Renaud Lagabrielle Sissy boys? Die Darstellung des männlichen homosexuellen Körpers in den französischen Kinder- und Jugendromanen In meinem Vortrag werde ich sieben in Frankreich zwischen 1995 und 2003 publizierte Jugendromane analysieren, in denen das Thema "Homosexualität" zentral ist. Die Frage, die mich dabei interessiert, ist, wie der sogenannte "homosexuelle Körper" auf die homophobe "gehässige Rede" (Hate speech, J. Butler) reagiert. Nach einigen einführenden Bemerkungen zu den ausgewählten Jugendromanen werde ich kurz darlegen, wie im 18. und 19. Jahrhundert ein, den homosexuellen Männern angeblich spezifisch eigener Körper konstruiert wurde (vgl. G.L. Mosse). Ich werde zeigen, wie wenig sich das Stereotyp eines "schwulen Aussehens und Körper-Stils" geändert hat (vgl. D. Welzer-Lang) und wie dieser sogenannte "homosexuelle Körper" noch heute vom homophoben bzw. heterosexistischen Diskurs sanktioniert wird (vgl. D. Éribon u. J. Butler). Daran anschließend werde ich mich mit der Bedeutung der gehässigen Rede als einem performativ-perlokutionären Akt auseinandersetzen. Anhand ausgewählter Textstellen aus den Jugendromanen werde ich zeigen, wie die meisten schwulen Jugendlichen, und vor allem jene, die den Stereotypen eines als "weiblich" und damit als inferior konstruierten Körpers zu entsprechen scheinen, gezwungen werden, ihren Körper als schändlich und unzeigbar wahrzunehmen und zu inszenieren. Ich werde die erzwungene Unsagbarkeit und Unsichtbarkeit des Körpers schwuler Jugendlicher, nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Raum, diskutieren. Diese Situation erfordert von den meisten schwulen Jugendlichen bestimmte Strategien: Doppelleben, Kontrolle bzw. Zügelung des Körpers, Geheimhalten-Müssen usf. (vgl. E. Goffman), die meiner Ansicht nach nicht ohne schwerwiegende psychischen Folgen bleiben können. Im Schlusswort werde ich deshalb die Notwendigkeit hervorheben, in Adoleszenten und Adoleszentinnen gewidmeten Romanen positive Bilder anzubieten, d.h. Bilder von begehrenden und begehrenswerten Körpern schwuler Jugendlicher. Renaud Lagabrielle Mag., geb. 1977 in Nantes (Fr.), Studium der Germanistik in Nantes und Graz (Abschluss 1999), Studium „Französisch als Fremdsprache“ (Abschluss 2001). Arbeitet seit Herbst 2001 an einem Dissertationsprojekt über „Die Darstellung der Homosexualitäten in den französischen Kinder- und Jugendromanen. Analysen und didaktische Perspektiven“ am Institut für Romanistik an der Universität Wien (Betreuung: Univ.-Prof.in Birgit Wagner) und als Französischlehrer am französischen Kulturinstitut in Wien.
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