Sind wir alle essgestört? Jein! Essstörungen haben natürlich ganz klar abgegrenzte Diagnosekriterien, wie sie im Diagnosemanual DSM V nachzulesen sind, somit ist nicht jeder dicke oder dünne Mensch gleich essgestört. ABER: unsere Gesellschaft fördert Essstörungen im beträchtlichen Maße. So bewegen wir uns im Spannungsfeld zwischen -einem Überangebot von Nahrung, Industrienahrung, Fast Food-Kultur einerseits und eine Gesundheits- , Fitness- und Diätindustrie andererseits, die wiederum zwei Extreme ausbilden können: das Überessen bis zur Adipositas und das „krankhafte Gesundessen“ (Orthorexie) und strenge Selbstoptimieren im Fitnessbereich. -Lebensmittelskandalen und den dazugehörigen beängstigenden Berichterstattungen und im Gegenzug dazu eine starke Ökobewegung mit teilweise(!) Glaubenskrieg ähnlichen Zügen - zunehmende Lebensmittelunverträglichkeiten und im Gegenzug dazu eine angstschürende Berichterstattung im Verbund mit einer Lebensmittelindustrie die den „free from“ –Markt nur allzu gerne bedient - ein unnatürlich schlankes Schönheitsideal bei Frauen und ein unnatürlich muskulöses Körperideal bei jungen Männern stehen im krassen Gegensatz zu immer raffinierteren, mit viel geschickter Verkaufspsychologie angeregten Konsumanreizen.(„Gönn dir was!“ „Wenn du deinen Kindern diese Bonbons kaufst, dann bist du eine gute Mutter!“) Diese Widersprüche fördern durchaus zwanghaftes Verhalten, wie es bei der Magersucht der Fall ist oder das ständige Hin und Her zwischen zwei Extremen ist das, was eine Bulimie ausmacht. Oder auch das suchtartige Essen, wobei Essen mit Emotionen wie Trost, Sicherheit, Familiensinn, Belohnung, Entspannung etc. gleichgesetzt wird. Wenn dazu noch schwierige Lebensphasen oder belastende Familiensituationen hinzukommen, ist der Kriegsschauplatz Essen oft nicht weit.
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