Darum schwanken die Hypo

8 WIRTSCHAFT
NORDWESTSCHWEIZ
MONTAG, 1. JUNI 2015
Darum schwanken die Hypo-Zinsen
Immobilien Trotz Negativzinsen in der Schweiz steigt der Hypozins. Das Ende der tiefen Zinsen ist dies aber nicht
UBS-Spezialist Saputelli. Doch er spricht
von einer Stabilisierung auf einem hohen
Niveau: «Wir befinden uns eher auf dem
Matterhorn als auf der Rigi. Das heisst, die
Immobilienpreise sind immer noch stark
überbewertet. Deshalb ist jede Schwankung auf der Zinsseite spürbar.» Das Feilschen um die Preise ist laut Immo-Experten heute wieder möglich. Besonders in
mittleren bis höheren Preislagen seien
grosse Preisnachlässe möglich.
VON ANDREAS SCHAFFNER
Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Thomas Jordan, mahnt zur
Vorsicht bei Hypotheken. «Wenn die Zinsen wieder steigen oder wenn die Immobilienpreise plötzlich sinken, müssen dies
alle Beteiligten bewältigen können», sagte
er gestern der «Schweiz am Sonntag». Der
starke Franken bedinge die Negativzinsen.
Zugleich würden diese bedeuten, dass die
Hypotheken sehr günstig seien. Tatsächlich sind die Hypotheken seit dem Januar
eher teurer geworden. Was steckt hinter
diesen Schwankungen?
Kommt das Ende der tiefen Zinsen?
Der 15. Januar 2015 bedeutet für die
Schweizer Wirtschaft eine einschneidende
Wende. An diesem Tag gab die SNB bekannt, dass sie den Mindestkurs zum Euro
aufhebt und für grosse Vermögen Negativzinsen einführt. Grund für die Massnahme war die bevorstehende Flutung der
Märkte durch die EZB mit den Milliarden
an Euros. Im Moment sieht alles danach
aus, dass die EZB ihr Programm wie vorgesehen bis 2016 durchzieht. Dies hat
EZB-Chef Mario Draghi wiederholt bekräftigt. Die SNB wird ihrerseits die Zinsen
wohl nicht so rasch anheben können. Das
rasche Ende der tiefen Hypothekarzinsen
ist also nicht absehbar. Das sieht auch Adrian Wenger, der Immobilien-Experte vom
Vermögenszentrum VZ, so: «Das Problem
ist nur, dass die Hypozinsen sich von den
Geldmarktzinsen abgekoppelt haben. Ausserdem sind die Banken aufgrund der sinkenden Margen weniger am Neugeschäft
interessiert.» Deshalb werde es für neue
Kunden tendenziell eher schwieriger, eine
günstige Hypothek zu finden.
4
Was ist los auf dem Anleihenmarkt?
In den letzten Wochen haben grosse
institutionelle Anleger deutsche Staatsanleihen im grossen Stil verkauft. Dies war
umso erstaunlicher, da gleichzeitig die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem
1,2-Billionen-Euro-Kaufprogramm daran ist,
bis 2016 jeden Monat für 60 Milliarden
Euro Staatsanleihen zu kaufen. Der Anstieg der Zinsen war vor allem spekulativ
bedingt. Investoren haben gegen die EZB
gewettet. Für die Schweiz hatte dies zur
Folge, dass die Renditen für die 10-jährigen
Staatsanleihen seit Anfang Mai positiv geworden sind. Inzwischen hat sich die Stimmung leicht beruhigt. Die Sorgen um Griechenland sind der Hauptgrund. Die Wette
gegen die EZB ist also vorerst gescheitert.
1
Was sind die Folgen für Hypotheken?
Der Hypothekarmarkt ist abhängig
von den Renditen der Staatsanleihen: Steigen sie, steigen auch die Zinsen für die
Hypothekarkredite. In normalen Zeiten
gilt diese Regel mehr oder weniger. Für
Claudio Saputelli, Anlagechef im Bereich
Immobilien bei der UBS, ist dies auch jetzt
der Fall: «Die jüngsten Ausschläge bei den
Renditen der Staatsanleihen haben sich
auf die Hypothekarzinsen kurzfristig niedergeschlagen. Es handelt sich um eine
normale Schwankung. Ich sehe daher
noch keinen längerfristigen Trend in die
andere Richtung.» Tatsächlich haben sich
nach der Einführung der negativen Zinsen
der Hypothekarzins und der Geldmarktzins nicht immer so parallel entwickelt.
Seit dem Januar sind die Zinsen für 10-jährige Hypotheken im Schnitt gestiegen,
trotz den Negativzinsen. Hier sind zwei
Gründe entscheidend: Die Absicherungskosten sind für Banken höher geworden.
Kommt hinzu, dass die Banken ihre Kredite nicht mehr nur am Kapitalmarkt refinanzieren, sondern zum Teil auch mit
Spareinlagen ihrer Kunden. Da sie auf
Konten von Sparern keinen Negativzins
anwenden, werden die höheren Refinanzierungskosten auf die neuen Hypotheken
überwälzt.
2
Schweizer Hausbesitzer sind von den Zinsspekulationen in Europa betroffen.
KEYSTONE/ARNO BALZARINI
ZINSENTWICKLUNG BEI 10-JÄHRIGEN HYPOTHEKEN
3.00%
Welche Auswirkungen hat das auf
die Immobilienpreise?
Seit 2013 ist auf den Immobilienmärkten
eine leichte Abkühlung spürbar. Dieser
Trend geht nun verstärkt weiter. «Die Abkühlung hängt damit zusammen, dass
sich die Banken strengere Regeln für die
Vergabe von Hypotheken auferlegt haben.
Zudem sind die Preise so hoch, dass sich
insgesamt immer weniger Haushalte ein
Haus oder eine Wohnung leisten können.
Und zuletzt sind die Leerbestände im letzten Jahr deutlich gestiegen», sagt der
2.00%
1.00%
2014 Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. 2015 Feb. März Apr.
QUELLE: COMPARIS
GRAFIK: MTA
Swiss Global Enterprise kritisiert
Kürzungen bei Exportförderung
Daniel Küng, der oberste Schweizer
Wirtschaftsförderer, appelliert an die
Wirtschaftspolitiker: Eine Kürzung der
Mittel für die staatliche Exportförderung hätte dramatische Folgen für
Schweizer Unternehmen, sagt Küng in
einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Wenn der Aussenwirtschaftsförderungsorganisation Swiss Global
Enterprise das Budget gekürzt werde,
müssten nämlich die Leistungen für
KMU zurückgefahren werden, erklärte
Daniel Küng. Und das wäre «dramatisch», weil die Firmen in dieser
schwierigen Zeit Hilfe brauchten, um
bei ihren Exportgeschäften Kosten zu
sparen und um neue Märkte ausserhalb
Europas zu entdecken, wo höhere Margen eingefahren werden können.
Und was sind die Folgen für Mieter?
Die Situation auf dem Wohnungsmarkt bleibt angespannt. Die LeerstandsQuote ist enorm tief. Für Schweizer Mieter ist jedoch heute ein wichtiger Tag. Das
Bundesamt für Wohnungswesen (BWO)
legt den neuen hypothekarischen Referenzzinssatz fest. Daran sind die Vermieter gebunden. Allgemein wird erwartet,
dass er erstmals auf unter zwei Prozent
rutscht. Theoretisch könnten die Mieten
in der Schweiz dann auf den nächsten ordentlichen Kündigungstermin – der 30. September – auf breiter Front sinken.
6
3
Wirtschaftspolitik Wegen
Budgetkürzungen muss die
Exportförderorganisation des
Bundes Standorte schliessen.
Was heisst das für Hypokunden: Sollen
sie kurzfristige Libor-Hypotheken
abschliessen oder langfristige mit
Lauffristen von 25 Jahren?
«Wer es sich leisten kann, soll bei den
günstigen Libor-Hypotheken bleiben. Wer
eine günstige langfristige Hypothek findet,
der kann eine Teilumschichtung der Hypothek in Betracht ziehen», sagt Michael
Hartmann, Geschäftsleitungsmitglied des
Hypothekarvermittlers Moneypark. Vergleichen lohnt sich auch hier: Versicherungen und Banken buhlen sehr unterschiedlich um die Hypokunden. Nicht jedes Institut sei im Hypothekargeschäft
gleich exponiert und es bestünden Unterschiede bei der Kreditvergabepolitik, was
auch in Zukunft zu unterschiedlichen Angeboten führen wird, so Hartmann. Diese
definieren sich nicht nur über den Preis,
sondern auch in der Ausgestaltung der
Eigenkapital- und Amortisationserfordernisse. Diese Kriterien sind von aussen
kaum einsehbar. Jüngst haben mehr Kunden Hypotheken mit extremen Laufzeiten
von bis zu 25 Jahren abgeschlossen.
5
«Mit der Budgetkürzung würde die
laufende Verstärkung unserer Beratungsdienstleistungen gebremst, wenn
nicht gar gestoppt», warnte Küng.
Durch die Kürzung müssten wohl Stützpunkte im Ausland geschlossen werden.
Mitte Mai hatte die Wirtschaftskommission des Nationalrats beantragt, die
Finanzierung der Exportförderung von
89,6 auf 84,4 Millionen Franken zu kürzen. Der Betrag entspricht exakt einer
Plafonierung der Ausgaben auf dem
Niveau des Jahres 2014. (SDA)
✒ Aufgeschnappt
✒ Bald zwei Schweizer
an der ABB-Spitze
✒ Er kann das Austeilen
einfach nicht lassen
Seine Familie sei in
der Schweiz fest verwurzelt, verriet ABBCEO Ulrich Spiesshofer der «NZZ am
Sonntag». Nun beantragt der gebürtige
Schwabe, der schon
als Kind nach Savognin GR in die Skiferien fuhr, den roten Pass. Damit
wird der schwedisch-schweizerische
Technologiekonzern bald zwei Schweizer an der Spitze haben: An der letzten
Generalversammlung wurde Peter
Voser zum Präsidenten gewählt. (ASC)
Kaum hatte die Nationalbank den Mindestkurs aufgegeben, rief
der Uhren-Industrielle
und Swatch-Chef Nick
Hayek aus. Nun hat
Hayek einen neuen
Gegner gefunden: Die
Kampagnen von Schweiz Tourismus (ST)
seien viel zu fantasie- und emotionslos.
Deshalb mache man bei den Partnerprogrammen mit. Der ST-Chef kontert nun
in der «SonntagsZeitung»: Andere Firmen sind zufrieden. Kaum denkbar, dass
dies einen Hayek umstimmt. (ASC)