle Bewertungsmethoden
Bewertungsmethoden werden
werden von
von Best
Best
Traditionelle
Practice-Bewertungsmethoden abgelöst,
abgelöst, welche
welche die
die
Practice-Bewertungsmethoden
wesentlichen Bestimmungsfaktoren des
Unternehmenswertes beinhalten
beinhalten
Unternehmenswertes
Best PracticeBewertungsmethoden
Discounted-Cashfl
(DCF)-Methode
Economic-Profit-/
Economic-Value-Adde
(EP/EVA)-Methode
Ertragswertmethode
(Zukunft)
Multiples kotierter
Vergleichsunternehm
(Marktvergleich)
Multiples erfolgter
vergleichbarer
Transaktionen
(Transaktionsvergleich
- Fusion mit betrieblicherVollintegration: der neuen Spitalfinanzierung 2012 einen
Zusammenschluss von mindestens zwei deutlichen Schub erfahren. Von einer diagonalen
rechtlich selbstständigen Spitälern, die nach Kooperation ist die Rede, wenn ein Spital
der Fusion eine wirtschaftliche und rechtliche
Einheit bilden. Das heisst, alle Spitalstandorte
werden von einem juristischen Träger gehalten. Das medizinische Angebot der Leistungs-
branchenfremde Kooperationen eingeht, beispielsweise mit einem Patientenhotel. Solche
Formen der Zusammenarbeit treten noch relativ
selten auf.
erbringung wird zentral gesteuert und die
Standorte werden betrieblich voll integriert. Neben einem Anstieg strategischer Koopera(Beispiele: Juristische Fusion mit betrieblicher tionen erwarten wir eine Zunahme von
Integration der Standorte [Kliniken, Support- Unternehmenstransaktionen. Darunter verstefunktionen])
hen wir die Gründung von Konzernstrukturen
Kooperationen zwischen Schweizer Spitälern
sind vielfältig. Neben der klassischen Kooperation zwischen akutsomatischen Spitälern (sogenannte horizontale Kooperation) nehmen die
Kooperationen entlang des Behandlungspfads
mit Zuweisern, aber auch mit Rehabilitationskliniken, Pflegeheimen, Langzeitpflegeinstitu-
oder Fusionen mit betrieblicher Vollintegration.
Treiber dafür sind der zunehmende Druck zur
Konsolidierung aufgrund sinkender Preise, Mindestfallzahlen durch die Versorgungsplanung
und der vielthematisierte Fachkräftemangel. Es
ist zwar keine Situation wie in Deutschland zu
erwarten, wo rund ein Viertel aller 2000 Kliniken
insolvenzgefährdet sind. Trotzdem werden die
tionen, Spitex und anderen zu (sogenannte oben genannten Herausforderungen neue Partvertikale Kooperationen). Während es im Schwei- nerschaften und Zusammenschlüsse in der
zer Spitalmarkt schon relativ früh zahlreiche und Schweiz hervorbringen.
vielfältige horizontale Kooperationen gab, haben
vertikale Kooperationen mit Zuweisern und Welche Form der Zusammenarbeit gewählt wird,
nachgelagerten Institutionen seit der Einführung hängt letztlich von einer Vielzahl von Faktoren
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ab, nicht zuletzt von politischen. Bei allen licher Rückstellungen aus Tarifrisiken.
Formen, insbesondere aber bei Unternehmenstransaktionen, stellt sich die Frage nach In der Praxis wird eine Bewertung nur selten mit
dem Einfluss der Partner. Häufig erfordert deren Hilfe einer einzigen Methode vorgenommen.
Beantwortung umfangreiche finanzielle Analy- Häufig dominiert eine Methode, und weitere
Bewertungsverfahren dienen primär der Übersen und Bewertungen.
prüfung der Resultate. Abbildung 4 illustriert die
Vielzahl
der unterschiedlichen BewertungsanBewertung von Spitalbetrieben - von
sätze.
Welche
Methoden zur Anwendung komvergangenheits- zu zukunftsorientierten
men,
hängt
unter
anderem vom BewertungsMethoden
motiv, der Unternehmensgrösse, Bilanzstruktur
Aufgrund des zunehmenden Kostendrucks, der und Datenverfügbarkeit ab.
sich verstärkenden Marktorientierung und der
neu eingeführten Fallpauschalen erwarten wir, Während früher vor allem vergangenheitsorienwie bereits erläutert, in den kommenden Jahren tierte Ansätze zur Anwendung kamen (z.B. die
einen Konzentrationsprozess im Schweizer Substanzwertmethode), dominieren heute
Spitalwesen. In Deutschland haben die Einfüh- zukunftsgerichtete Ertrags- oder Cashflowrung von DRG und die veränderten Marktbedin- basierte Methoden (die Ertragswertmethode
gungen dazu geführt, dass öffentliche Träger wurde früher oft auf Basis vergangener Jahre
Spitäler verkaufen oder in regionale Partner- angewendet). Früher hatten Spitäler streng
schaften einbringen. Dafür ist deren Wert zu genommen keine Zielsetzungen und Eigenverbestimmen. Dieser lässt sich unter anderem aus
dem Leistungsangebot, Know-how, Netzwerk,
der geografischen Lage und der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit berechnen.
antwortung, die sich mit den heutigen Anforderungen vergleichen lassen. In diesem Sinn war
die Wertermittlung über die Substanz oder mit
vergangenheitsorientierten Ansätzen nachvollziehbar und richtig. In der Praxis sind die DCF-
Die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Finanz- Methode und marktorientierte Verfahren für
daten stellt eine wichtige Voraussetzung für eine Unternehmensbewertungen heute am weitesUnternehmensbewertung dar. Dies gilt sowohl ten verbreitet. Dabei stellt ein robuster Business-
für die bereits revidierten Abschlüsse als auch
für den darauf basierenden Businessplan, der
die zukünftige Finanzplanung darstellt. Zur Beurteilung der Datenqualität haben einerseits die
Methodik des Businessplans und andererseits
die entsprechenden Planungsannahmen verständlich zu sein. Neben der technischen Bewer-
tungsexpertise bildet also auch das branchenspezifische Fachwissen eine Basis, denn Spitäler
unterscheiden sich grundlegend von Unterneh-
men anderer Branchen. So sind bei der Bewer-
tung die branchenspezifischen Aspekte zu
plan mit einem entsprechenden Annahmen-
gerüst für alle Bewertungsmethoden eine
notwendige Datenbasis dar.
Zentral für die Interpretation der Bewertungsresultate ist die Durchführung von Sensitivitätsanalysen, bei denen diverse Schlüsselannahmen
variiert werden. Diese Analysen zeigen, welche
Annahmen den grössten Einfluss auf den Unternehmenswert haben. Mittels Szenario-Analysen
lassen sich schliesslich mehrdimensionale Veränderungen simulieren. Der Wert eines Spitals
berücksichtigen. Beispiele dafür sind eine detail- und der dafür erzielbare Preis müssen nicht
lierte Ertragsberechnung auf Basis von Schätz- identisch sein - und sind es meistens auch nicht.
daten wie Leistungsangebot und -mengen, Während der Wert technisch über eine BewerFallpauschalen, Schweregraden, Versicherungs- tungsanalyse hergeleitet wird, ist der bezahlte
kategorien usw. oder die Berücksichtigung mög- Preis von vielen Faktoren wie etwa individuellen
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Präferenzen und Wertvorstellungen, Machtverhältnissen, Verhandlungstaktik und -geschick,
Zeitpunkt, Kaufart und -absicht oder der Qualität
des Unternehmens abhängig. Für den Käufer
oder Verkäufer ist es deshalb wichtig, je nach
Zweck und Absicht der Bewertung eine Transaktionsstrategie mit entsprechender Argumentationslinie aufzubauen.
bei akutsomatischen Spitälern vermehrt zu konzernartigen Strukturen oder Fusionen mit voller
betrieblicher Integration kommen. Die Kooperationen werden es den Spitälern erlauben, Effizienzvorteile aus ihrem Netzwerk zu nutzen und
die EBITDA-Margen zu verbessern.
Autoren
Anhaltender Trend zur
Marktkonsolidierung
Patrick Schwendener, CFA
PwC, Director, Corporate Finance/Valuation
Telefon 058 792 15 08
Aufgrund des Systemwechsels 2012 befindet [email protected]
sich die Branche im Umbruch. Spitäler sehen PricewaterhouseCoopers AG
sich dazu gezwungen, betriebliche Optimierun- Birchstrasse 160, 8050 Zürich
gen zu erzielen, um die notwendige EBITDA- www.pwc.ch
Marge von 10% zu erreichen und somit ein
nachhaltiges und eigenständiges Überleben Philip Sommer
sicherzustellen. Wir gehen davon aus, dass die
EBITDA-Margen im Median künftig weiter steigen
werden, da sich die Spitäler stärker auf Profitabilität konzentrieren. Weiter erwarten wir, dass
PwC, Senior Manager, Beratung
Gesundheitswesen
Telefon 058 792 7528
philip.sommer©ch.pwc.com
Kooperationen und vermehrt auch Unter- PricewaterhouseCoopers AG
nehmenstransaktionen an strategischer Bedeu- Bahnhofplatz 10, Postfach, 3001 Bern
tung dazugewinnen. Neben der Zunahme von www.pwc.ch
horizontalen Partnerschaften mit anderen akut-
somatischen Spitälern ist vor allem eine
vermehrte Kooperation entlang der Behandlungskette mit Zuweisern, Rehabilitationskliniken, Pflegeheimen, Langzeitpflegeinstitutionen,
Spitex und anderen zu erwarten. Aufgrund der
Marktherausforderungen und des finanziellen
Drucks gehen wir von einer weiteren Konsolidierung im Schweizer Spitalmarkt aus. Während
diese im Reha-Bereich (sogar über die Landesgrenzen hinaus) bereits Realität ist, wird es auch
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1
2
PwC: Spitalimmobilien: Hoher Investitionsbedarf, unsichere Finanzierung.
Analyse der Effizienz und Produktivität in den
Schweizer Spitälern, BFS 2005, Bern.
Die Erweiterung der Stichprobe von 20 auf 27
Spitäler resultierte in einer Erhöhung der
EBITDA-Margen (Median) um rund 1.0 Prozentpunkt in allen untersuchten Jahren.
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