Eltern bleiben – bei Trennung und Scheidung

Informationen zum Vortrag+:
„Eltern bleiben – bei Trennung und
Scheidung“
zusammengestellt von den Referenten
Elfriede Zang und Ralph Axiomakarou
Diplom-SozialpädagogInnen
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Was regelt das Sorgerecht?
Grundsätzlich haben Vater und Mutter gemeinsam die Pflicht und das Recht, für ihre
gemeinsamen minderjährigen Kinder zu sorgen.
Diese so genannte „elterliche Sorge“ beinhaltet dabei sowohl die Sorge für das Kind, genannt
Personensorge, aber auch die Sorge für das Vermögen des Kindes, genannt
Vermögenssorge. Die Personensorge umfasst die Verantwortung für Bekleidung, Nahrung,
Kindergartenbesuch, Ausbildung und Erziehung sowie Aufenthalt und Gesundheit des
Kindes. Die Vermögenssorge berechtigt und verpflichtet die Eltern, die finanziellen
Interessen des Kindes zu wahren, sein Vermögen zu erhalten und möglichst zu vermehren.
Was bedeutet das gemeinsame elterliche Sorgerecht?
Gemeinsame elterliche Sorge bedeutet, dass sie trotz des Zerbrechens ihrer Partnerschaft
Ihre Verantwortung als Eltern gemeinsam weiter tragen und wichtige Erziehungsaufgaben
auch gemeinsam übernehmen wollen.
Für wichtige Entscheidungen, die das Kind betreffen (z.B. Besuch des Kindergartens, Wahl
der Schule, Schulwechsel), benötigt deshalb der Elternteil, bei dem das Kind lebt, die
Zustimmung des anderen.
Können sich Eltern bei einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung nicht einigen, sind sie
zunächst verpflichtet, ein Einvernehmen herzustellen. Sollte dies nicht gelingen, empfiehlt es
sich, Hilfe bei einem neutralen Dritten zu suchen.
Kommt es trotzdem zu keiner Einigung, können sich die Eltern an das Familiengericht
wenden.
Muss bei gemeinsamer elterlicher Sorge immer alles gemeinsam entschieden
werden?
Nein, das wäre viel zu schwierig und umständlich. Der Gesetzgeber hat deshalb hier
differenziert. Er unterscheidet zwischen Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von
erheblicher Bedeutung ist und zwischen Angelegenheiten, die das tägliche Leben betreffen.
Bei Letzterem darf der Elternteil, bei dem sich das Kind überwiegend aufhält, alleine
entscheiden und braucht deshalb nicht die Zustimmung des anderen Elternteils.
Angelegenheiten des täglichen Lebens sind zum Beispiel:
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Organisation des täglichen Lebens
Kleidung
Hausaufgaben
Arztbesuche bei nicht schwerwiegenden Erkrankungen.
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Jedoch ist bei Entscheidungen, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist,
das Einverständnis beider Elternteile Voraussetzung. Hier darf also nicht alleine entschieden
werden, sondern Sie müssen Ihren ehemaligen Partner fragen und dann eine gemeinsame
Entscheidung treffen. Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sind zum Beispiel:
- Aufenthalt des Kindes,
- Besuch des Kindergartens, Wahl der Schule, Schulwechsel,
- Ausübung teurer Sportarten
- Entscheidungen über nicht eilige Operationen.
Bei Gefahr im Verzug haben beide Eltern die alleinige Entscheidungs- und
Handlungsbefugnis. Das ist dann der Fall, wenn dem Kind Nachteile von erheblichem
Ausmaß drohen, zu deren Abwendung sofortiges Eingreifen notwendig und eine vorherige
Kontaktaufnahme zum anderen Elternteil nicht möglich ist, beispielsweise bei Unfällen,
Krankheiten oder auf Reisen. Der andere Elternteil muss in diesen Fällen im Nachhinein
informiert werden.
Was ist sonst noch wichtig?
Die tatsächliche Elternverantwortung wird jedoch durch die elterliche Sorge nicht
abschließend umfasst: so wird die elterliche Verpflichtung, finanziell für das Kind zu sorgen,
durch das Unterhaltsrecht geregelt. Unterhalts-, Umgangs- und Sorgerecht bestehen
unabhängig voneinander. So besteht die Verpflichtung eines Elternteils zu
Unterhaltszahlungen ganz unabhängig davon, ob er das Sorgerecht hat oder nicht. Ebenfalls
unabhängig vom Sorgerecht hat jeder Elternteil ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wobei
er dann in den Zeiten, in denen sich das Kind bei ihm aufhält, auch die Sorge in
Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung für das Kind inne hat.
Was bedeutet Umgangsrecht?
Wenn sich ein Paar trennt, verbleibt das gemeinsame Kind häufig bei einem Elternteil. Es
stellt sich dann die Frage, wie oft der andere Elternteil sein Kind nach der Trennung sehen
darf oder soll. Dieses ist das so genannte Umgangsrecht. Es ist unabhängig davon, ob die
Eltern das Sorgerecht gemeinsam ausüben oder es gerichtlich einem Elternteil zugesprochen
wurde.
Für ein Kind sollen nach einer Trennung oder Scheidung seiner Eltern die gewachsenen
familiären Beziehungen soweit wie möglich erhalten bleiben. Der Kontakt zu beiden
Elternteilen dient in der Regel dem Wohl des Kindes.
Als Eltern haben Sie nicht nur das Recht, Ihr Kind zu sehen, sondern Sie stehen auch in der
Pflicht, regelmäßigen Kontakt zu ihm zu pflegen. Für eine gesunde Entwicklung sollten Sie
darüber hinaus die Beziehungen mit dem Kind nahe stehenden Personen ermöglichen und
fördern.
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Warum ist ein regelmäßiger Umgang mit beiden Eltern so wichtig?
Aus der Bindungsforschung ist bekannt, dass Kinder von Geburt an Beziehungen zu all den
Personen aufnehmen, die regelmäßigen Kontakt zu ihnen haben. Und jede dieser
Beziehungen erfüllt für das Kind eine spezifische Funktion und ist für seine Entwicklung von
Bedeutung. Soweit wie möglich sollen deshalb dem Kind diese gewachsenen familiären
Beziehungen erhalten bleiben.
Vor allem aber braucht ein Kind für eine ungestörte, ausgeglichene Entwicklung beide
Elternteile an seiner Seite. Wenn Sie als Paar auseinander gehen, so müssen Sie dennoch
versuchen, Eltern für Ihr Kind zu bleiben. Dazu müssen Sie auf der Elternebene in Kontakt
und im Gespräch bleiben. Es ist wichtig, dass Sie Ihrem Kind auch nach der Trennung die
Sicherheit vermitteln, dass es von Ihnen beiden uneingeschränkt geliebt wird wie zuvor.
Dazu gehört vor allem der regelmäßige Kontakt mit dem Elternteil, der nun nicht mehr im
selben Haushalt mit seinem Kind lebt.
Wie sieht eine gute Umgangsregelung aus?
Es gibt kein Modell einer optimalen Umgangsregelung, denn sie muss den Bedürfnissen und
Möglichkeiten sowohl der Kinder als auch seiner Eltern angepasst werden. Niemand außer
Ihnen und dem anderen Elternteil kann diese Bedürfnisse besser einschätzen.
Je mehr die Eltern sich streiten, desto wichtiger ist es, eine Umgangsregelung inhaltlich
konkret auszuarbeiten (Wie oft soll Umgang stattfinden? Wie lange soll der Umgang
stattfinden?). Nur so kann vermieden werden, dass es in Zukunft zu Unstimmigkeiten und
Missverständnissen kommt. Vereinbaren Sie als Eltern gemeinsam ein “Grundgerüst“ für den
Umgang. Je nach den Interessen des Kindes können Sie diese Grundregeln nach jeweiliger
Absprache ausgestalten. Bis alle mit einer Umgangsregelung zufrieden sind, kann viel Zeit
vergehen.
Darüber hinaus sollten Sie bedenken, dass bestehende feste Regelungen dem sich
ändernden Alter des Kindes, seinen Bedürfnissen und der allgemeinen Situation immer
wieder neu angepasst werden müssen. Bei kleinen Kindern ist es sinnvoll, die Kontakte eher
häufiger, dafür jedoch kürzer anzusetzen. Bei älteren Kindern sind starre
Umgangsregelungen meist nicht mehr praktikabel.
Was wünschen sich Ihre Kinder?
„ Vergesst nie: Ich bin das Kind von euch beiden. Ich habe zwar einen Elternteil, bei dem ich
hauptsächlich wohne und der die meiste Zeit für mich sorgt. Aber ich brauche den anderen
genauso.“
„Fragt mich nicht, wen ich von euch beiden lieber mag. Ich habe euch beide gleich lieb.
Macht den anderen also nicht schlecht vor mir. Denn das tut mir weh.“
„Streitet nicht vor mir. Seid wenigstens so höflich, wie ihr es zu anderen Menschen seid und
wie ihr es auch von mir verlangt.“
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„Seid nicht traurig, wenn ich zum anderen gehe. Ich habe jetzt 2 Zuhause. Die muss ich gut
auseinander halten – sonst kenne ich mich in meinem Leben überhaupt nicht mehr aus.“
„Plant nie etwas für die Zeit, die mir mit dem anderen Elternteil gehört. Ein Teil meiner Zeit
gehört meiner Mutter und mir und ein Teil meinem Vater und mir.“
„Streitet nicht vor mir und benutzt mich nicht als Boten zwischen euch – besonders nicht für
Botschaften, die den anderen traurig oder wütend machen.“
„Versucht nicht, mich um die Wette zu verwöhnen. Soviel Schokolade kann ich nämlich gar
nicht essen, wie ich euch lieb habe.“
Welche Reaktionen von Kindern sind bei einer Trennung der Eltern möglich?
Wenn ein Elternteil die Familie verlässt, werden das Weltbild und das Sicherheitsbedürfnis
eines Kindes zutiefst erschüttert. Der Auszug und die Trennung von einem Elternteil
bedeuten einen schweren Verlust.
Es hängt vom Alter des Kindes und natürlich auch von seinem Temperament ab, wie es mit
der Nachricht umgehen wird. Das können geballte Wut, aber auch Trauer und stilles Leid
sein. Wenn Sie mehrere Kinder haben, deren Alter etwas auseinander liegt, müssen Sie sich
auf die unterschiedlichsten Reaktionen einstellen.
Jedes Kind stellt andere Fragen und drückt seine Gefühle anders aus. Es gibt jedoch
alterstypische Reaktionen, die man fast bei allen Kindern beobachten kann.
Sehr kleine Kinder verhalten sich häufig ängstlich oder aggressiv und lassen die Mutter oder
den Vater kaum noch aus den Augen. Papa ist weggegangen. Wer weiß, ob Mama nicht
auch noch davon geht? Häufig nässt ein kleines Kind dann wieder ein oder verlangt nach
seinem längst abgegebenen Schnuller. Hinter solchen auffälligen Verhaltensweisen steht
unbewusst der Wunsch danach, dass alles wieder so wie früher sein möge.
Kinder im Kindergartenalter zeigen ähnliche Verhaltensweisen, doch können sie schon
stärker ihre Gefühle zeigen. Da sie sich in diesem Alter als Mittelpunkt ihrer kleinen Welt
erleben, geben sie sich häufig die Schuld an der Trennung der Eltern.
Jüngere Schulkinder können bereits durchaus Verständnis für die elterlichen Probleme
aufbringen. Dennoch sehen sie sich einer Trennung der Eltern ohnmächtig ausgeliefert und
sie empfinden Trauer und Wut. Die schulischen Leistungen können nun plötzlich nachlassen
und Verhaltensauffälligkeiten auftreten. Ebenso kann es auch zu Schwierigkeiten im
Freundeskreis der Kinder kommen.
Ältere Schulkinder beginnen sich bereits um ihre Eltern zu sorgen. Sie leiden darunter, wenn
es Papa oder Mama nicht gut geht. Sie übernehmen oft aus diesem Gefühl heraus
Verantwortung für Dinge, für die sie eigentlich noch zu jung sind.
Jugendliche zeigen sich in ihren Reaktionen auf eine bevorstehende Trennung sehr
widersprüchlich. Zum einen sind sie sehr einfühlsam den Beziehungsproblemen ihrer Eltern
gegenüber und bieten sich vielleicht sogar als Gesprächspartner an. Andererseits zeigen sie
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mit deutlicher Wildheit auch Wut und grenzenlose Enttäuschung über das Auseinandergehen
der Eltern und dem damit verbundenen Verlust ihrer vorher intakten Familie. Sie sind oft
schon mit der eigenen widersprüchlichen Gefühlswelt der Pubertät und dem Finden eines
Platzes in der Gesellschaft überfordert. Wenn die Familie als Halt in dieser schwierigen
Entwicklungsphase verloren geht, werden auch auf die Eltern schimpfende Jugendliche
verzweifelt und wütend.
Ältere Jugendliche fühlen sich durch die Trennung der Eltern oft gezwungen, schneller
erwachsen werden zu müssen. Überstürzte und konfliktreiche Ablösungsversuche von der
Familie werden unternommen, doch vielen Jugendlichen gelingt dies in einer solchen
Situation überhaupt nicht.
Ihr Kind muss seine Gefühle in jedem Fall zum Ausdruck bringen dürfen. Die Reaktionen
Ihres Kindes mögen verunsichern. Betrachten Sie sie jedoch unter keinen Umständen als
Störung in der Entwicklung Ihres Kindes, sondern als starkes Bemühen, mit einer
schwierigen und veränderten Situation fertig zu werden. Wichtig ist, dass Sie in der Zeit vor,
während und nach der Trennung Ihrem Kind zur Seite stehen und auch als getrennte Partner
Ihrem Kind vollwertige Eltern bleiben.
Wer kann helfen, wenn die Probleme nicht allein bewältigt werden können?
Die Familie erlebt während der Trennung eine besondere Krisensituation. Was Eltern in
dieser Zeit wirklich brauchen würden, wäre ein völlig komplikationsloses Kind, das möglichst
selbständig ist, möglichst wenig an Einfühlung, Verständnis und Geduld braucht. Auf der
anderen Seite würde das Kind einen Vater/Mutter brauchen, der/die so selbstlos, einfühlsam,
geduldig und verwöhnend ist, wie er/sie bisher noch nie sein musste.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen die Probleme über den Kopf wachsen, können Sie
sich von außen helfen lassen.
Als Eltern minderjähriger Kinder ist das Jugendamt Ihr erster Ansprechpartner. Sie und Ihre
Familie haben in Krisensituationen Anspruch auf eine kostenlose Beratung.
Auch kirchliche und freie Träger haben Beratungsstellen für Partnerschafts- du
Familienprobleme eingerichtet. Sie sind in der Regel ebenfalls kostenlos.
Quellen
Verband alleinerziehender Mütter und Vater Bundesverband e.V, „Alleinerziehend. Tipps und
Informationen“
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V., „Eltern bleiben Eltern“
www.elternimnetz.de
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