SECRET SURFACE WO SINN ENTSTEHT Gruppenausstellung 14.2.

 SECRET SURFACE
WO SINN ENTSTEHT
Gruppenausstellung
14.2.–1.5.16
Presserundgang: Freitag, 12.2.16, 11 h
Eröffnung: Samstag, 13.2.16, 17–22 h
PRESSEMAPPE
Inhalt
-
Pressemitteilung: SECRET SURFACE. WO SINN ENTSTEHT
-
KünstlerInnen- und Werkliste
-
Plan der Ausstellung
-
Ausstellungsbegleitende Texte
-
Ausstellungsbegleitendes Performanceprogramm
-
Biografien der Kuratorinnen
Stand: 11.2.16/Änderungen vorbehalten
Pressekontakt
Henriette Sölter
T +49 30 243459-42
[email protected] KW Institute for Contemporary Art
Auguststr. 69
10117 Berlin www.kw-berlin.de
www.facebook.com/KWInstituteforContemporaryArt
www.facebook.com/KWFreunde PRESSEMITTEILUNG
SECRET SURFACE
WO SINN ENTSTEHT
Gruppenausstellung
14.2.–1.5.16
Presserundgang: Freitag, 12.2.16, 11 h
Eröffnung: Samstag, 13.2.16, 17–22 h
Das abendländische Weltbild und dementsprechend auch die westliche Kultur gründen implizit auf
der Vorstellung eines Jenseits – des Horizonts und was wir dahinter vermuten, der Unendlichkeit
des Universums, und, letztlich, des Todes –, das dem Gewöhnlichen entgegensteht. Diese
Vorstellung gibt der menschlichen Existenz aus westlicher Sicht eine Richtung und verspricht
Erfüllung beziehungsweise Vollständigkeit. Deswegen assoziieren wir Sinn mit Tiefe und werten
die Oberfläche implizit ab: Oberflächlich sind jene Menschen und Dinge, denen es an Komplexität
und Intensität mangelt.
SECRET SURFACE. WO SINN ENTSTEHT kehrt diese Logik um und präsentiert zeitgenössische
Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die dem unzulänglichen Diesseits nicht etwa ein
spirituelles Jenseits an die Seite stellen, sondern die Leere selbst als treibende Kraft konzipieren.
Vor diesem Hintergrund untersuchen die Arbeiten dieser Gruppenausstellung, ob und wie
Bedeutung ohne den Rückgriff auf metaphysische Erklärungsmuster hervorgebracht wird.
Die Schau gliedert sich in vier Teile, die wiederkehrende Motive hinsichtlich unterschiedlicher
thematischer Aspekte in den Blick nehmen. Im Erdgeschoss führt der Prolog Geheimnis der
Oberfläche in die Thematik ein und zeigt, dass Oberflächen deshalb verführerisch wirken, weil sie
visuell nie vollständig erfahren werden können. Denn erst durch das Licht, das sich auf seiner
Oberfläche bricht, wird jegliches Material überhaupt sichtbar – und so entsteht der Wunsch nach
Berührung. Anna Barham thematisiert beispielsweise in ihrer Videoinstallation -52NTHJT3K8
(2015) die Faszination einer besonderen Oberfläche: Die „sehende“ und „kommunizierende“ Haut
eines Tintenfisches, die auch nach dem Tod des Tieres auf Licht und Berührung reagiert. Der
bekannte romantische Topos der Toteninsel wird in Beth Collars Video ISLAND OF THE DEAD
(2014) zum Anlass, die zeitliche und räumliche Distanz zwischen Gegenwart und Jenseits durch
bis an die Ermüdungsgrenze reichende Wiederholung aufzulösen.
In der Ausstellungshalle nimmt das erste Kapitel Unter dem Firmament ein literarisches Bild von
D. H. Lawrence zum Ausgangspunkt, welches das Universum als menschengemachten Schirm
beschreibt, der uns Schutz gegen ein Versinken im Chaos bieten soll. Die hier präsentierten
Kunstwerke adressieren diesen Schirm explizit und widmen sich vor diesem Hintergrund der
körperlichen und materiellen Realität des Universums, seiner Anziehungskraft und seiner
Vergänglichkeit. Katharina Sieverdings Projektion DIE SONNE UM MITTERNACHT SCHAUEN
(RED), SDO/NASA (2011–12) bringt die Sonnenoberfläche mittels hochauflösender Aufnahmen
der NASA verführerisch nahe, ohne dabei ihr Geheimnis preiszugeben, während Andy Holdens
Wandinstallation OBSESSION (2016) mit unzähligen Augen aus dem Sternenhimmel auf die
Betrachterinnen und Betrachter zurückblickt.
Das Kapitel Welt als Oberfläche geht unterschiedlichen Konzepten des Weltbezugs auf den
Grund. Die chinesische Künstlerin Ying Miao beispielsweise bringt den Technologiekult um
Produkte wie dem iPhone oder iPad mit den spirituellen Sehnsüchten der Menschen in
Zusammenhang. Vor dem Hintergrund des Medialen beziehungsweise Virtuellen und dem
Bildschirm als der Oberfläche, an und mit dem dieses verhandelt wird, machen die Arbeiten in
diesem Kapitel die Strategien von Warenfetischismus, Körperwahn und Celebrity-Kult als Umgang
mit und der Aneignung der uns umgebenden Wirklichkeit sichtbar – und zeigen deren Grenzen auf.
Das letzte Kapitel Subjektivierungsweisen widmet sich Formen der Begegnung mit sich selbst
und mit anderen, die nicht auf stabile Identitäten setzen. Die hier versammelten Positionen
entziehen sich dem kapitalistischen Imperativ eigenverantwortlicher Selbstverwirklichung oder
umkreisen diesen spielerisch. Sie eignen sich bestehende kulturelle und soziale Formate wie den
Hollywoodfilm, die Talkshow oder den Sexchat an. Während beispielsweise die Figur des Surfers
in Arbeiten von Reena Spaulings und Philipp Lachenmann als charakteristischer Nutzer
existierender Oberflächen gestärkt wird, zeigt Frances Starks Videoinstallation NOTHING IS
ENOUGH (2012), dass auch in der Sprache Nähe und Berührung nicht außerhalb von scheinbar
abgedroschenen Allgemeinplätzen entsteht, sondern dass diese Formeln Menschen dabei helfen,
sich zu begegnen. Die Arbeiten dieses Kapitels denken gesellschaftliche Normen als Oberfläche,
die dem Einzelnen eher durch Aneignung und variierende Wiederholung als durch den Versuch
der Abgrenzung Handlungsmöglichkeiten eröffnen.
Die Ausstellung wird kuratiert von Ellen Blumenstein und begleitet von einem
Performanceprogramm der Kuratorinnen Catherine Wood und Adela Yawitz während der Laufzeit
und zum Gallery Weekend Berlin (29.4.–1.5.16). Das Projekt basiert auf der gemeinsamen
Recherche von Ellen Blumenstein und Catherine Wood.
Mit Beiträgen von niv Acosta, Auto Italia (Kate Cooper, Marianne Forrest, Andrew Kerton und Jess
Wiesner), Trisha Baga, Anna Barham, Eduardo Basualdo, Viktoria Binschtok, Gwenneth Boelens,
Beth Collar, Hollis Frampton, Spiros Hadjidjanos, Andy Holden, Alex Israel, Philipp Lachenmann,
Mark Leckey, Lawrence Lek, Ying Miao, Philippe Parreno, Elizabeth Price, Naufus RamírezFigueroa, Emily Roysdon, Georgia Sagri, Prem Sahib, Nora Schultz, Katharina Sieverding, Reena
Spaulings, Patrick Staff und Cara Tolmie, Philipp Timischl, Frances Stark und Martijn in 't Veld.
SECRET SURFACE. WO SINN ENTSTEHT wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes.
Mit weiterer Unterstützung der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten und dem British
Council.
Öffnungszeiten
Mi–Mo 12–19 h, Do 12–21 h, Di geschlossen
Eintritt
6 €, ermäßigt 4 €
Donnerstagabend-Ticket: 4 € (18–21 h, inklusive Einführung um 18 h)
KÜNSTLER/INNEN- UND WERKLISTE Auto Italia
Est. 2007, London
Auto Italia (Kate Cooper, Marianne Forrest, Andrew Kerton, Jess Wiesner)
MY SKIN IS AT WAR WITH A WORLD OF
DATA
(Ausschnitt), 2012
Produziert von Auto Italia, London
Im Auftrag von by Artissima, Turin
04:05 min
Kameramann: Theo Cook
Ton: Nathan Budzinski
Performer: Marleen Boschen, Nat Cary,
Mette Juhl, Pablo Navarro MacLochlainn,
Rachel Pimm
Courtesy die Künstler und Auto Italia
Trisha Baga
* 1985 in Venice, Florida (US), lebt und
arbeitet in New York (US)
MADONNA Y EL NIÑO, 2010
1-Kanal-Video, Spiegelball, Schuhe
25:14 min
Courtesy die Künstlerin und Greene
Naftali, New York and Société, Berlin
Anna Barham
* 1974 in Brimingham (UK), lebt und
arbeitet in London
-52nthjt3k8, 2015
Bearbeitetes, gefundenes Video,
Stahlrohre
01:00 min, Loop
Courtesy die Künstlerin und Arcade,
London
Eduardo Basualdo
* 1977 in Buenos Aires, lebt und arbeitet in
Buenos Aires
THE END OF ENDING, 2012
Schwarzes Aluminium
600 x 600 x 350 cm
Courtesy der Künstler und PSM Gallery,
Berlin
Viktoria Binschtok
* 1972 in Moskau, lebt und arbeitet in
Berlin
GUNDAM CLUSTER, 2014
C-Print
2-teilig
77 x 59 cm (VASE)
100 x 83 cm (GUNDAM)
Courtesy die Künstlerin und Klemm’s,
Berlin
ECLIPSE99 CLUSTER, 2014
C-Print
3-teilig
53 x 40 cm (PLANE WINDOW)
150 x 107 cm (ECLIPSE99)
45 x 60 cm (GOLDEN TOOL)
Courtesy die Künstlerin und Klemm’s,
Berlin
Gwenneth Boelens
* 1980 in Soest (NL), lebt und arbeitet in
Amsterdam
LIAR’S CLOTH (GUILELESS NOTE),
2015
C-Print (Fotogramm, undurchsichtige
Projektion), Aluminium
2-teilig
Each 183 x 235 cm
Courtesy die Künstlerin und Klemm’s,
Berlin
Beth Collar
* 1984 in Cambridge (UK), lebt und
arbeitet in Bristol (UK)
Alex Israel
1982 in Los Angeles (US), lebt und
arbeitet in Los Angeles (US)
THE ISLAND OF THE DEAD, 2014
Digitales Video
28:00 min
Courtesy die Künstlerin
SELF PORTRAIT (WETSUIT), 2015
Acryl auf Aluminium
202 x 71 x 56 cm
Courtesy der Künstler
Hollis Frampton
* 1936 in Wooster, Ohio (US), † 1984 in
Buffalo, NY (US)
LEMON, 1969
Video
07:00 min
Courtesy Estate of Hollis Frampton und
Anthology Film Archives, New York
SURFACE TENSION, 1968
Video
09:31 min
Courtesy Estate of Hollis Frampton und
Anthology Film Archives, New York
Spiros Hadjidjanos
* 1978 in Athen, lebt und arbeitet in Berlin
Mit besonderem Dank an Peres Projects,
Berlin für die Unterstützung
Philipp Lachenmann
* 1963 in München (DE), lebt und arbeitet
Berlin, Köln (DE) und Los Angeles (US)
GREY STUDY (SURFER) XL 02_09
GREY STUDY (SURFER) XL 04_14
GREY STUDY (SURFER) XL 01_12
2003
Lightjet-Druck
180 x 240 cm
Courtesy der Künstler
Mark Leckey
1964 in Birkenhead (UK), lebt und
arbeitet in London
NETWORK/ED PILLAR, 2015
Drahtlosrouter, benutzerspezifische
Router-Firmware, Lichtwellenleiter,
Elektronik
Courtesy der Künstler und Neumeister
Bar-Am, Berlin
LIVING WITHIN THE ECSTASY OF
ALWAYS
BURSTING FORTH, 2015
Video, ohne Ton
03:20 min
Courtesy der Künstler und Galerie
Buchholz, Berlin/Köln
Andy Holden
* 1982 in Bedford (UK), lebt und arbeitet in
Bedfordshire (UK)
THE HALF-TONE ECSTASY OF ALWAYS
BURSTING FORTH, 2015
Siebdruck
150 x 100 cm
Courtesy der Künstler und Galerie
Buchholz, Berlin/Köln
OBSESSION, 2016
Druck auf Wandtapete, Wackelaugen
1800 x 540 cm
Courtesy der Künstler
Lawrence Lek
* 1982 in Frankfurt am Main (DE), lebt und
arbeitet in London
BERLIN MIRROR (2042
RETROSPECTIVE), 2016
HD-Videosimulation
10:00 min
Courtesy der Künstler
Philippe Parreno
* 1964 in Oran (DZ), lebt und arbeitet in
Paris
WITH A RHYTHMIC INSTINCTION TO BE
ABLE TO TRAVEL BEYOND EXISTING
FORCES OF LIFE
(YELLOW, RULE #2), 2014
LED Bildschirm, MacBook Pro 13,
Lautsprecher,
Licht-Ton-Umwandler, Software
146,80 x 84,80 x 5,50 cm
Courtesy der Künstler und Pilar Corrias,
London
Sammlung Daniel Wust
Elizabeth Price
* 1966 in Bradford (US), lebt und arbeitet
in London
# 23. WHAT INSTRUMENTS HAVE WE?
(1-5), 2014
Pulverbeschichteter Stahl, Keramik,
Uhrwerk, Acryl
Je 145 x 34 cm
Courtesy die Künstlerin
Georgia Sagri
* 1979 in Athen, lebt und arbeitet in New
York (US)
SNOUT IS WALL AND WALL IS SNOUT,
2014
Fototapete auf Gipswand, Metall
450 x 900 cm
Courtesy die Künstlerin und Anthony
Reynolds Gallery, London
COPYPASTE, 2014
Ganzkörperanzug (Druck auf Stoff),
Kleiderhaken
150 x 90 cm
Courtesy die Künstlerin und
Anthony Reynolds Gallery, London
Prem Sahib
* 1982 in London, lebt und arbeitet in
London
THOSE SOAKED II / III, 2015
SUNLIGHT, 2013
HD-Videoinstallation auf zwei Leinwänden
Courtesy die Künstlerin und
MOT International, London / Brüssel
Emily Roysdon
* 1977 in Easton, Maryland (US), lebt und
arbeitet in Stockholm und New York (US)
# 5. BEYOND THE WILL TO MEASURE,
2014
Keramik, Uhrwerk, Acryl
Je 27 x 34 cm
Courtesy die Künstlerin
2-teilig
Harz auf eloxiertem Aluminium
Je 100 x 80 cm
Courtesy der Künstler und Southard Reid,
London
Nora Schultz
* 1975 in Frankfurt am Main (DE), lebt
und arbeitet in Berlin
STATIV „DROHNE“, 2015
Zement, Aluminiumrohre, Metallrohr,
Plastikverbundrohr, Stativschellen
307 x 137 x 120 cm
Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien
SILVER TRIANGLE, 2015
Hartschaumplatte, Metallrohre
366 x 129 x 150
Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien
TRIPOD II, 2013
Stahl, Schaum
243 x 155 x 160 cm
Courtesy Isabella Bortolozzi, Berlin
Katharina Sieverding
* 1944 in Prag, lebt und arbeitet in
Düsseldorf (DE) und Berlin
DIE SONNE UM MITTERNACHT
SCHAUEN (RED), 2011 – 2012
SDO/NASA
Digitale Filmprojektion
500 x 500 cm
100:00 min, Loop
Courtesy die Künstlerin und studio 111a
Reena Spaulings
Lives and works in New York (US)
MOLLUSK, 2012
Marmor
199 x 51 x 4 cm
Courtesy Galerie Neu, Berlin
Privatsammlung, Berlin
Frances Stark
* 1967 in Newport Beach, Kalifornien (US),
lebt und arbeitet in Los Angeles (US)
OSSERVATE, LEGGETE CON ME, 2012
3-Kanal-Videoinstallation, schwarz-weiß,
Sound
29:34 min
Courtesy Julia Stoschek Foundation e.V.,
Düsseldorf
Philipp Timischl
* 1989 in Graz (AT), lebt und arbeitet in
Wien
ADULT MEGA OUTLET, 2015
UV-Druck, Acryl auf Leinwand, Monitor,
HD Video
4-teilig
230 x 107 x 5 cm
Courtesy Galerie Emanuel Layr, Wien
I MAKE BELIEVE, 2014
UV-Druck auf Epoxidharz auf Leinwand,
Monitor, HD Video
160 x 105 cm
Courtesy der Künstler und Neue Alte
Brücke, Frankfurt
A GOOD WAY TO GET THE GAY
STARTED, 2014
UV-Druck auf Epoxidharz auf Leinwand
160 x 105 cm
Courtesy der Künstler und Neue Alte
Brücke, Frankfurt
YOUR CHARACTER IS SO HOT –
HOTTEST
CHARACTER, 2014
UV-Druck auf Epoxidharz auf Leinwand,
Monitor, HD Video
160 x 105 x 15 cm
Courtesy der Künstler und Neue Alte
Brücke, Frankfurt
UNTITLED (RASMUS), 2014
UV-Druck auf Epoxidharz auf Leinwand
180 x 100 x 5 cm
Privatsammlung, Amsterdam
LONDON, IN TREATMENT, 2014
UV-Druck auf Epoxidharz auf Leinwand,
Monitor, HD Video
160 x 105 x 15 cm
Courtesy der Künstler und Neue Alte
Brücke, Frankfurt
SURVIVAL TOOL, 2015
UV-Druck, Acryl auf Leinwand, Monitor,
HD Video
4-teilig
230 x 107 x 5 cm
Courtesy Galerie Emanuel Layr, Wien
Martijn in ’t Veld
* 1979 in Strijen (NL), lebt und arbeitet in
Berlin
HANDMADE DRAWING OF THE MOON,
2011
Kohle auf Papier
51,8 x 58 cm
Courtesy Daniel Tyradellis, Berlin
Ying Miao
* 1985 in Shanghai (CN), lebt und arbeitet
in Peking
LANDSCAPE.GIF, 2013
GIFs auf Tablets
Courtesy die Künstlerin
TECH ABSTRACTIONISM
(No.1—iPhone 2G, No.2—iPhone 3G,
No.3—iPhone 4G, No.4—iTouch 1G,
No.5—iTouch 2G, No.6—iTouch 4G,
No.11—iPod nano 6G, No.15—iPad 3G),
2014 – fortlaufend
8 Digitaldrucke auf Leinwand
130 x 173 cm / 77 x 51 cm / 28 x 28 cm
Courtesy die Künstlerin
APP-NOSIS, 2013 – 2014
1-Kanal-Videoinstallation, 2
Metallpyramiden,
iPhone 6s plus-Modelle, Gras, Kissen,
Smartphoto-Halterungen
06:09 min
180 x 180 cm / 135 x 135 cm
Courtesy die Künstlerin
AUSSTELLUNGSPLAN
Halle
1. Stock
APP-NOSIS, 2013 – 2014
ECLIPSE99 CLUSTER,
2014
LANDSCAPE.GIF, 2013
SNOUT IS WALL AND WALL IS
SNOUT, 2014
COPYPASTE, 2014
NETWORK/ED PILLAR, 2015
WORLD OF DATA , 2012
SURFACE TENSION, 1968
2. Stock
AUSSTELLUNGSBEGLEITENDE TEXTE
Einleitung
Der Sinn liegt immer dort, wo man selbst gerade nicht ist: Außerhalb des eigenen Blickfelds
oder der körperlichen Reichweite, jenseits des menschlichen Vorstellungsvermögens, auf der
anderen Seite – des Ozeans, der Grenze, des Spielfelds – oder im Paradies. Die Menschen
erleben sich als unvollständig und sehnen sich nach Erfüllung, die aber zugleich unerreichbar bleiben muss, um das eigene Verlangen aufrecht zu erhalten. In dieser Logik erscheinen
Oberflächen als ungeeignete Bedeutungsträger, weil sie greifbar sind: Wir können sie anschauen und berühren. Doch wenn man es genau nimmt, entzieht sich selbst die Oberfläche
unserem Zugriff, denn zum einen sehen wir nur das auf der Oberfläche gebrochene Licht, nie
das Ding an sich, und zum anderen enthüllt selbst die Berührung nie das Wesen einer Sache. Es macht also keinen Unterschied, ob die Dinge fern oder nah, sichtbar oder verborgen
sind: Allen fehlt etwas. Aber erst dieser Mangel macht es möglich, jemanden oder etwas zu
begehren und als sinnhaft wahrzunehmen. Diese Gruppenausstellung präsentiert zeitgenössische Werke, die metaphysische Welterklärungsmodelle dekonstruieren, ohne deshalb auf
die Sinnfrage zu verzichten. Ausgangspunkt und Gegenstand der künstlerischen Untersuchungen ist dabei die Oberfläche als Ort der Bedeutungsproduktion. Die Schau gliedert sich
in vier Teile, die den Sinn auf unterschiedlichen Ebenen verorten, sei es im Material selbst,
im Universum, in unserer Umwelt oder in Beziehungen zu anderen Menschen.
Prolog: Geheimnis der Oberfläche
Der Prolog GEHEIMNIS DER OBERFLÄCHE stellt die Oberfläche als Ort der Bedeutungsproduktion vor und untersucht die Wahrnehmungsmuster, die Voraussetzung für die Aufladung von Materialien und Bildern mit Sinn sind. Die Werke in diesem Bereich verbinden die
Sehnsucht nach Transzendenz mit einer Faszination für Oberflächen – und deren Berührung. Das Wissen um den eigenen Tod als zentrale Herausforderung menschlicher Existenz
wird hier ebenso thematisiert wie religiös-spirituelle und alltägliche Referenzpunkte. Diese
gehen dem Geheimnis unserer Wünsche und Empfindungen nicht etwa auf den Grund, sondern binden sie an das Verführungspotenzial dessen zurück, was direkt vor unseren Augen
liegt. Die Oberfläche ist der Schnittpunkt vom Beobachtungsgegenstand und dessen Materialität, seiner Präsenz und den Vorstellungen, die wir mit ihm verbinden. Hier entscheidet sich,
welche (kollektive) Wirkung ein Motiv entfaltet.
Unter dem Firmament
Das Kapitel UNTER DEM FIRMAMENT nimmt ein literarisches Bild des britischen Schriftstellers D. H. Lawrence zum Ausgangspunkt, welches das Universum als menschengemachten
Schirm beschreibt, der uns Schutz gegen ein Versinken im Chaos bieten soll. Die im zweiten
Bereich präsentierten Kunstwerke adressieren diesen Schirm nicht etwa als unendlichen
Raum, sondern als Oberfläche, auf der die Menschen Bedeutung anlagern. Gleichzeitig wird
das Universum in seiner wichtigen sinnstiftenden Funktion für die Bildproduktion fruchtbar
gemacht und die angesichts der eigenen Endlichkeit in seine Tiefen projizierten Sehnsüchte
ins Diesseits zurück verlegt. Ein seit jeher trostspendendes Motiv in diesem Zusammenhang
ist die Sonne, die als unvorstellbar großer und ferner, vor allem aber leben- und lichtspendender Stern unbeirrbar jeden Tag aufs Neue am Horizont sichtbar wird und wieder verschwindet.
Welt als Oberfläche
Der Bereich WELT ALS OBERFLÄCHE untersucht unterschiedliche Konzepte des Weltbezugs. Vor dem Hintergrund des Medialen, beziehungsweise Virtuellen und dem Bildschirm
als der Oberfläche, an und mit dem das Verhältnis zwischen dem Individuum und seiner
Umwelt verhandelt wird, machen die Arbeiten in diesem dritten Teil die Strategien sichtbar,
die Warenfetischismus, Körperwahn und Celebrity-Kult für unseren Umgang mit der Wirklichkeit bereithalten – und zeigen deren Grenzen auf. Dabei bleiben die Werke auf Distanz zu
Kritik oder Affirmation und unterlaufen ebenso die Logik des Heilsversprechens durch Technik, um stattdessen die Produktivität des Oberflächlichen zu fokussieren.
Subjektivierungsweisen
Das letzte Kapitel SUBJEKTIVIERUNGSWEISEN widmet sich Formen der Begegnung – mit
sich selbst und mit anderen –, die nicht auf stabile Identitäten setzen. Die hier versammelten
Positionen entziehen sich dem kapitalistischen Imperativ eigenverantwortlicher Selbstverwirklichung oder umkreisen diesen spielerisch. Sie eignen sich bestehende kulturelle und
soziale Formate wie den Hollywoodfilm, Kommunikation in sozialen Netzen oder den Sexchat
an und stärken die Figur des Surfers als charakteristischen Nutzer existierender Oberflächen. Außerdem zeigen sie, dass auch in der Sprache Nähe und Berührung nicht außerhalb
von scheinbar abgedroschenen Allgemeinplätzen entsteht, sondern dass diese Formeln
Menschen dabei helfen, sich zu begegnen. Die Arbeiten in diesem Bereich denken gesellschaftliche Normen als Oberfläche, die dem Einzelnen eher durch Aneignung und variierende Wiederholung als durch den Versuch der Abgrenzung Handlungsmöglichkeiten eröffnet.
AUSSTELLUNGSBEGLEITENDES PERFORMANCEPROGRAMM
Kuratiert von Catherine Wood und Adela Yawitz
3.3.16, 19 h: CLAPBACK von niv Acosta, 3 € (Englisch/Deutsch)
7.4.16, 19 h: LITMUS SHUFFLE von Patrick Staff und Cara Tolmie, 3 € (Englisch)
30.4.16, 10–22 h: SUNRISE SUNSET mit Anna Barham, Auto Italia, Lawrence Lek, Naufus
Ramírez-Figueroa, Emily Roysdon und anderen, Eintritt im Ausstellungsticket enthalten
(Englisch)
niv Acosta: CLAPBACK
Der in New York lebende und in zeitgenössischem Tanz ausgebildete niv Acosta begreift
Tanzperformances, Skulpturen und Vermittlungsformate als Möglichkeit, politische Themen
wie Rasse und Geschlecht zu thematisieren. Seine neue Performance wurde für die KW als
weiße und leere Oberfläche konzipiert, die im Zuge der Aufführung durch seine
choreographischen Aktionen, in denen er sich durch – und gegen – sein Publikum bewegt,
markiert wird.
Patrick Staff und Cara Tolmie: LITMUS SHUFFLE
In ihrer seit langem bestehenden choreographischen Zusammenarbeit untersuchen Patrick
Staff und Cara Tolmie die Nebenerzeugnisse ihrer Freundschaft und Kooperation – nicht
verwendete Choreographien, verworfene Bilder, Kostüme und Texte – und machen diese
produktiv. Die beiden verhandeln in ihren regelmäßigen Begegnungen die gesammelten
Materialien und unterbrechen damit die tägliche Routine, um sich den Relikten aus
überproduktiven Zeiten zu widmen.
SUNRISE SUNSET mit Anna Barham, Auto Italia, Lawrence Lek, Naufus Ramírez-Figueroa, Emily
Roysdon, and others
Dieser 12-stündige Performancezyklus in den Ausstellungsräumen, den anliegenden
Gebäudeteilen und dem Hof ergänzt die zentrale Frage der Ausstellung: Wo entsteht Sinn?
Und was, wenn live aufgeführte Kunst ebenso oberflächlich ist wie die präsentierten Werke –
und zwar im besten Sinne des Wortes?
Das Programm aktiviert größtenteils eine Auswahl von Werken der Ausstellung durch die
Live-Interpretation der jeweiligen KünstlerInnen, deren Präsenz zusätzlich zu den Arbeiten
der Ausstellung als eine weitere Oberfläche für Brechungen und Reflexionen verstanden
wird. Die Performances interpretieren den Moment des Austausches zwischen
BeobachterInnen und Beobachtetem und machen die Fragen der Ausstellung durch
Partizipation erfahrbar. Das Programm lässt verführerisch aussehende virtuelle mit
physischen Räumen aufeinanderprallen, die jeweils als Schnittstellen oder Systeme zur
Sinnstiftung im Hinblick auf die uns umgebende Wirklichkeit dienen.
Das Tagesprogramm entfaltet sich in einem Tempo, das sich an Biorhythmen und dem
natürlichen Wechsel des Lichtes orientiert und so die verschiedenen Bühnensituationen in
den KW jeweils ins Rampenlicht stellt oder in den Schatten rückt. Am Morgen laden
Performances und Workshops das Publikum zu näherer Auseinandersetzung mit Texten und
räumlichen Arbeiten der Ausstellung ein. Beispielsweise leitet Anna Barham die Lesegruppe
THE MODEL (2016), die vor Publikum Texte aus der Popkultur wieder und wieder durch
menschliche Performances und digitale Übersetzungsprogramme laufen lässt. Lawrence Lek
übernimmt in einer Liveaufführung seiner für die Ausstellung entstandenen Arbeit BERLIN
MIRROR (2042 RETROSPECTIVE) die Kontrolle über eine virtuelle Tour durch eine
Zukunftsversion der KW. Seine Narration, die sich über die präsentierte Installation legt,
entwickelt sich im Verlauf der Performance weiter bis zu einer musikalischen Open-AirVersion der Arbeit.
Das Nachmittagsprogramm präsentiert Interventionen und teils surreale Reisen, die ebenfalls
von den ausgestellten Arbeiten ausgehen. Das Künstlerkollektiv Auto Italia greift seinen Film
MY SKIN IS AT WAR WITH A WORLD OF DATA (2012) auf, indem es dessen ursprüngliche
Figuren und Bilder durch vermeintlich austauschbare menschliche Interaktionen live
reaktiviert.
Der Abend wird mit einer Reihe von kürzer getakteten Performances beschlossen, die sich
über den Hof erstrecken und durch künstlerische Positionen ergänzt werden, die nicht in der
Ausstellung vertreten sind. Naufus Ramírez-Figueroas Stück THE PRINT OF
SLEEP(2015/16) beschließt den Tag mit einer meditativen, traumartigen Szenerie, die
Siebdruck mit unterschiedlichen menschlichen Hautoberflächen und Schlaf-Ritualen
verbindet. Der Rythmus des Tages und die räumliche Inszenierung wurde im Dialog mit der Künstlerin
Emily Roysdon entwickelt, die als Teil ihrer Performance UNCOUNTED [PERFORMANCE 7]
(seit 2014 fortlaufend) für Zeit subjektive Ausdehnungen und Maße einführt. Roysdon und die
TeilnehmerInnen führen abwechselnd per Zufallsprinzip gewählte Textauszüge eines
nummerierten Scripts im Hof der KW auf – dem Ort, der die Straße mit den verschiedenen
Spielorten der Institution verbindet.
THE PRINT OF SLEEP von Naufus Ramírez-Figueroa als Teil von Corpus, einem
europäischen Netzwerk für Performancekunst produziert. Corpus besteht aus Bulegoa z/b
(Bilbao), Contemporary Art Centre (Vilnius), If I Can’t Dance, I Don’t Want To Be Part Of
Your Revolution (Amsterdam), KW Institute for Contemporary Art (Berlin), Playground (STUK
Kunstencentrum & M-Museum, Leuven) und Tate Modern (London). UNCOUNTED von
Emily Roysdon wurde als Teil der ersten Phase von Corpus entwickelt. Corpus ist
kofinanziert vom Creative Europe Programm der Europäischen Union.
www.corpus-network.org
BIOGRAFIEN DER KURATORINNEN
Ellen Blumenstein
Ellen Blumenstein ist seit Januar 2013 Chefkuratorin der KW Institute for Contemporary Art.
Sie hat unter anderem die Ausstellungsprojekte RELAUNCH (2013), Kader Attia:
REPARATUR: 5 AKTE (2013), ECHTE GEFÜHLE: DENKEN IM FILM (2014, gemeinsam mit
Franz Rodenkirchen und Daniel Tyradellis), Ryan Trecartin: SITE VISIT (2014, gemeinsam
mit Klaus Biesenbach), Channa Horwitz: COUNTING IN EIGHT, MOVING IN COLOR (2015)
sowie FIRE AND FORGET. ON VIOLENCE (2015, gemeinsam mit Daniel Tyradellis)
kuratiert. Zwischen 1998 und 2005 arbeitete sie bereits für die KW, wo sie zuletzt mit Klaus
Biesenbach und Felix Ensslin das Ausstellungsprojekt ZUR VORSTELLUNG DES
TERRORS: DIE RAF-AUSSTELLUNG (2005) realisierte.
Vor ihrer Ernennung zur Chefkuratorin der KW arbeitete Blumenstein als freie Kuratorin. Sie
kooperierte mit der spanischen Künstlerin Dora García für deren Talkshow KLAU MICH! auf
der dOCUMENTA (13) (2013) in Kassel und kuratierte unter anderem den Isländischen
Pavillon auf der Biennale di Venezia (2011), die Sommerakademie AGULHAS NEGRAS –
ON THE NECESSITY TO DISCUSS SOCIAL FUNCTIONS OF CONTEMPORARY ART in
São Paulo/Campos do Jordão, BR (2008) und die Ausstellung ZWISCHEN ZWEI TODEN am
ZKM in Karlsruhe (2007, gemeinsam mit Felix Ensslin).
Ellen Blumenstein ist außerdem Gründerin des Veranstaltungsortes Salon Populaire und
eine der BegründerInnen der Initiative Haben und Brauchen.
Catherine Wood
Catherine Wood ist seit 2002 Senior Curator for International Art (Performance) an der Tate
Modern in London. Dort arbeitet sie derzeit an den Eröffnungsaustellungen im Rahmen der
zweiten Phase der Gebäudeerweiterung im Juni 2016 sowie an einer Retrospektive von
Robert Rauschenberg mit Eröffnung im Dezember 2016. Sie kuratierte in der Tate Modern
die Ausstellung A BIGGER SPLASH: PAINTING AFTER PERFORMANCE (2012–13) und
war Ko-Kuratorin der Ausstellungen THE WORLD AS A STAGE (2007) und POP LIFE
(2010). Außerdem war sie 2012 Co-Direktorin des Eröffnungsprogramms ART IN ACTION
der Tate Tanks.
Seit 2003 kuratierte sie an der Tate Modern zahlreiche Performancearbeiten von
Künstlerinnen und Künstlern wie unter anderem Boris Charmatz/Musée de la danse, Guy de
Cointet, Joan Jonas, Jiri Kovanda, Mark Leckey und Elaine Sturtevant und initiierte 2011 das
Online-Projekt PERFORMANCE ROOM. Sie ist Mitglied der International Artists Monitoring
Group der Tate, London sowie Mitglied im Kuratorium des Studio Voltaire, London.
Catherine Wood verfasste die Publikation PERFORMANCE IN CONTEMPORARY ART
(erscheint 2016, Tate Publishing) und veröffentlichte YVONNE RAINER: THE MIND IS A
MUSCLE (Afterall/MIT Press, 2007). Ihre Artikel erscheinen regelmäßig in den
Fachmagazinen Afterall, Artforum und Mousse; zudem verfasste sie zahlreiche
Katalogessays, zuletzt über Sung Hwan Kim, Joachim Koester und Piotr Uklanski.
Adela Yawitz
Adela Yawitz ist seit Beginn des Jahres 2015 Kuratorin des Veranstaltungsprogramms und
der Residencies in den KW Institute for Contemporary Art in Berlin. Vorher arbeitete sie zwei
Jahre als Mitglied von Ellen Blumensteins Team an den Ausstellungen und Publikationen der
KW mit.
In den KW konzipiert sie die monatlich stattfindende Performancereihe THE
PERFORMATIVE MINUTE, in der internationale und Berliner Künstlerinnen und Künstler
vorgestellt werden. Außerdem ist sie verantwortlich für Veranstaltungsserien im Bereich der
Soundkunst und der experimentellen Musik, des Urbanismus und der Architektur sowie der
Literatur, die in Kooperation mit Partnern der KW entwickelt werden. Sie hat darüber hinaus
zwei Publikationen der Serie KW Pocket redaktionell mitbetreut und leitete die Redaktion für
den Ausstellungskatalog SITE VISIT von Ryan Trecartin und Lizzie Fitch (2015).
Adela Yawitz absolvierte ihren BA in Kunstgeschichte an der Columbia University in New
York und führte ihr Studium an der Universität Potsdam fort.