Berliner Festspiele Zeitfragen O y l n w n e h s ck o l ec th s p to d o e s t im e c om e t ol i f e William Faulkner, „The Sound and the Fury”, 1929. 2 Willkommen bei MaerzMusik 2016 Irgendwann werden wir uns fragen, warum wir so lange nichts bemerkt haben. Weil die Veränderung so schleichend geschah, dass kaum jemand definieren kann, an welchem Punkt das digitale Universum begann, primärer Ort unseres bewussten Lebens zu sein? Oder weil die Möglichkeiten, die diese neue Welt uns anzubieten hat, so verführerisch sind? Die unrepräsentative Umfrage zu den „Kreativen Routinen“, in der wir die Lebensrhythmen von Gärten des Festivals untersuchen (s. S. 8), zeigt, wieviel Zeit wir längst mit unseren digitalen Geräten verbringen, unterwegs von einem Ort zum anderen, während der Arbeit und in unserer freien Zeit. Wir arbeiten am Computer, ziehen Informationen aus dem World Wide Web, verbinden uns mit anderen Usern und klinken uns in die sozialen Netzwerke ein. Nicht zuletzt vertrauen wir dem digitalen Universum unsere privaten Archive an, posten Schnappschüsse von unseren Erlebnissen, kommentieren für uns relevante Ereignisse, lagern unsere Lieblings-Playlists und unserer Korrespondenz in Clouds ein. Kurz: Unser Leben findet schon jetzt zu einem Großteil in der digitalen Welt statt. Vorwort S. 3 Berno Odo Polzer Angst ist nicht zielführend S. 4 Kreative Routinen S. 8 Günter Hack Zeit der Menschen, Zeit der Maschinen S. 10 Max Richter: SLEEP S. 14 Michael Moorstedt Die Tyrannei der Algorithmen S. 16 alif S. 20 Julian Kämper Mensch, Maschine, Musik S. 22 Walter Weidringer Den Pianisten herumkommandieren ist erlaubt S. 24 Katharina Fleischer Der Klang der Hölle S. 28 Walter Weidringer Seelen ohne Obdach S. 30 The Long Now S. 36 Programmübersicht S. 38 Thomas Oberender Impressum S. 40 Intendant Berliner Festspiele Das Festival MaerzMusik, das Berno Odo Polzer seit 2015 als ein „Festival für Zeitfragen” konzipiert hat, greift diese Alltagserfahrung auf, um auf den tiefgreifenden Wandel aufmerksam zu machen: auf die Auswirkungen des digitalen Universums, das nicht mehr von dem uns vertrauten Code des Alphabets gesteuert wird, sondern von Zahlen, Quellcodes und Algorithmen. Und das unserer Zeiterfahrung seine ganz eigene Zeitrealität entgegensetzt. Das Diskursformat „Thinking Together“ grundiert auch dieses Jahr das Festival. Sieben Tage lang kann man sich über den Stand der Forschung über die Zeit des Digitalen Universums informieren, vor allem aber gemeinsam mit Experten und anderen Besuchern darüber diskutieren, welche Auswirkungen diese paradigmatischen Umwälzungen auf uns hat, nicht nur auf unsere Erfahrung von Zeit, sondern auch auf die Zeit der (künstlerischen) Arbeit, des Vergnügens und des Schlafens – und nicht zuletzt auf die Wahrnehmung von Musik. Deshalb bietet MaerzMusik acht Stunden Musik im Schlaf, in Max Richters „SLEEP“, dreißig Stunden Musik total mit „The Long Now“ im Kraftwerk Berlin, fünf Stunden Musik in einer Kunstinstallation, in dem Projekt „alif : split in the wall“ von Chiharu Shiota gemeinsam mit Samir Odeh-Tamimi, Stefan Goldmann und Jeremias Schwarzer, und zur Eröffnung des Festivals mindestens vier besondere Stunden mit Marino Formentis „time to gather“. In diesem Sinne: Nehmen Sie sich Zeit für die zweite Ausgabe von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen. MaerzMusik Angst ist nicht zielführend Von Carsten Fastner Digitale Kreaturen, eigenständige Algorithmen und die Frage nach der richtigen Reaktion auf die Umwälzungen im digitalen Universum: ein Gespräch mit Berno Odo Polzer, dem künstlerischen Leiter von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen Herr Polzer, das Festivalthema „Zeit und das digitale Universum“ ist die konsequente Fortsetzung der „politischen Aspekte von Zeit“, die letztes Jahr bei Thinking Together verhandelt wurden. Worum geht es Ihnen mit diesem Schritt ins Virtuelle? Berno Odo Polzer: Ich verstehe das digitale Universum nicht als Metapher, sondern als ein real existierendes Universum, als eine autonome Welt, in der Zahlen und Codes ihr Eigenleben führen. Dieses Universum expandiert mit atemberaubender Geschwindigkeit, es bringt seine eigenen Gesetzmäßigkeiten und seine eigenen Spezies hervor, die sich evolutionär weiter entwickeln. Bei „Thinking Together“ stellen wir uns die Fragen: Welche Zeitformen bringt dieses Universum hervor? Wie sind diese beschaffen? Und welche Auswirkungen haben sie auf uns und unsere Zeitpraktiken? Das klingt vielleicht abstrakt, ist aber in Wirklichkeit sehr konkret und alltäglich. Was wäre denn eine solche digitale Spezies konkret? Ich bin kein Informatiker. Aber nehmen Sie zum Beispiel Computerwürmer, die eine bestimmte Verhaltensweise an den Tag legen und sich selbst replizieren. Oder selbstlernende Algorithmen, etwa im Bereich der Bilderkennung, wie Deep Face, der auf Facebook die Gesichtserkennung revolutioniert hat. Diese Art lebt derzeit allerdings nur außerhalb Europas – hier ist sie nicht zugelassen. Und inwiefern manifestieren sich diese digitalen Lebewesen? Die Kreaturen des digitalen Universums manifestieren sich mit zunehmender Deutlichkeit, sie greifen in unsere materielle und soziale Lebensrealität ein. In diesem Sinne haben sie ihren virtuellen Charakter verloren. Was mich hier besonders interessiert, sind jedoch die zeitbezogenen Aspekte des Digitalen. Wir leben in einer globalen Echtzeit, 4 die von digitalen Technologien erzeugt wird. In den vergangenen zwanzig Jahren hat eine fundamentale Verschiebung der raumzeitlichen Koordinaten stattgefunden, und damit erleben wir Zeit und Raum selbst ganz neu. Diese Zeit-Raum-Kompression ist eine Grunderfahrung der Gegenwart. Sie wird getrieben von der Zeitlichkeit des digitalen Universums. Diese neue Zeitlichkeit des digitalen Universums durchdringt längst unseren Alltag. Wir spüren digitale Zeitformen tagtäglich, in allen Lebensbereichen. Beschleunigung, Verdichtung und Gleichzeitigkeit prägen unsere Kommunikation, unsere Arbeitswelt, unser Leben als Konsumenten. Sie bestimmen die zeitlichen Rahmenbedingungen von wirtschaftlichen und politischen Prozessen. Sie haben mit George Dyson einen wichtigen Denker zum Thema eingeladen. Worüber wird er sprechen? George Dyson hat zwei herausragende Bücher geschrieben. Das jüngere der beiden, „Turing’s Cathedral“, erzählt die Entwicklungsgeschichte des digitalen Computers seit den 1940er Jahren. Es ist eine Art Schöpfungsmythos des digitalen Universums. Das andere Buch – „Darwin Among the Machines“, erschienen bereits 1997 – beschreibt die Informationsrevolution seit dem 17. Jahrhundert. Es imaginiert auf faszinierende und bisweilen beängstigende Weise neue Formen künstlicher Intelligenz und künstlicher Lebensformen, wie sie aus globalen Computernetzwerken hervorgehen – Technikgeschichte als eine andere Geschichte der Evolution sozusagen. Bei „Thinking Together“ wird George Dyson über beide Bücher sprechen. Seine tiefgehenden wissenschaftsgeschichtlichen Reflexionen bilden sozusagen den Ausgangspunkt und liefern einige der Grund thesen der Konferenz. Dyson unterscheidet ganz klar die menschliche von der digitalen Zeit. Worin besteht der Unterschied? In „Turing’s Cathedral“ macht er eine einfache, aber fundamentale Beobachtung: Das digitale Universum kennt Zeit in unserem menschlichen Sinne nicht. In unserem Universum ist Zeit ein Kontinuum, das von unseren Uhren in gleiche Einheiten unterteilt wird. Im digitalen Universum hingegen messen die Uhren die Anzahl diskreter, sequenzieller Rechenoperationen. Zeit ist somit allein von der Rechenleistung abhängig, die sich dem Mooreschen Gesetz zufolge etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Die Implikationen dieser gänzlich andersartigen Zeitform, der digitalen Zeit, wollen wir bei „Thinking Together“ besser verstehen. Denn wir leben diese digitale Zeit bereits, zumindest teilweise. Welche Aspekte dieses vielschichtigen Phänomens wollen Sie denn sichtbar machen? Zunächst wollen wir verstehen, wodurch digitale Zeit bestimmt und wie sie strukturell beschaffen ist. Ein zentraler Begriff dabei sind wiederum Algorithmen, also jene Regelwerke, die die Sphäre des Digitalen organisieren. Man kann Algorithmen als Akteure begreifen, die im Verborgenen agieren und die digitale Realität formen, mit der wir umgehen. Sie weisen eine spezifische Logik und Zeitlichkeit auf, die bei der Konferenz untersucht werden. Dabei geht es sowohl um die Mikroebene – die Eigenzeit und Eigenlogik von Algorithmen –, als auch um größere Zusammenhänge, jene Umformungen, die komplexe algorithmische Aggregate etwa im Kontext von Big Data bewirken. Denn wir haben es ja nicht nur mit dem Faktor Geschwindigkeit zu tun, der im digitalen Universum sicherlich eine zentrale Rolle spielt, sondern auch mit tiefer gehenden Veränderungen. Ob bei Suchmaschinen, beim Online-Kauf, in sozialen Netzwerken, im Versicherungsbereich oder auf den Finanzmärkten: Algorithmen treffen heute zahlreiche Entscheidungen und stiften Sinnzusammenhänge, die einer automatisierten Logik entspringen und die unsere Realität massiv beeinflussen. Wie weit kann diese Beeinflussung unseres Lebens noch gehen? Andrew Moore, bis vor einem Jahr Vizepräsident von Google und nun Dekan an der Fakultät für Computerwissenschaften der Carnegie Mellon Universität, sagte unlängst: „Die Menschen überschätzen, inwieweit IT-Firmen verstehen, wie ihre eigenen Systeme arbeiten.“ Viel mehr sollte es doch eigentlich nicht brauchen, um sich vor einer Kontrollübernahme durch die Maschinen zu fürchten. Man kann das Machtpotenzial digitaler Technologien tatsächlich gar nicht hoch genug einschätzen. Wir stehen erst am Anfang tiefgreifender Veränderungen, die von diesen Technologien ausgehen. Ohne Zweifel geht es um eine Machtverschiebung von menschlichen hin zu digitalen Akteuren, die sich auch zu unserem Nachteil entwickeln kann. Um die Auswirkungen, die digitale Technologien auf unser Leben haben, geht es denn auch bei „Thinking Together“, ebenso darum, wie wir mit diesen Auswirkungen umgehen können – persönlich, gesellschaftlich, politisch, philosophisch und künstlerisch. Sie klingen einigermaßen entspannt. Ich bin lediglich gegen die Polarisierung zwischen Mensch und Maschine, die uns häufig in angstbesetzten Diskursen begegnet. Diese Simplifizierung ist populistisch und gefährlich. Sie unterschätzt die Komplexität des Phänomens und macht blind sowohl für die Gefahren als auch für die Chancen dieser Veränderungen. Vor allem aber verleitet sie zu einer falschen Einschätzung, was unsere eigene Rolle, unsere Macht und Verantwortung in diesen Prozessen betrifft. Angst ist die Mutter der Paralyse. Sie mag verständlich sein, ist aber weder die angemessene noch die zielführende Reaktion auf das Eigenleben des digitalen Universums. Judy Wajcman, ein weiterer Gast bei „Thinking Together“, argumentiert genau in diese Richtung, wenn sie sich gegen eine deterministische Sichtweise auf Technologien ausspricht. Wir werden von digitalen Technologien nicht dominiert. Vielmehr stehen wir in einer Wechselbeziehung mit ihnen, erschaffen unsere Welt gemeinsam mit ihnen. Die Emanzipation der Konsumenten und der Entwickler dieser Technologien hat ein gesellschaftspolitisches Potenzial, das noch nicht ausgeschöpft ist. Sie spielen auf Gegenreaktionen wie etwa den Trend zur Entschleunigung an? Ich stehe dem Slow-Movement politisch-philosophisch eher skeptisch gegenüber, da es einfache Antworten geben zu können glaubt. Auf individueller Ebene mag Entschleunigung eine Antwort auf den Leidensdruck der Beschleunigung sein; außerhalb der Privatsphäre stößt man damit jedoch schnell an Grenzen. Die entfesselten Kräfte der digitalen Beschleunigung lassen sich nicht ohne weiteres eindämmen. Ich finde es interessanter und aussichtsreicher, sich in diese wild gewordene Zeit pro-aktiv einzubringen, als sich von ihr abzuwenden. Die Uhren lassen sich schließlich nicht zurückdrehen – allenfalls von einigen Wenigen, die es sich leisten können, Zeit zu kaufen. Gerne vergisst man, dass parallel zur digital beschleunigten Zeit und zur globalen Echtzeit unzählige andere Zeitformen existieren und dass die digitale Gegenwart nur von jenen geteilt wird, die sie sich leisten können. Die digitale Zeit ist weltumspannend, aber nicht weltumfassend. Wir brauchen neue, komplexere und intelligentere Strategien und Taktiken im Umgang mit Zeit – neue Zeitpraktiken. Auch darum wird es bei „Thinking Together“ gehen. Kommen wir zum künstlerischen Programm von MaerzMusik 2016: Letztes Jahr haben Sie an dieser Stelle Festivals als „Räume der Öffentlichkeit“ benannt, die „Gesellschaft und Gemeinschaft MaerzMusik B Interview mit Berno Odo Polzer im Berliner Festspiele Blog – blog.berlinerfestspiele.de vergegenständlichen und Sichtbarkeit erzeugen“. Dieses Jahr bringen Sie zur Eröffnung einen ausgesprochen intimen, verinnerlichten Abend mit Marino Formenti am Klavier. Sollen wir möglichst sanft in die Festivalzeit gleiten? An meinem Verständnis von Festivals als öffentlichen und daher implizit politischen Räumen hat sich seit letztem Jahr nichts geändert. Das bewusste Arbeiten mit dem Konzertformat leitet sich gerade aus der Überzeugung her, dass Formen der Repräsentation von Kunst und Musik nicht zuletzt Spiegelbilder der gesellschaftlichen Strukturen sind, denen sie entstammen. Das klassische Konzertformat ist ein sehr gutes Beispiel dafür – in ihm ist das ganze Spektrum einer bürgerlichen Kultur codiert, die im Verschwinden begriffen ist: von der hierarchischen Ordnung der Ensembles und der autoritativen Position der Interpreten, die wiederum der Autorität der Komponisten untergeordnet sind, über die absolute Aufmerksamkeit gegenüber dem Werk und bis hin zur körperlichen Disziplinierung des Publikums. Der Besuch eines klassischen Konzerts ist gewissermaßen eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert. Ich finde das übrigens eher interessant als problematisch. disziplinierten Zuhörens. Es ist überall dort sinnvoll, wo diese spezifische Form des Hörens erwünscht ist, sei es nun aus Sicht der Musik selbst, der Musiker oder des Publikums. Selbstverständlich gibt es aber auch andere Formen des Hörens, und diese zu erforschen ist eine selbst gestellte Aufgabe dieses Festivals. Und was macht im Unterschied dazu den Eröffnungsabend „time to gather“ zeitgenössisch? Marino Formenti arbeitet sehr bewusst mit den bzw. gegen die Konventionen des bürgerlichen Konzertformats. Ob sanft oder nicht, „time to gather“ möchte andere Relationen zwischen Solisten, Publikum und Musik ermöglichen. In diesem Sinne kann man sagen, dass das Projekt eine andere Gesellschaftsform wiederspiegelt bzw. imaginiert, als jene, die im klassischen Konzertformat codiert ist. Das eklektische Programm dieses langen Klavierabends ist nicht vorherbestimmt, sondern wird aus dem Moment heraus entschieden; der gesamte Aufführungsraum wird zur Bühne, auf der sich die Besucher frei bewegen, liegen oder sitzen können; das Publikum kann in den Verlauf des Abends eingreifen, kann auch selbst spielen, wenn es möchte. Was passiert da genau? Iamus wagt sich auf das traditionelle Terrain der Komponisten vor. „Er“ – der Computercluster – komponiert in wenigen Minuten fehlerfreie Partituren beliebiger Besetzung und Dauer und bedient sich in seiner Arbeit evolutionärer Algorithmen. Ausgehend von einem ersten kompositorischen Entwurf mutiert er, sozusagen von Generation zu Generation fortschreitend, die musikalische DNA eines Stücks und entwickelt so Werke mit einer eigenen stilistischen Qualität. Beim Festival werden vier neue Stücke von Iamus für Klavier solo uraufgeführt. Hinter der klassischen Anmutung verbirgt sich eine neue Rollenverteilung zwischen Mensch und Maschine, die interessante Fragen aufwirft, etwa zu Autorschaft und Originalität. Reizvoll ist dabei auch die anachronistische Konstellation, die darin besteht, dass von einem Computer komponierte, traditionelle Partituren von menschlichen Interpreten exekutiert werden. Solche gesprengten Konzertformate sind mittlerweile fast schon zum Topos geworden. Wo ist die klassische Präsentationsform von Musik denn überhaupt noch sinnvoll? Das klassische Konzertformat behält seine Gültigkeit als Kulturtechnik des bewussten, konzen trierten, 6 Kurioserweise wird beim Festival ein Konzert im klassischen Format präsentiert, das die Konvention auf ganz andere Weise sprengt: Da wird Musik gespielt, die ein Computer komponiert hat. Der zweite Abend des Festivals ist der künstlerischen Zusammenarbeit zwischen Mensch und digitalen Maschinen gewidmet. Die Betonung liegt auf Zusammenarbeit. Denn das digitale Universum bringt kreative Akteure hervor, die zunehmend autonom sind und dem Menschen gegenübertreten als Entitäten, die ihre eigene Stimme haben. Konkret geht es hier um das ganz spezifische Phänomen algorithmischer Komposition. Iamus, ein Computercluster an der Universität Málaga, ist derzeit das vielleicht interessanteste Projekt dieser Art – ihm ist eines der drei Projekte dieses Abends gewidmet. Es gibt einen sehr schönen, kleinen, heimlichen Schwerpunkt beim Festival mit Schuberts „Winterreise“ und zwei zeitgenössischen Reaktionen darauf. Was gab den Impuls dazu: die neuen Werke oder doch die „Winterreise“? Auch wenn das zu erwarten war: die zeitgenössischen Werke. Bernhard Langs neue Meta-Komposition zur „Winterreise“, „The Cold Trip“, war der Anlass – gemeinsam mit Elfriede Jelineks gleichnamigem Theaterstück. Schuberts Original mit Ian Bostridge und Julius Drake ist lediglich der Fluchtpunkt, an dem sich diese beiden zeitgenössischen Perspektiven treffen. Es war reizvoll, der Welt des Digitalen die analoge, zutiefst menschliche und zeitlose Problematik entgegenzustellen, die aus der „Winterreise“ spricht. Zum Abschluss der MaerzMusik gibt es zwei monumentale Projekte im Kraftwerk Berlin: zum einen Max Richters achtstündiges „Wiegenlied für eine hektische Welt“ mit dem Titel „SLEEP“, zum anderen das dreißigstündige Format „The Long Now“, das Sie letztes Jahr ins Leben gerufen haben. Besteht da nicht die Gefahr der Redundanz? Ganz im Gegenteil. Die beiden Projekte stehen komplementär, in gewisser Hinsicht sogar konträr zueinander. „SLEEP“ – der Name sagt es schon – untersucht den Geisteszustand des Schlafens, des Unbewussten als Lebensraum für Musik. Max Richter hat eine einfache und starke Idee beeindruckend umgesetzt, nämlich Musik für ein schlafendes Publikum zu komponieren. Im Kraftwerk Berlin werden wir etwa vierhundert Betten aufstellen, in denen es sich die Besucher von Mitternacht bis acht Uhr morgens gemütlich machen können. „SLEEP“ fokussiert also auf das unbewusste oder halbbewusste, unkonzentrierte, nicht-disziplinierte Hören. Richter erschließt damit einen anderen Wahrnehmungsraum für Musik und hinterfragt zugleich das Wertegefüge westlicher Kunstmusik – diese politische Geste finde ich relevant. Dass er damit solche Erfolge feiert – „SLEEP“ war im Jahr 2015 eine der meistverkauften Einspielungen der Deutschen Grammophon –, ist interessant und vielsagend im Sinne der Zeitdiagnostik. Demgegenüber ist „The Long Now“ ein Format, das sich ganz in der Sphäre des Bewusstseins abspielt. Es geht um den unendlich lange andauernden Augenblick und um die bewusstseinsverändernde Wirkung, die langes Wachsein mit sich bringt. Diese dreißig Stunden sind konzipiert als ein „stream of consciousness“, der einen über den Tag-Nacht-Zyklus hinausträgt in eine Zeitblase, in der Körper und Geist sich entgrenzen können. Schlafen ist dabei natürlich nicht ausgeschlossen – ich selbst habe letztes Jahr drei bis vier Stunden geschlafen, eingehüllt in Phil Niblocks Basswellen –, aber im Kern geht es um bewusste Wahrnehmung und ihre Erweiterung. Beide Projekte zusammen schließen einen Kreis – nicht nur jenen der Uhr. Sie bringen einen für mich wesentlichen Aspekt der Zeitforschung in diesem „Festival für Zeitfragen“, denn sie ermöglichen neue, andere Zeiterfahrungen. Und wie ist es Ihnen letztes Jahr mit dieser Ex tremerfahrung ergangen? Es war tatsächlich eine extreme, eine einzigartige Erfahrung. Wäre sie nicht fantastisch gewesen – für mich und für viele, viele andere Menschen –, wir würden uns dieser nicht zuletzt organisatorisch monströsen Aufgabe nicht freiwillig wieder stellen. Manche Erfahrungen und Momente hallen immer noch nach. Etwa der totale Verlust des Zeitgefühls, ein Sich-Verlieren – auch ohne massiven Einfluss von Substanzen –, verursacht wohl durch die Architektur des Kraftwerks, durch die Abschottung von Licht und die permanente Hör erfahrung. Oder eine intensivierte Körperlichkeit, die wahrscheinlich mit den unterschiedlichen somatischen Phasen zusammenhängt, die man in einem so langen Zeitraum durchlebt. Nach einigen Stunden beginnt etwas in einem, sich einzuschwingen mit dieser Umgebung, mit dieser Musik. In seltsam starker Erinnerung bleibt auch das Gefühl einer temporären Gemeinschaft, einer Verbundenheit mit anderen, fremden Menschen, die diese Zeitblase teilen. Kurz: Es ist erstaunlich, wie viel man in dreißig Stunden erleben kann, ohne dabei Stress zu empfinden. „The Long Now“ – ich möchte mehr davon. MaerzMusik Berno Odo Polzer © Lucie Jansch Tel e fo n 03 it Marino Formenti (1965) Pianist und Dirigent 06 s ch e 18 Men hlaf Fre i ze 21 Konzeption, Studium Ge i ta Dig 24 Marino Formenti ) le o (C e t rä er, Table mpu t t, s n, Es en Marino Formenti Arbeit 15 09 n ve ex i ne ie d e rsch n Fo fen hla Sc n rme Ka ffe e, C e xt Te E ss il, Ema Matthias Schäfer (1967) Schlaf Digital Technischer Leiter MaerzMusik George Dyson Schlaf Forschun Na Ab e ss g, Schreib e Bernhard Lang n Laufen, Kaffee en Bernhard Lang o, ür en s B eh in g k, p s üc ho st ks üh or Fr W zu 8 eib hr Sc Em a Em ils le s a Sch ils be en, reib ant wo en , u-Arbeit Bootsba , Schreiben eit Büroarb Mazen Kerbaj s , en Joanna Bailie en lt, ausha en, H arbeit h e g n use Gar te ch Ha Le Judy Wajcman end NA Em P gse ail sse n e Pa us en, ng hu Frü mi hstü du t Fah ck m rch rra it de d z Zeit n P ur u ark Arb ng, ei t George Dyson sc Mazen Kerbaj Freizeit Arbeit George Dyson (1953) Technologiehistoriker Sc hla fe n r Fo n, Arb Mazen Kerbaj se Matthias Schäfer Ko ch ei t Joanna Bailie Digital Le fen hla c S Marino Formenti te r Arbeit Mit ta Matthias Schäfer Freizeit Judy Wajcman pu r e nz Ko om Klavie , m iu d u St n, Judy Wajcman o i pt en S Fr eu n Fi din lm , de e, Au r S Sp sg oh az eh n, ier en Le e n , se , n Matthias Schä Aus K stel lung lavier, Pro , Ko Lese nzer t, ben, F n, C omp ilm, uter 12 Arbeit n Tägliche Rituale heutiger Kreativer Sc ormenti Kreative Routinen rte n, Arbeit n, he se e n rn es Fe , L n, en sse e h de Ausg Freizeit en Digital Aus auc gehen , bez h auf Lesen oge die nes Arbe / Le s i en t Ab George Dyson Joanna Bailie Marino Formenti Matth Joanna Bailie (1973) Komponistin Aufne hmen, K Par titu omponieren , ren an fer tige n Schlafen es Ema se ils, A n dmi nistr ativ D eu es, tsch lern en Mi tta g Marino Formenti Matthias Schäfer Digital Freizeit George Dyson Arbeit Em ai ls, Le Sp a se z ie r n eng e Koc hen, Ei nka hen u , Ab end fen, e sse n Judy Wajcman (1950) Soziologin Mit ta Freizeit Arbeit George Dyson Bernhard Lang en it ,V le eo Le s e n id s Le s, Mazen Kerbaj Bernhard Lang en Kom Kla poni v ie e r sp ren, ie l e n Schlafen am C o mp u t er (1,5 St Tromp unden), ete ü b en ie Judy Wajcman Du s Kin chen der , Fr De zur ühs uts Sch tück ch In , ule te ler bri ne rn ng n en et un d / o d er Em ai ls Sp ilie r Fam PC use Pa Arbeit i t de nm E sse Digital h Frü stü ck MaerzMusik m Ko n re Komponieren Bernhard Lang (1957) Komponist e ni po Pau se Arbe Schlaf se n laf S ch Mazen it ges n en Joanna Bailie Matthias Schäfer Mazen Kerbaj (1975) Musiker & Künstler af , ck se S l ch tü hs rü , F en en eh ch o g as ür W sB In Marino Formenti Mazen Kerbaj Le be Ar Judy Wajcman nter Emails Schreiben, mitu ai ls, er ts o d nach gehen ritte us Auf t Film, A n, Le s e Em Judy Wajcman , türe Lek ren hte ö Leic Radioh Bernhard Lang Schlaf , hstück en, Frü line lesen Dusch ian” on „Guard , ang ierg use z a a Sp ep ger Kaffe Lan t ei rb A e tiv ea r K Schlaf Jo Time as we know it just does not exist in the digital universe. A computer is not operating on time, it just operates on sequence. The implication of that is that this other world exists now, and it is not tied to our form of time at all. George Dyson 10 Zeit der Menschen, Zeit der Maschinen Was bedeuten Raum und Zeit im digitalen Universum? Und was heißt das für uns? I n der Zeit vor dem Crash gab es keine Zeit. Es gab nur Raum. Ein Beispiel: 1999 fand in Berlin unter dem Titel „Wizards of OS“ ein Kongress zum Thema Freie Software statt. Mit dem Internet-Boom war das Konzept der freien Software auch in Wirtschaftskreisen schnell von einer Randposition ins Zentrum gerückt. Das angepeilte rapide Wachstum ließ sich nämlich nur mit offenen Standards und schnell rekombinierbaren freien Programmen verwirklichen. Beobachtern der Szene war klar, dass sich die ökonomischen Grundlagen nicht nur in der IT-Welt ändern würden, und zwar schnell. Der Informatiker Rishab Aiyer Ghosh etwa hielt in Berlin einen Vortrag über sein Konzept der Cooking Pot Economy. Freie Software sei wie ein Eintopf, in den jeder Zutaten hineingeben könne. Da alles frei kopiert werden könne, sei dieser Eintopf unerschöpflich und das alte Problem der Tragik der Allmende gelöst: Nun könne das Gemeingut von egoistischen Akteuren nicht mehr so schnell übernutzt und somit zerstört werden. Im digitalen Raum dehnte die Allmende sich mit jedem neuen User, mit jeder neuen Zeile weiter aus. Rishab Aiyer Ghosh war mit seinen Ansichten nicht allein. Das Internet, so hieß es in den Jahren der New Economy, sei ein eigener Raum mit eigener Logik und eigenen Gesetzen, auf den die Erfahrungen des „Real Life“ nicht ohne weiteres angewendet werden könnten. Unterstützt wurde dies durch ein Wiederaufflammen eines dezidiert libertären und anti-etatistischen US-amerikanischen Pioniergeists, zusammengefasst in der „Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace“, die John Perry Barlow 1996 im Netz veröffentlichte. Cyberspace und Popkultur B arlow griff dabei mit dem Begriff „Cyberspace“ auf einen Topos aus der Popkultur zurück, der schon seit Mitte der 1980er Jahre durch die erfolgreiche Arbeit von Autoren wie William Gibson, Bruce Sterling oder Neal Stephenson fest etabliert war. Diese Welt sollte nicht nur den Megakonzernen gehören, sondern auch Hackern, die ihre ökologischen Nischen durch freie Kopierbarkeit ihrer Werke innerhalb kürzester Zeit zu äußerst profitablen eigenen Reichen ausbauen konnten. Das Internet als Cyberspace war eine Chance, eine Verheißung auch für jene, deren Ideen im „Real Life“ an die Ränder gedrängt worden waren. Der Hacker als „Wizard of OS“ würde eine Schwelle überschreiten, sich in eine vollkommen andere Welt begeben. Wer das Netz benutzte, für den fielen – scheinbar und tatsächlich – sehr viele Restriktionen der Gesellschaft, des Nationalstaats weg, und zwar alle auf einmal; eine ganze Generation früher Nutzer von Computernetzwerken erlebte dies bewusst als einen Moment der Befreiung. Man loggte sich auf einer Maschine am anderen Ende der Welt ein, und das alte Raum-Zeit-Kontinuum war überwunden, ein neues geschaffen. Ein Erlebnis, das sich heute, speziell in der Ära nach Snowden, nicht mehr nachvollziehen lässt, das aber damals in seiner Intensität durchaus den Charakter einer religiösen Erfahrung annehmen konnte und das Leben sehr vieler Menschen nachhaltig verändert hat. Ein Raum ohne Zeit S chon der Cyberspace-Erfinder William Gibson, eigentlich ein Realist, dessen Science-Fiction-Welten von Megakonzernen beherrscht werden, bevölkerte seinen virtuellen Raum mit Voodoo-Göttern und emergenten künstlichen Intelligenzen, beschrieb somit einen zutiefst fremden Raum, ein Jenseits, in dem auch Tote als abgespeicherte Persönlichkeitskonstrukte weiter mit den Lebenden interagieren. In der popkulturell vorerst wohl wirksamsten Darstellung des Datenraums, der „Matrix“Filmtrilogie der Wachowski-Brüder, speist sich das Netz zwar buchstäblich aus der Lebens energie der in ihm gefangenen Menschen; die messianisch-transzendente Symbolik überformt aber diese materielle Basis, bleibt bis zum Ende dominant, denn die Erlösung kommt aus dem Jenseits, welches klar visuell und logisch vom Diesseits getrennt bleibt. Das Jenseits, so MaerzMusik Von Günter Hack lernt das Publikum, ist ein Raum der Ewigkeit, ein Raum, der ohne Zeit auskommt. Oder umgekehrt: Ein Raum ohne Zeit ist wie das Jenseits. Zeit spielte im Cyberspace des ersten Internet- Als Utopie, egal ob libertär-kapitalistischer oder neosozialistischer Ausprägung, funktionierte der Cyberspace wie ein Jenseits, eine Instanz einer neuen Form von Trans zendenz, die sich erst noch entfalten würde. Man loggte sich ein und fühlte sich entgrenzt, war nicht mehr nur in Kansas. Booms wohl deshalb keine so große Rolle, weil sie – gewissermaßen tiefgefroren – in Form von Geld vergleichsweise einfach abgerufen werden konnte. Jeder noch so wahnsinnige Businessplan schien seine passenden Investoren zu finden, AOL kaufte Time Warner, mickrige Startups wie Yahoo oder Netscape wuchsen unglaublich schnell zu respektablen Konzernen heran. Microsoft konnte sich, nachdem es den Internet-Boom lange unterschätzt hatte, mit Unmengen Geld zumindest in den sogenannten „Browser Wars“ gegen Netscape vorübergehend wieder eine dominante Position zurückkaufen. Doch dann kam der Dotcom-Crash des Jahres 2000. In Geld gefrorene Zeit wurde wieder knapp. So ist es bis heute. Das digitale Universum F ür den Historiker George Dyson ist der Cyberspace bedeutend älter als auch die frühesten Computernetzwerke. Für ihn ist jeder digitale Rechner ein Raum, jeder Silizium- Wafer ein echtes Stück Neuland, das im Nanometer-Bereich eine neue Pioniergrenze eröffnet, jeder Chip ein eigenes Naturtheater von Oklahoma. In seinem Buch „Turing’s Cathedral“ (2012) beschreibt er Computer und Netzwerke als eigene Welten: „Ein digitales Universum – egal, ob es nur fünf Kilobyte umfasst, oder das gesamte Internet – besteht aus zwei verschiedenen Arten von Bits: Unterschieden im Raum und Unterschieden in der 12 Zeit. Digitale Rechner übersetzen zwischen diesen beiden Ausprägungen von Information – Struktur und Sequenz – gemäß festgelegter Regeln. Bits, die als Struktur dargestellt werden, (die sich im Raum verändern, aber nicht in der Zeit) nehmen wir als Speicher wahr, und Bits, die als Sequenz dargestellt werden, (die sich über einen Zeitraum hinweg verändern, aber im Raum gleich bleiben), als Programm. Logikgatter sind Übergangsstellen, an denen Bits beim Übergang von einem dieser Zustände in einen anderen beide dieser Welten berühren.“ Dyson geht dabei von der Maschine aus, die Alan Turing 1936 beschrieben hat, einem Apparat, der an einem beliebig langen Speicherband hin- und herwandern und dabei nach bestimmten Regeln Zeichen schreiben oder löschen kann. Die Zeit der Turing-Maschine ist linear und begrenzt, im Grunde genommen ist sie ein tayloristisches Gerät. Das erleben wir gerade jetzt, da „Moore’s Law“, das besagt, dass Mikroprozessoren mit jeder Produktgeneration immer kleiner und leistungsfähiger werden, an seine physikalischen Grenzen stößt – es wird zunehmend schwerer und teurer, die Strukturen von Chips immer feiner herzustellen; damit verliert der wohl wichtigste materielle Treiber der digitalen Revolution in den letzten 50 Jahren seine Kraft. Raum, im Dyson’schen Sinne, unterliegt diesem Problem weniger stark, Speicher kann günstig produziert und den bestehenden Systemen hinzugefügt werden. Raum ist billig, Zeit ist teuer I m Netz gilt demnach: Raum ist billig, Zeit ist teuer. Viele der klassischen netzpolitischen Probleme ergeben sich daraus. Totale Überwachung nach Vorbild der NSA etwa, die in riesigen Serverfarmen Zeitpuffer schafft, in denen Ermittler Zusammenhänge suchen und schaffen können, wird erst durch niedrige Speicherpreise möglich. Der Begriff Cyberspace wird heute gerne belächelt, aber es lohnt sich durchaus, ihn ernst zu nehmen. Für einen klassischen Kybernetiker, der in Regelkreisen denkt, ist es nicht irrelevant, mit welcher Geschwindigkeit die Rückkopplung in einem System vor sich geht. Damit wiederum ist das Problem der Netzneutralität verbunden: Wer soll unter welchen Umständen bestimmen dürfen, welche Daten mit welcher Geschwindigkeit übermittelt werden? Wer bestimmt, mit welcher Geschwindigkeit an Börsen gehandelt werden darf? Auch die Aufmerksamkeitsökonomie ist eine Zeitwirtschaft. Traditionelle Online-Medien und Social Networks wie Facebook oder Twitter tauschen die kostenlose Nutzung ihrer Plattformen ohne den Umweg über Geld scheinbar direkt gegen die Zeit ihrer User – wobei sich die Wertschöpfung hin zur immer feineren Analyse des Konsumentenverhaltens verlagert und die Substanzen des ursprünglichen Tauschs dabei zunehmend ausgehöhlt werden. Diese Zeitprobleme in Dysons digitalem Universum erscheinen als technische Probleme, deren Lösung von Politikern gerne an geschlossene Technokratenzirkel ausgelagert werden, obwohl sie politischer Natur sind und demokratisch gestützter Entscheidungen bedürfen. Dieses Einkapseln erinnert nicht von ungefähr an den Umgang mit der Finanzbranche, in der es ja auch vor allem um Zeit geht. Zeit ist abstrakt, nicht so unmittelbar verständlich wie Raum. Raum ist die einfachste Basis für politischen Streit, Zeitprobleme dagegen wirken immateriell, virtuell, sind also Stoff für Experten. Zeit lässt sich nur in Form von Geld einfach in den politischen Diskurs einbringen. Und im Netz ist, wie gesagt, die Zeit vom Geld, das selbst bereits ein Abstraktum darstellt, durch Instrumente entkoppelt, die das menschliche Verhalten messen und deren Ergebnisse nur einer sehr kleinen Gruppe zur Verfügung stehen. Geschäfte mit der Zeit gehen still vor sich, diskret. die wirklich für das Netz relevante Zeit ist die Zeit jener Menschen, die konstruktiv in ihm und mit ihm arbeiten. Wenn die im Netz und durch das Netz anstehenden politischen Probleme gelöst werden sollen, dann schadet es nicht, mehr über die Bedingungen nachzudenken, unter denen die Menschen arbeiten, die aus ihrer Zeit den Code machen, den Dyson in seinem Buch beschreibt. Der Cyberspace ist integrierter Bestandteil unserer materiellen Welt, der nicht nur aus Silizium und elektrischer Energie geschaffen ist, sondern über die Zeit der mit ihm befassten Menschen auch direkt an das Leben selbst rückgebunden ist. Diese Wahrnehmung der Zeit im Internet als Zeit der Menschen hilft dabei, mit der populären Idee des Cyberspace als einem quasi-transzendenten Jenseits zu brechen und eröffnet damit eine neorealistische Perspektive auf das Netz, die erst wieder neue produktive Utopien ermöglichen kann. Neue Perspektive auf das Netz George Dyson ie Anzahl von Menschen, die gut programmieren können, ist begrenzt. Ihre Zeit ist knapp und teuer. Deswegen hat die Cooking Pot Economy nicht ganz so funktioniert, wie man sie sich in den 1990er-Jahren vorgestellt hat. Zeitempfinden und Konzentrationsfähigkeit sind für Programmierer überaus wichtig. Der Informatikpionier Donald Knuth etwa schreibt in der berühmten FAQ auf seiner Website, dass er 1990 seinen E-Mail-Account aufgegeben habe, um sich besser seiner Grundlagenforschung widmen zu können. Auch George Dysons Buch handelt davon, wie Wissenschaftlern an Orten wie Princeton dafür Zeit verschafft wurde. Wenn im Zusammenhang mit Computersystemen von Zeit die Rede ist, geht es meist nur um technische Aspekte wie Prozessortakt oder Latenz; aber zu Gast bei „Time and the Digital Universe“ Konferenz D 12. März George Dyson: „No Time is There. The Digital Universe and Why Things Appear To Be Speeding” Günter Hack, 1971 geboren, schreibt als freier Autor vor allem über Themen aus dem digitalen Universum, unter anderem für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Er lebt und arbeitet in Wien. MaerzMusik 13. März George Dyson: „Darwin among the Machines” (Live Stream: www.berlinerfestspiele.de/ thinging-together) Max Richter „SLEEP“ 15., 16. und 17. März 22:00 – 08:00 Uhr Kraftwerk Berlin Einlass ab 22:00 Uhr Werkführung 23:30 Uhr Konzert 00:00 – 08:00 Uhr Kein Nacheinlass Sanft entschlummert das Publikum – ein Albtraum für jeden Musiker. Aber nicht für Max Richter, im Gegenteil: „Der Schlaf ist eines der wichtigsten Dinge, die wir alle tun“, sagt der englische Komponist. „Wir verbringen ein Drittel unseres Lebens darin.” Mit „SLEEP“ hat Richter ein achtstündiges Schlaflied geschrieben, das bei seinen Hörerinnen und Hörern genau diesen Zustand herbeiführen will. Das viel beachtete Projekt ist getrieben von der Faszination für die unterschiedlichen Bewusstseinszustände, in denen wir Musik erleben. Von Mitternacht bis acht Uhr morgens verführt uns seine Musik zu einer Reise ins Grenzgebiet zwischen Traum und Wachen. Und um uns das Driften ins Unbewusste zu erleichtern, stehen dafür natürlich auch Betten bereit. Eine Produktion der Berliner Festspiele / MaerzMusik in Kooperation mit Deutsche Grammophon, Berlin Atonal und Kraftwerk Berlin. 14 MaerzMusik Transformation und Visualisierung des Quellkodes der Website www.google.com © Christian Riekhoff / Science Photo Library 16 Die Tyrannei der Algorithmen Der Mensch ist drauf und dran, die Kontrolle über sein digitales Dasein zu verlieren Von Michael Moorstedt Der amerikanische Autor und IT-Professor Ian Bogost forderte im vergangenen Jahr zu einem interessanten Gedankenexperiment auf. Das nächste Mal, wenn man den Begriff „Algorithmus“ höre, solle man ihn einfach durch „Gott“ ersetzen und beobachten, ob sich der Sinn des Satzes wesentlich verändere. Bogosts Punkt: Heutzutage haben Algorithmen das Schicksal abgelöst und den Zufall abgeschafft. Sie formen unser digitales Dasein. Im Jahr 2016 leben wir in einer Computer-Theokratie. D ie Filteralgorithmen von sozialen Netzwerken und Suchmaschinen bestimmen, was Milliarden von Nutzern weltweit auf ihren Bildschirmen zu sehen bekommen. Anhand unseres Nutzerprofils empfehlen sie, was wir kaufen (Amazon), welche Richtung wir einschlagen (Google Maps), mit wem wir ausgehen (Tinder) und wie wir unsere Langeweile vertreiben sollen (Netflix). Mit jedem Mausklick, jeder neu phone-App und jeder unterinstallierten Smart schriebenen Endbenutzerlizenz bahnen wir einer Zukunft den Weg, in der Software, Sensoren und Computer unser Leben vermeintlich besser und effizienter machen. Algorithmen steuern den Aktienhandel, sie komponieren Musik, malen Bilder, schreiben Zeitungsartikel, entscheiden über Darlehen. Sie werden schon bald Autos über die Straßen lenken, und inzwischen programmieren die einen Algorithmen bereits die nächsten. Menschliches Handeln? Kaum noch nötig. Haben Algorithmen vielleicht sogar schon das Sagen über unsere Welt? Beinahe mythische Macht I an Bogost hat also Recht. Dem Algorithmus wird heutzutage eine beinahe mythische Macht zugestanden. Für den Normalnutzer ist er undurchsichtig, durch ihn erklärt er sich die Wunder der digitalen Sphären. Dabei ist das Konzept des Algorithmus eigentlich trivial. Es bedeutet nicht mehr als eine Sequenz von vorgegebenen Schritten. Stark vereinfacht kann man sie sich als Kochrezepte vorstellen: Man nehme dies und jenes, schneide und hacke es klein, erhitzen, köcheln lassen, voilà! Die Zutaten sind in diesem Beispiel Daten. Etwa der Name eines Nutzers, sein Standort, seine Gewohnheiten, online wie offline. Computeralgorithmen bestimmen, wann welche Berechnungen ausgeführt werden sollen, oder verwandeln Bilder, Videos und Nachrichtenartikel in Datenpakete, die mit Hochgeschwindigkeit an ihre Ziele im Internet versendet werden. Das Problem liegt nun darin, dass ein Ungleichgewicht der Kräfte entstanden ist. Irgendwann in den letzten Jahren haben wir unsere Autonomie zu immer größeren Teilen vermeintlich lebensbereichernden Algorithmen übertragen, die Entscheidungen für uns treffen. Die Internetkonzerne wissen immer mehr über uns, während wir ihre Mittel immer weniger verstehen. Es ist also kein Wunder, wenn man häufig lesen kann, dass wir in einer „Algorithmen-Kultur“ leben oder gar unter einer „Tyrannei der Algorithmen“ leiden würden. Das klingt dann beinahe wie in den bekannten Dystopien der Science-Fiction. Dort gibt es ja den Topos einer dunklen, eigenmächtigen Kraft, die den Maschinen innewohnt und irgendwann mit der schreckenserregenden Absicht zutage tritt, die Menschheit zu knechten. Urteilende Maschinen D och auch in der Realität, schreibt die Internet-Soziologin Zeynep Tufekci, befänden wir uns schon längst in einer Zeit, in der uns Algorithmen Angst einflößen können. Die Welt stehe am Anfang einer Ära von „urteilenden Maschinen. Maschinen, die nicht nur berechnen, wie sie am schnellsten eine Datenbank sortieren oder eine mathematische Gleichung lösen können, sondern auch entscheiden, was gut, relevant, angemessen oder schädigend ist.“ Im Jahr 2016 führen die Algorithmen ein Eigenleben im Netz und werden von den Nutzern, deren Leben sie bestimmen, nur selten bewusst wahrgenommen. Bemerkbar machen sie sich eigentlich nur dann, wenn sie einmal nicht wie vorgesehen funktionieren. Das Resultat kann dabei durchaus absurd sein. Wie etwa im Jahr 2011. Da überboten sich zwei automatisierte Handels algorithmen auf Amazon gegenseitig, um den MaerzMusik profitabelsten Preis für ein Buch zu bestimmen. Am Ende bezifferten die Programme das Buch, das sich mit Evolutionsbiologie und Fruchtfliegen befasst, auf einen Wert von knapp 24 Millionen Dollar. Es gibt viele dieser Beispiele, in denen die Algorithmen unbeabsichtigt über die Stränge schlagen. Und manchmal sind sie herzzerreißend. Im letzten Jahr etwa präsentierte Facebooks automatisierter Jahresrückblick dem Webdesigner Eric Meyer das Foto seiner vor kurzem an Krebs verstorbenen Tochter, versehen mit der Unterschrift: „Es war ein tolles Jahr! Danke, dass Du dabei warst.“ Das Bild wurde vom Algorithmus ausgewählt, weil es viele Likes bekommen hatte. Der tragische Inhalt war für die Auswahl des Systems dagegen nicht relevant. Mehr resigniert als wütend schrieb Meyer damals: „Algorithmen sind per Definition gedankenlos. Sie bilden Entscheidungsprozesse nur nach; sobald man sie startet, wird nicht mehr nachgedacht. Und trotzdem lassen wir diese gedankenlosen Prozesse auf unser Leben los.“ Algorithmen können auch grausam sein, unbeabsichtigter Weise. Ist Widerstand noch möglich? W Elena Esposito und Luciana Parisi zu Gast bei „Time and the Digital Universe“ Konferenz 12. März Elena Esposito: „Blindness and Power of Algorithmic Prediction” 13. März Luciana Parisi: „Time in Algorithmic Logic (Live Stream: www.berlinerfestspiele.de/ thinging-together) as kann man also tun? Wie kann man sich wehren? Oder besser: Ist Widerstand überhaupt noch möglich? „Kein Mensch darf zum Objekt eines Algorithmus werden“, schrieb Justizminister Heiko Maas im vergangenen Dezember in einem Gastbeitrag in der „ZEIT“. Weiter heißt es dort: „Jeder Algorithmus basiert auf Annahmen, die falsch oder gar diskriminierend sein können. Wir brauchen deshalb einen Algorithmen-TÜV, der die Lauterkeit der Programmierung gewährleistet und auch sicherstellt, dass unsere Handlungs- und Entscheidungsfreiheit nicht manipuliert wird.“ Maas ist nicht der einzige und auch nicht der erste, der solche Forderungen stellt. Viktor Mayer- Schönberger, Jurist am Oxford Internet Institute und Autor des Buchs „Big Data – Die Revolution, die unser Leben verändern wird“, fordert etwa eine „Umweltfolgenabschätzung“ für neue Algorithmen. So wie beim Bau eines neuen Kraftwerks darauf geachtet werden müsse, dass die Auswirkungen für Umwelt und Anwohner im Rahmen des Erträglichen bleiben, sollte dies auch bei einer Software der Fall sein. Nur dass im Falle der im Internet global verteilten Algorithmen die Umwelt gleich die ganze Welt ist – und die Anwohner die Gesamtheit von drei Milliarden Nutzern. Umso verständlicher ist der Wunsch nach einer zentralen Steuerungsbehörde. Auf diese Weise haben Staaten und Gemeinwesen schließlich lange Zeit hindurch undurchsichtige Probleme in den Griff bekommen oder zumindest verwaltet. Es gibt da nur drei Probleme. Erstens sind ihre Algorithmen das am besten gehütete Geheimnis der Internet-Firmen. Mit ihnen und durch sie verdienen sie ihr Geld. IT-Konzerne wie Google, Apple oder Facebook werden sich mit 18 allen Mitteln dagegen wehren, ihre Superrezepte offenlegen oder gar regulieren lassen zu müssen. Zweitens sind die Algorithmen mittlerweile viel zu komplex, um überhaupt noch von Laien verstanden zu werden. Bis zu 100.000 Variablen beeinflussen, welche Inhalte im Facebook-Newsfeed an welcher Stelle zu sehen sind. „Die Menschen überschätzen, inwieweit IT-Firmen verstehen, wie ihre eigenen Systeme arbeiten“, sagt etwa Andrew Moore, Dekan an der Fakultät für Computerwissenschaften der renommierten Carnegie Mellon Universität und bis vor einem Jahr noch Google-Vizepräsident. Drittens ist ein Computeralgorithmus nun mal leider kein Kraftwerk, das – einmal aufgebaut und in Betrieb genommen – auf der grünen Wiese steht und vor sich hin emittiert. Wie es Software eigen ist, ist der Algorithmus flüchtig, wird permanent verbessert, unterliegt ständigem Wandel. Allein Google ändert seinen Suchalgorithmus mehrere hundert Mal im Jahr – ohne dass die Nutzer Kenntnis davon nehmen würden. Und was ist die Alternative? G eht es nach Heiko Maas, würde nun eine schwerfällige Behörde jedes Mal einschreiten und um Revision bitten – wer so etwas fordert, hat das Internet nicht verstanden. Die Teilnahme am globalen Informationsnetz bedeutet heutzutage, sich zwangsläufig der Herrschaft der Algorithmen auszusetzen. Letztendlich sei deren Tyrannei, schrieb der Science- Fiction-Autor Lee Konstantinou einmal recht passend, vor allem eine Tyrannei der Vergangenheit über die Gegenwart. Reduziert auf Bits und Bytes und oftmals aus dem Kontext gerissen, diktiert das Gestern, was heute und morgen passieren wird. Als Alternative bleibt nur, abzuschalten. Michael Moorstedt, 1980 geboren, ist freier Journalist und schreibt vor allem über Netz und Technik, unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“. Zuvor war er Textchef der deutschen Ausgabe von „WIRED“. Er lebt in München. function date_time(id) { date = new Date; year = date.getFullYear(); month = date.getMonth(); months = new Array(‘January’, ‘February’, ‘March’, ‘April’, ‘May’, ‘June’, ‘July’, ‘August’, ‘September’, ‘October’, ‘November’, ‘December’); d = date.getDate(); day = date.getDay(); days = new Array(‘Sunday’, ‘Monday’, ‘Tuesday’, ‘Wednesday’, ‘Thursday’, ‘Friday’, ‘Saturday’); h = date.getHours(); if(h<10) { h = “0”+h; } m = date.getMinutes(); if(m<10) { m = “0”+m; } s = date.getSeconds(); if(s<10) { s = “0”+s; } result = ‘’+days[day]+’ ‘+months[month]+’ ‘+d+’ ‘+year+’ ‘+h+’:’+m+’:’+s; document.getElementById(id).innerHTML = result; setTimeout(‘date_time(“’+id+’”);’,’1000’); return true; } Quellcode Javascript Echtzeituhr (Datum und Uhrzeit) MaerzMusik alif Chiharu Shiota, „Wall” (2010), Performancstill © Sunhi Mang 20 „Ich versuche durch meine Installationen Erinnerungen, Überbleibsel von Dagewesenem einzufangen. Damit möchte ich das Gefühl vermitteln, dass Zeit und der Inhalt dieser Zeit festgehalten werden. Die Zeit, die sonst an uns vorbei geht und die man niemals aufhalten kann, soll mit ihrem Inhalt und ihren Erinnerungen so eingefangen werden, dass sie für einen Moment bleibt und wir uns in ihr bewegen können.“ Chiharu Shiota „Komponieren ist Zeitgestaltung. Es ist eine ewige Auseinandersetzung mit der Zeit. Jede Note hat eine Dauer, jeder Takt hat eine Dauer. Interessant ist, dass man an manchen Tagen für die Komposition von zehn Sekunden Musik einen ganzen Tag braucht. Die Zeit ist durch meine Beschäftigung als Komponist nicht mehr real zu messen. Erst wenn wir die fertige Komposition hören, handelt es sich wieder um ein reales Zeitvergehen.“ Samir Odeh-Tamimi MaerzMusik „Bestimmte Dinge können erst ab einer gewissen Häufigkeit und über gewisse Dauern hinweg überhaupt wahrgenommen werden. Was bei einmaligem Auftreten nur Kontingenz oder Nuance wäre, lässt sich ab einer gewissen Zahl von Wiederholungen zu einer Struktur verfestigen. Das ist die Grunderfahrung von Techno. […] Dauer ermöglicht Erfahrungen und offenbart Intentionen, die sonst verborgen bleiben müssen. Ich glaube, wir zielen dadurch weniger auf eine Erfahrung von Zeit an sich – Zeit ist nur ein Mittel.“ Stefan Goldmann alif::split in the wall a musical exhibition space 18. und 19. März 19:00 – 00:00 Uhr Radialsystem V Installation 19. und 20. März 12:00 – 18:00 Uhr Radialsystem V B Setting up: alif Im Berliner Festspiele Blog – blog.berlinerfestspiele.de Mensch, Maschine, Musik Von Julian Kämper Lejaren Hiller, 1963 © Computer History Museum Mit einem Abend zu algorithmischen Kompositionstechniken stellt MaerzMusik Fragen nach dem Verhältnis von künstlicher Intelligenz und künstlerischer Kreativität Ein frühes Beispiel für zufallsbedingte Musik ist etwa Mozarts „Anleitung zum Componieren von Walzern vermittels zweier Würfel“. Es ließ die Hörer unmittelbar an der Entstehung des Werkes partizipieren. Anstelle von analogem Würfelspiel gibt es heute digitale algorithmische Kompositionsverfahren. Schon seit den 1950er-Jahren sind solche Algorithmen Gegenstand künstlerischer Visionen. Komponisten entdeckten ihr Potenzial als Hilfsmittel in der Konstruktion komplexer Strukturen und experimenteller Versuchsanordnungen oder als kreativer Gegenpart, als Überraschungsmoment, Methode oder Widerstand im eigenen künstlerischen Arbeiten. Durch die atemberaubende Entwicklung algorithmischer Technologien werden mittlerweile in der künstlerischen Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine neue Horizonte sichtbar: weg von reiner Zufallsoperation oder determiniertem Durchrechnen und hin zu autonomen, offenen Prozessen, die das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine neu definieren. Von Interesse ist dabei nicht nur das ästhetische Endprodukt, sondern auch der Weg dorthin: Die einen vertrauen auf Ansätze künstlicher Intelligenz und die autonome Kreativität des Computers, die anderen beanspruchen für sich eine 22 Kontrollinstanz, um in die technisch gestützten Prozesse eingreifen und sie formen zu können. In beiden Fällen eröffnen sich neue Perspektiven, bei denen traditionelle Denkmuster über Autorschaft, Musikproduktion und -rezeption nicht mehr greifen. Der Computer als Komponist V or diesem Hintergrund sucht MaerzMusik nach gegenwärtigen Mensch-MaschineInteraktionen, nach Symbiosen zwischen digitaler und menschlicher Intelligenz im Bereich Komposition und Performance. Die Notwenigkeit menschlicher Kreativität in künstlerischen Prozessen wird in einem Konzertprogramm mit zwei algorithmisch generierten Kompositionen diskursiv in Frage gestellt: Das Ensemble KNM Berlin Streichquartett spielt das erste Werk der Musikgeschichte, das autonom von einem Computer komponiert wurde, die „Illiac Suite“ von Lejaren Hiller und Leonard Isaacson. 1957 entstanden, ist sie ein Pionier- Werk aus vier Sätzen, besser: vier Experimenten für Streichquartett, und benannt nach dem wenige Jahre zuvor an der University of Illinois entwickelten und für die Komposition verwendeten Computersystem ILLIAC I (Illinois Automatic Computer).Die Entwickler selbst unterstreichen explizit den Forschungs-Charakter der Suite, die sie als Laborbuch verstehen: Kompositorisches Regelwerk und Ordnungsprinzipien, die die Musik unterschiedlicher Epochen definieren, werden in automatisierte, algorithmische Prozesse übersetzt. Beispielhaft ist der zweite Satz mit acht Abschnitten, innerhalb derer sich aus einer beliebigen Aneinanderreihung von Tönen unter sukzessiver Hinzunahme von Tonsatz-Regeln ein musikalisches Gefüge modelliert, das stilistisch wie ein barocker vierstimmiger Satz anmutet: eine Stilkopie. Der enorme technologische Fortschritt seit den 1950er Jahren zeigt sich im zweiten Teil des Abends: Rund ein halbes Jahrhundert nach ILLIAC I wird mit dem Computersystem IAMUS – entwickelt im Rahmen des Forschungsprojekts „Melomics“ an der Universität Málaga – ein neuer musikhistorischer Meilenstein erreicht. IAMUS liefert innerhalb von Minuten fehlerfreie, komplexe Partituren, die ihren eigenen Stil bilden. Die evolutionären Algorithmen, die der kompositorischen Arbeit von IAMUS zugrunde liegen, treten aus dem Bannkreis der rekombinierenden Imitation heraus und beschreiten ihren eigenen Entwicklungsweg. Während Hillers „Illiac Suite“ vorgegebene musikalische Regeln und Versatzstücke eklektizistisch kombiniert und stilistisch sowie formal vorhersehbare Partituren anfertigt, kreiert IAMUS eigenständige, individuelle Werke. In der Geschichte der westlichen Kunstmusik setzt IAMUS eine neue Zäsur, die an Bedeutung vergleichbar wäre mit John Cages schweigsamem „4’ 33’’“ oder den ersten Darbietungen akusmatischer Musik, bei denen Lautsprecher auf der Bühne menschliche Interpreten ersetzen. IAMUS hingegen ersetzt weder die menschlichen Interpreten, noch tritt er selbst physisch in Erscheinung. Er arbeitet – seinen menschlichen Komponisten-Pendants nicht unähnlich – in der Abgeschiedenheit eines Server-Raums, produziert Partituren und lässt sie von menschlichen Musikern aufführen. In Erscheinung treten in diesem Konzert allein IAMUS’ Entwickler, Francisco José Vico, als Moderator sowie der Pianist und Komponist Gustavo Díaz-Jérez, der vier neue Werke seines algorithmischen Gegenübers zur Uraufführung bringt. Die Anmutung eines klassischen Konzerts verschleiert die Tatsache, dass hier die zentrale Instanz der westlichen Kunstmusik – der Komponist – durch einen Computer ersetzt wurde. Akzeptieren wir den Computer als Komponisten? Je mehr sich die Verhaltensweisen digitaler Maschinen den unseren annähern, je ähnlicher die Ergebnisse algorithmischer Komposition den Werken menschlicher Komponistinnen und Komponisten werden – und IAMUS mag ein Schritt in diese Richtung sein – desto interessanter und dringlicher wird die Frage nach dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. Der Algorithmus als Partner D ie Vision eines Theaters ohne mensch liche Akteure entwickelte die in New York lebende Künstlerin, Regisseurin und Performerin Annie Dorsen mit ihrem „algorithmic theatre“, in dem sie Algorithmen als vollwertige kreative Partner, nicht als Widerpart oder Bedrohung versteht. In ihrer jüngsten Arbeit, „Yesterday Tomorrow“, setzt sie drei Sängerinnen und Sänger dem kompositorischen Output eines Algorithmus aus. Die in Echtzeit generierte Partitur wird auf Leinwände projiziert, die den Bühnenraum definieren. Die Performer können ihren Part nicht einstudieren, jede Aufführung ist einmalig, ephemer, nicht wiederholbar. Mit den beiden titelgebenden Songs – „Yesterday“ von den Beatles und „Tomorrow“ aus dem Broadway-Musical „Annie“ – sind Start- und Zielpunkt der Komposition festgelegt. Der Algorithmus navigiert eigenständig und in jeder Aufführung aufs Neue vom Ausgangs- zum Zielpunkt und mutiert dabei Tonhöhe und Dauer jeder Note. Die Interpreten reagieren also auf eine computerbestimmte Umgebung – eine Metapher, so Dorsen, für die Allgegenwärtigkeit von Algorithmen, die mit unserem Alltagsleben untrennbar verflochten sind und deren Anweisungen wir bereits heute ständig entgegennehmen. „Die Inszenierung macht lediglich explizit, was im Stück bereits angelegt ist“, erklärt Dorsen: „Drei erwartungsvolle menschliche Wesen, die Augen (notwendigerweise) an den Bildschirm geheftet, werden von einem Computer gewissermaßen herumkommandiert. Sagen wir es so: Man sucht sich nicht aus, was man von der Welt abbekommt, aber man entscheidet sehr wohl immer noch, was man damit macht – wenn auch manchmal nur in beschränktem Maße.“ Was machen wir mit dem Endprodukt? A lgorithmische Komposition: Sie stellt die Gewichtung von Entstehungsprozess und fixiertem Werk, die Position des Künstlers, die Autorschaft und den Werkbegriff in Frage. Und sie reflektiert eine Lebensrealität, die sich unter dem Einfluss algorithmischer Operatoren rasant verändert. Ob computergestütztePartiturenoderEchtzeit-Interaktionen: Nicht zuletzt das unvorhersehbare Moment des Zufalls macht die technologische und ästhetische Sprengkraft dieser Musik aus. Das kreative Potenzial künstlicher Intelligenz können Komponisten, Performer und Programmentwickler voll ausschöpfen. Bleibt zu diskutieren: Was machen wir mit dem Endprodukt? Julian Kämper ist Musikwissenschaftler und arbeitet als Dramaturgieassistent an der Jungen Oper Stuttgart. MaerzMusik Annie Dorsen „Yesterday Tomorrow” 12. März 18:00 & 22:00 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Seitenbühne Nicholas Bussmann „The News Blues“ 12. März 19:00 – 22:00 Uhr Haus der Berlinre Festspiele, Kassenhalle Lejaren Hiller & Leonard Isaacson „Illiac Suite: String Quartet No. 4” Iamus Computer Algorithmische Kompositionen und ihre Mutationen 12. März 20:00 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Bühne Marino Formenti © Heribert Corn 24 Den Pianisten herumkommandieren ist erlaubt Von Walter Weidringer Marino Formenti will sich mit „time to gather“ von den Zwängen des Musikbetriebes befreien „Atme falsch, sing es falsch!“, drängt Marino Formenti von der Kinoleinwand herab. Was die Aufforderung zu musikalischen Regelverstößen sein könnte, ist jedoch eine Hilfe für alle, die sich von den eigenen Ansprüchen nicht animieren, sondern behindern lassen. „Das war daneben, daneben ist schön“, beruhigt er sanft und bestimmt jene Menschen, die sich darauf eingelassen haben, mit ihm Lieder von Franz Schubert einzustudieren – ganz ohne klassische Gesangsausbildung, nur mit ihrer vorhandenen, entwickelbaren Musikalität, vor allem aber mit ihrem ureigenen persönlichen Hintergrund, mit all den Brüchen, Verwerfungen und auch Wunden ihres Lebens. Diese Szene sagt viel aus über Marino Formenti und ist es wert, so ausführlich erzählt zu werden. Sie stammt aus dem bewegenden Film „Schubert und ich“ (Regie: Bruno Moll, 2014), der eines jener ungewöhnlichen Projekte dokumentiert, die der Pianist in jüngster Zeit realisiert hat. Statt nach Schönheit und Perfektion sucht Formenti lieber nach der Wahrheit – hier eben gemeinsam mit neugierigen Laiensängern. Wenn dann zwischen schräger Intonation, Textirrtümern und rhythmischen Unsicherheiten plötzlich emotionale Kostbarkeiten zutage gefördert werden, die sonst kaum wo zu finden sind, dann ist Formenti glücklich. Weil so – fast nebenbei und mit stiller Rücksicht auf Schubert selbst – viel an Seele freigelegt wird. Musik als intime Begegnung B ei der Arbeit die Glacéhandschuhe der Hochkultur abzustreifen und auch mal „schmutzig“ zu werden, das hat Formenti nie gestört, im Gegenteil. Jahrelang setzte der aus Italien stammende Wahlwiener als Pianist im Klangforum Wien die komplexesten Partituren um, bevor er eigene Wege einschlug, immer öfter selbst zum Taktstock griff und der Musik und ihrer Kraft in teils radikal zugespitzten Situationen nachspürte. Bei der Performance „nowhere“ etwa stand er in einem Kubus mit Klavier unter direkter und digitaler Beobachtung und spielte dabei viel Feldman – beim Steirischen Herbst 2010 eine Woche, 2012 bei den Berliner Festspielen dann gar drei Wochen lang. Oder er saß in Rodgrigo Garcías skandalträchtigem Stück „Gólgota Picnic“ (2011) bei Haydns „Sieben letzten Worten unseres Erlösers am Kreuze“ nackt am Flügel – übrigens für ihn selbst ein kleiner letzter Schritt künstlerischer Selbstentblößung, der aber, von Protesten rechtskatholischer Kreise in Frankreich und Polen einmal abgesehen, auch verblüffende Wirkung zeigte: „Vorderhand war es einfach ein Teil der Inszenierung. Doch sobald man zu spielen beginnt, vergisst man das Nacktsein – außer es zieht so, dass du zitterst. Die Nacktheit macht dich fragiler und zugleich wieder stärker.“ Zuletzt arbeitete Formenti mit Ann Liv Young beim Projekt „2 become 1“ zusammen, einer Serie von intimen Zweierbegegnungen, bei denen sich die übliche Masse der Zuhörer auf einen einzigen unbekannten Menschen reduziert: Der Interpret und sein Publikum können unter vier Augen eins werden – und jedes Treffen ist einzigartig. „Ich finde es enorm berührend, wenn ich zum Beispiel etwas Bach für eine Frau spiele, die mir gerade von ihrem Leben erzählt hat, und dann singt sie eine Beatles-Nummer mit mir. Manche Menschen sind offener, manche verschlossener, aber alle sind auf ihre Weise dankbar. Die Verschwisterung, die Hinterfragung der Distanz fasziniert mich.“ Aber woher kommt dieser ehrliche Drang nach einem anderen Erleben von Musik und Musizieren? Und was ist an der herkömmlichen Konzertsituation so schlimm, dass sie unbedingt aufgebrochen werden müsste? Formenti schmunzelt. „Ich glaube nicht, dass diese Darbietungsform an ihrem historischen Ende angelangt ist, und spiele selbst noch gern Konzerte. Aber ich leide ein bisschen darunter, dass der Musikbetrieb in vielen seiner Bereiche so festgefahren ist. Bei mir war die Angst vor der Routine immer sehr stark. Ich hatte das Gefühl, Gefahr zu laufen, meine Lust am Musizieren zu verlieren, wenn ich nicht ein MaerzMusik anderes, kommunikativeres Setup probiere. Mein Ziel ist nicht, die Welt zu retten – ich bin weder so naiv noch so größenwahnsinnig. Ich wollte nie etwas um jeden Preis anders machen oder die Musik sonst wo hinbringen, sondern nur meine eigene Liebe zu ihr am Leben halten.“ Im Klangforum Wien hatte Formenti überaus anspruchsvolle zeitgenössische Partituren zu bewältigen und musste dafür viele Stunden allein für die prämusikalische Arbeit aufwenden: technische Fragen beantworten, Fingersätze finden, komplexe rhythmische Strukturen entziffern – alles noch vor dem eigentlichen Üben und Musizieren. Damals keimte in ihm die Sehnsucht nach einer „Retourkutsche“ auf: „Wenn ich drei Wochen nur mit Fingersätzen verbringe, dann will ich auch drei Wochen nur mit Musik verleben können“ – der erste Gedanke in Richtung „nowhere“. Außerdem störte ihn die „fast schon Fast-Food- mäßige Schnelligkeit, die auch im zeitgenössischen Bereich das Musikleben erfasst hat. Manchmal ist man bereits froh, wenn man das Stück bei der Uraufführung halbwegs zusammenhalten kann.“ Selbst bei Spitzenensembles sei die Situation manchmal in der vorgegebenen Probenzeit so nur dorthin zu gelangen, wo man eigentlich erst anfangen möchte. „Das ist ein generelles Problem, dem man freilich auch nicht bloß dadurch entkommt, dass man in einer Fabrik spielt statt im Konzertsaal.“ Wider die „Öligkeit“ D time to gather Eröffnung mit Marino Formenti 11. März 20:00 Uhr Haus der Berliner Festspiele ennoch war für ihn die logische Konsequenz daraus, das Ensemble zu verlassen. Die erlangte Freiheit bot zwei Optionen: „Ich hätte Spezialist für zeitgenössische Musik werden können, einer jener typischen Pianisten, die von Festival zu Festival reisen und Uraufführungen von gerade gehypten Komponisten spielen.“ Das aber hätte bedeutet, vom Regen in die Traufe zu kommen – also erst recht wieder eine vorgegebene Rolle im Business zu erfüllen. Die Alternative war: sein eigener Weg. Auf diesem ist Marino Formenti, ein lebensfroher Sinnenmensch und zugleich reflektierender Skeptiker, zu einer undogmatisch-entspannten Variante kritischer Distanz fortgeschritten. Den herkömmlichen Typus des Festivals für (ausschließlich) zeitgenössische Musik findet er obsolet: durch die stilistische Einengung, den Uraufführungszwang, die Befriedigung der Interessen von Verlagen und Subventionsgebern. „Für mich ist alles auf Youtube zeitgenössisch, auch Gregorianik – weil wir es heute hören. Da bin ich ganz bei Bernd Alois Zimmermanns ‚Kugelgestalt der Zeit‘.“ Auch die äußere Form des Neue-Musik-Betriebs erscheint ihm erstarrt: „Aus der Vogelperspektive ähnelt das stark dem Klassik-Betrieb: in den 26 Ritualen, im Instrumentarium, im Aufbau, letztlich auch in der Art des bürgerlichen Publikums.“ Dabei sei der Hörer von heute oft viel eklektischer als die Veranstalter und Intendanten. „Und diese sind daheim sicher auch viel eklektischer, als sie glauben, arbeiten zu müssen.“ Das sagt einer, der gern einmal Musik von Helmut Lachenmann und Udo Jürgens („oder wenigstens von Nirvana“) miteinander konfrontieren würde – und der zugleich dafür sorgt, dass sein Eklektizismus nicht mit Anything goes verwechselt wird: „Ich bin ein Feind von Crossover und habe meine Projekte, die man in dieser Richtung hätte missverstehen können, immer ‚Crossunder‘ genannt.“ Im Prätentiösen erblickt Formenti eine große Gefahr für seine Zunft. „Wenn wir davon ausgehen, etwas Hohes, Wichtiges zu tun, sind wir fast schon am Scheitern. Widme ich einen Raum nur der heiligen Musik – also sagen wir: Bach, Brian Eno und John Cage –, dann laufe ich Gefahr, in einer salbungsvollen Priesterhaftigkeit zu landen, in einer ‚Öligkeit‘ (Alma Mahler hat Bruno Walter den „Öligen“ genannt), in einer aufgesetzten Seriosität, die mit echtem Ernst nichts zu tun hat.“ Aber: „Mozart und Shakespeare haben geblödelt, gewitzelt, waren doof, dumm – und zugleich ungemein clever und tiefsinnig. So wie die Welt. So wie Menschen einfach sind.“ Die klassische Konzertsituation empfindet Formenti vor diesem Hintergrund oft künstlich – aber er kann sich in ihr als Künstler genauso zurecht finden, weiß ihre Vorzüge zu nützen und verdankt ihr auch als Zuhörer tiefe Eindrücke. Etwa von Sviatoslav Richter, einem der pianistischen „Götter“ eines Pianisten, der selbst eigentlich keine Götter hat. Und von seinem Lehrer Oleg Maisenberg. Oder von Alfred Brendel. „Auch sie hatten bessere und schlechtere Tage. Aber wenn man die Götter als die Menschen sieht, die sie eigentlich sind, werden sie umso großartiger. Das gilt selbstverständlich auch für Komponisten.“ „time to gather“ D as Unprätentiöse, gewissermaßen eine neue Demut des Musizierens will Marino Formenti nun auch bei der Eröffnung der MaerzMusik 2016 in einem den herkömmlichen Rahmen sprengenden Format neu entdecken – für sich und seine Zuhörer, die freilich zu Mitwirkenden werden können. „time to gather“ ist der schlichte Titel eines Settings, bei dem die unsichtbare Wand zwischen Publikum und Interpret eingerissen, die Kommunikation angeregt werden soll – ohne strikt vorgegebenes Programm, ohne zeitlichen Rahmen, ohne den Zwang zum Stillsitzen und Schweigen. Jeder im Publikum kann wählen, ob und wie er damit umgeht, welche Rolle(n) er einnehmen will, wie er ins Geschehen eingreift. „Den Pianisten herumkommandieren ist erlaubt“, stellt Formenti mit jenem Augenzwinkern klar, das dennoch die Ernsthaftigkeit seiner Anliegen untermauert. „Vermutlich wird es Stücke zu hören geben, die sagen: Hör mir zu – und andere, zum Beispiel von Feldman oder Cage, die jedem erlauben, sich zu langweilen, einzuschlafen oder was auch immer.“ Zentral ist eines: „Wir wissen nicht, was passieren wird.“ Wer in Formenti deshalb einen Adrenalinjunkie erblickt, der nach dem nächsten, noch größeren Kick sucht, der irrt: Ganz im Gegenteil hatte er schon als junger Künstler erhebliche Probleme mit Lampenfieber, fühlte schon lange vor einem Auftritt das Herz bis zum Hals schlagen und lernte erst mit wachsender Erfahrung, besser mit dem Phänomen umzugehen. Zu überwinden ist es nicht. „Ängste habe ich immer gehabt. Das Spielen war nie eine g’mahte Wiesen“, gesteht er in einer im Klang italienisch gefärbten Wiener Phrase. „Aber irgendwann beginnt man zu begreifen, dass gerade solche Fragilitäten die eigenen Stärken ausmachen – als Kehrseite der Medaille. Dass man Oktaven nicht so treffsicher donnern kann wie Lang Lang, dafür aber vielleicht anderswo eine Sensibilität besitzt, die er nicht hat. Will ich mit ihm tauschen? Nein. I am what I am.“ Walter Weidringer, 1971 geboren, ist Musikwissenschaftler und Kritiker, unter anderem für die Tageszeitung „Die Presse“. Er lebt als freier Kulturpublizist in Wien. „Diese Epoche, die sich selbst ihre Zeit wesentlich als die beschleunigte Wieder kehr vielfältiger Festlichkeiten zeigt, ist ebenso eine Epoche ohne Feste. Was in der zyklischen Zeit der Moment der Teilnahme einer Gemeinschaft an der luxuriösen Verausgabung des Lebens war, ist der Gesellschaft ohne Gemein schaft und ohne Luxus unmöglich. Wenn ihre allgemein verbreiteten Pseudofeste, Parodien des Dialogs und der Gabe, zu einer wirtschaftlichen Mehrausgabe anregen, bringen sie nur die stets das Versprechen einer neuen Enttäuschung kompensierende Enttäu schung ein. Die Zeit des modernen Überlebens muss sich im Spektakel umso nachdrücklicher anpreisen, als sich ihr Gebrauchswert vermindert hat. Die Wirklichkeit der Zeit ist durch die Werbung für die Zeit ersetzt worden.“ Guy Debord, „Die Gesellschaft des Spektakels“, 1957 MaerzMusik © Mazen Kerbaj 2006 28 Der Klang der Hölle Von Katharina Fleischer Der Beiruter Zeichner und Musiker Mazen Kerbaj erinnert mit einer Klanginstallation an den Libanonkrieg 2006 „It’s awful to live in“: Zwei Zellen sind auf der Zeichnung zu sehen: „Pre-War“ und „Post-War“. In der einen steht ein großer, dünner Mann und weint. Es könnte der Zeichner selbst sein, Mazen Kerbaj. D er echte Kerbaj sieht auf den ersten Blick nicht traurig aus, nur dünn. Im Juli 2015 kam der 40-jährige Comiczeichner, Autor und Musiker aus Beirut auf Einladung des Berliner Künstlerprogramms des DAAD für ein Jahr nach Berlin – und fühlt sich hier nicht fremd. „Beirut war geteilt, so wie Berlin, und genauso heruntergekommen vom Krieg. Und wie Berlin ist auch Beirut mittlerweile neu aufgebaut und ganz anders geworden. Es gibt zwischen den beiden Städten eine Verbindung.“ Kerbaj genießt Berlin, trifft Musiker, liest, zeichnet. Es ist sein erster Auslandsaufenthalt: „Mit 20 wollte ich nach Frankreich gehen, um Comiczeichnen zu studieren, daraus wurde nichts. Jetzt fühle ich mich wie ein junger Student.“ Die Kunst war und ist für Mazen Kerbaj ein Lebenselixir, sie hält ihn am Leben. 1975 in Beirut geboren und aufgewachsen, erlebte er den Bürgerkrieg im Libanon, als Erwachsener den Krieg mit Israel im Jahr 2006. Dennoch: „Beirut hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin: Im Libanon leben wir in der Ungewissheit. Wir planen nicht, leben von einem Tag zum anderen. Ich bin nicht optimistisch.” Er stellt nur fest, bewertet selten. „In Beirut wird man mit der Zeit belastbarer. Wenn etwas passiert, wird es verdrängt.“ Die Politik trägt zum Vergessen bei. „Nach 15 Jahren Bürgerkrieg gab es keine gesellschaftliche Aufarbeitung. Sie sagten, der Krieg sei vorbei. Dann kamen dieselben Kriminellen wieder.“ Einen Halt in dieser unsicheren Situation gibt Kerbaj seit seiner Kindheit das Lesen. „Es ist eine einsame Sache, man kann es nicht teilen.“ Er liest viele Comics, auch Graphic Novels, die er aber nicht so nennen will. Und er zeichnet, was ihn täglich bewegt. Den Libanonkrieg 2006 hat er bereits als Comic verarbeitet. Für MaerzMusik stellt er sich diesem Thema nun in einem gänzlich anderen Medium – in einer in situ Klanginstallation. Als Jugendlicher begann Mazen Kerbaj, Trompete zu spielen. Mit dem Lehrer verstand er sich nicht, die arabische Musikkultur interessierte ihn nur mäßig. Er hörte vor allem Jazz: „Eine Musik ohne Wörter kommt auch ohne die Herrschaft der Wörter aus.” Mit seinem Freund, dem Gitarristen Sharif Sehnaoui, improvisiert er frei. „Als wir begannen, sagten manche, das sei Mist. Andere meinten, dass wir eine neue Musik erfunden hätten. Wir waren erstaunt, der Free Jazz ist schließlich schon über 60 Jahre alt.“ Und er lacht: „Mit meinen vierzig Jahren gelte ich heute als Großvater der neuen Musik im Libanon.“ Während der 33 Tage des Libanonkriegs 2006 machte Mazen Kerbaj immer wieder Tonaufnahmen in seiner Wohnung, in Summe sind es zwölf Stunden Material. „Manchmal gab es Duette zwischen meiner Trompete und israelischen Flugzeugen, die ihre Bomben über Beirut abwarfen. Ich habe mir die Aufnahmen danach nie mehr angehört. Aber nun ist es zehn Jahre her, das nehme ich als Anlass.“ Seine Gefühle zu diesem Tonmaterial sind gespalten. „Einerseits ist es vorbei, andererseits fühlt es sich an wie gestern. Ich weiß genau, wann und wo ich was aufgenommen habe.“ Während des Kriegs arbeitete er viel. Die Depression kam danach. „Heute erinnere ich mich, dass diese Zeit die Hölle war.“ Mazen Kerbaj „Before the war, it was the war. After the war, it is still the war.” In situ Klanginstallation Katharina Fleischer lebt und arbeitet in Berlin als Musikjournalistin und Musikpädagogin. Sie befasst sich mit Themen zum arabischen Raum mit Schwerpunkt Nordafrika und schreibt u. a. für „Oper! Das Magazin“, „128 – Das Magazin der Berliner Philharmoniker“ und „VAN“. MaerzMusik 13. März 12:00 – 18:00 Uhr 14. – 16. März 18:00 – 24:00 Uhr Bundesallee 53, 10715 Berlin Wollte bleiben, aber man kann sich nicht NICHT wiederholen, wie die Geschichte oder die Zeit, beide wiederholen sich nie, das ist bewundernswert, die Geschichte ist bewundernswert, die probiert es wenigstens immer wieder, die versucht, sich wie von selbst zu wiederholen, und sie scheitert immer wieder an sich selbst, das ist ja klar. Aber die Zeit bewundere ich schon auch. Sich niemals zu wiederholen, das ist schon was! Immer gehen, immer nur gehen, sogar die Uhr macht da oft schlapp, auch die kann nicht immer nur gehen, die geht manchmal ein wie ein Mensch. Elfriede Jelinek, „Winterreise. Ein Theaterstück“ 30 Seelen ohne Obdach Von Walter Weidringer Franz Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ ist seit fast 200 Jahren bestürzend modern. Das hat klar benennbare Gründe – die zeitgenössische Künstler immer wieder zu neuen Arbeiten herausfordern „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“: Es ist, als sei schon in diesen Anfangsversen, gegossen in eine zweimal resignativ niedersinkende Melodie und grundiert von sanftem Marschtritt, ein Wesenszug der Moderne vorweggenommen – und erst recht im offenen Ende des rätselhaft verhallenden letzten Liedes, „Der Leiermann“, mit dem das lyrische Ich verstummt und uns damit nach vielfältig aufgeschlüsselter Einsamkeitsbetrachtung unbarmherzig und ohne Lösungsangebot ins Ungewisse hinausstößt. Einen „Kreis schauerlicher Lieder“ wolle er ihnen vorsingen, die ihn mehr als alle früheren „angegriffen“ hätten: So soll Schubert 1827 seine Freunde Schober und Spaun eingeladen haben, seine neueste Komposition kennenzulernen, den Zyklus „Winterreise“ nach Gedichten Wilhelm Müllers. Erst knapp hundert Jahre später diagnostizierte Georg Lukács in seiner „Theorie des Romans“ an der modernen Literatur Charakteristika, die sich lesen, als seien sie direkt auf die „Winterreise“ gemünzt: Das „epische Individuum, der Held des Romans“ entstehe aus einer „Fremdheit zur Außenwelt“, sei auf das eigene, längst als prekär erlebte Innere zurückgeworfen – und das Kunstwerk zeige die „Wanderung des problematischen Individuums zu sich selbst, der Weg von der trüben Befangenheit in der einfach daseienden, in sich heterogenen, für das Individuum sinnlosen Wirklichkeit zur klaren Selbsterkenntnis“. Mit seiner „transzendentalen Obdachlosigkeit“, wie Lukács berühmt gewordene Formulierung lautet, ließe sich der namenlose Protagonist der „Winterreise“ bruchlos einreihen in die Galerie jener scheiternden oder längst gescheiterten Helden seit Cervantes’ Don Quixote. Wen kümmert’s, wer singt? K ein Wunder also, dass die „Winterreise“ bis heute eine eigene Faszination ausübt und nicht bloß als ein Zentralmassiv der Gattung immer wieder und von den bedeutendsten Liedinterpreten aufgeführt wird, sondern zu vielfältigen, auch radikaleren Neudeutungen geradezu herausfordert. 2006 verstörte etwa Christine Schäfer mit ihrer zwar notengetreuen, aber in ungewohnter Sopranlage silbrig-glitzernd vorgetragenen Lesart – mit der sie die Frage aufwarf, ob das Werk auch geschlechtlich fixiert wäre, auf Stimmen vom Bariton bis zum schwarzen Bass festgelegt? Keineswegs, musste die Antwort lauten: Schuberts Originaltonarten liegen hoch, sind jedenfalls von tieferen Stimmen kaum zu bewältigen. Und einen singenden Menschen auf das Konstrukt einer Geschlechter rolle zu reduzieren, wäre schlicht sexistisch. Eine hohe (Männer-?)Stimme scheint den originalen Absichten am nächsten zu kommen. Unter den Tenören der Gegenwart nimmt jedenfalls Ian Bostridge als Liedsänger einen Ausnahmerang ein; zudem hat der Brite 2015 das ungemein kluge, fesselnde Buch „Schuberts Winterreise“ geschrieben, dessen originaler Untertitel („Anatomy of an Obsession“) mehr aussagt als dessen deutsches Pendant („Lieder von Liebe und Schmerz“). Allein, wie Bostridge im Kapitel über den „Lindenbaum“ dessen banale Umarbeitung durch Friedrich Silcher bespricht und dabei einen Taxifahrer und Nana Mouskouri ebenso streift wie eine Episode der „Simpsons“, bevor er ausführlich das leitmotivische Auftauchen des Liedes in Thomas Manns „Zauberberg“ behandelt, übrigens ein Paradebeispiel für den modernen Roman à la Lukács, ist so vergnüglich wie lehrreich zu lesen. Dabei ist die „Winterreise“ gar nicht so fest in männlicher Interpretenhand wie Skeptiker glauben mögen: Neben Mezzosopranen wie Christa Ludwig und Brigitte Fassbaender, die den Zyklus in besonders dunkle Farben kleidete und in einer pittoresken Filmversion des Regisseurs Petr Weigl (1994) in verschiedene Rollen schlüpfte, waren MaerzMusik „Solo für die Leinwand“ Ein „Solo für die Leinwand“: 2014 führte der südafrika nische Künstler William Kentridge gemeinsam mit dem Bariton Matthias Goerne und dem Pianisten Markus Hinterhäuser sein Projekt zu Schuberts „Winterreise“ auf. Anlässlich der Retrospektive „NO, IT IS! William Kentridge in Berlin“ ist diese Produktion im Juli 2016 im Haus der Berliner Festspiele zu Gast. Sophie Rois liest aus Elfriede Jelinek „Winterreise. Ein Theaterstück” 13. März, 19:00 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Großer Saal Bernhard Lang „Monadologie XXXXII. The Cold Trip pt.1 und pt.2” 13.März, 21:00 Uhr Haus der Berliner Festspiele, Bühne Franz Schubert „Winterreise“ mit Ian Bostridge (Tenor) und Julius Drake (Klavier) 15. März, 19:30 Uhr Kammermusiksaal der Philharmonie Daniel Kötter / Hannes Seidl LIEBE – Ökonomien des Handelns 3 Musiktheater (2015/2016) UA 16., 17. und 18. März 20:00 Uhr Sophiensæle es auch Margaret Price und einst, lange Zeit vor allen Gender Studies, schon Lotte Lehmann, die sich dem Werk gleichsam von oben näherten, als imaginierte Hosenrolle oder von allgemein- menschlicher Warte aus. Im psychischen Ausnahmezustand D och schon das Original trug einige politische Brisanz in sich. Wilhelm Müller, Sohn eines Dessauer Schneiders, kämpfte als Freiwilliger in den Befreiungskriegen gegen die Napoleonische Armee, wurde Lehrer und später Herzoglicher Bibliothekar in Dessau, arbeitete als Herausgeber und Redakteur (u. a. für Brockhaus) und sympathisierte mit den Griechen in ihrem Kampf gegen die türkische Besatzung. Anfang Oktober 1827 starb er, sechs Tage vor seinem 33. Geburtstag. Er hinterließ fünf Gedichtbände, in denen Einflüsse der Romantiker Novalis, Clemens Brentano und Achim von Arnim spürbar sind; die klare Gesellschaftskritik aber, die er vor der Zensur zwischen den Zeilen scheinbarer „Liebeslieder“ zu verstecken wusste, wurde auch in der Schubert- Rezeption lange Zeit übersehen. Die Texte der „Winterreise“ entstammen der Sammlung „77 Gedichte aus den nachgelassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten“, aus der Schubert 1823 auch schon den Zyklus „Die schöne Müllerin“ komponiert hatte. Bei der „Müllerin“ handelt es sich noch um eine Art Liederzählung mit konkreter fortschreitender Handlung und starken Schwankungen der Affekte bis hin zum Freitod in den Fluten des Baches. Die „Winterreise“ hingegen kennt kein solches folgerichtiges, wenn auch tragisches Ziel mehr – und damit auch nicht eine ähnliche „romantische Erlösung“ (Hans-Joachim Hinrichsen), wie sie dem Müllersburschen gewährt wird: In ihren Liedern verbindet sich ein weit einheitlicherer resignativer Grundzug mit dem durchgehenden Motiv ziellosen Weiterwanderns. 32 Die Geschichte – und damit auch das gequälte Individuum – dreht sich auf beklemmende Weise im Kreis. Gemeint ist hier jedoch weniger die private Gefühlslage des Komponisten oder des Dichters, sondern die erdrückend dumpfe geistig- politische Atmosphäre des Biedermeier und Vormärz. Die dominante düstere Stimmung ist allerdings in Text und Musik in so viele Graustufen aufgefächert, dass keine Monotonie aufkommt. Müllers Bildsprache nützt die Symbolwerte von Begriffen wie „Wetterfahne“, „Irrlicht“, „Wegweiser“ und „Leierkasten“; der fast permanente psychische Ausnahmezustand, die Rastlosigkeit des lyrischen Ichs zwischen Wehmut und innerer wie äußerer Kälte, sie finden in Schuberts Musik beklemmenden Ausdruck: mit repetitiven Mustern, stockenden Verläufen sowie aufgeweichten, ins nächste Lied führenden Schlüssen. Überhaupt wandelt sich das Klavier von der Begleitung zum expressiven Widerpart. Der zyklische Zusammenhang ist so stark, dass sich einzelne Lieder eigentlich nicht herauslösen lassen: Beim zu großer Volkstümlichkeit und Breitenwirkung gelangten „Lindenbaum“ ist es ja die bereits erwähnte, textlich und musikalisch brutal verharmlosende Silcher-Fassung, die das Original (ein Strophenlied zum Thema Selbstmord) „konsumierbar“ machte – eines von vielen populären Missverständnissen, denen Schubert zum Teil bis heute ausgeliefert ist. „… immer dieselbe Leier …“ A usgeliefertsein, Volksdümmlichkeit und verharmloste Verbrechen sind auch Teil jenes spezifisch österreichischen und doch weit über die Grenzen des Landes hinausweisenden Pandämoniums, das die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in „Winterreise. Ein Theaterstück“ (2011) öffnet – und aus dem die Schauspielerin Sophie Rois bei der MaerzMusik lesen wird. Mit ständiger assoziativer Rücksicht auf Müller und Schubert handelt Jelinek darin den Hypo-Alpe-Adria-Skandal (mit Filmstill aus „LIEBE – Ökonomien des Handelns” © Daniel Kötter und Hannes Seidl MaerzMusik einer „geschmückten Bankenbraut“ im Zentrum), das Schicksal eines entführten „Mädchens aus dem Keller“ (die namentlich nicht genannte Natascha Kampusch), den die Natur schändenden Ski-Zirkus samt brutaler Hüttengaudi, die emotionale Deformationen durch soziale Netzwerke sowie die Tragödie der Demenz ab. Und auch die Autorin selbst scheint zum Thema zu werden, ihre schwierige Beziehung zur dominanten Mutter und zum in der Psychiatrie endenden Vater sowie die eigene Rolle als Außenseiterin. Zuletzt räsoniert sie als untote Leierfrau: „So, da steh ich also mit meiner alten Leier, immer der gleichen. Wer will dergleichen hören? Niemand. Immer dieselbe Leier, aber das Lied ist doch nicht immer dasselbe! Ich schwöre, es ist immer ein anderes, auch wenn es sich nicht so anhört …“ Die Musikalität von Jelineks spielerisch anmutender und doch messerscharf sezierender Sprache ist immer wieder gerühmt worden, in diesem Werk erreicht sie ein neuen Gipfel. Neben bildnerischen Interpretationen, etwa von Evely Grill in Siebdrucken (2003, 2015) oder, ganz prominent und nicht unumstritten, von William Kentridge in parallel zur Musik gezeigten Trickfilmen (mit Matthias Goerne und Markus Hinterhäuser, 2014), hat etwa der Komponist Hans Zender schon 1993 eine „komponierte Interpretation“ der „Winterreise“ für Tenor und kleines Orchester vorgelegt, die im Original enthaltenen musikhistorischen Keime bis in die Moderne entwickelt. Jüngst setzte sich sein Kollege Bernhard Lang auf deutlich radikalere Weise mit dem Zyklus auseinander – und zog dabei auch Konsequenzen aus den zwei Etappen der Entstehungsgeschichte mit je zwölf Liedern im Februar und im Oktober 1827. Bernhard Lang ist bekannt geworden durch eine von Jazz, Rock und Techno ebenso wie von klassischer Avantgarde beeinflusste Musik, in der DJs, Turntables und Computer jenseits überkommener Genre-Grenzen Loops ganz eigener Art vollführen und umfangreiche Werkreihen (wie etwa „Differenz/Wiederholung“) generieren. „Monadology XXXII – The Cold Trip pt. 1 and pt. 2“, eine 34 Metakomposition wie die ganze „Monadology“- Reihe, ist eine Art Recycling der „Winterreise“: im ersten Teil für Stimme und vier Gitarren, im zweiten dann für Stimme, Klavier und Laptop, wobei die Vorlage nicht zuletzt in speziellen Samples präparierter Klavierklänge präsent ist, die sich zu einem immer dichteren Palimpsest überlagern. Die auf Englisch singende Stimme ist gleichsam in der eigenen Erinnerung auf der Suche nach dem entglittenen Original – auch das ein Zustand transzendentaler Obdachlosigkeit, für den Elfriede Jelinek folgende Schlussworte gefunden hat: „Fremd eingezogen, fremd ausgezogen, die Leier drehend, immer dieselbe Leier, immer dasselbe? Sie hätten eine andre Reise wählen können, Sie hätten mit der Zeit endlich eine andre Reise und eine andre Leier wählen können, doch das wäre dann keine Zeit mehr gewesen und keine Leier.“ Walter Weidringer, 1971 geboren, ist Musikwissenschaftler und Kritiker, unter anderem für die Tageszeitung „Die Presse“. Er lebt als freier Kulturpublizist in Wien. NO, IT IS! William Kentridge in Berlin Ausstellungen / Performances / Lectures Mai-Juli 2016 Martin-Gropius-Bau Foreign Affairs – International Performing Arts Festival Der Vorverkauf läuft Martin-Gropius-Bau 12. März bis 6. Juni 2016 Bundeswettbewerbe Günter Brus 3. Tanztreffen der Jugend Störungszonen Jetzt bewerben! Einsendeschluss ist der 31. März 2016 Berliner Festspiele Martin-Gropius-Bau 19. März bis 12. Juni 2016 Theatertreffen Lee Miller 6. bis 22. Mai 2016 Vorverkauf ab 16. April 2016 Fotografien Berliner Festspiele Martin-Gropius-Bau bis 16. Mai 2016 Kunst der Vorzeit Felsbilder der Sammlung Frobenius Musikfest Berlin Eröffnungskonzert Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Daniel Harding Leitung Philharmonie 3. September 2016 MaerzMusik The Lon The Long Now, Kraftwerk Berlin, MaerzMusik 2015 © Camille Blake 36 ng Now „The Long Now“ ist ein Ort der andauernden Gegenwart. Ein Raum, in dem sich Zeit selbst entfalten und das Zeitgefühl sich verlieren kann. Das 30-stündige Projekt bildet den Abschluss von MaerzMusik − Festival für Zeitfragen 2016. In der monumentalen Kulisse des Kraftwerk Berlin sind Konzerte, Performances und elektronische Live-Acts mit Klang- und Videoinstallationen zu einer großformatigen Komposition in Raum und Zeit versammelt. Von Klassikern der musikalischen Avantgarde bis hin zu Ambient Music und Noise reichen die musikalischen Welten, die sich in der zweiten Ausgabe von „The Long Now“ wieder zu einer körperlichen und künstlerischen Grenzerfahrung formieren. Wir laden Sie ein, sich liegend, stehend, sitzend, tanzend oder essend dieser Zeitblase hinzugeben. MaerzMusik The Long Now 19. März, 18:00 Uhr – 20. März 24:00 Uhr Kraftwerk Berlin Programm MaerzMusik - Festival für Zeitfragen 2016 Freitag, 11. März Samstag, 12. März Sonntag, 13. März Haus der Berliner Festspiele, 20:00–24:00 Uhr Opening time to gather Für die Eröffnung von MaerzMusik 2016 hat Marino Formenti einen Klavierabend der besonderen Art vorbereitet: kein festes Programm, kein vorherbestimmtes Ende – dafür die Freiheit, von nah oder fern zuzuhören, mit dem Pianisten gemeinsam das nächste Stück aus einer großen Zahl an Kompositionen vom Mittelalter bis in unsere Gegenwart auszuwählen. Musik von Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Sebastian Bach, Björk, John Cage, Louis-Nicolas Clérambault, Chinawoman, Jean-Henri d’Anglebert, Guillaume de Machaut, Brian Eno, Morton Feldman, Brian Ferneyhough, Bernhard Lang, John Lennon, Franz Liszt, Nirvana, Enno Poppe, Domenico Scarlatti, Franz Schubert, Karlheinz Stockhausen, Galina Ustwolskaja oder anderen Siehe auch S. 24 Haus der Berliner Festspiele, 12:00–18:00 Uhr Thinking Together Konferenz und Diskursformate in einer siebentägigen transdisziplinären Plattform, die dem gemeinsamen Nachdenken über unser Verhältnis zur Zeit gewidmet ist. Das Format besteht aus frei zugänglichen Seminaren, Lecture-Performances, Diskussionen und experimentellen Diskursformaten. Unter dem Titel „Time and the Digital Universe“ spürt die zweitägige Eröffnungskonferenz neuen digitalen Zeitformen, ihren Eigenschaften und Auswirkungen nach. Siehe auch S. 10 und 16 Haus der Berliner Festspiele, 12:00–18:00 Uhr Thinking Together Konferenz und Diskursformate (siehe 12. März). „Time and the Digital Universe”: Vorträge von George Dyson, Luciana Parisi, Laboria Cuboniks, Francisco José Vico und Annie Dorsen. „Time and the Digital Universe”: Vorträge von George Dyson, Elena Esposito, Hartmut Rosa und Judy Wajcman. Haus der Berliner Festspiele, 18:00 & 22:00 Uhr Yesterday Tomorrow Zwischen dem Beatles-Song „Yesterday“ und dem Hit „Tomorrow“ aus dem Broadway-Musical „Annie“ scheinen Welten zu liegen. Annie Dorsen macht aus dieser Lücke eine unvorhersehbare musikalische Reise mittels eines Computer-Algorithmus, der den Weg von einem Song zum anderen in Echtzeit komponiert und die Partitur an die vom Blatt singenden Performer auf der Bühne weitergibt. Siehe auch S. 16 Haus der Berliner Festspiele, 19:00–22:00 Uhr The News Blues Nicholas Bussmanns „The News Blues“ ist ein musikalisches und soziales Experiment mit den Mitteln der algorithmischen Komposition: Sieben Performer unterschiedlicher Muttersprachen verarbeiten, imitieren, harmonisieren, missverstehen und transformieren Nachrichten in eine Polyphonie von Stimmen und Bedeutungen und hinterfragen damit gesellschaftliche Realitäten im Zeitalter des Datenstromes. Siehe auch S. 22 Haus der Berliner Festspiele, 20:00 Uhr Algorithmic Composition Innerhalb weniger Sekunden generiert Iamus – ein Computer-Cluster am Institut für Biomimetik der Universität Málaga – seine Werke, indem er, evolutionäre Prozesse simulierend, musikalische DNA mutiert, die wiederum von menschlichen Musikern gespielt wird. Ein moderiertes Konzert über neue Horizonte in der künstlerischen Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Siehe auch S. 16 Bundesallee 53, 12:00–18:00 Uhr Mazen Kerbaj „Before the war, it was the war. After the war, tit is still the war.” In situ Klanginstallation (2016) UA. Klangbilder des Alltags, TV-News, Radio-Songs und private Telefonate, unterbrochen von Kampfflugzeugen und Bombeneinschlägen, dazu Trompetenklänge: Kerbaj unternimmt den Versuch, seine Sicht auf den Libanonkrieg 2006 zu zeigen. Siehe auch S.28 Haus der Berliner Festspiele, 19:00 Uhr Winterreise. Ein Theaterstück In „Winterreise. Ein Theaterstück“ macht sich Elfriede Jelineks lyrisches Ich auf eine gedankliche Wanderung durch ihre Biografie und den Wahnwitz der Gegenwart. Ein Theatertext über Einsamkeit und innere Emigration, Fremdheit und Perversion, Vergänglichkeit und das Scheitern, interpretiert von Sophie Rois. Siehe auch S. 30 Haus der Berliner Festspiele, 21:00 Uhr The Cold Trip Schuberts romantische Lieder werden mittels Loop-, Schnitt- und Sampletechniken recycelt und überschrieben. Aus der „Winterreise“ wird eine Metakomposition – „The Cold Trip“. Siehe auch S. 30 Montag, 14. März Haus der Berliner Festspiele, 10:00–18:00 Uhr Thinking Together Konferenz und Diskursformate (siehe 12. März). Workshops, Seminare, Projekte. Detailinformationen: www.berlinerfestspiele.de/thinking-together Bundesallee 53, 18:00–24:00 Uhr Mazen Kerbaj „Before the war, it was the war. After the war, it is still the war.” In situ Klanginstallation (2016) UA. Siehe 13. März. Haus der Berliner Festspiele, 19.30 Uhr Plus-Minus Ensemble Der dreiteilige Konzertabend des Plus-Minus Ensembles zeigt einen Mix aus Avantgarde und experimentellen Traditionen: Joanna Bailie stellt ihre „Artificial Environments“ vor; Matthew Shlomowitz fragt nach dem Wesen schlechter Musik; und zum Abschluss weitet sich der Blick auf vier Positionen aus dem ästhetischen Umfeld des Ensembles. 38 Dienstag, 15. März Mittwoch, 16. März Freitag, 18. März Haus der Berliner Festspiele, 10:00–18:00 Uhr Thinking Together Konferenz und Diskursformate (siehe 12. März). Workshops, Seminare, Projekte. Detailinformationen: www.berlinerfestspiele.de/thinking-together Haus der Berliner Festspiele, 10:00–18:00 Uhr Thinking Together Konferenz und Diskursformate (siehe 12. März). Workshops, Seminare, Projekte. Detailinformationen: www.berlinerfestspiele.de/thinking-together Bundesallee 53, 18:00–24:00 Uhr Mazen Kerbaj „Before the war, it was the war. After the war, it is still the war.” In situ Klanginstallation (2016) UA. Siehe 13. März. Sophiensæle, 20:00 Uhr LIEBE – Ökonomien des Handelns 3 Erst das Geld, dann das Gesetz und schließlich – „LIEBE“. Mit dem dritten Teil ihres MusiktheaterProjekts „Ökonomien des Handelns“ präsentieren der Experimentalfilmer Daniel Kötter und der Komponist Hannes Seidl den Abschluss ihrer Forschungen zu den Rahmenbedingungen gesellschaftlichen Handelns. Radialsystem V, 19:00–24:00 Uhr alif – a musical exhibition space „alif::split in the wall“ ist ein Konzertexperiment, das die Prinzipien der Ausstellungspraxis Bildender Kunst und der Performance auf die musikalische Form des Konzerts übertragt: Eine Rauminstallation der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota lässt einen pulsierenden Organismus entstehen, in dem sich Musiker*innen wie Publikum frei bewegen können. Die Komponisten Stefan Goldmann und Samir Odeh-Tamimi entfalten dazu einen vierstündigen akustischen Erlebnisraum. Siehe auch S. 22 Kammermusiksaal der Philharmonie, Foyer, 18:00 Uhr Querklang Das Projekt QuerKlang bringt im Rahmen von MaerzMusik 2016 sechs Kollektiv-Kompositionen von Schüler*innen Berlins zur Uraufführung. Kammermusiksaal der Philharmonie, 19:30 Uhr Winterreise Ian Bostridge gilt als einer der bedeutendsten, weil eigenwilligsten Interpreten von Schuberts „Winterreise“. Mit seiner über zwanzigjährigen Interpretationserfahrung hat der Brite nun über das geheimnisvolle Einsamkeitsepos ein Buch geschrieben. Wenn er im Anschluss an das Konzert aus diesem Buch vorliest und mit Sarah Willis diskutiert, dann ist dies eine nicht weniger aufregende Stimme zum Thema als sein Tenor. Siehe auch S. 30 Kraftwerk Berlin, 22:00–08:00 Uhr Max Richter SLEEP Max Richter zählt zu den führenden britischen Komponisten der Gegenwart und hat mit „SLEEP” eine der längsten Kompositionen der Musikgeschichte geschrieben. Das Werk für Klavier, Streicher, Elektronik und Gesangsstimme dauert acht Stunden und erschließt der Musik neue Wahrnehmungsräume. „Schlafen zählt zu den wichtigsten Dingen, die wir tun. Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf“, erklärt Max Richter. „SLEEP ist mein persönliches Wiegenlied für eine hektische Welt, ein Manifest für eine langsamere Gangart des Lebens.“ Siehe auch S. 14 Bundesallee 53, 18:00–24:00 Uhr Mazen Kerbaj Mazen Kerbaj: „Before the war, it was the war. After the war, it is still the war.” In situ Klanginstallation (2016) UA. Siehe 13. März. Kraftwerk Berlin, 22:00–08:00 Uhr Max Richter SLEEP Siehe 15. März. Donnerstag, 17. März Haus der Berliner Festspiele, 10:00–18:00 Uhr Thinking Together Konferenz und Diskursformate (siehe 12. März). Workshops, Seminare, Projekte. Detailinformationen: www.berlinerfestspiele.de/thinking-together Haus der Berliner Festspiele, 18:00 Uhr Querklang Siehe 15. März Haus der Berliner Festspiele, 20:00 Uhr Ensemblekollektiv Berlin Im Ensemblekollektiv Berlin vereinigen sich vier Berliner Ensembles zu einer durchaus nicht alltäglichen Situation, welche der Musik zweier Komponisten zugutekommt: Eduardo Moguillansky macht sich an eine „Ausmessung des Menschen“, Timothy McCormack grundiert sein neues Werk mit naturwissenschaftlichem Interesse. Sophiensæle, 20:00 Uhr LIEBE – Ökonomien des Handelns 3 Daniel Kötter / Hannes Seidl: „LIEBE – Ökonomien des Handelns 3“ Musiktheater (2015/16) UA. Siehe 16. März Kraftwerk Berlin, 22:00–08:00 Uhr Max Richter SLEEP Siehe 15. März MaerzMusik Sophiensæle, 20:00 Uhr LIEBE – Ökonomien des Handelns 3 Daniel Kötter / Hannes Seidl: „LIEBE – Ökonomien des Handelns 3“ Musiktheater (2015/16) UA. Siehe 16. März Samstag, 19. März Radialsystem V, 12:00–18:00 Uhr alif – Installation Zuletzt machte die japanische Künstlerin Chiharu Shiota bei der Biennale in Venedig auf sich aufmerksam. Nun hat Shiota für die Produktion „alif::split in the wall“ eine neue Rauminstallation geschaffen, deren Materialien Assoziationen des Klinischen, des Prothetischen und des Körpers wachrufen. Ein lebendiger und doch steriler Organismus, der auch als autonome Rauminstallation zu erleben ist. Siehe auch S. 20 Radialsystem V, 19:00–24:00 Uhr alif – a musical exhibition space Siehe 18. März Kraftwerk Berlin, 19. März, 18:00 Uhr–20. März, 24:00 Uhr The Long Now „The Long Now“ ist ein Ort der andauernden Gegenwart. Ein Raum, in dem sich Zeit selbst entfalten und das Zeitgefühl sich verlieren kann. In der monumentalen Kulisse des Kraftwerk Berlin sind Konzerte, Performances und elektronische Live-Acts mit Klang-und Videoinstallationen zu einer großformatigen 30-stündigen Komposition in Raum und Zeit versammelt. Von Klassikern der musikalischen Avantgarde bis hin zu Ambient Music und Noise reichen die musikalischen Welten, die sich in der zweiten Ausgabe von „The Long Now“ wieder zu einer körperlichen und künstlerischen Grenzerfahrung formieren. Mit Caterina Barbieri, Rashad Becker & Moritz von Oswald, Biosphere, John Cage, Robert Curgenven, Dalhous, Dan Vicente (Acronym), Morton Feldman, Marino Formenti, Klara Lewis, Murcof, Nina, Objekt, Mårten Spångberg, TM404 and Miles Whittaker Siehe auch S. 36 Eintrittspreise Haus der Berliner Festspiele 11.3. € 25 / 20 erm. 12.3. € 15 / 12 erm. 13.3. € 15 / 12 erm. 14.3. € 10 / 8 erm. (Einzel-Ticket), € 20/15 erm. (Kombi-Ticket fur alle drei Konzerte) 17.3. € 15 / 12 erm. Impressum Kammermusiksaal der Philharmonie 15.3. € 40 / 30 / 20 / 10 Veranstalter Berliner Festspiele Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Sophiensæle 16. / 17.3. € 15 / 12 erm. Intendant: Dr. Thomas Oberender Kaufmannische Geschäftsführung: Charlotte Sieben Künstlerischer Leiter MaerzMusik: Berno Odo Polzer Organisationsleitung: Ilse Muller Technische Leitung: Matthias Schäfer, Andreas Weidmann Produktion: Ina Steffan, Magdalena Ritter, Nadin Deventer, Hélène Philippot Mitarbeit: Thalia Hertel, Albert Mena Spielstätten- und Künstlerbetreuung: Karsten Neßler, Katalin Drabant, Laila Kühle Presse: Patricia Hofmann Redaktion: Carsten Fastner, Dr. Barbara Barthelmes Grafik: Ta-Trung, Berlin Bundesallee 53, 10715 Berlin 13. / 14. / 15. / 16.3. € 5 Radialsystem V 18. / 19. 3. € 25 / 20 erm. 19. / 20.3. € 5 (Installation: freier Eintritt mit Ticket für „The Long Now“) Kraftwerk Mitte 19. / 20.3. € 30 / 25 erm. (Single-Entry, gültig für einen Eintritt) 19. / 20.3. € 40 / 35 erm. (Re-Entry, gültig für mehrere Eintritte) 15. / 16. / 17.3. € 48 / 38 erm. nur an der Abendkasse Eintritt frei zu allen Projekten von „Thinking Together“ Wahl-Abonnement Wählen Sie aus dem Festivalprogramm mehrere Konzerte: 9 Tickets mit 35 Prozent 6 Tickets mit 30 Prozent 3 Tickets mit 25 Prozent Ermäßigung auf den Einzelpreis Die Zahl der verfügbaren Wahl-Abonnements ist begrenzt. Im Wahl-Abonnement maximal 3 Tickets pro Konzert. „The Long Now“ ist vom Wahl-Abo ausgeschlossen. Abonnements können entweder schriftlich mit dem Abo-Coupon (www.berlinerfestspiele.de/ abos) oder telefonisch bestellt werden Ermäßigungen Ermäßigte Karten je nach Verfügbarkeit an den Abendkassen für Schüler, Studierende bis zum 27. Lebensjahr, Auszubildende, Bundesfreiwilligendienstleistende, Wehr- und Zivildienstleistende und ALG II-Empfänger (gültiger Ausweis erforderlich). Ticketservice Kassen Haus der Berliner Festspiele Schaperstraße 24, 10719 Berlin Montag – Samstag 14:00–18:00 Uhr Martin-Gropius-Bau Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, 10719 Berlin T + 49 30 245 89 0 www.berlinerfestspiele.de/[email protected]
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