Intubation nicht möglich – was tun ? 12. Dezember 2015 Dr. Axel Müll Lage – Intubation nicht möglich • • • • • • • Abwägung pro/contra präklinische Narkose Abwägung Erfolgsaussichten Rückzug? Primär alternativer Atemweg ? Vorbereitung komplett? Plan B/Plan C verfügbar ? Alles mit Team geklärt? ….was bleibt uns übrig…..wir sind mittendrin ! Intubation nicht möglich Bin ich mit diesem Problem alleine? • • • • • • • • • • 20% Komplikationen, 5% mehrere Komplikationen Cormack‐Lehane 3‐4 ca. 3 fach im Vergleich zu innerklinisch Unerkannte ösophageale Intubation (7% in notarzt‐besetzten Systemen !!) Einseitige Intubation Hypoxie Atemwegsschwellung Broncho‐ oder Laryngospasmus Regurgitation, Aspiration Zahnschaden, Schleimhaut‐ /Trachealverletzungen Bradykardie, Herz‐Kreislauf‐Stillstand Orliaguet 1997, J. europ. Urg., Adnet 1998, Ann Emerg. Med., Thierbach 2004, Anästhesist, Timmermann 2006, Anesth. Analg., Tentillier 2008, Resuscitation, Solid 2010, Scand. J. Trauma, Mort 2005, Anesth. Analg., Timmermann 2007, Anest. Analg., Katz 2001, Ann. Emerg. Med., Helm 2006, Br. J. Anästh., Prekker 2014, ccm journal, Lockey 2014, BJA, …. Fallbericht ‐ Alarm • Schwerer Verkehrsunfall • Motorrad gegen PKW, 1x schwerstverletzt • RTW und NEF kurz vor Einsatz Fallbericht ‐ Lage • Motorrad mit hoher Geschwindigkeit auf einen auf der Staatsstrasse wendenden PKW aufgeprallt • 40jähriger, männlicher Patient • Übergabe vom NEF‐Notarzt (maskenbeatmend) • Schädel‐Hirn‐Trauma Grad 3, GCS 5 • Abwehrspannung Abdomen, Wirbelsäule unklar • Bds. Oberschenkelfraktur (1x offen) • Initiale Sauerstoff‐Sättigung 80% • 2x Intubationsversuch gescheitert ETI – Präklinische Probleme Patientenbedingt • Blut, Sekret, Erbrochenes • Trauma der Atemwege • Schwellung/Entzündung der Atemwege • HWS‐Immobilisation • Keine/ungenügende Präoxygenierung • Bestehende Hypoxie/Hyperkapnie • Narkose unzureichend • Patient selten nüchtern ETI – Präklinische Probleme Einsatzbedingt • • • • • • Gleichzeitige Probleme (z.B. Reanimation) Stressgeladene Gesamtsituation Umgebungsbedingungen (Gelände, Licht, Wetter, Lärm,…) Erschwerter Zugang zum Patienten Ausstattung limitiert Teams/Standards: fehlende Unterstützung vor Ort Endotracheale Intubation – Schwierig ? • ETI sicher in der Hand von Erfahrenen • Nicht‐Anästhesisten mit doppelter Rate an Atemwegskomplikationen • 4394 ETI durch Nicht‐Anästhesisten • 2587 ETI durch Anästhesisten • 0,7% chirurgischer Atemweg ! Wenn ich die Wahl gehabt hätte…… • • • • Pro Endotracheale Intubation große Erfahrung/Expertise Problemloses Setting Problemloser Patient Lange Transportzeit • • • • Contra Endotracheale Intubation Wenig Erfahrung/Expertise Schwieriges Setting Kurze Transportzeit V.a. schwieriger Atemweg Endotracheale Intubation • • • • Hohe Erfolgsquote bei erfahrenen Anwendern Flache Lernkurve Zstzl. adäquate präklin. Narkose erforderlich Prognoseverbesserung, wenn Management gelingt • Problematisch und prognoserelevant bei Miss‐ erfolg • 100 Endotracheale Intubationen am Patienten • 10 ETI/Jahr • Falls keine ausreichende Erfahrung Supraglottischen Atemweg bevorzugen 10 SGAs am Patienten 3 SGAs/Jahr Endotracheale Intubation – Erzwingen ? • Zuverlässige, effektive Beatmung unter CPR • Zuverlässige Beatmung bei schwierigem Trans‐ port (schwieriger Bergung) • Zuverlässigere Beatmung bei schwerer respirato‐ rischer Insuffizienz (schlechte Compliance) • Sicherster Atemweg bei Aspirationsgefahr • Keine Mageninsufflation • Absaugmöglichkeit Fallbericht – Lage 2 • Maskenbeatmung gelingt (noch) gut • SaO2 bei 87% • Narkose bisher: 5 mg Midazolam 100 mg Ketamin • Intubationsversuch, bescheidene Sicht, viel Blut • Anschließend MB schwieriger Maskenbeatmung optimieren MB schwierig in bis zu 15% präklinisch!! • Atemwege freimachen • Esmarch‐Handgriff, C‐C‐Griff • Absaugen • Lagerung (cave Trauma) • Wendl‐ oder Guedel‐Tubus • Hoher Flow auf Beutel, Reservoir, möglichst Demand‐Ventil Endotracheale Intubation Max. 2 Versuche (à 30 sec.) Fallbericht – Lage 3 • Maskenbeatmung mäßig • SaO2 bei 87%, RR normal, HF 130/min. • Narkose bisher: 15 mg Midazolam 200 mg Ketamin • 2. Intubationsversuch, bescheidene Sicht, viel Blut • Ösophageale Fehlintubation (sofort erkannt) • Rückzug auf MBB Fallbericht – Lage 4 • Maskenbeatmung mäßig • SaO2 bei 89%, RR normal, HF 130/min. • Narkose bisher: 15 mg Midazolam 300 mg Ketamin 0,2 mg Fentanyl • Einlage Larynxtubus • Zunächst gute Beatmung, etCO2 messbar • Zügige Verschlechterung, hohe Beatmungsdrücke • Patient brodelt stark SGA vs. Endotrachealtubus • Steilere Lernkurve / höhere Erfolgsrate • Geringerer Trainingsaufwand • Unabhängig von bekannt schwieriger Laryngoskopie • Schneller Anwendbar (no flow‐Zeiten niedriger bei CPR) • Höheres Aspirationsrisiko • Keine Absaugmöglichkeit endotracheal (Brimacombe J Can J Anaesth 1995, Luce V et al. Ped Anesth 2014, Jagannathan N et al. BJA 2014, Timmermann A et al. Anaesthesist 2015, Deakin et. al. 2005 Emerg. Med. J., 22:64‐67, Ruetzler et al. 2011 Resuscitation, 82:593‐597) Supraglottischer Atemweg Atemwegsobstruktion (20% !!) Zungenschwellung (38,6% nach präklin. LT‐Einlage) Supraglottischer Atemweg • Keine Belege für Überlegenheit von Larynxmaske oder Larynxtubus • 2. Generation‐Tools (+ Absaugkanal) obligat • Cuffdruck optimieren !! (nie > 60 cm H2O) • Keine Aussage zum idealen Produkt möglich • Modell im Vergleich zur Erfahrung und zum regelmäßigen Training geradezu unwichtig Atemweg 3. Stufe • Videolaryngoskop Fallbericht ‐ Lage 5 Indirekte Laryngoskopie Sicht sehr gut, viel Blut, Glottis wirkt verquollen Intubation gelingt auch mit Führungsstab nicht Videolaryngoskop • Sicht häufig besser • ETI‐Erfolg kaum besser • Erfolgsquote für Unerfahrenen größer als bei direk‐ ter Laryngoskopie (im Op) • Präklinisch: zunehmende Erfahrungen • Aktuell (noch) keine evidenzbasierten Empfehlungen möglich Fallbericht – Lage 6 • Maskenbeatmung schwierig • SaO2 bei 85%, RR 80/60, HF 130/min. • Narkose bisher mit 15 mg Midazolam, 300 mg Ketamin, 0,3 mg Fentanyl, 200 mg Propofol fraktioniert • Patient brodelt stark • Entschluß zur “chirurgischen” Sicherung des Atemweges Notfall‐Koniotomie • • • • • • • Fallzahlen niedrig Erfolgsraten widersprüchlich Inhomogener Ausbildungsstand Paramedic‐Systeme mit größten Erfahrungen 1/1106 Patienten (0,09%) (Timmermann 2006) Finale lebensrettende Option Selten früh primär (obere Atemwegsobstruktion) Atemweg 4. Stufe Catheter‐over‐Needle‐Technik Seldinger‐Technik Chirurgische Koniotomie Dirks B, Mutzbauer T, Junge H. Koniotomie. Notfall & Rettungsmedizin 1999 ∙2:175–176 Notfall‐Koniotomie Komplikationen ( > 40%!!) Blutung Knorpelverletzung Schilddrüsenläsion Ösophagusperforation Trachealverletzung Fehllage Buschmann CT, Tsoskos M, Kurz S, Kleber C, Spannungspneumomediastinum und ‐pneumothorax nach Trachealperforation während Reanimation. Anaesthesist 2015 ∙ 64:520–526 Notfall‐Koniotomie • • • • • Keine signif. Unterschiede in der Erfolgsquote Zeitunterschiede z.T. signifikant Keine evidenzbasierten Empfehlungen möglich Praxisorientiertes Training dringend angeraten Studien extrem inhomogen (Patienten, Equip‐ ment, Personal, Erfahrung,…) Ausstattung in Deutschland Tool Anteil 2015 Eigene Daten Spez. 2009 Larynxmaske 45% Sehr variabel 67% Larynxtubus 82% 29,7% Combitube 0% 33% Gum Elastic Bougie 55% Cook, Verathon, Eschmann,… 17,2% Videolaryngoskop 97% 50% CMac k.A. Bronchoskop 0% Koniotomie‐Set 3,1% 100% Sehr variabel Sonstiges 1% Mc Coy, Trachlight Algorithmus 55% 92% k.A. Ärztliche Besetzung in Deutschland Fachdisziplin 1% 5% 25% Umfrage 2015 Anästhesie Chirurgie Innere 69% Sonstige Algorithmus Algorithmus Zum Mitnehmen ! Keine evidenzbasierte Empfehlungen zur Nutzung spe‐ zieller Airway management tools möglich ! Monitoring, Monitoring, Monitoring ! Standardisiertes Vorgehen anhand von Algorithmen vereinfacht das Management des schwierigen Atem‐ wegs ! Vorgehaltene Tools sollten regelmäßig trainiert und beübt werden ! Unmögliche Intubation ? Vielen Dank für die Aufmerksamkeit !!
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