Welche härteren Maßnahmen ab 2016 für Sozialbetrug gelten

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15. Jänner 2016
Welche härteren Maßnahmen ab 2016 für
Sozialbetrug gelten
Das ab 2016 geltende Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz soll vor allem Scheinfirmen
treffen. Charlotte Böhm, Partneranwältin der D.A.S. Rechtsschutz AG in Wien,
informiert, wie diese Firmen vorgehen, wie Behörden wie Krankenkassen diesen Firmen
nun verstärkt aufspüren wollen, welche rechtlichen Konsequenzen für Auftraggeber
und Scheinfirmen drohen und wie Mitarbeiter getroffen sind.
Am 1. Jänner 2016 ist das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz in Kraft getreten. Sozialbetrug,
insbesondere durch Scheinunternehmen, soll so besser verhindert und gesetzlich verfolgt werden
können. Damit sollen unter anderem der Betrug bei Sozialversicherungsbeiträgen, Gemeindeabgaben,
Lohnsteuer und Zuschlägen für Abfertigungs- und Urlaubskassen im Bau- und Baunebengewerbe ein
Riegel vorgeschoben werden. Jährlich gehen dem Staat so kolportierte zwei Millionen Euro an
Abgabenschuld verloren.
Typische Fälle von Sozialbetrug
1. Umsatz wird eins zu eins ausgegeben
Besonders betroffen sind kleine Unternehmen, meist Gesellschaften mit beschränkter Haftung und
einem Mindestkapital von 35.000 Euro. Meist ist bei diesen Scheinunternehmen das Mindestkapital gar
nicht vorhanden. Geführt wird das Unternehmen von Geschäftsführern, die weder aus Österreich
stammen, noch ihr Vermögen hier haben. Die meisten Fälle von Sozialbetrug gehen von Unternehmen
in personalintensiven Branchen aus. Meist betrifft es das Bau- und Baunebengewerbe oder auch die
Personalbereitstellung. Diese Unternehmen arbeiten als Subunternehmen von Subunternehmen, nicht
selten für renommierte Bauunternehmen, die kaum noch über eigenes Personal verfügen. Die
Methode: Der Umsatz wird eins zu eins - de facto als wäre es der Gewinn - verbraucht. Die Löhne
werden schleppend oder gar nicht bezahlt, die Lohnnebenkosten überhaupt nicht.
2. Scheinanmeldungen verkauft
Eine weitere Variante ist, dass Anmeldungen zur Sozialversicherung verkauft werden, obwohl dafür
niemand beschäftigt wird.
3. Firmen nur kurz am Markt
Manche dieser Gesellschaften sind nur wenige Monate tätig, manche schaffen es durch Verlegung des
Standorts oder Geschäftsführerwechsel der Aufmerksamkeit der Behörden länger zu entgehen.
Welche Strafdelikte für Sozialbetrug ab 2016 gelten:
Ziel des Gesetzes ist es, die Tätigkeit derartiger Firmen rasch einzustellen und die verantwortlichen
Personen, so man ihrer habhaft werden kann, strafrechtlich zu verfolgen.
- Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung
- Betrügerisches Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem
Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz
- organisierte Schwarzarbeit
- gewerbsmäßiger Betrug
Maßnahmen gegen Sozialbetrug
1. Behörden arbeiten künftig enger zusammen
Das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Behörden wie
die Finanzstraf- und Abgabenbehörden, den Trägern der Krankenversicherung, der BauarbeiterUrlaubs- und Abfertigungskasse, die Insolvenzentgeltfonds-Service GmbH, den Sicherheitsbehörden,
den Bezirksverwaltungsbehörden, der Gewerbebehörde, Arbeitsinspektoraten und dem
Arbeitsmarktservice vor.
2. Verbesserter Datenaustausch zwischen diesen Behörden Dazu werden Daten ausgetauscht und
eine zentrale Datenspeicherung eingerichtet.
3. Risiko- und Auffälligkeitsanalysen Gebietskrankenkassen machen bei Dienstgebern künftig
Risiko- und Auffälligkeitsanalysen.
4. Andere Hinweise: Unauffindbarkeit der für das Unternehmen tätigen Personen, Unmöglichkeit der
Herstellung eines persönlichen Kontakts, Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden, keine
angemessenen Betriebsmittel und Rückstände beim Sozialversicherungsträger.
Bei einem begründeten Verdacht muss das betroffene Unternehmen schriftlich von der
Abgabenbehörde informiert werden. Der Brief wird an die zuletzt bekannte Zustelladresse zugestellt.
Wie sich Unternehmen wehren können
Gegen den Verdacht kann binnen einer Woche ab Zustellung persönlich bei der Abgabenbehörde
Widerspruch eingelegt werden. Wird kein Widerspruch erhoben, wird von der Abgabenbehörde per
Bescheid festgestellt, dass das Unternehmen als Scheinunternehmen gilt. Wird dagegen ein
Widerspruch erhoben, wird ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und mittels Bescheid entschieden.
Beim Finanzministerium wird ab Anfang nächsten Jahres eine Liste der rechtskräftig festgestellten
Scheinunternehmen im Internet veröffentlicht.
Das Scheinunternehmen wird von Amts wegen gelöscht.
Rechtliche Konsequenzen für den Auftraggeber eines Scheinunternehmens
Ein Auftraggeber eines Scheinunternehmens, der zum Zeitpunkt der Auftragserteilung wusste oder
wissen musste, dass es sich um ein Scheinunternehmen handelt, haftet als Bürge und Zahler für den
Ausfall. Verfahren über die Zuerkennung von Insolvenzausfallentgelt werden in diesem Fall ausgesetzt.
Denn steht fest, dass es sich um Scheinunternehmen handelt, verliert man den Anspruch auf diesen
Ausfallsentgelt.
Rechtliche Konsequenzen für Dienstnehmer von Scheinunternehmen
• Dienstnehmer eines Scheinunternehmens werden binnen sechs Wochen bei der
Krankenversicherung vorgeladen. Kommen diese der Aufforderung persönlich zu erscheinen nicht oder
nicht rechtzeitig nach oder kann nicht glaubhaft gemacht werden, dass tatsächlich Arbeitsleistungen
verrichtet wurden, erlischt die Pflichtversicherung. Die Versicherung erlischt rückwirkend mit dem Tag
an dem das Scheinunternehmen als solches festgestellt wird.
• Ab dem Zeitpunkt da per Bescheid feststeht, dass es sich um ein Scheinunternehmen handelt,
werden auch keine Anmeldungen zur Pflichtversicherung mehr durchgeführt.
• Wenn ein Mitarbeiter glaubhaft versichert, für das Unternehmen Arbeit verrichtet zu haben, ermittelt
der Krankenversicherungsträger den wahren Dienstgeber. Ist das nicht möglich, gilt der Auftraggeber
des Scheinunternehmens als Dienstgeber – sofern dieser wusste oder wissen hätte müssen, dass es
sich beim Auftragnehmer um ein Scheinunternehmen handelt und nicht beweist, dass er von der
entsprechenden Person keine Arbeitsleistung erhalten hat.
• Liegt eine Unterentlohnung im Sinne des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes bei der
Bezirksverwaltungsbehörde vor, sind Dienstnehmer über eine Anzeige gegen den Dienstgeber zu
informieren.
Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie unter:
Dr. Charlotte Böhm
Rechtsanwältin
1020 Wien, Taborstraße 10/2
Tel: 01 2147710-20, Fax: -16
Email: [email protected]
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Rechtsschutz AG
Über die D.A.S. Rechtsschutz AG:
Seit 1956 ist die D.A.S. Rechtsschutz AG mit Spezialisierung auf Rechtsschutzlösungen für
Privatpersonen und Unternehmen in Österreich tätig. Als unabhängiger Rechtsdienstleister bietet sie
umfassenden Versicherungsschutz, fachliche Betreuung durch hochqualifizierte juristische Mitarbeiter
und ein breites Dienstleistungsangebot inklusive 24h-Notruf-Hotline an. Der Firmensitz des
Unternehmens befindet sich in Wien. Die rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen Kunden in
regionalen D.A.S. Niederlassungen verteilt in ganz Österreich mit juristischer Kompetenz zur
Verfügung. In den vergangenen Jahren hat die D.A.S. Österreich ihre solide Marktposition gefestigt.
2014 erwirtschaftete sie im inländischen Direktgeschäft ein Prämienbestandsvolumen in der Höhe von
65,4 Mio. Euro.
Die D.A.S. Österreich gehört zur D.A.S., Europas Nr. 1 im Rechtsschutz. Gegründet 1928, agiert die
D.A.S. heute in 16 europäischen Ländern sowie in Südkorea und Kanada. Die Marke D.A.S. steht für
die erfolgreiche Einführung der Rechtsschutzversicherung in verschiedenen Märkten. Die D.A.S. ist der
Spezialist für Rechtsschutz der ERGO Versicherungsgruppe.
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