1 Vermerk Thema Bessere Rechtsetzung in der EU - Maßnahmenpaket der Europäischen Kommission Die Europäische Kommission hat am 19. Mai ein Paket zur besseren Rechtsetzung vorgestellt, welches einen Vorschlag für eine inter-institutionelle Vereinbarung zur besseren Rechtsetzung beinhaltet. Damit soll die Transparenz und Effizienz im EUEntscheidungsprozess gefördert werden. Der Kommissionsvorschlag für ein neues Abkommen zwischen Rat, Parlament und Kommission zur besseren Rechtsetzung hat „das Zeug zum Befreiungsschlag“ für den Bürokratieabbau in der EU. Es ist zu begrüßen, dass Timmermans das Parlament und den Rat stärker in die Pflicht nehmen möchte. Das von Timmermans vorgeschlagene "Regulatory Scrutiny Board" mit nur drei Experten außerhalb der EU-Institutionen kann jedoch nur ein Anfang sein. Um eine effektivere Kontrolle ausüben zu können, müsste es komplett unabhängig von der Kommission sein. Hintergrund: 2007: Einrichtung der Hochrangigen Gruppe im Bereich Verwaltungslasten mit Vorsitz Dr. Edmund Stoiber Dezember 2012: Beginn des REFIT-Programms der Kommission (Regulatory Fitness and Performance Programme) o Ziel: Schaffung einer schlankeren und vereinfachten EU-Gesetzgebung o Bestehende EU-Gesetzgebung soll effektiver und kohärenter werden. o Auflistung mit Gesetzes(-vorschlägen), die überarbeitet, aufgehoben oder zurückgezogen werden Oktober 2013: erster Überblick über die Gesetzgebung und, welche Rechtsvorschriften überarbeitet, aufgehoben oder zurückgezogen werden Juni 2014: Mitteilung zum Sachstand der Umsetzung des REFIT-Programms Juli 2014: Abschlussbericht der Stoiber-Gruppe 19. Mai 2015: Paket zur besseren Rechtsetzung: o Bessere Rechtsetzung - Agenda der EU o REFIT-Programm: Sachstand o Entscheidung der Kommission für eine REFIT Plattform sowie Struktur und Funktion dieser Plattform o Entscheidung ein unabhängiges Regulatory Scrutiny Board einzurichten - Aufgaben und Mitarbeiter o Vorschlag für eine inter-institutionelle Vereinbarung zu besserer Rechtsetzung 2 Inhalt: Die Kommission schlägt in ihrem Paket vor, 1) den Folgenabschätzungsprozess zu stärken und 2) die Öffentlichkeit stärker am Gesetzgebungsprozess zu beteiligen. 1) Folgenabschätzungen (FA): a) Einrichtung des Regulatory Scrutiny Boards (RSB) mit 6 Mitgliedern (3 KOM-Mitarbeitern und 3 externen Mitarbeitern). Im Gegensatz zum bestehenden Impact Assessment Board (IAB), welches bislang nur für die Qualitätschecks von Ex-ante-Folgeabschätzungen zuständig ist, soll das RSB nicht nur unabhängiger arbeiten, sondern zusätzlich auch die Evaluierung bestehender Gesetze überprüfen. Bewertung: In Anlehnung an das Modell nationaler Normenkontrollräte sollte eine komplett unabhängige Einrichtung, die den Gesetzgebungsanspruch (Subsidiaritätsfrage) und die Qualität der Folgenabschätzungen (Bürokratielast, Kostenwirkung) mit standardisierten Verfahren bewertet, eingerichtet werden. Dazu müsste das Scrutiny Board aufgewertet werden und sollte unabhängig zwischen den drei Institutionen agieren können. Die Zahl externer (ehrenamtlicher) Experten wäre deutlich zu erhöhen. b) Rat und EP sollen zukünftig eigene Kompetenzen für FAs aufbauen und FAs von substantiellen Änderungen an bestehenden Gesetzgebungsvorschlägen vornehmen. Bewertung: Diesen Vorschlag halten wir für sinnvoll, weil es gerade die Änderungen in Kompromissverfahren sind, die Kosten und Bürokratie verursachen. Mit standardisierten Verfahren können solche Ad-hoc-Assessments auf der Basis bisheriger Kommissionsbewertungen und ohne Zeitverzug durchgeführt werden. c) Einrichtung eines "Panels" zur Unterstützung bei FAs. Dieses kann von Rat, EP und KOM einberufen werden, beispielsweise, wenn sich die Institutionen uneinig über die Folgen bestimmter Änderungsanträge sind. Jede Institution sollte ein Mitglied für das Panel benennen, welches unabhängig von der jeweiligen Institution arbeitet. Bewertung: Wichtig ist der Vorschlag für ein "Panel“ dafür, dass bei strittigen Trilogen das Panel verfahrensbeschleunigend als Schiedsrichter agieren könnte. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Absicht der Kommission, die zunehmende Anwendung der Abschlüsse schon nach der 1. Lesung zu hinterfragen. Die abschließende Beteiligung des Europaparlaments müsste im Verfahren der 2. Lesung jedoch vereinfacht werden. 3 Anmerkung: Die Kommission bestätigt in ihrer Agenda, dass sie das Prinzip "Vorfahrt für KMU" konsequenter bei der Vorbereitung von Gesetzesvorschlägen anwenden wird. Allerdings fordern wir, dass der KMU-Test als verpflichtender Bestandteil der FAs aufgenommen wird. 2) Öffentlichkeit/Konsultationsprozess: a) Zukünftige Gesetzesvorschläge sollen mit einem Memorandum of Understanding veröffentlicht werden. Darin begründet die Kommission ihren Vorschlag und wird auf die Folgen für KMU, Umwelt, Wirtschaft eingehen. Zudem will sie die Einhaltung des Prinzips der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit stärker begründen. b) Interessenvertreter und Bürger: Bislang konnten sich die Mitgliedsstaaten innerhalb einer 8- Wochen-Frist nach Veröffentlichung einer Gesetzesinitiative äußern. Dieses Recht auf Konsultation soll nun auch für Interessenvertreter und Bürger gelten. Ebenso sollen sich Interessenvertreter, Bürger und nationale Parlamente zu delegierten Rechtsakten und Durchführungsbestimmungen innerhalb von 4 Wochen äußern können. Auf der neuen Webseite "Lighten the Load" können Interessenvertreter und Bürger zudem zu jedem Zeitpunkt während des Gesetzgebungsverfahrens Stellung beziehen. c) Einrichtung einer REFIT-Stakeholder-Plattform mit nationalen Experten und Vertretern jeweils betroffener Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialbereiche: soll Verbesserungsmöglichkeiten zu bereits bestehenden Rechtsvorschriften entwickeln Bewertung: Positiv zu bewerten ist, dass Interessenvertretern und Bürgern auch eine Konsultationsfrist von 8 Wochen bei Gesetzesvorschlägen gegeben wird. Allerdings sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, die Konsultationsfrist für die nationalen Parlamente auszuweiten - etwa auf 12 Wochen. Sachstand: 11. Juni 2015: Konferenz der Präsidenten: Guy Verhofstadt wurde zum Verhandlungsführer des EP für das IIA benannt 23. Juni: Launch der Verhandlungen mit Jean-Claude Juncker, Frans Timmermans, Martin Schulz, Guy Verhofstadt und einem Vertreter des Rates 6.-9. Juli: Erstes Treffen für die Verhandlungen September-Dezember 2015: Verhandlungen Abstimmung im Plenum noch ungewiss, voraussichtlich im Dezember 2015/Januar 2016 Zustimmung der Konferenz der Präsidenten notwendig und AFCO-Ausschuss übernimmt finale Überprüfung des Textes für die Abstimmung im Plenum In EVP-Fraktion: Zuständigkeit für Meinungsbildung liegt im JURI/AFCO unter Einbeziehung des SME Circles Verfasser: Hanna Müller-Zick und Silke Dalton 18.06.2015
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