Von Baxter zu Baxalta

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Chemiereport.at
Ö. Magazin für Chemie, Life Science & Materialwissenschaften
Wiener Neudorf, im August 2015, Nr: 5, 8x/Jahr, Seite: _
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Auftr.: 7023, Clip: 9243052, SB: IMC FH Krems
I I LIFE SCIENCES
Mit mehr als 4.000 Mitarbeitern stellen die
Aktivitäten in Wien und Orth an der Donau
Neuer Namen, fortgesetzte Aktivitäten
Von Baxter zu Baxalta
Beinahe alles, was bisher in Österreich Baxter war, firmiert seit kurzem unter Baxalta. Wir
sprachen mit dem heimischen Management über die Pläne des neuen Unternehmens und die
Bedeutung des Standorts Österreich im weltweiten Verbund.
Von Georg Sachs
D
„Bis 2020 sollen
20 Produkte
gelauncht werden."
ie Aktivitäten von Baxalta in Österreich
bauen auf einer langen und reichhaltigen Tradition auf. 1960 gründete der Chemiker Johann EibI gemeinsam mit Otto
Schwarz die Immuno AG, die sich auf Produkte aus menschlichem Blutplasma und
Impfstoffe spezialisierte. 1966 wurde in Wien
das erste Plasmapheresezentrum Europas errichtet. Das US-Unternehmen Baxter erwarb
1996 Forschungs- und Produktionsanlagen
der Immuno und gliederte sie ihrem Geschäftsbereich Bioscience ein.
In künftigen historischen Rückblicken wird
das Jahr 2015 einen weiteren Meilenstein
dieser Geschichte markieren. Denn Baxter
hat - einem in den vergangenen Jahren zu
beobachtenden Trend folgend - seine Biotechnologie-Aktivitäten von seiner Medizinprodukte-Sparte getrennt. Während das Geschäft mit Produkten für Transfusionsmedizin
und parenterale Ernährung unter dem Namen Baxter weitergeführt wird, firmierte der
bisherige Bereich „Bioscience" mit 1. Juli in
Baxajgi um. Von den mehr als 50.000 Mit-
Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
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arbeitern, die bislang im Konzern gearbeitet
haben, werden rund 16.000 in die BaxaltaOrganisation wechseln. Rund ein Viertel davon arbeitet in Österreich: Mit mehr als
4.000 Mitarbeitern stellen die Aktivitäten in
Wien und Orth an der Donau zusammengerechnet den weltweit größten Standort des
neuen Unternehmens dar.
Gewicht des Standorts gestiegen
Fast alles, was Baxter in Österreich bis jetzt
gemacht hat, ist nun Baxalta geworden.
3.500 Personen sind dem Bereich „Global
Operations" zugeordnet, der die Produktion
und die dieser vorgelagerte Prozessentwicklung umfasst, wie Simone Oremovic, Personalvorstand von Baxter Österreich, erläutert:
„Wir haben Produktionsstandorte in sieben
Ländern, Österreich ist der weitaus größte
davon." Insgesamt betreibt Baxalta 13 Produktionsstätten, davon sechs in den USA.
Allein in Wien werden im Jahr Produkte im
Wert von ca. 700 Millionen Euro erzeugt,
davon gehen mehr als 90 Prozent in den Ex-
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LIFE SCIENCES I
Simone Oremovic ist als
Personalvorstand für
mehr als 4.000 österreichische Mitarbeiter
verantwortlich.
port. „Baxalta macht knapp die Hälfte seines
Umsatzes von rund sechs Milliarden USDollar in den USA", erklärt Oremovic die
Marktrelationen.
Aber auch in der Unternehmensforschung
kann Wien entsprechendes Gewicht in die
Waagschale werfen. Einer von drei F&EStandorten von Baxalta ist hier angesiedelt.
Und schließlich gibt es noch eine kleine Vertriebsgesellschaft, die Baxalta-Produkte auf
dem österreichischen Markt vertreibt. Auch
Baxter wird mit einer Vertriebsniederlassung
für die im Konzern verbliebenen Medizinprodukte weiterhin in Österreich vertreten
sein.
Schon vor der Trennung der beiden Unternehmen wurden die gesamten Impfstoffaktivitäten verkauft: Die am Markt gut eingeführten Vakzine gegen Meningokokken und
FSME gingen an Pfizer, zudem hat man sich
mit dem US-Unternehmen Nanotherapeutics über einen Verkauf der Verocell-Technologie inklusive der laufenden Entwicklungs-
projekte geeinigt. „Dieser Schritt war
wichtig. Um auf dem Vakzin-Markt erfolgreich zu sein, braucht man eine kritische
Größe. Unser Impfstoff-Geschäft war weltweit betrachtet aber sehr klein", meint dazu
Unternehmenssprecher Michael Heinrich.
Starker Forschungsstandort
bleibt erhalten
Dass die Forschung aus Osterreich an den im
vergangenen Jahr eröffneten Forschungsstandort in Cambridge, Massachusetts, verlagert wird, davon könne keine Rede sein,
betont Oremovic: „Der Mitarbeiterstand in
Österreich wird sich in den nächsten Jahren
nicht dramatisch ändern - weder in die eine
noch in die andere Richtung." Der Bereich
„Process Science" sei weltweit der Produktion angegliedert worden, manche Mitarbeiter wechseln daher in eine andere organisatorische Einheit. „Wir planen viele
Produktlaunches in den nächsten Jahren, da
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Karl-Heinz Hofbauer verantwortet den Produktionsstandort Wien.
wird produktionsnahe Entwicklung gebraucht", so Oremovic. Rund 50 Mitarbeiter
haben zudem die Möglichkeit bekommen,
nach Cambridge zu wechseln. „Das heißt
aber nicht, wir lösen die F&E in Österreich
auf, wie manchmal in der Öffentlichkeit zu
hören war", stellt die HR-Managerin klar.
Rund 700 Personen arbeiten derzeit in Österreich an präklinischen, klinischen und
prozesstechnischen Entwicklungsprojekten.
Bis vor kurzem, als damit begonnen wurde,
den F&E-Standort in der Nähe von Boston
aufzubauen, war Österreich der einzige große
Forschungsstandort des damaligen BaxterBioscience-Geschäfts. Daher versteht man
sich auch auf alle Phasen des F&E-Prozesses
und hat sowohl hämatologische als auch immunologische Kompetenz aufgebaut. „Wir
gehen nun dazu über, vermehrt Entwicklungsarbeit auszulagern. Es kommen immer
neue Moleküle dazu, das können wir nicht
alles selbst machen", sagt Oremovic. Verstärkt wird diese Entwicklung dadurch, dass
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Michael Heinrich ist Unternehmenssprecher des frisch umfirmierten
Unternehmens.
Ein Highlight der F&E-Pipeline ist die Entwicklung einer Gentherapie, die Hämophilie-Patienten ermöglichen soll, den Gerinnungsfaktor IX selbst zu produzieren.
„Gentherapie ist an sich eine schwierige Sache. Aber in diesem Fall muss nur ein einziger genetischer Schalter umgelegt werden",
erklärt Heinrich. Ob dies dauerhaft gelingt,
ist noch nicht sicher, pessimistische Schätzungen gehen zumindest davon aus, dass die
Wirkung fünf Jahre lang anhält.
In all dem will man der bisherigen Strategie,
auf seltene oder heute unterversorgte Erkrankungen zu fokussieren, treu bleiben. „Auf
diesem Gebiet gibt es gewachsenes Knowhow", erläutert Oremovic, „da kennen wir
die Entwicklungsprozesse, die Zulassungsverfahren, das Marketing."
Beziehungen, da habe es sich angeboten, dort
zu investieren. Zudem müsse man für zentrale Produkte mehrere Möglichkeiten offenhalten und könne nicht nur auf eine einzige
Betriebsstätte angewiesen sein.
Eine der Besonderheiten des österreichischen
Standorts ist das Zusammenspiel von Forschung und industrieller Produktion „Das
verschafft uns eine zentrale Rolle beim
Launch zukünftiger Produkte, denn auf diese
Weise können wir in späten Entwicklungsphasen und während der klinischen Prüfungen den Wirkstoff bereits im Werk herstellen", so Hofbauer.
Die Prozesskette der
Plasmafraktionierung
vor kurzem damit begonnen wurde, die Onkologie als neues Standbein aufzubauen, und
nun zusätzliche Kompetenz und Kapazitäten
benötigt werden. Im Wechselspiel mit den
USA wird sich darüber hinaus nun eine gewisse Differenzierung ergeben: „In Österreich wird der Schwerpunkt vermehrt in der
Grundlagenforschung und frühen Entwicklung liegen, während die klinische Entwicklung verstärkt in den USA durchgeführt und
dort zunehmend an Spezialisten ausgelagert
wird", so Michael Heinrich. Langfristig wolle
man eher Scout in einem Netzwerk wissenschaftlicher Partner sein, als alles operativ
selbst zu machen.
Gefüllte Pipeline
Denn in der Neuentwicklung von Produkten
hat Baxalta große Pläne: Bis 2020 sollen 20
Produkte gelauncht werden. Bis 2016 soll es
dabei, dem bisherigen Portfolio entsprechend, noch einen starken HämatologieSchwerpunkt geben. „Dabei ist auch vorgesehen, bestehende Produkte zu verbessern
oder in neuen Märkten zu launchen", so
Oremovic. Ab 2017 sollen die immunologischen Produkte verstärkt und die ersten
Früchte aus dem neuen Standbein Onkologie geerntet werden. Der jüngst erfolgte Zukauf von Oncaspar, einem vielversprechenden Arzneimittelkandidaten gegen
Akute Lymphatische Leukämie (ALL), wird
hier weitere Impulse geben.
Produktionstechnisch betrachtet ist Österreich ein Standort, an dem eine große Bandbreite an Technologien gehandhabt wird:
Nach wie vor macht die Plasmafraktionierung die wichtigste Quelle für die von Baxalta produzierten Arzneimittel (etwa Gerinnungsfaktoren und Immunglobuline) aus.
„Wir haben die ganze Prozesskette hier am
Standort", erklärt dazu Karl-Heinz Hofbauer, Betriebsleiter Wien und Vorstand von
Baxter Österreich. Man bringt das Ausgangsmaterial — menschliches Blutplasma — in Österreich auf, fraktioniert es, reinigt die gewonnenen Komponenten und führt sie in
bestimmte Darreichungsformen über.
Schließlich wird verpackt, etikettiert, gelagert
und ausgeliefert. „Letztlich führt also ein direkter Weg vom Spender über unsere Mitarbeiter zu einem lebensrettenden Produkt für
den Patienten", so Hofbauer. Österreich sei
das einzige Land, wo Baxalta alle diese Prozesse vereint habe.
In Orth an der Donau ist zusätzlich dazu die
Produktion rekombinanter Proteine in Zellkultur angesiedelt. Und schließlich ist man
gerade dabei, eine neue Facility zur Reinigung von Gerinnungspräparaten in Krems
aufzubauen. „Uns haben im internationalen
Produktionsverbund Kapazitäten in der Purifikation gefehlt", erklärt Hofbauer dazu.
Mit den am Standort Krems angesiedelten
Institutionen wie der Donau-Uni oder der
IMG, FH Krems habe man seit langem gute
Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 0699/19673631).
Über Baxalta
Baxalta Incorporated ging mit 1. Juli
aus der Abtrennung des ehemaligen
Bioscience-Geschäfts von Baxter hervor. Der Hauptsitz des neuen Unternehmens liegt in Bannockburn,
Illinois, mit mehr als 4.000 Mitarbeitern stellt Österreich aber den weltweit größten Standort dar. Baxalta
wird mit rund sechs Milliarden USDollar bewertet und ist auf die Entwicklung, Fertigung und Vermarktung
biopharmazeutischer Produkte für
seltene und unterversorgte Krankheiten auf den Gebieten Hämatologie,
Immunologie und Onkologie spezialisiert. Neben der Grundlagenforschung
und der Process Science, die in Österreich betrieben werden, befindet sich
eine neues „Baxalta Global Innovation
and R&D Center" in Cambridge, Massachusetts.
Der Vorstand von Baxalta Österreich
besteht aus Karl-Heinz Hofbauer (Betriebsleiter Wien), Karl Kogelmüller
(Finanzen), Simone Oremovic
(Human Resources) und Hans Peter
Schwarz (Klinische Strategieentwicklung). Roman Necina ist Geschäftsführer der Baxalta Innovations GmbH,
in der Forschung und Entwicklung
gebündelt sind. Die für den Vertrieb in
Österreich verantwortliche Baxalta
Österreich GmbH wird von Roland
Bindeus geleitet.
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