Lösung Böse Schwester I (mittelbare Täterschaft) A. Ausgangsfall I. Strafbarkeit der N 1. § 212 I StGB (–), da N keinen Vorsatz hatte 2. Ergebnis N hat sich nicht strafbar gemacht. II. Strafbarkeit der S gemäß §§ 212 I, 25 I 2. Alt. StGB 1. Tatbestand a) objektiver Tatbestand P ist tot. Handlung: S hat die unmittelbar zum Tod führende Handlung nicht selbst vorgenommen. → Zurechnung der Handlung der N über § 25 I Alt. 2 StGB? (+), wenn Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft erfüllt sind: Mittelbare Täterschaft ist die Tat „durch einen anderen“, d. h. mittels eines menschlichen Werkzeuges. Kennzeichnend für die mittelbare Täterschaft ist die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterlegene Stellung des Tatmittlers und die beherrschende Rolle des Hintermannes, der das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll lenkenden Willens „in den Händen hält“. N müsste als Werkzeug der S zu sehen sein, die als Hintermann das Gesamtgeschehen kraft ihres planvoll lenkenden Willens in den Händen hält. Voraussetzungen: aa) Deliktisches Defizit beim Werkzeug (oder eine der anerkannten Ausnahmen) hier: N als unmittelbare Täterin hatte keinen Vorsatz bezüglich einer Tötung (siehe oben), daher deliktisches Defizit beim Werkzeug (+) bb) Täterwille (Rspr.) oder Tatherrschaft (Lit.) (Wissens-, Willens- oder normative Tatherrschaft) des Hintermannes hier: S hatte überlegenes Tatwissen, indem sie einen Irrtum der N ausnutzte und hatte infolgedessen Tatherrschaft (= tatsächlicher Grund) Anmerkung: Auch die Rechtsprechung, die im Rahmen der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme grundsätzlich auf den Täterwillen abstellt, beurteilt die Frage der mittelbaren Täterschaft inzwischen – anders als bei der Mittäterschaft – allein nach dem Kriterium der [vom Täterwillen getragenen] Tatherrschaft. Kausaler Tatbeitrag der S = Vertauschen des Beutelinhalts → S ist mittelbare Täterin → Zurechnung der Handlungen des Tatmittlers gem. § 25 I 2. Alt. StGB (+) → objektiver TB (+) b) subjektiver Tatbestand Vorsatz bezüglich aller Umstände, die den Tatbestand erfüllen, sowie hinsichtlich der Tatausführung durch den Vordermann (+) und Vorsatz hinsichtlich der Tatherrschaft über den Tatmittler (+) → subjektiver Tatbestand (+) 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. Ergebnis §§ 212 I, 25 I 2. Alt. (+) B. Abwandlung I I. Strafbarkeit der N 1. § 212 I StGB (–), da N keinen Vorsatz hatte 2. Ergebnis N hat sich nicht strafbar gemacht. II. Strafbarkeit der S 1. §§ 212 I, 25 I 2. Alt. StGB gegenüber R a) Tatbestand aa) objektiver Tatbestand (+); wie im Ausgangsfall. bb) subjektiver Tatbestand S wollte nicht R töten, sondern P. → Vorsatz? h. L.: Ein error in persona des Tatmittlers wirkt sich beim Hintermann als aberratio ictus aus. Argument: Es kann keinen Unterschied machen, ob der Hintermann, wenn sein Ziel verfehlt wird, sich einer mechanischen Waffe oder eines menschlichen Werkzeugs bedient. a. A.: Die Auswirkung ist davon abhängig, ob der Hintermann die nähere Individualisierung des Tatopfers dem Tatmittler überlassen hat. Wenn ja, dann liegt auch für den Hintermann ein bedeutungsloser error in persona vel objecto vor, soweit die Verwechslung sich in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält. Wenn nein, dann muss eine Behandlung nach den Grundsätzen der aberratio ictus erfolgen. Argumente: Ein mittelbarer Täter soll nicht besser gestellt werden als der unmittelbar handelnde Täter. Der unmittelbare Täter handelt im Rahmen des vom Hintermann gesteckten Risikos. Verlässt er diesen Risikobereich, kann dies nicht mehr als vom Vorsatz des Hintermannes umfasst gesehen werden, so dass aberratio ictus die richtige Rechtsfolge (Vorsatzausschluss) auslöst. → hier nach beiden Meinungen aberratio ictus (+): S hat das Opfer eindeutig individualisiert → Vorsatz (–) (a. A. vertretbar mit dem Argument, dass es bei der vorliegenden Problemkonstellation letztendlich auf die Wesentlichkeit der Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf ankomme und es nicht außerhalb der Lebenserfahrung liege, dass eine unerfahrene, nicht eingearbeitete Pflegekraft Patienten verwechselt.) b) Ergebnis §§ 212 I, 25 I 2. Alt. StGB (–) 2. §§ 212 I, 22, 23, 25 I 2.Alt. gegenüber P (versuchter Totschlag in mittelbarer Täterschaft) a) Vorprüfung Keine (zurechenbare) Vollendung (+) P ist nicht tot (siehe oben). Strafbarkeit des Versuchs (+), §§ 23 I, 12 I. b) Tatentschluss Vorsatz bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale, hier: bzgl. Tötung der P, deliktischem Defizit der N und eigener Tatherrschaft der S (+) c) Unmittelbares Ansetzen Wann liegt unmittelbares Ansetzen bei mittelbarer Täterschaft vor? M 1: Mit dem Ansetzen des Tatmittlers. → hier (+) N hat die Tathandlung bereits vorgenommen. M 2: Mit dem Ansetzen des Hintermannes zur Beeinflussung des Tatmittlers. → hier (+) S hatte den Beutelinhalt bereits vertauscht und sogar bereits den Irrtum bei N hervorgerufen. M 3: Wenn der Hintermann den Tatmittler aus seiner Einflusssphäre (der des Hintermanns) entlässt. → hier (+) S hatte die N zur Tatausführung entlassen. h. M.: Sobald nach der Vorstellung des Hintermannes eine Gefährdung des Tatobjekts eintritt und sich der Schaden unmittelbar anschließen kann. In der Regel ist dies der Fall, wenn der Hintermann seine Einwirkung auf den Tatmittler abgeschlossen hat. Soll der Tatmittler aber erst nach einer gewissen Zeit tätig werden, muss er (nach der Vorstellung des Hintermannes) noch mit der Ausführung beginnen. → hier (+) Nach Vorstellung der S war das Leben der P nach Austausch des Beutelinhalts bereits unmittelbar gefährdet, da die geplante Verabreichung in Kürze erfolgen sollte. → Nach allen Ansichten unmittelbares Ansetzen (+) → Streitentscheid nicht erforderlich. d) Rechtswidrigkeit und Schuld (+) e) Ergebnis §§ 212 I, 22, 23, 25 I 2.Alt. (+) C. Abwandlung 2 I. Strafbarkeit der N gemäß § 212 I StGB (+) II. Strafbarkeit der S 1. §§ 212 I, 25 I 2. Alt. StGB a) Tatbestand P ist tot. Fraglich ist allerdings, ob eine Handlung vorliegt: S hat die unmittelbar zum Tod führende Handlung nicht selbst vorgenommen. Die Handlung könnte der N über § 25 I Alt. 2 zugerechnet werden, wenn Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft erfüllt sind: Mittelbare Täterschaft ist die Tat „durch einen anderen“, d. h. mittels eines menschlichen Werkzeuges. Kennzeichnend für die mittelbare Täterschaft ist die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterlegene Stellung des Tatmittlers und die beherrschende Rolle des Hintermannes, der das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll lenkenden Willens „in den Händen hält“. N müsste als Werkzeug der S zu sehen sein, die als Hintermann das Gesamtgeschehen kraft ihres planvoll lenkenden Willens in den Händen hält. Voraussetzungen: − Deliktisches Defizit beim Werkzeug oder eine der anerkannten Ausnahmen − Täterwille (Rspr.) oder Tatherrschaft (Lit.) (Wissens-, Willens- oder normative Tatherrschaft) des Hintermannes Allerdings handelt N volldeliktisch verantwortlich, also vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Es liegt also kein deliktisches Defizit vor. Außerdem liegt keiner der anerkannten Ausnahmefälle vor (= vermeidbarer Verbotsirrtum / Irrtum über den konkreten Handlungssinn / organisatorische Machtapparate). → S hat keine Tatherrschaft. (A. A. mit der Begründung vertretbar, dass S von einer Tatherrschaft ihrerseits ausging und somit Täterwillen hatte.) b) Ergebnis §§ 212 I, 25 I 2. Alt. StGB (–) 2. §§ 212 I, 25 I 2. Alt., 22, 23 StGB a) Vorprüfung Keine zurechenbare Vollendung (+), mangels deliktischem Defizit des Werkzeugs und mangels Tatherrschaft Strafbarkeit des Versuchs (+), §§ 23 I, 12 b) Tatentschluss S hat Vorsatz hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale hier: Vorsatz bzgl. Tötung der P, deliktischem Defizit der N und eigener Tatherrschaft (Wissensherrschaft) c) Unmittelbares Ansetzen Wann liegt unmittelbares Ansetzen bei mittelbarer Täterschaft vor? M 1: Mit dem Ansetzen des Tatmittlers. → hier (+) s.o. M 2: Mit dem Ansetzen des Hintermannes zur Beeinflussung des Tatmittlers. → hier (+) s.o. M 3: Indem der Hintermann den Tatmittler aus seiner, des Hintermannes Einflusssphäre entlässt. → hier (+) s.o. h. M.: Sobald nach der Vorstellung des Hintermannes eine Gefährdung des Tatobjekts eintritt und sich der Schaden unmittelbar anschließen kann. In der Regel ist dies der Fall, wenn der Hintermann seine Einwirkung auf den Tatmittler abgeschlossen hat. Soll der Tatmittler aber erst nach einer gewissen Zeit tätig werden, muss er (nach der Vorstellung des Hintermannes) noch mit der Ausführung beginnen. → hier: (+) s.o. → Nach allen Ansichten liegt ein unmittelbares Ansetzen des S vor → Streitentscheid nicht erforderlich! d) Rechtswidrigkeit und Schuld (+) e) Ergebnis §§ 212 I, 25 I 2. Alt., 22, 23 StGB (+) Anmerkung: Nach einer starken Gegenansicht soll in Fällen, in denen der objektive Tatbeitrag des vermeintlichen mittelbaren Täters eine Anstiftung (oder Beihilfe) ist, der Hintermann sich aber eine Tatherrschaft vorstelle – wie hier –, nur wegen Teilnahme zu bestrafen sein. Der Anstiftervorsatz (oder Gehilfenvorsatz) sei in dem Entschluss zur mittelbaren Täterschaft als Minus enthalten. Diese Ansicht verstößt aber gegen das Analogieverbot, denn §§ 26, 27 verlangen ausdrücklich auch Vorsatz des Teilnehmers in Bezug auf den Vorsatz des Haupttäters, und in unserem Fall hält der Teilnehmer den Haupttäter für vorsatzlos. Dieser Vorwurf trifft auch eine dritte Ansicht, die Tateinheit annimmt zwischen Anstiftung (oder Beihilfe) und Versuch. Lösung Fall 4 Katzenkönig (mittelbare Täterschaft) D. Strafbarkeit des C gemäß § 212 I StGB I. Tatbestand (+) II. Rechtswidrigkeit 1. Notwehr/Nothilfe, § 32? (–), mangels tatsächlichem gegenwärtigem rechtswidrigem Angriff der O 2. Notstand, § 34? (–), mangels tatsächlicher gegenwärtiger Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut → Irrtum des C über das tatsächliche Vorliegen einer Gefahr für eine Vielzahl von Menschen lässt Rechtswidrigkeit unberührt. III. Erlaubnistatbestandsirrtum Irrtum über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Notwehr, § 32? → (–), C wusste, dass von O kein Angriff auf ein notwehrfähiges Rechtsgut ausging. Irrtum über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Notstands, § 34? → Notstandslage, d. h. gegenwärtige Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut (+) → Notstandshandlung geeignet und erforderlich (+) → aber: Interessenabwägung: wesentliches Überwiegen des geschützten Rechtsguts; hier (–), da bedrohtes Rechtsgut Leben (keine Abwägung Leben gegen Leben!) → Erlaubnistatbestandsirrtum (–) Anmerkung: Da hier kein Erlaubnistatbestandsirrtum vorliegt, erübrigen sich Ausführungen über seine umstrittene rechtliche Einordnung. Und: überflüssige Ausführungen sind bestenfalls zeitraubend, im Regelfall führen sie sogar zu einer negativen Bewertung. IV. Schuld 1. Schuldunfähigkeit, § 20? (–), von der Zurechnungsfähigkeit des C ist laut Sachverhalt auszugehen. 2. Entschuldigender Notstand, § 35 I? (–), mangels gegenwärtiger, nicht anders abwendbarer Gefahr 3. Irrtum über das tatsächliche Vorliegen eines entschuldigenden Notstandes, § 35 II? (–), mangels Gefahrabwendungswille, da C nicht handelte, um seinen eigenen Tod bzw. den nahe stehender Personen abzuwenden. Entscheidende Motivation des C war die Rettung der Menschheit, nicht seines eigenen Lebens. 4. Irrtum über das Vorliegen eines übergesetzlichen entschuldigenden Notstands, § 35 II analog (–) mangels gewissenhafter Prüfung des Vorliegens einer übergesetzlichen Notstandssituation 5. Verbotsirrtum, § 17? → Verbotsirrtum (+), C erkennt zwar die grundsätzliche Rechtswidrigkeit seines Tuns, meint aber trotzdem eine Abwägung zu Gunsten der zahlreichen vermeintlichen Opfer vornehmen zu dürfen (Rechtsirrtum!) → aber: Vermeidbarkeit (+), da C als Polizeibeamter unter Anstrengung seines Gewissens, bspw. durch Befragung einer Vertrauensperson oder Einholung von Rechtsrat, die Fehlerhaftigkeit seiner Abwägung hätte erkennen können. → Daher nur fakultative Strafmilderung, § 17 S. 2. V. Ergebnis § 212 I StGB (+) E. Strafbarkeit der A gemäß §§ 212 I, 25 I Alt. 2 StGB I. Tatbestand 1. objektiver Tatbestand O ist tot. A hat die unmittelbar zum Tod führende Handlung allerdings nicht selbst vorgenommen. → Zurechnung der Handlung des C über § 25 I Alt. 2 StGB? (+), wenn Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft erfüllt sind: Mittelbare Täterschaft ist die Tat „durch einen anderen“, d. h. mittels eines menschlichen Werkzeuges. Kennzeichnend für die mittelbare Täterschaft sind die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterlegene Stellung des Tatmittlers und die beherrschende Rolle des Hintermannes, der das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll lenkenden Willens „in den Händen hält“. C müsste als Werkzeug der A zu sehen sein, die als Hintermann das Gesamtgeschehen kraft ihres planvoll lenkenden Willens in den Händen hält. Voraussetzungen: Deliktisches Defizit beim Werkzeug oder eine der anerkannten Ausnahmen und Täterwille (Rspr.) oder Tatherrschaft (Lit.) (Wissens-, Willens- oder normative Tatherrschaft) des Hintermannes. Hier liegt kein Strafbarkeitsmangel des C vor, da der Verbotsirrtum vermeidbar war und sich C daher strafbar gemacht hat. Allerdings ist mittelbare Täterschaft trotz volldeliktischen Handelns des Tatmittlers in bestimmten Ausnahmefällen möglich (sogenannte Lehre vom Täter hinter dem Täter; anerkannte Fallgruppe beispielsweise Tatherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate [z.B. Mauerschützenfälle]). Ist Tatherrschaft in Form von Irrtumsherrschaft möglich bei vermeidbarem Verbotsirrtum des Tatmittlers? e. A.: sogenannte strenge Verantwortungstheorie: Mittelbare Täterschaft kann nur durch volle Schuldlosigkeit des Werkzeugs begründet werden. Argument: Nach § 17 schließt der vermeidbare Verbotsirrtum die Schuld des Täters nicht aus. Daher geht das Gesetz von einem noch freien Handeln des irrenden Täters aus. Wenn das Gesetz aber von einem noch freien Handeln ausgeht, kann man nicht ein unfreies, vom Hintermann instrumentalisiertes Handeln annehmen. D. h.: Die Tatherrschaft des Hintermanns muss dort enden, wo die eigene Tatherrschaft des Tatmittlers (durch freies und persönliches Handeln) beginnt. Hier: Schuld des C (+), er ist deliktisch verantwortlicher Täter → nach dieser Auffassung Irrtumsherrschaft (–) a. A.: sogenannte eingeschränkte Verantwortungstheorie: Ein vermeidbarer Verbotsirrtum schließt mittelbare Täterschaft des den Irrtum hervorrufenden Hintermanns trotz der eigenen Verantwortlichkeit des Tatmittlers nicht per se aus. Argument: Ausschlaggebend ist allein, welche Kenntnisse der unmittelbar Handelnde tatsächlich gehabt hat, nicht aber, welche er hätte haben können. Tatherrschaftsbegründend ist die tatsächlich vorhandene, ausgenutzte Unkenntnis des Werkzeugs über die materielle Rechtswidrigkeit seines Verhaltens. Auch der im vermeidbaren Irrtum handelnde Täter hat bei Tatbegehung kein Unrechtsbewusstsein. Die Frage der Vermeidbarkeit des Irrtums ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium für das Vorliegen von Tatherrschaft des Hintermanns. Ein Verantwortungsdefizit durch Irrtum lässt noch Raum für die Irrtumsherrschaft des Hintermanns. Die Existenz der Mittäterschaft zeigt außerdem, dass Tatherrschaft des einen nicht die Tatherrschaft des anderen ausschließt. Es ist daher auf das Kriterium der vom Täterwillen getragenen objektiven Tatherrschaft abzustellen. → hier: A rief durch das Erzeugen und Stärken des Glaubens des C an den Katzenkönig und an die Notwendigkeit eines Menschenopfers den Tatentschluss bei C hervor. Durch das Beziehungs- und Einwirkungsgeflecht zwischen A und C war dessen Steuerungsfähigkeit erheblich eingeengt. Bei wertender Betrachtung steuerte daher die A trotz deliktischer Verantwortlichkeit des C das Geschehen → hier: Irrtumsherrschaft (+) Die besseren Argumente sprechen für die eingeschränkte Verantwortungstheorie, daher soll ihr gefolgt werden, → A ist mittelbare Täterin → Zurechnung der Handlung des C über § 25 I Alt. 2 StGB (+) (a. A. vertretbar). a) subjektiver Tatbestand (+) 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. Ergebnis §§ 212 I, 25 I Alt. 2 (+) Anmerkung: Im Originalfall überlebte die O. Lösung Fall 5 Schweinebraten (mittelbare Täterschaft) Der Sachverhalt ist Teil einer Originalklausur von Prof. Dr. Tonio WALTER. Nachfolgend daher auch die Originallösungshinweise. F. Die Abführtropfen I. S / § 223 / Verabreichen der Abführlösung (+) 1. Tatbestand (+) Dadurch, dass S durch Verabreichen der Abführlösung einen schweren Durchfall bei Z hervorruft, hat er ihr körperliches Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt. Er hat sie also körperlich misshandelt, § 223 I Alt. 1. Weiterhin stellt der Durchfall einen pathologischen Zustand dar, den S hervorgerufen hat. Also hat S die Z auch in ihrer Gesundheit geschädigt. S ist in Kenntnis der Sachlage und handelt damit (mindestens) direkt vorsätzlich. 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) S handelt rechtswidrig und schuldhaft. II. A / § 25 I Alt. 2, § 223 / Auffordern des S, die Lösung zu verabreichen (+/– ) Eine Körperverletzung durch A in mittelbarer Täterschaft scheitert: S weist weder ein deliktisches Defizit auf noch ist eine der anerkannten Ausnahmen einschlägig. Überdies hat A keine Tatherrschaft, da er S weder wissensmäßig noch willensmäßig noch in rechtlicher Hinsicht überlegen ist. S ist klar, dass es sich bei der Lösung um Abführmittel handelt. Zum gleichen Ergebnis kommt man mit der modifizierten subjektiven Täterlehre der Rechtsprechung (a. A. mit einer subjektiven Theorie ohne objektive Grundlage [à la „Badewannenfall“] noch vertretbar). Es ist nahezu zweifelsfrei, dass keine mittelbare Täterschaft vorliegt. Breite Ausführungen zu ihr sind daher an dieser Stelle nicht geboten, sofern die mittelbare Täterschaft nicht mit einer extrem subjektiven Theorie bejaht wird. III. A / §§ 22, 25 I Alt. 2, § 223 / Auffordern des S, die Lösung zu verabreichen (+) 1. Tatentschluss (+) A geht aber davon aus, dass S ahnungslos ist. Legt man also As Vorstellung zugrunde, so hat er Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens über den unvorsätzlich handelnden S. Diese vermeintliche Tatherrschaft will A zur Körperverletzung durch den S nutzen. Mithin hat A Tatentschluss bezüglich einer Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft.1 Diese Konstellation der vermeintlichen mittelbaren Täterschaft ist im Ergebnis umstritten, siehe unten F.IV.2 und V. Der Streit kann schon an dieser Stelle mit den vollständigen Lösungen (Endergebnissen) der unterschiedlichen Ansichten dargestellt werden. Methodisch genauer ist jedoch der hier beschrittene Lösungsweg. 2. Unmittelbares Ansetzen (+) A müsste auch unmittelbar angesetzt haben. Der Versuchsbeginn für den mittelbaren Täter ist im Streit. Eine Ansicht2 stellt auf das Ansetzen des Tatmittlers nach der Tätervorstellung ab, eine zweite3 auf das Ansetzen des Hintermannes zur Beeinflussung des Tatmittlers, eine dritte auf das Entlassen des Tatmittlers aus der Einflusssphäre des Hintermanns4. Die herrschende Ansicht hält das unmittelbare Ansetzen des mittelbaren Täters analog zur Ansatzformel beim unmittelbaren Täter für dann gegeben, wenn nach der Vorstellung des Hintermannes eine Gefährdung des Tatobjekts eintritt und sich der Schaden unmittelbar anschließen kann.5 In unserem Fall hat S – auch nach der Vorstellung des A – die unmittelbar zum Taterfolg führende Handlung sogar bereits vorgenommen. Damit ist auch 1 Siehe zum Problem der vermeintlichen mittelbaren Täterschaft auch mein Skript REX AT Rn. 261. 2 Für sie KRACK ZStW 110 (1998) S. 611 (625 ff.). 3 Stellvertretend BAUMANN JuS 1963, 92 f. 4 Dafür z. B. BEULKE W/B40 Rn. 613. 5 Für die herrschende Ansicht ESER, Albin, in: S/S28 § 22 Rn. 54a m. w. N.; HILLENKAMP, Thomas, in: LK12 § 22 Rn. 157 f. nach der strengsten Ansicht unmittelbares Ansetzen gegeben, der Streit kann dahinstehen. Da es auf den Streit nicht ankommt, ist eine umfassende Streitdarstellung mit Argumenten methodisch fehlerhaft. 3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) An Rechtswidrigkeit und Schuld bestehen keine Zweifel. IV. A / §§ 26, 223 / Auffordern des S, die Lösung zu verabreichen (+/–) 1. Objektiver Tatbestand (+/–) a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat (+) Mit der Körperverletzung gemäß § 223 I durch S zulasten der Z liegt eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vor. b) Bestimmen zur Tat (+/–) S hat auf die Aufforderung des A hin den Entschluss gefasst, der Z die Lösung mit dem Abführmittel zu verabreichen. Also hat A mittels kommunikativer Beeinflussung S hervorgerufen zur Tat bestimmt. (Eine a. A. ist mit PUPPES Theorie vom Unrechtspakt [siehe etwa in NStZ 2006, 424] vertretbar; dann ist aber eine Beihilfe des A zu prüfen.) 2. Subjektiver Tatbestand (+/–) Fraglich ist, ob A entsprechenden Vorsatz hat. Nach dem Wortlaut des § 26 ist erforderlich, dass der Anstifter den Haupttäter vorsätzlich zu einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat bestimmt. Voraussetzung ist also insbesondere, dass der Anstifter Vorsatz in Bezug auf den Vorsatz des Haupttäters hat.6 Daran fehlt es aber für A in unserem Fall, denn er hält S für vorsatzlos. Eine Ansicht im Schrifttum7 bejaht dennoch einen Anstiftervorsatz mit der Begründung, der Wille zur Anstiftung sei als „qualitatives Weniger“ im Willen zur Täterschaft enthalten. Eine alleinige Bestrafung wegen Versuchs reiche nicht hin, da sie den Hintermann so behandle, als habe er an der vollendeten Rechtsgutsverletzung nicht mitgewirkt. 8 Wer dieser Ansicht – die allerdings im Hinblick auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 26 gegen das Analogieverbot verstößt – folgt, muss in unserem Fall den subjektiven 6 Vgl. mein Skript REX AT Rn. 261. 7 Für sie BEULKE W/B40 Rn. 549; HEINE, Günter, in: S/S28 Vor §§ 25 ff Rn. 79; KÜHL § 20 Rn. 87. 8 So BEULKE a. a. O. Tatbestand der §§ 26, 223 bejahen. Da an Rechtswidrigkeit und Schuld erneut keine Zweifel bestehen, ist A auf dem Boden dieser Ansicht A wegen Anstiftung zur Körperverletzung strafbar. Wer sich an den Wortlaut des § 26 hält, verneint die Strafbarkeit des A insoweit – es bleibt beim Versuch in mittelbarer Täterschaft. V. A / §§ 27, 223 / Versetzen des Wassers mit Abführmittel (+/–) Objektiv verwirklicht A mit dem Versetzen des Wassers mit Abführmittel eine Beihilfe zur Körperverletzung. Subjektiv fehlt es nach vorzugswürdiger Ansicht erneut am Teilnehmervorsatz. Wer ihn bejaht, kommt aber dazu, dass die Anstiftung die Beihilfe verdrängt. Verneint man oben mit der Ansicht von PUPPE (oder fälschlicherweise) bereits den objektiven Tatbestand der Anstiftung, so taucht der oben F.IV.2 ausgeführte Streit über das Verhältnis zwischen Teilnehmervorsatz und Vorsatz zur Täterschaft beim subjektiven Tatbestand der Beihilfe zur Körperverletzung auf (Gehilfenvorsatz im Vorsatz zur mittelbaren Täterschaft enthalten?).
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