INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK X. 1. Testamentsarten Gai. 2,101 ff. „Ursprünglich gab es zwei Arten von Testamenten: Denn man errichtete ein Testament entweder vor der einberufenen Volksversammlung, die zweimal im Jahr für die Errichtung von Testamenten bestimmt waren, oder im schlachtbereiten Heer, das heißt dann, wenn man die Waffen für einen Krieg erhob. Das schlachtbereite Heer (procinctus) ist nämlich das ausgerüstete und bewaffnete Heer. Das eine Testament errichtete man also im Frieden und in ruhigen Zeiten, das andere dagegen, bevor man zur Schlacht ausrückte. (102) Es kam dann eine dritte Art von Testament hinzu, das mit einem Kupferstück und einer Waage errichtet wird. Wer weder vor der einberufenen Volksversammlung noch im schlachtbereiten Heer ein Testament errichtet hatte, der gab unter dem Zwang seines bevorstehenden Todes sein Familienvermögen, das ist sein väterliches Vermögen, einem Freund zum mancipium und bat ihn (um Ausführung seiner Anordnungen dazu), was wem nach seinem Tode gegeben werden solle. Dieses Testament heißt "Mit Erz und Waage", wird also in der Form der Manzipation errichtet. (...) (104) Dieses Geschäft gestaltet sich folgendermaßen: Der Testamentserrichter manzipiert wie bei den übrigen Manzipationen unter Hinzuziehung von fünf mündigen römischen Bürgern als Zeugen und dem Waaghalter, nachdem er die Testamentsurkunde verfasst hat, irgendjemandem der Form halber seinen Hausstand (familia); dabei gebraucht der Käufer des Hausstands (familiae emptor) folgende Worte: 'ICH ERKLÄRE, DASS DEIN HAUSSTAND UND DEIN GELD IN DEINER VERFÜGUNGSMACHT UND MEINER OBHUT IST, UND SIE SOLLEN MIR GEKAUFT SEIN MIT DIESEM ERZ' - und, wie einige hinzufügen: 'UND MIT DER EHERNEN WAAGE -, DAMIT DU RECHTSKRÄFTIG NACH DEM ÖFFENTLICHEN GESETZ EIN TESTAMENT ERRICHTEN KANNST.' Daraufhin schlägt er mit dem Erz an die Waage und gibt dieses Erz dem Testamentserrichter gewissermaßen als Kaufpreis. Hierauf nimmt der Testamentserrichter die Testamentsurkunde in die Hand und sagt: 'SO WIE ES HIER AUF SCHREIBTAFEL UND WACHS GESCHRIEBEN STEHT, SO WENDE ICH ZU, SO VERMACHE ICH, SO VERFÜGE ICH LETZTWILLIG, UND DAFÜR, QUIRITEN, STEHT MIR ZEUGE!' Und dies heißt nuncupatio ("Verkündung"); nuncupare heißt nämlich öffentlich erklären und was der Testamentserrichter im Einzelnen in der Testamentsurkunde geschrieben hat, das scheint er in allgemein gehaltener Rede zu erklären und zu bekräftigen." Gai. 2,229 - Notwendigkeit der Erbeinsetzung „Vor der Erbeinsetzung ist die Aussetzung eines Vermächtnisses unwirksam, da die Testamente ihre Wirkung von der Erbeinsetzung herleiten. Deshalb wird die Erbeinsetzung gleichsam als Haupt und Fundament des gesamten Testaments betrachtet.“ D. 28,5,1,3-6 (Ulp. 1 Sab.) – Erbeinsetzung: Formulierungen „Wer kein Vermächtnis aussetzen und keine Enterbung aussprechen will, kann mit fünf Worten ein Testament errichten, wenn er sagt: "Lucius Titius soll mein Erbe sein." Dieser Text (des Sabinus) bezieht sich aber auf denjenigen, der nicht schriftlich testiert. Er kann auch mit drei Worten testieren, wenn er sagt: "Lucius soll Erbe sein", denn sogar "mein" und "Titius" sind überflüssig. (4) Wenn jemand als einziger Erbe bezüglich eines Grundstücks eingesetzt worden ist, so gilt die Einsetzung, wobei die Erwähnung des Grundstücks gestrichen wird. (5) Schreibt er aber folgendermaßen: "Lucius Erbe", LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 3 auch wenn er nicht hinzufügt "soll sein", so nehmen wir an, dass er mehr (mündlich) erklärt, aber weniger geschrieben hat. Und wenn er folgendermaßen (schreibt) "Lucius soll es sein", so sagen wir dasselbe. Folglich auch dann, wenn (er) nur folgendermaßen (schreibt): "Lucius". Marcellus meint recht scharfsinnig, dass dies heutzutage nicht mehr angehe. Aber der vergöttlichte (Kaiser Antoninus) Pius hat in einem Reskript bestimmt, dass die Erbeinsetzung wirksam sei, wenn jemand die Erbteile auf die Erben folgendermaßen verteilt hat: "Dieser zur einen, jener zur anderen Hälfte" und nicht hinzugefügt hat "soll Erbe sein". Dies hat auch Iulianus geschrieben. 6) Ebenso hat der vergöttlichte (Kaiser Antoninus) Pius in einem Reskript bestimmt, die Erbeinsetzung "Jene, meine Ehefrau, soll es sein" sei wirksam, auch wenn "Erbin" fehlt.“ Vermächtnisse (legata) Gai. 2,193 - Vindikationslegat „Ein Vindikationslegat setzen wir folgendermaßen aus: z.B. "Ich gebe und vermache dem Titius den Sklaven Stichus". Wenn dabei nur eines der beiden Wörter verwendet worden ist, nämlich "Ich gebe" oder "Ich vermache", so liegt ebenfalls ein Vindikationslegat vor. Ebenso gilt nach vorherrschender Meinung die Formulierung des Vermächtnisses: "Er soll nehmen" oder "Er soll für sich haben" oder "Er soll ergreifen" als Vindikationslegat.“ Gai. 2, 201 - Damnationslegat „Ein Damnationslegat setzen wir folgendermaßen aus: "Mein Erbe soll verpflichtet sein, meinen Sklaven Stichus zu geben!'. Aber auch, wenn "Er soll geben" geschrieben worden ist, liegt ein Damnationslegat vor.“ Gai. 2,227 – Quarta Falcidia „Daher ist die Lex Falcidia erlassen worden, die bestimmt, dass ihm nicht erlaubt sei, mehr als drei Viertel als Vermächtnis auszusetzen. Deshalb muss dem Erben zwingen ein Viertel des Nachlasses verbleiben. Dies ist jetzt gültiges Recht.“ Testament des Antonius Silvanus (Alexandria, 142 n. Chr.) - FIRA III 47 „Antonius Silvanus, Reiter des I. Mauretanischen Regiments Thraker, Ordonnanz des Präfekten, Schwadron des Valerius, hat ein Testament errichtet: Alleinerbe meines gesamten Vermögens im Lager und zu Hause soll mein Sohn M. Antonius Satrianus sein. Alle übrigen sollen enterbt sein. Und er soll meine Erbschaft antreten innerhalb von 100 Tagen. Wenn er sie nicht antritt, soll er enterbt sein. Dann soll an zweiter Stelle mein Bruder (?) Antonius R--- mein Erbe sein und er soll die Erbschaft antreten innerhalb von 60 Tagen. Ihm gebe und vermache ich, wenn er nicht mein Erbe wird, siebenhundertfünfzig Silberdenare. Zum Verwalter meines Vermögens im Lager, um meine Habe zusammenzutragen und sie der Antonia Thermutha, der Mutter meines o. g. Erben auszuhändigen, ernenne ich Hierax, Sohn des Behex, Duplikar desselben Regiments, Schwadron des Aebutius, auf dass sie selbst sie wiederum verwahrt, bis mein Sohn und Erbe mündig wird und er sie dann von ihr erhält. Ihm gebe und vermache ich fünfzig Silberdenare. Ich gebe und vermache der Antonia Thermutha, der Mutter meines o.g. Erben 500 Silberdenare. Ich gebe und vermache meinem Präfekten fünfzig Silberdenare. Ich will, dass mein Sklave Cronio nach meinem Tode, wenn er alles ordnungsgemäß abgewickelt und meinem o.g. Erben oder dem Verwalter übergeben hat, dann frei sei und die fünfprozentige (Freilassungssteuer) für ihn aus meinem Vermögen erbracht wird. Arglist soll von diesem Testament fernbleiben. LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 3 VON 3 Hausstand und Vermögen kaufte zur Errichtung des Testaments Nemonius, Duplikar aus der Schwadron des Marus, M. Julius Tiberinus, Sesquiplikar aus der Schwadron des Valerius, fungierte als Waaghalter, zum Zeugen hat er den Turbinius, Feldzeichenträger aus der Schwadron des Prokulus, genommen. Das Testament wurde errichtet in Alexandria bei Ägypten im kaiserlichen Winterlager der II. Trajanischen Legion "Die Tapfere", und des Mauretanischen Reiterregiments, am 6. Tag vor den Kalenden des April im Konsulat von Rufinus und Quadratus (27.3.142 n. Chr.). (griech.) Ich, der oben genannte Antonios Silbanos, habe mein oben stehendes Testament entgegengenommen und geprüft und es entspricht meinem Willen, wie es oben geschrieben steht. Ich, Nemonius, Duplikar, Schwadron des Marus, habe gesiegelt. Julios Tibereinos, Seskuplikar, Schwadron des Ualerios. Turbinius, Reiter und Feldzeichenträger, Schwadron des Proculus. Valerius --- Rufus, Reiter und Feldzeichenträger, Schwadron des --Ich, Maximus, Duplikar, Schwadron des ---ustus, habe gesiegelt. --Ich, Antonios Silbanos, habe gesiegelt.“
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