BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/2104 21. Wahlperiode 10.11.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 03.11.15 und Betr.: Antwort des Senats Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Hamburg (IV) Schon während des Sommerhalbjahres waren die Tagesaufenthaltsstätten für Obdachlose Menschen in Hamburg oft überfüllt. Mittlerweile ist das Winternotprogramm gestartet, bei welchem die Obdachlosen tagsüber zwischen 9 Uhr und 17 Uhr die großen Unterkünfte verlassen müssen. Dabei ist es unerheblich, ob sie warme und wetterfeste Kleidung haben oder nicht. Begründet wird dieser Vorgang mit dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz als rechtliche Grundlage. Dabei handelt es sich beim Winternotprogramm um einen Erfrierungsschutz, das heißt um Notunterkünfte. Die Unterbringung von Flüchtlingen zeigt nun, dass die Möglichkeit einer wesentlich „elastischeren “ Umsetzung des SOG besteht. Hier bietet sich die Chance, das SOG auch für den Tagesaufenthalt von Obdachlosen anzuwenden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Tagesaufenthaltsstätten für obdachlose Menschen waren im Sommer nicht überfüllt, siehe auch Drs. 21/2034. Im Übrigen gibt es viele Kleiderkammern, die auch obdachlosen Menschen warme Kleidung zur Verfügung stellen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie lautet die Auslegung zur Anwendung des SOG jeweils im Falle der Unterbringung von obdachlosen Menschen im Winter sowie von geflüchteten Menschen? Bitte detailliert darlegen. 2. Wie begründet sich die jeweilige Auslegung und Anwendung des SOG im oben genannten Fall? Für in Hamburg eintreffende Flüchtlinge besteht aufgrund der besonderen Umstände der Fluchtsituation grundsätzlich keine Möglichkeit, vorab selbstständig eine Unterkunft sicherzustellen. Sie sind zudem verpflichtet, nach ihrer Ankunft eine Unterkunft in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu nehmen (§ 47 AsylG). Die Länder sind entsprechend nach § 44 AsylG verpflichtet, Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten. Die Anwendung des Polizeirechts (SOG) ermöglicht die Schaffung der für die Unterbringung der Flüchtlinge erforderlichen Unterkünfte in einer Situation, in der die üblicherweise sonst vorgesehene baugenehmigungsrechtliche Vorgehensweise dazu Drucksache 21/2104 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode führen würde, dass aufgrund eines nicht zeitgerecht möglichen Kapazitätsaufbaues Obdachlosigkeit für die ankommenden Flüchtlinge entstehen würde. In dieser Situation ist es aufgrund der polizeirechtlich als Gefahrensituation zu bewertenden drohenden Obdachlosigkeit von Flüchtlingen im rechtlichen Sinne erforderlich, die baugenehmigungsrechtlichen Verfahren nachzuführen. Die Einweisung und Nutzung der Einrichtungen erfolgt dann entsprechend der rechtlichen Regelung des AsylG und unterscheidet sich insofern von der Situation allgemein Wohnungsloser. Das Winternotprogramm des Senats dient dem Erfrierungsschutz als Abwehr einer Gefahr für die Gesundheit und das Leben von obdachlosen Menschen. Die baulichen Maßnahmen selbst richten sich nach den Vorschriften des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts. Da es sich um Notunterkünfte handelt, die nur für die vorübergehende Unterbringung gedacht sind, sind die Standards einer Voll- oder Dauerversorgung nicht zu gewährleisten. Die obdachmäßige Unterbringung hat die notwendigen Sicherheits- und Gesundheitsstandards zu gewährleisten und Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse zu bieten (VG Köln, Beschluss vom 08.10.2007, 20 L 134/07, über juris, Rn. 7). 3. Womit begründet sich, dass im Winterhalbjahr nicht auch tagsüber für den Erfrierungsschutz obdachloser Menschen gesorgt wird, denn auch tagsüber ist bei Minusgraden Menschenleben in Gefahr? Tagsüber können obdachlose Menschen in Hamburg neben den mindestens rund 670 Plätzen in den Tagesaufenthaltsstätten weitere Plätze, beispielsweise in Essensausgabestellen, nutzen. Zudem haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, dass nicht alle Obdachlosen im Winternotprogramm tagsüber einen Tagesaufenthalt in Anspruch nehmen. Besonders zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur Vermeidung des Erfrierens durch Einschlafen in der Nacht, hat Hamburg das Winternotprogramm für obdachlose Menschen eingerichtet, das von Montag bis Sonntag täglich 16 Stunden Aufenthalt ermöglicht. 4. Inwiefern gibt es Pläne beziehungsweise Überlegungen das Unterbringungskonzept für Wohnungslose zumindest über das Winterhalbjahr zu verändern? Die zuständige Behörde plant, die Öffnungszeiten von zwei Tagesaufenthaltsstätten zu erweitern. Im Übrigen sind keine Änderungen des Unterbringungskonzepts für Wohnungslose für das Winterhalbjahr vorgesehen. 2
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