Projektzeitung - St. Ursula Gymnasium

Ursula News
Obdachlosigkeit, jeden kann es treffen
ST.URSULA-GYMNASIUM-DÜSSELDORF
EIN PROJEKT DER bpb ÜBER OBDACHLOSIGKEIT
27.11.2015
KOMMENTAR
Gerade in Düsseldorf, einer sehr
reichen Stadt kommt, es häufig
vor, dass die Prioritäten der Bürger eher im Konsum als in der
Lebensqualität ihrer Mitmenschen liegen.
Schon die jüngere Generation lebt
in Wohlstandsverwahrlosung,
einiges wird als selbstverständlich anerkannt, doch die Augen
sind vor denen verschlossen, die
nicht solche Privilegien genießen
können.
Die meisten Menschen denken,
dass in Deutschland Armut ein
sehr wenige Bürger betreffendes
Problem ist, da es möglich ist
Sozialhilfe zu beantragen.
Vielleicht ist es aber auch zu einem Statussymbol geworden
ärmeren Menschen im öffentlichen Rahmen Geld zu spenden,
jedoch gehen viele trotzdem sehr
abgehoben mit finanziell schlechter gestellten um, diese kennen
nichts als soziale Kälte.
Anna Blazejak
Erschreckende Zahlen aus
Düsseldorf
In Düsseldorf leben ca.
800-1000 Obdachlose!
Mindestens
70% der Ob-
dachlosen sind
MÄNNLICH.
Unter Alkoholabhängigkeit
70%.
leiden mehr als
Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt gerade mal
50-60 Jahre. Eine große
Mehrheit der Obdachlosen leide
unter mindestens
2 ernsthaften
Erkrankungen.
Eine völlig kostenlose
Mahlzeit gibt ist in Düsseldorf
nur in der Franziskanerklause,
diese kann aber
nur ca.
täglich
120-160 Men-
schen versorgen, also bei weitem nicht alle.
Valentina Stojic
„Der einsame Obdachlose, ignoriert und verlassen“
Zeichnung ©: Denzel Liesenfeld
„Gehört werden schmeckt besser als Suppe“
Der „gutenachtbus“
Die warme Gulaschsuppe, die der
„gutenachtbus“ um 22 Uhr zur Haltestation gegenüber vom „Kommödchen“ bringt, sei klasse, sagt der
etwa vierzig Jahre alte Frank. Aber
noch mehr zählten für ihn die warme, menschliche Verbindung zu den
ehrenamtlichen Helfern, die Gespräche, die sie miteinander führten und
einfach das Gehört werden.
Frank gehört zu den 24 Obdachlosen, die sich an diesem Abend vor
dem „gutenachbus“ versammelt
haben, um sich körperliche und
menschliche Stärkung für die Nacht
und den kommenden Tag auf der
Straße abzuholen. Dabei wirkt Frank
nicht wie ein Obdachloser. Er sieht
gepflegt aus und ist nett und lustig.
Doch die zwei Stunden, die der „gutenachtbus“ an diesem Stopp vor
dem „Kommödchen“ an vier Abenden in der Woche hält, bedeuten ihm
viel, stellen sie doch für ihn einen
festen Bestandteil seines Tagesablaufes dar. Seit er sich vor ein paar
Jahren mit seiner Familie zerstritten
hat und ausgezogen ist, ist sein Leben aus den Fugen geraten und hat
ihn so einiges in seinem Leben auf
der Straße erleben lassen: Er sei
schon ausgeraubt und auch verprügelt worden.
Nun lebt Frank in einer Einrichtung
für Männer. Doch der „gutenachtbus“ sei es, meint Frank, der ihm
Halt gebe. Die respektvolle und
wertschätzende Art, wie die Helfer
vom „gutenachtbus“ mit ihm und
den anderen Obdachlosen sprechen
und sie behandeln würden, würden
ihm helfen, Selbstachtung und
Selbstehre für sich zu fühlen.
Info
Gründe für Obdachlosigkeit:
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Schulden
Sucht (Alkohol, Drogen,
Glücksspiel)
Traumatische Erlebnisse
Erkrankungen
Arbeitslosigkeit
„Freiwilligkeit“
Das sei gar nicht selbstverständlich,
da Obdachlose oft das Gegenteil
erleben würden.
Für die drei bis sechs ehrenamtlichen Helfer vom „gutenachtbus“
beginnt die Schicht allerdings
schon eine Stunde früher, wenn sie
sich um 21 Uhr in der Schirmerstrasse treffen und alles
vorbereiten: Wasser heiß kochen,
Spenden einer Bäckerei nach süß
und salzig trennen, und Kaffee, Becher, Löffel wie auch Kleidung und
warme Decken einpacken.
Nach der ersten Station geht es um
23.30 Uhr für den „gutenachtbus“
weiter bis zum Hauptbahnhof Düsseldorf, wo er bis kurz vor ein Uhr
morgens andere Obdachlose versorgt.
Der „gutenachtbus“ fährt seine spät
abendliche Runde von montags bis
donnerstags und wird von der Organisation vision:teilen e.V. und
dem Straßenmagazin fityfifty getragen. Insgesamt zählt der „gutenachtbus“, der von der Sozialarbeiterin Julia Kasprzyk geführt wird,
etwa 30 ehrenamtliche Mitarbeiter.
Der „gutenachtbus“ wurde einen
Abend lang von 2 Schülern unserer
Klasse begleitet.
Elias Mounib
FREITAG, 27.11.2015
EIN PROJEKT DER bpb ÜBER OBDACHLOSIGKEIT
Ursula News
Impressum „Ursula News“
Klasse 9B
des St.-Ursula-Gymnasiums Düsseldorf
Ritterstr. 16
40213 Düsseldorf
E-Mail: [email protected]
Telefon (+49 211) 3200-56/57/58
Lehrer: Hr. Finn: [email protected]
Design/Layout: Tobias Bruns, David Wu
Karte: David Wu
Besuche, die von der Klasse durchgeführt wurden:
Schelter: Kaja Bins, Luisa Kaiser,Pauline Klostermann
Diakonie: Anna-Fiona Blazejak, Lotta Scheffer, Katarina Zeglis
GuteNachtBus: Armin Niggemeyer, Felix Pachmann
Experteneinladungen (Brunder Antonius von den Franziskaner-Brüdern, Viola Lenz): Antonia auf der Horst, Felix Grube,
Louisa Herdik, Maximilian Knell, Simon Kubat, Daniel Pothen
Anlaufstellen in Düsseldorf
„HABE NICHTS MEHR AUSSER MICH“
Zeichnung©: Sonja Kröckel
Die Diakonie, welche in der Querstraße Nr. 4 liegt, ist
in der Nähe des Hauptbahnhofs.
Die Einrichtung hat 24 Stunden offen, aber die
Sprechstunden liegen zwischen 8.30 Uhr und 12.00
Uhr von Montag bis Freitag.
Jährlich übernachten bis zu 6000 Frauen in der Diakonie. Die Diakonie ist nur für Frauen, aber Frauen unter
18 Jahren werden nicht aufgenommen. Es gibt etwa
20 Zimmer, welche zwei bis drei Betten haben und
außerdem zwei abschließbare Schränke und eine
Kochecke. Den Frauen stehen auch Waschmaschinen
zur Verfügung. Die Frauen haben zum Teil traumatische Erlebnisse hinter sich oder können kein Wort
Deutsch. Frauen mit Drogen- oder Alkoholsucht werden an eine Entzugsklinikweitergeleitet.
Eine weitere Anlaufstelle für Obdachlose ist die Schelter. Diese Einrichtung liegt in der Ratinger Straße 46
und ist ebenfalls nur für Menschen über 18.
Hingegen dürfen diese Einrichtung Wohnungslose
beider Geschlechter aufsuchen. Die Einrichtung hat
von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet und das 362 Tage im
Jahr. Im Durchschnitt kommen etwa 90 Gäste pro
Tag, hauptsächlich Männer. In der Einrichtung kann
man sich aufwärmen oder bis 17.00 ein Frühstück und
ein warmes Mittagessen genießen. Außerdem kann
man sich dort Duschen, man hat eine halbe Stunde
kostenlosen Internetzugang und bekommt dort medizinische Versorgung. Dazu kommen flexible Sprechstunden von Montag bis Freitag und die Vermittlung
zu anderen Hilfen. Obdachlose können sich dort mit
Hilfe von so genannten ein Euro Jobs etwas Geld dazu
verdienen. Allerdings bekommt man bei schlechtem
Benehmen Hausverbot. Der Innenbereich ist aufgeteilt in eine Theke, einen Eingangsbereich, eine Küche, einen großen Aufenthaltsraum, in dem die 2
Internet Zugänge sind und ein paar Tische sowie ein
Fernseher auf
dem jeden Montag ein Film geguckt wird. Auf der
zweiten Etage sind ein paar sanitäre Einrichtungen
sowie eine kleine Kleidersammlung. Manchmal unternimmt die Einrichtung Ausflüge wie zum Beispiel in
den Wuppertaler-Zoo, welche durch Sponsoren finanziert werden. Außerdem können sich die Wohnungslosen Spiele ausleihen.
Insgesamt arbeiten etwa 27 Personen in der Einrichtung wovon ca. 20 Ehrenamtlich arbeiten, 4 sind
Hauswirtschafter und der Rest Sozialarbeiter.
Einige aus unserer Klasse haben die Einrichtung besucht und finden, dass dies eine gute Möglichkeit sei
Leuten zu helfen und sie meinen, dass alle Arbeiter
mit viel Elan den Leuten helfen und dass man akzeptiert und respektiert wird.
Philipp Oppitz
Ärzte unterwegs für Obdachlose
Wir hatten Besuch von einer Ärztin, die ehrenamtlich Obdachlose versorgt.
Viola Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, erzählt uns bei einem Klassenbesuch einiges über
ihre ehrenamtliche Tätigkeit in Bezug auf das Thema Obdachlosigkeit
Seit 1996 kümmert sich ein Team aus
Ärzten um die gesundheitlichen Probleme wohnungsloser Düsseldorfer. Mit
einem Bus gehen die Ärzte direkt auf
die Obdachlosen zu, indem sie vor
allem am Burgplatz, aber auch bei verschiedenen Cafés in der Stadt halten
und mit einem Praxisraum in der Tagesstätte „Horizont“, geben sie ihren
Patienten die Möglichkeit eines Arztbesuches wie wir ihn kennen. Die meisten
Patienten kommen jedoch erst, wenn
sie keine andere Möglichkeit mehr
sehen, unter starken Schmerzen leiden
oder sogar kurz vor dem Tod stehen.
Außerdem handelt es sich meist nur um
eine Akutversorgung und die Patienten
können nicht behandelt werden bis sie
gesund sind, da sie ohne Krankenversicherung weder Medikamente bekommen, noch Zugriff auf jegliche andere
medizinische Versorgung haben. Viola
Lenz erzählte uns von einem Mann,
welcher aufgrund eines Arbeitsunfalles
und der darauf folgenden Alkoholsucht
und Scheidung auf der Straße landete.
Er kam mit Beschwerden an den Beinen, welche durch Krampfadern verursacht wurden, zu den Ärzten. Bei normalen Patienten können diese recht
häufigen Beschwerden durch einfache
Gummistrümpfe gelindert werden,
doch bei diesem Mann gab es einige
Probleme, verursacht durch seine Obdachlosigkeit. Aufgrund seiner fehlenden Unterkunft schlief er in der SBahn, also im Sitzen, doch eine Entstauung des Blutes würde nur im Liegen stattfinden. So bildeten sich Löcher
in den Beinen, welche sich entzündeten. Da er zudem nur Verbände nur
selten gewechselt und waren dann nach
bis zu 2 Monaten natürlich dreckig und
nass. Allgemein sind Obdachlose anfällig für viele unregelmäßig kam, wurden
seine Krankheiten, da sie durch die
ständige Kälte und Nässe über ein nur
schwaches Immunsystem verfügen.
Das Ärzteteam möchte neben den Behandlungen auch versuchen die Ob
Dachlosen in eine hausärztliche Versorgung einzugliedern und ihnen zu
versprechen: „Wir machen regelmäßig
was. Wir sind auch ganz nett. Wir respektieren euch. Ihr müsst nichts Böses
von
uns
erwarten.“
Mit Respekt, mit Akzeptanz, mit Vertrauen diese Menschen wieder in eine
Regelversorgung zu integrieren, sodass
sie, wie es für uns ganz normal ist, eine
Krankenkassenkarte haben und bei
jeglichen Beschwerden einfach zu ihrem Hausarzt oder anderen spezialisierten Ärzten gehen können. „Das ist eigentlich das Ziel dieser Sache!“, so
Viola Lenz abschließend. Katja Habeth
Dr. Viola Lenz vor der Klasse 9b – sie trägt
ihre Eindrücke und Erfahrungen in die Klasse.
KOMMENTAR
Obdachlose: Das war für mich bis jetzt ein
Thema, über das ich weder viel nachgedacht, noch viele Sympathien entwickelt
habe. Und um ehrlich zu sein, hatte ich
auch nicht vor, das je zu tun, schließlich
sind die Obdachlosen ja selbst schuld,
wenn sie auf der Straße landen.
Oder?
Denn wenn man sich einmal genauer mit
dem Thema auseinandersetzt, fällt einem
auf, dass genau das schneller passiert, als
man denkt. Der Partner lässt sich scheiden, man fängt an zu trinken und zack –
hat man keine Wohnung mehr. Nur ein
Bespiel von hunderten, die jedem von uns
widerfahren könnten.
Durch das Projekt haben wir vor allem viel
praktische Erfahrung zum Thema Obdachlosigkeit gemacht: Entweder haben wir
Besuch von einem Spezialisten des Gebietes bekommen, oder haben selber solche
Einrichtungen besucht. Dies alles hat uns
die Schwierigkeiten von Obdachlosen
mehr verdeutlicht, als es jeder Artikel im
Internet könnte.
Was ich gelernt habe? Wie einfach es sein
kann, diesen völlig normalen und freundlichen Menschen zu helfen. Ein kleines Lächeln genügt meist schon. Denn der erste
Schritt einem Obdachlosen die Chance zu
geben, wieder ins geregelte Leben hineinzukommen, ist erst einmal, ihm nicht mehr
das Gefühl zu geben, ausgeschlossen zu
sein.
Antonia auf der Horst