Mitteilungen der Juristischen Zentrale

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VERTRAGSANWÄLTE
Nr. 59/2015
14.10.2015
JK
OLG Stuttgart: Falsche Verdächtigung in der OWi-Anhörung
Sehr geehrte Damen und Herren,
das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 23.07.2015 (Az. 2 Ss 94/15, demnächst im DAR)
einen in der Anwaltspraxis sehr relevanten Fall entschieden, ob und wann bei einem
Ordnungswidrigkeitenverfahren eine falsche Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft
vorliegen kann:
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall wurde der regelmäßige Fahrer eines Firmenwagens von
der Firma benannt und erhielt einen Anhörungsbogen als Betroffener. Diesen gab er
an einen Kollegen weiter, der sich daraufhin selbst als Fahrzeugführer in dem Wissen
benannte, das Fahrzeug tatsächlich nicht gefahren zu haben. Gegen seinen Bußgeldbescheid legte er Einspruch ein und ließ nach Eintritt der Verfolgungsverjährung gegen
den tatsächlichen Fahrer durch seinen Rechtsanwalt vortragen, er wäre ausweislich
der Lichtbilder nicht der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen. Das Amtsgericht
stellte daraufhin dieses Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG ein. Genau dieses Ziel hatten der Täter als tatsächlicher Fahrer und sein Kollege mit ihrem Vorgehen verfolgt.
Gründe
Der Strafsenat bestätigt die Verurteilung wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer
Täterschaft, wenn der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit diesem zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre führen, indem sich die weitere Person zu Unrecht selbst der Täterschaft bezichtigt. Er
verwies hier darauf, dass der tatsächliche Fahrer im Wege der wertenden Zuschreibung Tatherrschaft und Wille zur Tatherrschaft hatte und die Tat alleine in seinem Interesse begangen wurde und somit mittelbare Täterschaft vorlag.
Außerdem liege hier keine straflose Selbstschädigung des Kollegen vor, da der Tatbestand der falschen Verdächtigung auch die inländische staatliche Rechtspflege vor
ungerechtfertigter Inanspruchnahme schützt. Dabei reiche auch die Vortäuschung einer Ordnungswidrigkeit zur Tatbestandsverwirklichung aus. Daher wurde der Freispruch für den sich selbst bezichtigenden Kollegen aufgehoben und die Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Das OLG geht davon aus, dass sich dieser nach den vom Landgericht getroffenen
Feststellungen wegen Beihilfe zur falschen Verdächtigung gem. §§ 164 Abs. 2, 27 Abs.
1 StGB strafbar gemacht hat.
Relevanz für die anwaltliche Beratung
Die rechtliche Zulässigkeit der Punkteübernahme wie im zugrunde liegenden Fall wird
regelmäßig von den Mandanten in der anwaltlichen Beratung erfragt. Nicht zuletzt vor
dem Hintergrund der hier dargestellten Entscheidung sollte ausdrücklich auf die Strafbarkeit eines solchen Vorgehens und die damit verbundenen juristischen Konsequenzen hingewiesen werden.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Markus Schäpe
Leitung Juristische Zentrale