Flexibler Nachtwachenschlüssel statt starrer Vorgaben

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HEIME
Umstellung der Gebäudereinigung
Selbst ist das Heim
Das Evangelische Diakoniewerk Zoar in Rheinland-Pfalz hat
von Fremd- auf Eigenreinigung umgestellt. Dadurch konnten Kosten gespart und die Qualität verbessert werden.
VON ALEXANDRA KOCH
Rockenhausen // Zum 1. Februar 2015
wurde im Evangelischen Diakoniewerk Zoar (Rockenhausen, RheinlandPfalz) in sechs Häusern von Fremdauf Eigenreinigung umgestellt. „Es
war eine Kosten- und Qualitätsfrage,
die uns dazu veranlasste“, berichtet
Martina Leib-Herr, Leitung Zentrale
Dienstleistungen und designiertes
Vorstandsmitglied des Evangelischen
Diakoniewerks Zoar. „Durch die Umstellung im Bereich der Gebäudereinigung konnten bislang rund 30
Prozent der Kosten eingespart werden.“ Dank guter Vorbereitung und
der fachkundigen Begleitung eines
externen Beraters konnte das ehrgeizige Projekt nicht nur zügig, sondern
auch zeitgleich in mehreren Häusern
der Einrichtung durchgeführt werden. „Weitere Einrichtungen werden
Schritt für Schritt folgen“, informiert
Liesel Sköries, Zentrale Hauswirtschaftsleitung. Damit geht das Evangelische Diakoniewerk Zoar einen
Weg entgegen dem OutsourcingTrend und bündelt Dienstleistungen
mit tarifgebundener Entlohnung unter dem Dach der Einrichtung.
„Vor der Umstellung im jeweiligen Haus wurde eine individuelle
Bewertung aller Räume vorgenommen, und es wurden neue Raumgruppen vergeben. Auf diese Weise
entstanden neue Raumbücher.“ Lie-
sel Sköries sieht das als einen wichtigen Erfolgsfaktor des Projekts. Denn
durch die individuelle Bewertung der
Räume (Größe, Bodenbeschaffenheit,
Einrichtung usw.) sei es möglich geworden, die speziell für diesen Raum
benötigte Reinigungszeit exakt zu
berechnen. „Im Gegensatz dazu berechnen die externen Gebäudereiniger ihre Dienstleistung pauschal“, so
Sköries.
Umstellung der
Reinigungstechnik
Ein weiterer Erfolgsaspekt im Rahmen dieses Projekts ist die Umstellung der Reinigungstechnik und
-methode. Umgestellt wurde
vom zwei- auf einstufiges
Wischen. Wurde früher nass
und im zweiten Gang trocken nachgewischt, wird
heute mit aufbereiteten
Wischbezügen
einmal
gewischt. „Dies ist nicht
nur effektiver, weil ein Arbeitsgang eingespart wird,
sondern durch den Einsatz
entsprechender Materialien
auch qualitativ hochwertiger“,
erklärt Liesel Sköries. Zudem ist die
Reinigungsarbeit im Zuge der Umstellung ergonomischer (Teleskopgestänge, keine Mopp-Pressung etc.)
und somit gesundheitsverträglicher
gestaltet worden.
Hauswirtschaftsleiterin Sköries zählt
die Vorteile auf: „Beim einstufigen
Wischen arbeiten wir mit Teleskopgestänge und aufbereiteten Wischbezügen, die abgezählt in einer Box
aufbewahrt werden. Außerdem tragen unsere Mitarbeiterinnen bei der
Reinigungsarbeit Mehr- statt Einweghandschuhe.“ Dies alles sowie
die klar definierten Aufgaben der Reinigungskräfte führten, laut Sköries,
zu einer gestiegenen Mitarbeiterzufriedenheit.
Zwanzig Teilzeitkräfte
neu eingestellt
Mit Beginn der Umstellung der Gebäudereinigung von Fremd- auf Eigenreinigung wurde ein zentraler
Einführungstag für alle Reinigungskräfte durchgeführt, in dessen Rahmen die Teilnehmer in den Bereichen
„Methodik“, „Hygiene“, „Umgang mit
Gefahrstoffen“ und „Reinigungschemie“ geschult wurden. Die aufgrund
der nun intern erbrachten Dienstleistung rund zwanzig neueingestellten
Teilzeitkräfte erhalten für ihre Arbeit
im Evangelischen Diakoniewerk Zoar
Tariflohn. „Für das Gebäudereinigungshandwerk besteht ein bundesweiter Mindestlohn. Der von Zoar
angewandte Tariflohn für Gebäudereiniger nach AVR unterscheidet sich
nicht sehr davon“, sagt Peter Kaiser,
Direktor der Diakonie Zoar. Außerdem entfielen die bei einem Gebäudereinigungsunternehmen anfallenden 19 Prozent Umsatzsteuer, da die
Leistung selbst erbracht würde, so
Kaiser.
Nachdem sich das Umstellungsprojekt nun fast ein Jahr in der
Praxis bewährt habe, sei positiv zu
vermerken, dass sich die zum Unternehmen gehörenden Mitarbeiter eher mit diesem identifizieren
als Mitarbeiter einer externen
Gebäudereinigungsfirma.
„Unsere Reinigungskräfte arbeiten
motivierter und fühlen sich
als ein Teil des Zoar-Teams“,
berichtet Liesel Sköries von
den positiven Veränderungen im Mitarbeitergefüge.
„Auch der Austausch mit den jeweiligen Mitarbeitern vor Ort ist
nun viel ausgeprägter als vorher.“
Auf manches könne individueller
und flexibler eingegangen werden. Auch die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Mitarbeiterführung
und Dienstplangestaltung seien im
Vergleich zu früher gestiegen, was
gerade bei Personalengpässen von
großem Vorteil sei. Eine Zukunftsvision sei daher, so Sköries, ein Mitarbeiter-Pool, um auf Engpässe in sogenannten „Stoßzeiten“ noch besser
reagieren zu können.
Professionalisierung der
Reinigung
Mit der Umstellung ging insgesamt
eine Professionalisierung einher,
entsprechend aus dem Qualitätsmanagementsystem sich ergebender
Vorgaben, die dokumentiert und
überprüft werden können. Auch dem
Umweltmanagement wird entsprochen, indem durch die Umstellung
der Reinigungstechnik und -methode
der Verbrauch von Chemie reduziert
wird. Das Verfahren trägt zudem zur
Arbeitssicherheit bei, da qualitativ
hochwertiges Material eingesetzt
und im Umgang mit der Reinigungschemie mit entsprechender persönlicher Schutzausrüstung gearbeitet
wird. „Das Projekt der Umstellung
von Fremd- auf Eigenreinigung war
und ist für die verantwortlichen Mitarbeiter eine große Herausforderung,
die bisher überaus erfolgreich gemeistert wurde“, sagt die designierte
Zoar-Direktorin Martina Leib-Herr.
„Wir sind stolz darauf, diese Gebäudereinigungsumstellung so problemlos und mit so großer Unterstützung
in den einzelnen Häusern implementiert zu haben.“
■
Die Autorin ist Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Evangelischen Diakoniewerkes Zoar.
Dienstplangestaltung
Flexibler Nachtwachenschlüssel statt starrer Vorgaben
Wie viele Mitarbeiter braucht ein Heim in der Nacht? Hierbei sollten sich Einrichtungen nicht nur an Studien orientieren, sondern individuell planen.
VON MICHAEL WIPP
Betrachtet man die Dienst- und
Einsatzplanung im Nachtdienst
auch vor dem Hintergrund, dass
diese gemessen an der überwiegend praktizierten Dienstlänge
von zehn Stunden nahezu 40
Prozent des gesamten Tages ausmacht, kommt dieser Planung eine
nicht unerhebliche Bedeutung zu.
Die aktuelle Studie der Uni Witten/Herdecke (siehe CAREkonkret
47/2015) oder die geplanten bzw.
umgesetzten Verordnungen zu der
Anzahl der Mitarbeiter im Nachtdienst in den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern unterstreichen die Aktualität dieser
Thematik.
Bevor überhaupt über die
quantitative und/oder qualitative
Ausstattung der erforderlichen
Besetzung im Nachtdienst nachgedacht werden kann, muss man
sich über das Bewohnerklientel
und dessen Hilfebedarf im Klaren
sein. Welche Tätigkeiten fallen
denn überhaupt im Nachtdienst
an? Diese Frage zu beantworten
ist wichtig, wenn es um die erfor-
derlichen Qualifikationen geht.
Verschiedene Studien kommen
zu dem Schluss, dass die zur Verfügung stehende Zeit pro Bewohner und Nacht ca. 12 – 14 Minuten
ausmacht, einschließlich der Administration. Eine Studie des Instituts für Psychogerontologie der
Friedrich Alexander Universität
in Erlangen-Nürnberg sagt aus,
dass bei benötigten 20 Minuten
eine Pflegekraft für maximal 30
Bewohner zuständig sein kann.
Be-trachtet man die Vorgaben aus
den einzelnen Bundesländern –
soweit sie bestehen – schwanken
diese gegenwärtig überwiegend
zwischen 1 zu 40 und 1 zu 50 (Pflegekraft zu Bewohner).
Letztlich bedarf es aber nicht
zwingend einer Studie, sondern
der verantwortungsvollen einrichtungsinternen Aufgabe zu prüfen,
welche Bewohnerstruktur mit
welchem konkreten nächtlichen
Interventionsbedarf, zu welcher
Uhrzeit, mit welchem Umfang
und daraus resultierend welchem
Qualifikationsbedarf, vorliegt. Daraus ergibt sich letztlich die Besetzung des Nachtdienstes.
Dass sich bei einer Erhöhung der Nachtdienstbesetzung
eine Reduktion des Tagdienstes
ergibt, ist logische Folge eines
24-Stunden-Pflegeschlüssels. Das
muss nicht unbedingt nachteilig sein, wenn eine qualifizierte
und
verantwortungsbewusste
Arbeitsorganisation, die einen
24-Stunden-Überblick in Bezug
S
erie
Dienstplanmanagement
auf den insgesamt erforderlichen
Pflege- und Unterstützungsbedarf
für alle Bewohner im Fokus hat,
der Dienstplanung zugrunde gelegt wird. Reine Vorgaben zu der
Nachtdienstbesetzung könnten zu
der „Zwangsverlagerung“ von Aufgaben des Tag- in den Nachtdienst
führen mit kritischen Auswüch-
sen wie zum Beispiel nächtliches
Medikamentenstellen.
Wichtig ist, dass die Pflegedienst- und Einrichtungsleitungen
die für ihre Einrichtung möglicherweise bestehenden vertraglichen
Vorgaben oder die Anhaltswerte
kennen, welche die Behörden ansetzen. Letztlich muss immer belegbar sein, warum mit welcher
Besetzung und welcher Qualifikation der Nachtdienst im Sinne
einer verantwortungsbewussten
Dienstplanung gleistet werden
kann.
Konkrete
Arbeitsorganisatorische Maßnahmen zur Sicherstellung einer qualifizierten
nächtlichen Bewohnerversorgung
können zum Beispiel sein:
JJ
Fundiert quantitativ festgelegte Nachtdienstbesetzung einschließlich der erforderlichen.
Qualifikationen (siehe oben).
JJ
Konkrete Ablaufplanung im
Nachtdienst, welche insbesondere die Schnittstellen zum
vorangehenden/folgenden
Dienst berücksichtigen.
JJ
Versetzte Spät-Spät- und/oder
Früh-/Frühdienste zur Berücksichtigung von Arbeitsspitzen
und zur Unterstützung einer
„Regelbesetzung“.
JJ
JJ
JJ
Überprüfung der bestehenden
Arbeitsablauforganisation in
Bezug auf anfallende Tätigkeiten.
Anzahl der individuellen Bewohnerbesuche pro Nacht
Technikeinsatz
Mit einem flexiblen Nachtdienstpflegeschlüssel,
maximal
auf Basis eines Grundregelungskorridors, der zwingend auch
arbeitsorganisatorische/Klientelbezogene Konzepte berücksichtigt, kann qualitativ mehr für
die nächtliche Betreuung erreicht
werden, als mit starren Vorgaben,
die unreflektiert eher auf politischem Aktionismus, denn auf Berücksichtigung des tatsächlichen
nächtlichen Pflege- und Unterstützungsbedarfs beruhen.
 Lesen Sie mehr zu diesem Thema in Michael Wipp,
Peter Sausen, Dirk Lorscheider:
Der Regelkreis der Einsatzplanung, 2012, Vincentz Network.
Michael Wipp ist Geschäftsführer der Haus Edelberg Dienstleistungsgesellschaft für Senioren. Alle Serienteile können auf
seiner Homepage nachgelesen
werden: http://vinc.li/1STbcsm