„Da sind Spielräume, gar keine Frage“
„Sonderangebot“, „Aktionspreis“ oder
„Preisknüller“: Supermärkte und
Discounter werben häufig mit extrem
günstigen Lebensmitteln. Rewe zum
Beispiel hat Mitte Januar die Kiwi für 9 Cent
angeboten, ab Freitag gilt dieses Angebot
auch beim Rewe-Discounter Penny. Wie
billig dürfen Lebensmittel in Deutschland
eigentlich sein? mex sprach dazu mit
Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke von der
Wettbewerbszentrale in Bad Homburg.
Foto: Bernd Romkowski
mex: Herr Breun-Goerke, darf ein Händler mit dem Preis für ein
Produkt so weit runter gehen wie er will?
Peter Breun-Goerke: „Nein, da gibt es natürlich gesetzliche Grenzen.
Bestimmte Produkte darf ich gar nicht unter Einstandspreis verkaufen,
andere Produkte nur gelegentlich unter Einstandspreis.“
Was ist genau der Einstandspreis?
„Das ist eine fiktive Rechengröße. Der Händler kann in den
Einstandspreis alle Kosten und Zusatzleistungen, die durch den Verkauf
des Produkts an die Verbraucher anfallen, mit einrechnen.“
Wie sähe das konkret bei der Kiwi für 9 Cent von Rewe aus?
„Damit die Kiwi überhaupt in den Laden kommt, entstehen dem
Unternehmer ja Kosten. Dazu gehören etwa Frachtkosten, Kosten für die
Werbung, anteilig die Ladenmiete, der Strom usw. Das wird alles auf den
Einkaufspreis für die Kiwi drauf gerechnet.“
Und die Kiwi darf der Händler dann nicht unter dem Einstandspreis
verkaufen?
„Doch, das kann der Händler machen wenn bei den Kiwi deren Verderb
droht. Dann sieht das Gesetz ausdrücklich eine Ausnahme vor. Bei
normaler Lagerung hält eine Kiwi ja nicht so lange und muss deshalb
dann auch schnell verkauft werden. Wenn der Händler eben eine
größere Menge kauft und die dann nicht komplett verkauft kriegt, dann
hat er die Möglichkeit unter den Einstandspreis zu gehen. Ziel des
Gesetzgebers ist natürlich auch, dass keine Lebensmittel
weggeschmissen werden.“
Wie kann ich als
Verbraucher feststellen, ob
ein Supermarkt oder
Discounter auch mal unter
den Einstandspreis für ein
Produkt geht?
Foto: Rewe
„Der Verbraucher oder ein
Außenstehender kann das fast gar nicht feststellen, weil er ja nicht weiß,
wie die internen Kosten und die interne Kalkulation eines Händlers
aussehen. Letztendlich kann das nur eine Behörde untersuchen, anhand
der Geschäftsunterlagen, ob der Einstandspreis unterschritten wurde
oder nicht.“
Können Supermärkte und Discounter beim Einstandspreis also
tricksen?
„Wenn es eine Ermittlung dazu vom Bundeskartellamt gibt, dann
versuchen die Händler natürlich, das so darzustellen, dass sie sich an
die gesetzlichen Vorschriften gehalten haben. Aber da sind Spielräume
eröffnet, gar keine Frage. Wenn es allerdings eindeutig illegal wäre,
dann würde das Kartellamt einschreiten und dann gäbe es auch
Bußgelder dazu.“
Kommt es denn häufiger vor, dass Supermärkte oder Discounter
die Waren zu billig anbieten und deshalb bestraft werden?
„Diese Fälle kommen ganz selten vor. Das Kartellamt hat das zwar
immer wieder mal versucht. Aber weil natürlich die Berechnung – was ist
genau der Einstandspreis – so schwierig ist, sind das auch sehr
komplexe Sachverhalte. Also die Fälle sind wirklich kaum zählbar oder
kaum darstellbar.“
Interview: Daniel Hoh