Wer Obdachlose eigentlich sind und wie sie wirklich leben

Sozpäd-News
Willy-Brandt-Schule Kassel
Vorurteile verändern Menschen
Montag, 30. November 2015
Wie denken Sie?
In einer Umfrage wurden Passanten
befragt, wie sie sich gegenüber Obdachlosen verhalten oder sich fühlen.
Anhand der Statistik, die nicht repräsentativ ist, kann man sehen, dass
junge Passanten weniger Angst haben
und offener sind gegenüber Obdachlosen. Nur zwei Passanten ab 30 Jahren waren an unserer Befragung interessiert.
Zuhause?!
Lokalnachrichten
Rathausfraktionen einig!
Obdachlose sind keine Störenfriede, so die Fraktionen von CDU,
SPD, Grüne und Linke im Kasseler Rathaus auf unsere Nachfrage.
Keiner sollte wegschauen, Hilfe ist
dringend nötig und soll auf jeden
Fall erhalten und ausgebaut werden. Nur darüber wie, da sind die
Parteien unterschiedlicher Meinung.
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Buchtipps
Kirsten Boie: Ein mittelschönes
Leben
Dieses Buch ist für Kinder (7-9
Jahre), die etwas über Obdachlosigkeit wissen wollen. Im Buch
wird erst die Geschichte erzählt
dann werden Fragen von Kindern
beantwortet.
Erschienen bei Hinz und Kunzt 08, Lea
Katrin Bongard: Subway Sound
Ein Mädchen verliebt sich in einen
obdachlosen Jungen. Um zu erfahren wie sein Leben ist, begibt sie
sich in das Abenteuer, einen Tag
auf der Straße zu leben. Erschienen
Foto ©: Julia S.
„Die sind doch alle selber schuld!?“
Wer Obdachlose eigentlich sind und wie sie wirklich leben
Kassel. Uns, der Klasse 11A BF ist
aufgefallen, wie negativ wir über Obdachlose denken, obwohl wir so wenig über sie wissen. Wir haben nachgeforscht und waren überrascht: denn
Obdachlose sind nette, offene Menschen wie wir alle.
Unsere Vorurteile waren zum Beispiel, dass alle Obdachlosen kriminell,
unhygienisch oder alkoholabhängig
sind und keine Wohnung haben. Viele
von uns waren unsicher und haben
Plätze gemieden, an denen Obdachlose sind. Einige Passanten haben auch
so gedacht. Als Obdachlos gelten
Menschen, die auf der Straße leben,
sich an öffentlichen Plätzen aufhalten,
ohne eine Unterkunft. Obdachlos sind
aber auch Menschen in Notunterkünften, die keinen festen Wohnsitz haben
und in Wärmestuben, Notschlafstellen
oder anderen Einrichtungen übernachten Die häufigsten Ursachen dafür
sind Mietschulden, Zwangsräumung,
Scheidung oder Tod des Lebensgefährten oder nahen Verwandten, Arbeitslosigkeit, fehlende Schulbildung
oder unvollständige Berufsbildung,
bei Pink! 2013, Karina
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Impressum
Willy-Brandt-Schule, Brückenhofstraße 90, 34132 Kassel, Tel. 0561 940930
Verantwortliche Lehrkraft für den redaktionellen Teil: Simone Reimer
Klasse 11A BF 2015/2016
Kassel, November 2015
Krankheiten (meistens psychische
Störungen) oder ein Gefängnisaufenthalt mit mangelnder oder fehlender Resozialisierung.
Im Interview mit der Expertin Fr.
Tripp von Panama haben wir viel
herausgefunden. Viele Obdachlose
verbringen ihren Tag und die Nacht
auf der Straße in der Stadt, unter
Brücken und windgeschützten Orten
oder in Containern, wo sie schlafen
können.
Im Interview
wurde uns berichtet, dass z.B. das
Wetter ein großes Problem ist. Geldsorgen spielen auch eine große Rolle, genauso wie die Vorurteile der
anderen Menschen. Das größte Problem, mit dem die meisten Obdachlosen kämpfen, ist aber ihre eigene
Lebenserfahrung, die Schicksalsschläge, die zum Teil auch die
Gründe sind, weshalb sie auf der
Straße leben. Für Obdachlose gibt es
aber natürlich auch Hilfe. Meist
kommt diese vom Jobcenter der
Agentur für Arbeit, von Mitmenschen oder Freunden. Das Panama
(siehe dazu Seite 2) hilft Obdachlo-
sen auch mit Verpflegung, Hygiene und Schlafplätzen.
Es ist allerdings ziemlich schwierig für Obdachlose, einen Weg
zurück in die Gesellschaft zu finden. Obdachlose sind es gewohnt
auf der Straße zu leben und können sich oft nicht vorstellen, wieder in einer Wohnung zu leben.
Oft ist es aber schwierig, da es
schwer ist eine gute Arbeit zu finden. Viele Arbeitgeber und Vermieter haben die gleichen Vorurteile gegen Obdachlose, die wir als
Klasse ja anfangs auch hatten. Viele Obdachlose z.B. trinken (viel)
Alkohol, da man es ohne auf der
Straße, bei kalten Temperaturen
kaum aushält.
Durch das Projekt hat sich unsere
Denkweise über Obdachlose verändert. Wir wissen jetzt, dass viele
Vorurteile unbegründet sind, Obdachlose sind keine schlechten
Menschen, nur weil sie auf der
Straße leben.
Michelle, Melanie
Quellen: www.bawo.at;gl. www.wikipedia.de/
Obdachlosigkeit
Redaktion: Michelle Polotzek, Melanie Reinhold, Fr. Reimer
Passantenbefragung: Belana Schlichter, Dominik Degethof, Julia Kühn/Panama-Interview: Chantal
Siegmann, Tuppance Röser, André Götte, Vanessa Werz/Buchtipps: Lea Eckert-Hetzel, Karina
Marant/Politikeranschreiben: Karina Marant/Obdachloseninterview: Asli Altinok, Erika Spirer, Julia
Stel/Comic: Sara Meyer, Denise Bibinger/Recherche: Julia B/Fotos: Julia Stel
Montag, 30. November 2015
Vorurteile verändern Menschen
Sozpäd-News
„Lücke hat gar nicht gestunken!“
Ein Erfahrungsbericht von Asli, Erika und Julia S.
Wir haben „Lücke“ über sein Leben befragt. Lücke ist 38 Jahre alt,
er ist in Deutschland geboren. Er
lebt seit 23½ Jahren auf der Straße.
Er verbringt seinen Tag vor der
Säule am Friedrichsplatz in Kassel.
Lücke hat 19 Jahre lang in einem
festen Beruf gearbeitet. Er lebt
freiwillig auf der Straße, weil er
sich nicht sich nicht vorstellen
kann, nach all den Jahren in einer
Wohnung zu leben. Er hatte viele
Schicksalsschläge: seine Verlobte
und ein Kind sind gestorben. Die
Mutter seiner weiteren Tochter
möchte nicht, dass das Kind Kontakt zu Lücke hat. Lücke wird selten krank, da sein Körper „an die
Straße“ gewöhnt ist und geht auch
nicht zum Arzt. Mit dem Geld, das
er bekommt, kauft er sich Tabak,
Essen und Getränke. Für den Winter hat er zwei Schlafsäcke und
eine Gummimatte. Lücke hat auf
der Straße negative Erfahrungen
gesammelt: So rufen die Passanten
zu ihm rüber, dass er arbeiten gehen bzw. sich Arbeit suchen soll
oder beleidigen ihn als „DrecksPack“. Sein Zelt wurde angezündet, als er darin geschlafen hat. Er
wurde zusammen geschlagen und
beklaut. Lücke hat aber auch positive Erfahrungen gesammelt. Ein
Passant hat ihm für den Winter
Schuhe gekauft. Lücke hatte die
Schuhe auch an und geschwärmt,
wie toll, warm und gemütlich sie
doch seien. Passanten kaufen ihm
auch manchmal Essen und Trinken. Lücke verpflegt sich durch
Schnorren, wenn er auf die Toilette muss, geht er ins nächste Geschäft oder ins Panama. Dort kann
er auch duschen. Lücke bekommt
Hilfe vom Jobcenter, im Panama,
von Freunden und auf der Straße.
Er hatte auch 6 Monate lang einen
Hund. Er war als „Beschützer“
und Gefährte gedacht. Wenn der
Hund krank war, brachte Lücke
ihn zum Tierarzt und bezahlte die
Rechnung entweder in Ratenzahlung oder nur zur Hälfte.
Am Ende des Gespräches sind
Erika und Asli noch rum gelaufen
um bisschen Geld für Lücke und
seine Freunde zu sammeln. Es war
sehr schwer, Geld zu bekommen.
Als wir mit 5-6€ zurück kamen
haben sie sich total gefreut und
sich auch bei uns bedankt. Asli hat
Lücke noch umarmt.
Am Anfang waren wir uns sehr
unsicher und auch etwas ängstlich
einen Obdachlosen anzusprechen,
weil man so viel Schlechtes über
sie hört und redet, obwohl Obdachlose auch Menschen sind
wie wir alle, und ganz herzlich
sind sie auch.
Wir hatten Spaß!
Es gibt dieses Vorurteil, dass Obdachlose stinken. Aber: Lücke hat
überhaupt nicht gestunken.
Asli, Erika und Julia S.
Den Comic von Sara und Denise rechts gibt es in
ganzer Länge unter
http://1drv.ms/1Rer89L
Eine Wohnung ist noch kein Zuhause
kommen die Besucher frisches und
günstiges Essen und Getränke. Sie
bekommen auch Kleidung aus der
Kleiderkammer, haben die Möglichkeit, ihre Wäsche zu waschen
und zu duschen. Ein paar Mal im
Jahr kommt ein Hausarzt freiwillig
ins Panama, dann können die Besucher Termine vereinbaren. Das
Panama bietet freizeitpädagogische Angebote, wie die Vorlesestunde oder das Zeitunglesen.
nungslose. Die Mitarbeiter begleiten Besucher zu Ämtern und Vermietern, organisieren Hilfe für den
Haushalt und helfen bei der Möbelbeschaffung und Umzügen.
Comic von Sara und Denise
Das Panama hat pro Tag ca. 50-60
Besucher zwischen 20 und 70 Jahren, davon 5-20 Wohnungslose.
Zwei Hilfsangebote sind hier unter
einem Dach: die Tagesaufenthaltsstätte und die soziale Hilfe.
In der Tagesaufenthaltsstätte be2
Zum Panama gehört auch die Beratungsstelle. Sie ist im selben
Haus. Dort kann man sich informieren über Schlafstätten in der
Nähe. Das Geld einiger Besucher
wird dort aufbewahrt und in kleinen Beträgen ausgezahlt, damit es
reicht. Die Schuldnerberatung ist
auch dort und es gibt eine Postadresse mit Briefkasten für Woh-
Hilfe der Politiker
Ideen aus Kassel
Das Panama
Wir haben das Panama kennengelernt und unsere Vorurteile wurden
nicht bestätigt! Fr. Tripp hat sich
Zeit genommen und all unsere
Fragen beantwortet. Eine wichtige
Info zuerst:
Es ist nicht das Ziel von Panama,
Obdachlose in die Gesellschaft
zurückzubringen, sondern eine
sinnvolle Tätigkeit für sie zu finden und ihnen einen geregelten
Alltag zu ermöglichen.
1 Jahr zuvor
Das Panama ist ein Ort, an dem die
Menschen Freunde treffen und
sich wohlfühlen können.
Für viele Obdachlose ist das Panama ein Zuhause, zu dem sie
immer wieder zurückkehren, selbst
wenn sie schon eine Wohnung
gefunden haben.
Chantal, André, Tuppance, Vanessa
In Deutschland war der Stand der
Obdachlosigkeit im Jahr 20132014 um 9% gestiegen. Wir haben
die Parteien gefragt, ob sie etwas
konkrete Hilfe geplant haben:
Hilfsangebote sind wichtig für die
CDU.
Zudem
fordert
sie
Initiativen, wie den verstärkten
Einsatz von Ordnungskräften zur
Auflösung der Trinker- und
Drogenszene. „Die Schaffung von
bezahlbarem Wohnraum“, sagt die
Linke, bestehende Einrichtungen
dauerhaft sichern und eine Pflichtberatung für Menschen, die von
Zwangsräumung bedroht sind. Der
Sozialkompass hilft mit vielen Informationen. Experten einbinden,
den Hilfe bedarf abfragen und die
GWG mit in die Verantwortung für
günstigen Wohnraum nehmen, so
die Grünen. Das sieht auch die
SPD so. „Unser Hauptbeitrag als
SPD-Fraktion ist die finanzielle
Ausstattung der Akteure und
Institutionen die sich gegen
Obdachlosigkeit einsetzen.“ Karina
Mehr unter http://1drv.ms/21mCgFO