Thailand - AHK Japan

T h e ma d e s M o n at s
Der Fokus japanischer Investitionen auf die ASEAN-Staaten verfestigt sich.
Dabei ziehen Japans Unternehmen Lehren aus ihren Chinaerfahrungen.
Immer mehr verfolgen auch eine „Thailand+1“-Strategie.
Von Patrick Bessler
L
aut einer jährlichen Umfrage der Japan Bank for International Cooperation (JBIC) unter rund 1.000 Unternehmen
fiel China bereits 2013 zum ersten Mal seit 20 Jahren von Platz 1
der beliebtesten Investitionsziele auf Platz 4. Die Top 3 machten
in absteigender Reihenfolge Indonesien, Indien und Thailand
unter sich aus.
Zwar bleibt China eine der wichtigsten Säulen der japanischen Wirtschaft. Doch immer mehr Unternehmen ergänzen
ihre Operationen durch weitere Auslandsstandorte oder ziehen
sie gar ganz aus China ab. Rund die Hälfte der Relokationen
geht in die ASEAN-Staaten. In der Vergangenheit war Thailand ein beliebtes Ziel. Mittlerweile haben sich dort über 4.500
japanische Firmen niedergelassen, hauptsächlich herstellende
Unternehmen und Zulieferer aus dem Automobilsektor. Zum
Vergleich: Deutschland zählt dem Auswärtigen Amt zufolge
rund 600 Niederlassungen in dem Land.
„Thailand+1“
Doch nach der Flut vom Sommer 2011, die die Lieferketten vieler japanischer Hersteller empfindlich traf, sowie der politischen
Krise im vergangenen Jahr, die in der Selbsternennung einer
neuen Regierung kulminierte, wendet eine wachsende Zahl von
Unternehmen ihre aus China erlernte „+1“-Strategie auch auf
Thailand an. Die auch dort steigenden Lohnkosten sind ein weiterer wichtiger Grund. Die naheliegenden Alternativen finden
sich entlang des Mekong und heißen Vietnam, Kambodscha,
Laos und Myanmar.
Beispiele sind der Automobilzulieferer Denso, der 2013 in
Kambodscha ein Werk baute oder Nikon. Der Kamerahersteller
eröffnete im selben Jahr eine Fabrik in Laos zweitgrößter Stadt
Savannakhet. Sie liegt rund vier Stunden von der älteren Produktionsstätte im thailändischen Pakse entfernt. In Savannakhet
produziert der Nikon die arbeitsintensiven Bauteile, die dann in
Thailand zusammengesetzt werden – ein „typisches Thailand+1
Beispiel“, heißt es in einem Bericht der Japan External Trade
Organization (JETRO) aus dem Jahr 2014. Obendrein kann
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September 2015
Nikon „Made in Thailand“ auf die Produkte schreiben – was
nach wie vor höher angesehen ist, als „Made in Laos“.
Hatte sich zuvor neben Laos vor allem Kambodscha großer
Beliebtheit erfreut, ist das Ziel Nr. 1 für japanische Unternehmen, die eine Thailand+1-Strategie verfolgen, laut einer Umfrage der JETRO Vietnam. Vietnam gehört zwar mit diesen beiden
Ländern und Myanmar zu den vier „Nachzüglern“ unter den
ASEAN-Ländern. Doch genau deswegen ist es für Investoren so
attraktiv. In Vietnam finden sich gegenwärtig laut der Teikoku
Databank rund 1.500 japanische Unternehmen.
Auch Myanmar ist in den Fokus japanischer Unternehmen
als „China+1“- oder „Thailand+1“-Ziel gerückt. Es lockt vor
allem mit Ressourcen und Rohmaterialien wie Erdgas und Seltenen Erden, seiner geostrategisch wichtigen Lage, einer hohen
Alphabetisierungsquote bei gleichzeitig noch wirtschaftlicher
und infrastruktureller Unterentwicklung des Landes mit rund
62 Millionen Einwohnern. Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank zufolge kann Myanmar im laufenden Jahr auf
ein Wachstum von 8,3 Prozent hoffen. Das wäre die höchste
Wachstumsrate unter den ASEAN-Staaten. Zu derzeit rund 100
japanischen Firmen in dem Land zählen unter anderem Handelshäuser wie Okaya & Co. und Kanematsu, sowie der Maschinenbauer Kubota. Medienberichten zufolge plant Hitachi eine
Kooperation mit dem lokalen Unternehmen Soe Electric &
Machinery, um Transformatoren herzustellen. Es wäre das erste
Joint Venture im Bereich der Strominfrastruktur mit einem
ausländischen Unternehmen seit Öffnung des Landes vor vier
Jahren. SEO Electric hat derzeit einen Marktanteil von rund
30 Prozent im Land. Angesichts des Booms ist ein zukünftig
drastisch erhöhter Energiebedarf wahrscheinlich. Hitachi stößt
damit in eine Lücke ohne große Konkurrenz aus den USA oder
Deutschland.
Immer komplexere Strukturen & Entwicklung der MekongStaaten
In Myanmar ist Japan an der Entwicklung eines Industrieparks
Wikimedia Commons/ JJ Harrison
Thailand ist nicht genug
China
Myanmar
Indien
Yangon
Hand mit der „+1“-Diversifizierung von Produktionsstätten
und Lieferketten, die immer ausgeklügelter werden. Während
sich Kambodscha beispielsweise aufgrund seiner niedrigen
Lohnkosten für arbeitsintensive Produktion anbietet, bietet das
benachbarte Vietnam, vor allem im Süden, eine große Zahl
von Anlagen für Elektronik und Präzisionsinstrumente. Der
geplante Schritt nach Kambodscha ist entsprechend nicht als
Ersatz gedacht, sondern als Teil einer komplexen Lieferkette, die
sich Vietnam, Thailand und Kambodscha aufteilt.
Hierin unterscheidet sich die „Thailand+1“-Bewegung von
ihrem chinesischen Vorbild. Sie ist noch mehr Teil einer komplexen, strategischen Positionierung in der unmittelbaren Region. Der daraus folgende Ausbau der Mekong-Region, an dem
Japan sich massiv beteiligt, dürfte letztlich auch Thailand selbst
zugute kommen. Thailands Premierminister Prayuth Chanocha sieht derartige Entwicklung dem japanischen Wirtschaftsmagazin Nikkei BP zufolge als ein „perfektes Instrument um
neue Investitionen aus Übersee anzulocken.“ Und die Bangkok
Post zitiert einen thailändischen Regierungsvertreter mit den
Worten: „Wir planen derzeit fünf Sonderwirtschaftszonen
entlang den Grenzen sieben mehr in einer zweiten Phase. Wir
sprechen mit den ASEAN-Mitgliedern über die Verbindung
von Transportwegen und werden auch ausländischen Investoren
helfen, ihre Investitionen in den Nachbarländern auszubauen,
wenn sie sich dazu entscheiden, hier zu investieren.“
Natürlich haben ausländische Unternehmen auch in den
ASEAN-Ländern mit Problemen zu kämpfen, vor denen sie
sich in China oder Thailand schützen wollen. Politische Spannungen, Stromausfälle, Klima, schwache soziale Infrastruktur
oder Korruption machen Sorgen. Laos kommt beispielsweise
laut Transparency International auf Platz 145 von 174 auf
der Rangliste der Korruption. China liegt auf 100. Außerdem
könnten die Löhne in Indonesien, Vietnam und Kambodscha
dieses Jahr Schätzungen zufolge um 20 bis 30 Prozent steigen.
Der Mindestlohn in Kambodscha hat sich in den vergangenen
drei Jahren mehr als verdoppelt. n
Laos
Thailand
Bangkok
Kambodsch
Vietnam
Phnom Penh
Ho-Chi-Minh City
Thilawa Sonderwirtschaftszone
Dawei Sonderwirtschaftszone
Malaysia
„ Thailand+1“: Japan beteiligt sich am strategischen Ausbau der Region, Unternehmen bauen komplexe Produktionssysteme über mehrere angrenzende Länder auf.
im Rahmen der rund 200km² großen Dawei Sonderwirtschaftszone beteiligt. Anfang Juli unterzeichneten Premier Abe und
Myanmars Präsident Thein Seine ein Kooperationsabkommen.
Auf dem Plan stehen unter anderem Investitionen in den Ausbau einer Autobahn, die die Zone an Thailand anbindet. Der
Industriepark soll einer der größten in Südostasien werden.
Dawei würde damit einen Industriekorridor in Richtung Westen
erweitern, der sich zwischen Ho-Chi-Minh City über Bangkok
bis zur Grenze Thailands erstreckt. Einer Schätzung des japanischen Wirtschaftsministeriums zufolge könnte der Bau der
Infrastruktur über 6,5 Milliarden Dollar kosten, berichtet die
Wirtschaftszeitung Nikkei. Weiter östlich auf diesem Korridor
baut Toyota Tsusho einen 20.000m² großen Industriepark in
Poipet. Hinter dem Projekt steckt ein japanisch-kambodschanisches Joint Venture namens Sanco Investment. Acht japanische Unternehmen haben sich bereits dort engesiedelt, inklusive Nikon und Nidec.
Erst im August unterzeichneten Japan und die fünf Mekongstaaten inklusive Kambodscha und Laos eine Blaupause zur
weiteren Entwicklung der Region. Die „Mekong Industrial
Development Vision“ sieht Ziele vor, wie die Harmonisierung von Standards und Zertifizierungen, die Entwicklung
von Sonderwirtschaftszonen und Kollaborationen mit japanischen Universitäten und Industrien um lokale Talente zu
entwickeln. Ziel ist, die grenzüberschreitenden Wirtschaftsaktivitäten zu stärken. Zeithorizont ist 2020. Im Mai hatte die
Regierung Abe bekannt gegeben, innerhalb der kommenden
5 Jahre 110 Milliarden Dollar für die Verbesserung von Infrastruktur in der Gegend bereitzustellen, etwa um eine stabile
Energievbersorgung zu gewährleisten. Kurz darauf folgte ein
weiteres Versprechen in Höhe von 6,1 Milliarden Dollar für
Infrastrukturprojekte.
Beliebte Alternativen:
Indonesien, Vietnam und Myanmar gehören zu den beliebtesten Zielen für Unternehmen, die eine „Thailand+1“-Strategie
verfolgen.
Andere
8,4% 5%
Philippinen
Laos
7,3%
Kambodscha
9,6%
Indonesien
30,3%
Myanmar
17,6%
Vietnam
21,8%
Probleme & Unterschiede
Der Ausbau solcher grenzüberschreitender Infrastruktur mit
massiver Unterstützung durch japanische Gelder geht Hand in
Quelle: JETRO Trends in Global Investment Report 2014
September 2015
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