Informationen für Patienten mit Schluckstörung (Dysphagie) und deren Angehörige 1. Auswirkungen einer neurologischen Erkrankung auf den Schluckakt Nach einem Schlaganfall oder bei anderen neurologischen Erkrankungen (z.B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Tumorerkrankungen) treten häufig Störungen beim Schlucken auf, die unterschiedlich ausgeprägt sein können. Nach einem Schlaganfall bilden sie sich manchmal in der Anfangsphase zurück, oftmals bleiben behandlungsbedürftige Schwierigkeiten bestehen. Das Schlucken ist ein komplexer Vorgang, bei dem viele verschiedene Nerven und auch Muskeln aktiv werden. Bei Gesunden läuft der Vorgang mehr oder weniger automatisch und 600-2000 mal pro Tag ab. Durch einen Schlaganfall können Gefühl und Beweglichkeit der für das Schlucken zuständigen Strukturen in Mund und Rachen gestört sein. Dadurch können Probleme in den verschiedenen Phasen des Schluckvorganges auftreten: in der sog. oralen Phase (oral = im Mund) beim Aufnehmen und Halten der Nahrung oder Flüssigkeit durch Lippen und Zunge, beim Kauen, beim Transport der Nahrung in Richtung Rachen, beim Auslösen des Schluckreflexes in der sog. pharyngealen Phase (pharyngeal = im Rachenbereich) beim Transport der Nahrung in Richtung Magen, bei der Kehlkopfhebung bei der Auslösung der lebenswichtigen Schutzreflexe Husten und Räuspern Folgen einer Störung des Schluckvorganges = Dysphagie können sein: Nahrung kann nicht richtig gekaut und geschluckt werden im Mundraum sammeln sich viele Speichel- oder Essensreste viele Patienten haben das Gefühl, es bleibe etwas im Halse stecken Verschlucken mit Husten, Niesen, Erbrechen, nach Luft ringen dies kann während, aber auch nach dem Schlucken auftreten Das Essen und Trinken wird hierdurch erschwert. Kommt es durch eine Störung des Schluckvorganges zu häufigem Nahrungseintritt in die Lunge (= Aspiration) können schwerwiegende Folgen, v.a. Lungenentzündungen, hervorgerufen werden. Ein Anzeichen hierfür ist eine “feuchte“, “gurgelnde“, “verschleimt“ klingende Stimme. Eine lebensbedrohliche Folge ist das direkte Verstopfen der Atemwege durch einen verschluckten Nahrungsbrocken mit anschließender Luftnot und akuter Erstickungsgefahr. Eine der Hauptgefahren bei einer Störung des Schluckvorganges ist deshalb die sog. „stille Aspiration“. Das heißt, es kommt zu einem Nahrungseintritt in die Lunge, ohne dass es vom Patienten bemerkt wird und ohne Einsetzen der lebenswichtigen Schutzreflexe Husten und Räuspern. Daher sind die wichtigsten Voraussetzungen für ein möglichst aspirationsfreies Essen und Trinken: der Hustenreflex muss erhalten sein, damit die Nahrung hochgehustet werden kann Speichelschlucken muss möglich sein die angebotene Nahrung muss an die Fähigkeiten und Probleme des Patienten angepasst sein ( siehe Kostformempfehlung ) Deshalb: bei bestehender Schluckstörung nie Nahrung geben, die nicht vom spezialisierten Sprach-/Schlucktherapeuten oder vom Arzt empfohlen wurde! KHU620006-03InfoSchluckstörung12-06-12.doc Seite 1 von 3 Abbildung: Luft- und Speiseröhre Auf diesen Bildern ist deutlich zu erkennen, dass Luft- und Speisewege sehr dicht beieinander liegen, weshalb es bei einer Störung des Schluckaktes zu einem Eintritt von Nahrung oder Flüssigkeit in die Lunge kommen kann. Hieraus kann im schlimmsten Falle eine Lungenentzündung hervorgerufen werden. 2. Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen in unserer Klinik Zu Beginn des Klinkaufenthaltes wird zunächst eine Untersuchung durch den Sprachtherapeuten/Logopäden vorgenommen, um die Schwierigkeiten bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme genau festzustellen. Der Therapeut empfiehlt dann eine der Schluckstörung angepasste Kostform und Flüssigkeitsstufe. In der Therapie wird die beeinträchtigte Gesichts-, Zungen-, und Rachenmuskulatur behandelt und trainiert. Zudem wird nach Ersatzstrategien und Hilfen gesucht, die das Verschlucken vermeiden oder zumindest vermindern helfen. Dies findet sowohl in Einzeltherapie als auch in Gruppentherapie statt. Verändern oder verbessern sich die Verhältnisse beim Schlucken, kann die Kostform sowie die Flüssigkeitsstufe schrittweise aufgebaut werden. 3. Hilfestellungen bei der Nahrungsaufnahme Eine weitestgehend risikolose Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsaufnahme wird ermöglicht, indem folgende Ess- und Trinkregeln vom Patienten, den Angehörigen und vom zuständigen Pflegepersonal beachtet werden. Im Einzelfall können die individuell mit dem Therapeuten erarbeiteten Regeln von den hier genannten abweichen, weshalb immer eine Rücksprache mit dem zuständigen Therapeuten notwendig ist. Vorbereitende Maßnahmen: nie im Liegen essen oder trinken! aufrechte, leicht nach vorn geneigte Sitzhaltung bei bettlägerigen Patienten das Kopfteil des Bettes möglichst senkrecht stellen und Kopf, Rücken und Arme durch Kissen unterstützen. Während des Essens/Trinkens: Zeit lassen kleine Bissen, kleine Schlucke (ggf. mit Teelöffel essen) nicht sprechen, keine Ablenkung durch Gespräche, Fernsehen etc. KHU620006-03InfoSchluckstörung12-06-12.doc Seite 2 von 3 Nach dem Essen/Trinken: prüfen, ob noch Essensreste im Mund verblieben sind Mund reinigen noch einige Zeit aufrecht sitzen bleiben (evtl. kann Nahrung oder Flüssigkeit direkt nach dem Essen wieder aus der Speiseröhre hochsteigen) 4. Kostformen in unserer Klinik Erläuterungen zu den Kostformen und zur Flüssigkeit SKF d passierte Kost / Nahrungsmittel, die zu einem feinen Brei verarbeitet sind und kein Kauen erfordern SKF c vorwiegend pürierte oder zerdrückte, weiche und saftige Kost / Nahrungsmittel lassen sich leicht kauen z.B. Brot ohne Rinde mit homogenem Aufstrich (Streichbelag ohne Stückchen) SKF b harte, krustige und zähe Speisen sollen nicht gegessen werden z.B. weiches Brot mit Rinde und Schnittbelag Fleisch in 5 mm Würfel Vollkost normale Kost evtl. werden Einschränkungen empfohlen/vorgenommen: z.B. keine Körner, keine Mischkonsistenzen (wie Nudelsuppe) -> hier wird Sie die behandelnde Therapeutin entsprechend informieren honigartig angedickt stark angedickte Flüssigkeit mit deutlich verlangsamter Fließgeschwindigkeit Konsistenzbeschreibung: vergleichbar mit Ketchup oder passierten Tomaten nektarartig angedickt leicht angedickte Flüssigkeit oder Flüssigkeit mit natürlicher “Dicke“ Konsistenzbeschreibung: vergleichbar mit gebundener Soße normal normale, unangedickte Flüssigkeit Verdickungsmittel für Flüssigkeiten Falls Flüssigkeit nicht sicher geschluckt werden kann, kann sie auf eine gewünschte Konsistenz angedickt werden. Sie fließt dann langsamer und lässt sich beim Schlucken besser kontrollieren. Es besteht mehr Zeit, die Flüssigkeit abzuschlucken, die Gefahr sich zu verschlucken wird verringert. Es gibt verschiedene Verdickungsmittel auf dem Markt, die alle pulverförmig sind und kalt in die Nahrung bzw. Flüssigkeit eingerührt werden. Sie lösen sich auf, sind geschmacksneutral und bringen die Speise bzw. Flüssigkeit auf die gewünschte Konsistenz/Dicke. Hier im Haus sind die Verdickungsmittel vorrätig und werden über die Pflege bereitgestellt. Die Dosierung wird Ihnen gern von den Pflegefachkräften, Diätassistenten und zuständigen Therapeuten erklärt. Zu Hause können Sie die Verdickungsmittel über die Apotheke bestellen: z.B. Quick & Dick von Pfrimmer Nutricia Resource “ Thicken up “ von Novartis Nutrition GmbH KHU620006-03InfoSchluckstörung12-06-12.doc Seite 3 von 3
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