Gedenkrede von Tilo Hellmann

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
71 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz- Birkenau stehen
wir nun hier, um den Opfern der deutsche Gräueltaten in der Zeit des
Nationalsozialismus zu gedenken, eine Zeit, die mir nur aus Erzählungen zumeist
von Leuten, die diese Zeit wiederum nur selbst aus Erzählungen kennen, bekannt
ist. Doch auch ich fühle tief in mir die Verantwortung, die mit diesem Erbe der
deutschen Bevölkerung auferlegt wurde.
Es schmerzt mich zutiefst, wenn ich sehe, was derzeit in Deutschland passiert,
gerade auch hier in Meißen. Ich kann mir kaum vorstellen, welche Gefühle die
aktuellen Ereignisse, die Demonstrationen und der öffentliche Hass des letzen
Jahres bei den Zeitzeugen jener dunklen Epoche auslösen. Es waren auch damals
die mutigen Menschen, die nicht mitgelaufen sind, die dieser Zeit einen Anstrich
der Menschlichkeit verliehen haben. Ich bin mir sicher – heute haben wir der
Anständigen mehr, die dem dumpfen Gejohle auf unseren Straßen etwas entgegen
zu setzen haben.
In meiner Arbeit im Bündnis Buntes Meißen erfüllt es mich immer wieder mit Stolz,
welche Hilfsbereitschaft bei einer großen Zahl der Bürgerinnen und Bürger zu
finden ist. Gleichzeitig entsetzt mich die Geschichtsvergessenheit und Ignoranz
weiter Teile der Bevölkerung.
Umso wichtiger sind solche Tage wie heute. Wir Deutschen dürfen nicht vergessen
welches Leid übertriebenes Deutschtum über die Welt gebracht hat – wir dürfen es
nicht vergessen und wir dürfen nicht zulassen, dass sich die Geschichte wiederholt.
Heute Abend marschiert die Initiative Heimatschutz in Radebeul um angeblich ihre
Heimat zu schützen, vor denen, die ihre Heimat verloren haben. Nach den ersten
Demonstrationen in Meißen schickte mir ein Schriftsteller aus Dippoldiswalde,
Gunter Bartel, folgendes Gedicht, das ich an dieser Stelle gern vortragen möchte.
„hilflos in der ferne“
ein vogel
fliegt heimwärts
das liegt überall
vom wind bestimmt
bestimmt nicht
von der sehnsucht
ein mensch
flieht fremwärts
von krieg & armut
bestimmt
bestimmt & damit sprachlos
hilflos in der ferne
ausgeliefert
nur seinen hoffnungen
seinen träumen …
aber wie vereinbart sich
das neue mit dem alten
die hoffnung
mit der todesangst
der vogel
baut sich ein neues nest
gb
Liebe Anwesende - die Ereignisse in der Gegenwart dürfen nicht losgelöst von der
Vergangenheit betrachtet werden. Wir gedenken heute der Opfer der barbarischen
Verbrechen des deutschen Volkes in der Zeit des Nationalsozialismus. Lassen Sie
uns gemeinsam dafür sorgen, dass der sinnlose Tod von Millionen Menschen nicht
umsonst gewesen ist. Die Opfer müssen uns alle mahnen.
Ich danke Ihnen!