„Wir können ein Vorbild sein“ Junge MigrantInnen tauschen sich über ihr freiwilliges Engagement aus Barbara Ward Berlin zeigte sich ebenso rau wie das aktuelle Klima zur Integrationsdebatte, als fast 60 junge MigrantInnen aus Schweden, Großbritannien und ganz Deutschland zu einer internationalen Jugendbegegnung anreisten. Nasskalt war es und der Himmel grau verhangen. Der guten Stimmung auf der einwöchigen Veranstaltung tat dies keinen Abbruch. In der Jugendherberge stehen die Jugendlichen abends im Kreis und tanzen ausgelassen zu ‚Hokey Pokey’. Das Singspiel, das die britischen TeilnehmerInnen als Teil ihres Themenabends ausgesucht haben, ist ein willkommener Ausgleich zu dem vollen Tagesprogramm. In Workshops und Seminaren werden wichtige Themen wie Integration, Kultur und Engagement gemeinsam erarbeitet. Eine der Kernfragen, um die sich die Diskussion immer wieder dreht, ist, wie aktive Partizipation junger Menschen in Europa gestaltet und gefördert werden kann. „Wir glauben, dass es für jeden wichtig ist, als Mensch anerkannt zu werden und das setzen wir in unseren Projekten auch um. Die Jugendlichen bei JuMiLo möchten Vorbilder für andere MigrantInnen sein.“ Dr. Kira Funke, ist die Bundeskoordinatorin für JuMiLo – Junge Migranten als Lotsen. Gemeinsam mit 15 ProjektleiterInnen, die im gesamten Bundesgebiet arbeiten, begleitet sie junge Menschen mit Migrationshintergrund: Die LotsInnen, die sich sozial engagieren und ein Freizeitangebot organisieren, genauso wie die TeilnehmerInnen in einer von den LotsInnen gegründeten Gruppe. Das EUgeförderte Projekt ist Gastgeber der Jugendbegegnung. Als Partner für das einwöchige Event konnten außerdem die britische Organisation Children's Society und das Efyran Ungdomenshus aus Schweden gewonnen werden. Beide sind mit Gruppen junger MigrantInnen oder Flüchtlingen der Einladung nach Berlin gefolgt. Die fast 60 Jugendlichen kommen aus allen Winkeln der Welt. Krisengebiete wie Afghanistan, Kurdistan und Irak sind genauso vertreten wie die traditionellen Auswandererländer Russland, Türkei oder Italien. Bei einer Vielfalt von über 20 verschiedenen Sprachen geht es nicht immer völlig unkompliziert zu. „Wir können hier wunderbare und wichtige Erfahrungen miteinander machen, aber wir müssen uns verstehen. Wir müssen wissen, was wir gegenseitig denken“ eröffnet die Bundeskoordinatorin Kira Funke die Morgenrunde. Man verständigt sich auf Englisch als Lengua Franca, denn das ist für alle eine Fremdsprache. Wichtig ist aber, dass sich trotzdem jeder in der Sprache seiner Wahl äußern darf, denn ein Übersetzer findet sich in dieser Runde immer. Zum Beispiel übersetzt Aweis aus Pakistan, der in Lampertheim wohnt, für Abbas aus Afghanistan, der mit der schwedischen Gruppe angereist ist. Sie beide sprechen Urdu, eine indoarische Sprache. Auch den geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft bleibt die Fremdsprache nicht erspart. Martin Amberger, Vertreter des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sorgt für einen heiteren Moment, als er an die Grenzen seiner Englischkenntnisse stößt. Mit den Worten „Just make friends!“ rettet er sich schließlich aus der Verlegenheit - und erntet große Sympathien bei den Jugendlichen. Denn Freundschaften schlossen die TeilnehmerInnen schon vom ersten Moment 66 an über alle Sprachbarrieren hinweg. So verschieden die Jugendlichen auch sind, sie alle wissen, wie es ist, als Migrant oder Migrantin in einem fremden Land zu leben. Die Hilfe, die sie selber einmal erfahren haben, möchten sie an andere weitergeben. „Erfahrungen sammeln, über mich selber, in dem ich jemand anderem helfe. Ich glaube, das ist eine wichtige Sache für jeden.“ Der 18jährige Mehdi aus Sheffield bringt damit die Meinung der meisten auf den Punkt. In den 8 Tagen ist die große, heterogene Gruppe in Berlin zusammen gewachsen. Regelmäßig gibt es spontanen Applaus für mutige Diskussionsbeiträge. Als während einer Beamer-Präsentation die Technik kurz harkt, beginnt ein einzelner, einen mitreißenden Rhythmus zu trommeln – einen Moment später fällt der Rest der Gruppe ein. Die Jugendlichen klatschen, klopfen und schnipsen, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich der Welt zu zeigen, dass sie alle etwas zu sagen haben. Während draußen der nächste Novemberregen aufzieht, greift Hivin aus Bonn nach dem Mikrofon: „Ich möchte nur sagen, dass ich mich hier sehr wohl fühle. Wir sind alle stolz, Teil dieses großartigen Projekts zu sein.“ 67
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