Als Giles am Heiligabend die Augen öffnete, hörte er lautes Gepolter

Als Giles am Heiligabend die Augen öffnete, hörte er lautes Gepolter, konnte jedoch nicht
zuordnen, woher es kam. Er blinzelte zum Wecker. Es war erst kurz nach sieben Uhr in der
Früh.
Er stöhnte genervt und sah zu seiner Rechten. Seine Frau war nicht mehr im Bett, also
konnte nur sie für den Krach verantwortlich sein, warum auch immer.
Giles hatte den richtigen Riecher. Bee stand schon in der Küche. Da sich die ganze Familie
angekündigt hatte, musste sie das Essen vorbereiten, um auch pünktlich fertig zu sein. Sie
hantierte mit Pfannen, Töpfen und polterte mit Geschirr. Die Küche sah, für einen
Außenstehenden, chaotisch aus, aber Bee hatte ihr eigenes System. Giles war immer
fasziniert, wie sie durch ihr „System“ überhaupt durchstieg, aber das war die Faszination
Frau: Im größten Chaos haben sie IMMER einen Überblick.
„Schneuzelchen? Was machst du denn so früh hier?“, fragte Giles gähnend und kratzte
sich am Kopf.
„Ich bereite das Essen vor“, erwiderte Bee, ohne auch nur von ihrem Tun aufzusehen.
„Jetzt? Es ist kurz… nein, es ist erst sieben Uhr? Essen gibt es um…“
„… zwölf Uhr und um 16 Uhr. Die Familie kommt, da brauchen wir Berge an Essen.
Danny hat sich auch angekündigt.“
„Danny? Weihnachten? Bist du dir sicher, dass SIE kommt?“
Bee nickte und studierte das Kochbuch. „Ja, sie hat… zugesagt“, antwortete sie schließlich
und schob das Buch zur Seite.
„Hast du einen Kaffee für mich?“
„Drüben bei der Kaffeemaschine.“
„Schenkst du mir einen ein?“
„Mensch Giles, du siehst doch, das ich zu tun habe, hol ihn dir doch bitte selbst.“
Giles seufzte, lief zur Kaffeemaschine und stand seiner Frau natürlich sofort im Weg.
„Mensch Giles, geh zur Seite“, moserte sie.
„Ich sollte mir meinen Kaffee ja selbst holen…“, konterte er sofort.
„Setz dich rüber! Ich bringe dir gleich einen, dann läufst du mir wenigstens nicht
zwischen den Füßen rum“, brummte Bee und Giles hüpfte freudestrahlend zum Tisch
hinüber. Genau auf diese Antwort hatte er gehofft.
Kurze Zeit später stellte Bee die Kaffeetasse vor Giles auf den Tisch.
„Danke, Schneuzelchen“, sagte Giles lächelnd, nahm die Tasse und nippte.
„Mhhhm“, kam es nur von Bee, die sich sofort wieder ihrem Essen widmete.
Giles genoss seine Tasse Kaffee und schaute seiner Frau beim Werkeln zu. Nach gut einer
halben Stunde, war es ihm zu langweilig.
„Ich bin dann mal draußen und kümmere mich um die Beleuchtung.“
„Ja, bis später.“
Draußen musste Giles erst einmal überprüfen, ob seine angebrachte Beleuchtung noch an
ihrem Platz war, oder ob irgendein Vogel irgendetwas gemopst hatte. Es schien alles da zu
sein. Nachdem er einmal ums Haus gelaufen war, suchte er den Anfang der Lichterkette, um
den Stecker in die Steckdose zu stöpseln.
„Hach, es funktioniert alles“, kam es schließlich erleichtert von ihm und er zog den Stecker
wieder heraus. „Jetzt fehlen bloß das Rentier und der Schlitten“, brummelte er vor sich
her. Auch dies funktionierte einwandfrei. Nun konnte es endlich Abend werden, damit Giles
seine Beleuchtung präsentieren konnte.
Gegen halb zwölf trudelte dann auch die Familie ein. Freudige Begrüßung zwischen allen,
jedoch entschuldigte sich Bee und verschwand erneut in der Küche, um dem Essen den
letzten Feinschliff zu geben. Sie sah erneut nach der Gans, die es natürlich erst am späten
Nachmittag geben sollte. Zum Mittagessen gab es nur etwas Leichtes.
Danny hatte sich leider krankmelden müssen. Es hatte sie schlimm erwischt und sie lag mit
einer schweren Erkältung im Bett. Maxim hatte aber versprochen, ihr etwas von dem
leckeren Essen am Abend vorbeizubringen.
„Es ist schade, dass Danny nicht dabei sein kann“, meinte Bee beiläufig.
„Sie hat sich wirklich nicht gut angehört und bevor meine Frau sich ansteckt…“
Maxim sah hinüber und lächelte.
„Ja, das wäre nicht so toll, wir wollen ja nicht, das dem Kleinen etwas zustößt. Möchte
jemand noch Kaffee oder Tee?“
„Kaffee wäre toll. Maxim und ich können ja in der Zeit mal die Beleuchtung des
Hauses anmachen… es wird ja so langsam dunkel“, meinte Giles und sah vom Fenster
zu seiner Frau.
„Ja, dann geht und macht dein Spielzeug an. Du gibst ja sowieso keine Ruhe“, seufzte
sie. Giles sprang freudig vom Stuhl auf. „Juhu, komm Maxim. Das musst du dir
ansehen!“
Bee ging in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. Sie sah nach ihrer Gans und kochte auch
Wasser für den Tee. Die beiden Männer waren mittlerweile draußen und Giles zeigte Maxim
wie die Anschlüsse funktionierten.
„Auf drei! Eins, zwei, … drei!“ Bei drei steckten beide die Stecker in die Steckdosen, kurz
leuchtete das Haus auf, doch dann erloschen alle Lichter wieder und ein enttäuschtes
„Ohhh“ erklang von Giles.
„Vielleicht ist eine Steckdose kaputt?“, meinte Maxim und sah seinen Schwager fragend
an.
„Nein, ich habe es doch getestet… ich…“
„GIIILLLEEESSSS“, erklang es nun aus dem Haus und er ahnte böses.
„Oh, oh, was hast du nun wieder angestellt?“
Giles zuckte mit den Schultern und lief zum Haus.
„Schneuzel… huch, warum habt ihr das Licht ausgemacht?“
„WAS hast du mit dem Strom gemacht? Mach, dass der Strom wieder da ist. Mein
ESSEN!“ fauchte Bee ihren Mann an und ihm purzelte ein „Ups“ aus dem Mund.
„Mach. Das. Der. Strom. Wieder. Geht. Auf der Stelle!“, funkelte Bee ihn böse an.
„Ich… bin schon unterwegs“, schluckte Giles.
Giles und Maxim schauten im Sicherungskasten nach und fanden den Übeltäter, in Form
einer herausgesprungenen Sicherung. Sie versuchten wirklich alles, aber der Strom blieb
nach wie vor aus.
„Hey, es gibt doch das Notstromaggregat im Schuppen.“
„Oh Maxim, das ist eine tolle Idee. Los komm!“
„Schneuzelchen… Schneu… wo ist meine Frau?“ Giles sah zu seiner Schwägerin.
„In der Küche… eventuell.“
Er schlich hinüber zur Küche, wo Bee völlig durch den Wind und weinend am Küchentisch
saß.
„Schneuzelchen… gleich haben wir wieder Strom… die Sicherung ist rausgesprungen,
wir haben alles versucht, aber der Schalter lässt sich nicht umlegen… dann haben wir
was anderes gefunden“, erklärte Giles, als just in diesem Moment ein lautes Geräusch
ertönte und das Licht in der Küche ging mitsamt dem Ofen wieder an.
„Das alte Notstromaggregat. Es war noch im Schuppen. Maxim und ich…“
Weiter kam er nicht, denn Bee fiel ihm nun freudestrahlend um den Hals.
„Du kleiner Chaot. Egal was du auch immer wieder anstellst, du hast immer eine
Lösung parat. Du hast das Essen gerettet! Danke!“
„Na ja, ich hätte es ja auch fast zerstört“, sagte er verlegen.
Bee sah Giles liebevoll an. „Es tut mir leid, dass ich ausgeflippt bin, ich bin wohl einfach
nur im Stress.“
„Schon okay, du hast dich ja in den letzten Tagen echt ins Zeug gelegt, um hier alles
so weihnachtlich wie möglich zu gestalten. Ich war dir ja nicht immer eine große
Hilfe.“
„Das macht nichts. Ich kann mir keinen besseren Ehemann vorstellen als dich.
Fröhliche Weihnachten“, sagte Bee und gab Giles einen sanften Kuss.
„Fröhliche Weihnachten, Schneuzelchen.“
Mit Hilfe des Notstromaggregats konnte das Essen fertig gebrutzelt werden und die vier
verbrachten einen schönen Heiligen Abend im Kerzenschein.
FROHE
WEIHNACHTEN!