Fall 1

Peter Knorr
Richter am Verwaltungsgericht
Verwaltungsgerichtliche Praxis
Veranstaltungsreihe des Verwaltungsgerichts Freiburg
1. Besprechungsfall
29.02.2016
"Walpurgisnacht im Kiez"
(Polizeirecht, allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht, Verwaltungsprozessrecht)
Lösungsskizze
A)
Klage des A
Die Klage hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
I.
Zulässigkeit der Klage
A wendet sich inhaltlich nur gegen die Untersagungsverfügung in Nr. 1. der angegriffenen Verfügung („Festverbot“). Damit ist auch nur dieser Teil der „Allgemeinverfügung“ vom 27.04.2015 Gegenstand seiner Klage.
1.
Klageart
1.1
Nach dem Sachverhalt klingt es so, als begehre A die Aufhebung des Fest-
verbots. Deshalb wäre insoweit an eine Anfechtungsklage zu denken. Das Festverbot erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsakts (VA) im Sinne von § 35 LVwVfG und
ist somit ein Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung gemäß § 35
Satz 2 LVwVfG. Allerdings hatte sich dieser VA bereits vor Klageerhebung durch
Zeitablauf erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 LVwVfG), er kann deshalb nicht mehr mit Widerspruch oder Klage angefochten werden, weil dem Kläger für die gerichtliche Aufhe-
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bung eines erledigten VA das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (Kopp/Schenke, VwGO,
21. Aufl. 2015, § 42 Rn. 58), eine Anfechtungsklage somit unzulässig ist.
1.2
Doch folgt aus § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, dass gegen einen erledigten VA
die Fortsetzungsfeststellungsklage gegeben (statthaft) ist. Zwar verlangt § 113
Abs. 1 Satz 4 VwGO grundsätzlich eine Erledigung nach Klageerhebung, doch wendet die h. M. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch auf den Fall der Erledigung des VA vor
Klageerhebung - wie hier - analog an (Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 99 mit
Nachweisen auch zur a. A., die insoweit auf die Möglichkeit der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO verweist).
Danach ist die Fortsetzungsfeststellungklage für A die richtige Klageart.
2.
Klagebefugnis
Das Vorliegen der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO wird nach h. M. nicht
nur als Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage,
sondern auch für die Fortsetzungsfeststellungsklage für erforderlich gehalten
(Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 125), weil die Fortsetzungsfeststellungsklage als
„fortgesetzte Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage“ (Kopp/Schenke, a.a.O.,
§ 113 Rn. 118) angesehen wird (nichts anderes gälte auch, wenn man sich bei der
Klageart für die allgemeine Feststellungsklage entschieden hätte, wobei die Klagebefugnis dort vereinzelt als Unterfall des berechtigten Interesses nach § 43 Abs. 1
VwGO angesehen wird [Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 16, 21 und 23]).
Bei dem A ist diese Klagebefugnis nicht gegeben. Denn er ist von der belastenden
Regelung der angegriffenen Untersagungsverfügung nicht betroffen bzw. nicht in
seinen Rechten verletzt. Mit der beanstandeten Verfügung werden Veranstaltungen,
insbesondere Musikdarbietungen, Alkoholausschank, Sperrungen, Aufbauten und
andere Möblierungen sowie Straßenspiele, in dem im Einzelnen genau bezeichneten
Bereich untersagt. Da A solche Veranstaltungen selbst nicht angeboten bzw. durchgeführt hat und dies auch im Jahr 2015 nicht beabsichtigt, sondern lediglich als Besucher an dem Fest teilgenommen hat bzw. teilnehmen will, ist er von der Untersagungsverfügung der Stadt K selbst nicht betroffen. Dem A wird in dieser Verfügung
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kein Verhalten in Form eines Tuns oder Unterlassens aufgegeben. Ihm wird
auch nicht etwa ein Platzverweis oder ein Aufenthaltsverbot für den in der Verfügung
bezeichneten Bereich erteilt. Die besagte Verfügung verpflichtet vielmehr allein die
(potentiellen) Veranstalter des Festes, das heißt die Personen, die auf dem Fest
selbst Aktionen anbieten oder durchführen wollen. Das Festverbot verletzt den A
deshalb nicht in eigenen Rechten, vielmehr ist er als Dritter, das heißt als von der
Verfügung selbst nicht Betroffener, allenfalls in Form des Reflexes eines Eingriffs
in die Rechtsphäre anderer, der Veranstalter, betroffen. Rein mittelbare, faktische
Wirkungen eines belastenden Verwaltungsakts stellen aber keine (möglichen)
Rechtsverletzungen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO dar (so ausdrücklich Happ, in:
Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 102).
An der fehlenden Klagebefugnis des A ändert sich nichts dadurch, dass im Adressfeld des Bescheids der Stadt K vom 27.04.2012 auch die bloßen Teilnehmer bzw.
Besucher der Veranstaltung („alle Personen, die (…) Veranstaltungen durchführen
oder an ihnen teilnehmen wollen“) genannt sind. Denn durch diese Adressierung wird
der Bescheid dem A als (schlichtem) Teilnehmer bzw. Besucher der Veranstaltung
lediglich bekannt gegeben, ohne dass durch den verfügenden Teil dieses Bescheids
seine eigene Rechtssphäre betroffen wäre, das heißt, ohne dass er selbst zu einem
Tun oder Unterlassen verpflichtet würde. A ist danach nicht materieller oder Regelungs-Adressat, sondern nur formeller oder Bekanntgabe-Adressat geworden
und deshalb nicht zur Anfechtung des Bescheids berechtigt (vgl. zu diesen Begrifflichkeiten und ihrer Bedeutung Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 43 Rn. 9 f.;
U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 10 und 19 sowie § 41 Rn. 21 und 29 ff.). Die Aufnahme der (schlichten) Teilnehmer/Besucher der
Veranstaltung in den Kreis der Bekanntgabe-Adressaten ist damit rechtlich ohne Bedeutung, auch wenn dies durchaus sinnvoll ist, weil es der rechtzeitigen Information
potentieller Festbesucher dient.
Hier handelt es sich also um einen der selteneren Fälle, in denen die so gen. Adressatentheorie (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rn. 69) bei der Prüfung der Klagebefugnis nicht weiterhilft.
Ergebnis: Die Klage des A ist unzulässig.
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B)
Klage des B
I.
Zulässigkeit der Klage
1.
Klageart
Aus denselben Gründen wie bei der Klage des A ist hier die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog die richtige Klageart.
2.
Klagebefugnis
Anders als dem A sind dem B durch das Festverbot eigenständige, das Fest unterstützende Tätigkeiten untersagt worden; er darf nach dem Bescheid der Stadt K vom
27.04.2015 den von ihm geplanten Getränke-, Würstchen- und Spielestand nicht, wie
beabsichtigt, aufstellen und betreiben. Für B besteht deshalb die Möglichkeit, durch
das verfügte Festverbot in seinen Rechten gemäß § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu
werden. Er ist danach klagebefugt.
3.
Fortsetzungsfeststellungsinteresse
B hat auch ein berechtigtes Interesse (i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) an der begehrten Feststellung in Form der Wiederholungsgefahr (Kopp/Schenke, a.a.O.,
§ 113 Rn. 129 ff., 141), da er in den kommenden Jahren 2016 ff. ähnliche Aktivitäten
im Rahmen der „Walpurgisnacht im Kiez“ entfalten will und das in dem Bescheid vom
27.04.2015 zum Ausdruck kommende Verhalten der Stadt K darauf schließen lässt,
dass künftig vergleichbare Verbotsverfügungen ergehen werden, die seinen Intentionen entgegenstehen.
4.
Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen
Sonstige Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage des B sind nicht erkennbar.
Insbesondere ist nach h. M. ein (vollständig durchgeführtes) Vorverfahren nach den
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§§ 68 ff. VwGO nicht erforderlich, weil sich der angegriffene VA vor seiner Bestandskraft erledigt hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 126 f., auch mit Hinweisen
zur die Gegenauffassung).
Zwischenergebnis: Die Klage des B ist zulässig.
II.
Begründetheit der Klage
Die Klage ist begründet, wenn das in Nr. 1. der „Allgemeinverfügung“ der Stadt K
vom 27.04.2015 verfügte Festverbot rechtswidrig war und den A in seinen Rechten verletzt hat (zum Erfordernis der Verletzung in eigenen Rechten auch bei der
Fortsetzungsfeststellungsklage s. Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 147).
1.
Ermächtigungsgrundlage für das Festverbot
=> §§ 1, 3 PolG
Werden die §§ 1, 3 PolG als allgemeine Regelungen der Gefahrenabwehr durch
speziellere Vorschriften ausgeschlossen?
In Betracht kommt hier § 16 Abs. 8 LStrG. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde zur Beendigung der ohne die erforderliche Erlaubnis stattfindenden Straßenbenutzung die erforderlichen Maßnahmen anordnen. Diese Vorschrift gilt danach
nicht für die Untersagung einer erst geplanten bzw. künftig zu erwartenden Veranstaltung. Das heißt, § 16 Abs. 8 LStrG verdrängt die allgemeine Regelung in den
§§ 1, 3 PolG im vorliegenden Fall nicht.
Da auch sonst keine spezielleren Regelungen in anderen Gesetzen als dem Polizeigesetz und innerhalb des Polizeigesetzes ersichtlich sind, kommen hier (nur) die
§§ 1, 3 PolG als Ermächtigungsgrundlage für das Festverbot in Betracht.
2.
formelle Rechtmäßigkeit
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2.1
Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Stadt K
Ja, die Gemeinde (bzw. Stadt) K ist zuständige Ortspolizeibehörde (s. §§ 59 Nr. 1, 60
Abs. 1, 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4, 66 Abs. 2 und 68 Abs. 1 PolG).
2.2
Vorherige Anhörung des A
Beim Erlass einer Allgemeinverfügung, wie hier, darf die Behörde gemäß § 28 Abs. 2
Nr. 4 LVwVfG von einer Anhörung der Betroffenen absehen.
2.3
Begründung der „Allgemeinverfügung“
Die angegriffene „Allgemeinverfügung“ ist im vorliegenden Fall (formell) begründet
worden. Im Übrigen hätte es ggf. keiner Begründung bedurft (s. § 39 Abs. 2 Nr. 5
LVwVfG).
2.4
Berechtigung zum Erlass einer Allgemeinverfügung (statt vieler Einzel-VA)
Die Stadt konnte nur durch eine Allgemeinverfügung und ihre öffentliche Bekanntmachung gewährleisten, dass der Bescheid vom 27.04.2015 gegenüber allen im Einzelnen nicht bekannten Personen Wirkung entfaltet, die von ihr betroffen sein und von
ihrer Existenz wissen sollten.
Zwischenergebnis: Der Bescheid der Stadt K vom 27.04.2015 war formell rechtmäßig.
3.
materielle Rechtmäßigkeit
3.1
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen
und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit
oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung
zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Die tatbestandlichen
Voraussetzungen dieser Vorschrift waren im vorliegenden Fall erfüllt. Es bestand
eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit
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umfasst (nach allgem. Auffassung; s. Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Auflage 2014, Rn. 41. ff.)
-
den Bestand des Staates und die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtungen,
-
den Schutz von Individualrechtsgütern und
-
die (gesamte) objektive Rechtsordnung.
3.1.1 Das gesamte Straßenfest um den 1. Mai, so wie es in den Jahren vor 2015
stattgefunden hatte und wie es für 2015 erneut geplant war, stellt eine nach dem
Straßengesetz für Baden-Württemberg erlaubnispflichtige Sondernutzung dar.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 LStrG bedarf die Benutzung einer (öffentlichen) Straße
über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis. Dass die Veranstaltung eines Straßenfestes, zumal im Umfang der „Walpurgisnacht im Kiez“, die
mit einer kompletten Inanspruchnahme der gesamten Flächen der in der Verfügung
der Beklagten genannten öffentlichen Straßen bis zu hin zu (faktischen) Vollsperrungen für jeglichen Fahrzeugverkehr verbunden sind, eine über den Gemeingebrauch
an öffentlichen Straßen hinausgehende Straßenbenutzung darstellt, liegt auf der
Hand und kann nicht ernstlich bestritten werden (Schnebelt/Kromer, Straßenrecht für
Baden-Württemberg, 3. Aufl. 2013, RdNr. 297; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom
14.10.1996, VBlBW 1997, 107, zum Aufstellen von Tischen, Stühlen und Sonnenschirmen in einer Fußgängerzone; OVG NRW, Beschluss vom 18.04.2005 - 11 A
2420/04 -, juris, ein Stadtfest betreffend). Die von B beabsichtigte Aufstellung eines
Getränke-, Imbiss- und Spielestands auf der Kreuzung der öffentlichen Straßen X
und Y stellt danach eine erlaubnispflichtige Sondernutzungen dar. Die Aufstellung
eines solchen Stands ohne Sondernutzungserlaubnis bedeutet somit einen Verstoß
gegen die objektive Rechtsordnung (vgl. auch § 54 Abs.1 Nr. 1 LStrG) und erfüllt
den Tatbestand einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne von § 1 Abs. 1
Satz 1 PolG.
Von diesem Befund der straßenrechtlichen Unzulässigkeit der Veranstaltung ist die
gesamte Veranstaltung und sind damit alle Aktivitäten betroffen, die zur Durchführung des geplanten Straßenfestes beitragen. Auch Aktivitäten, die selbst nicht auf
öffentlichem Straßengelände stattfinden und deshalb an sich keine Sondernutzung
wären, die aber geeignet und dazu bestimmt sind, das Fest auf der öffentlichen Straße zu fördern, können hiernach unter Berufung auf die Unzulässigkeit des Straßen-
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festes untersagt werden. Danach ist auch das Verbot von Veranstaltungen auf Privatgelände „mit Auswirkung auf den öffentlichen Raum“ rechtlich nicht zu beanstanden.
3.1.2 In Betracht kommt auch, dass die öffentliche Sicherheit bei den Straßenfesten
der vergangenen Jahre aus weiteren Gründen - so wegen einer Verletzung von (Individual-)Rechtsgütern der Anwohner durch Lärm, Schmutz und dergleichen, wegen
Verstößen gegen das Gaststättenrecht und gegen die (in praktisch jeder Gemeinde
geltende) Polizeiverordnung zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten - gestört war und dass solche Störungen auch bei einer
Veranstaltung im Jahr 2015 zu erwarten waren. Eine abschließende Prüfung solcher
weiteren Gründe für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1
Abs. 1 Satz 1 PolG kann aber nach den vorstehenden Ausführungen dahingestellt
bleiben.
3.2
Entgegen der Auffassung von B steht der Qualifizierung des Straßenfestes als
erlaubnispflichtige Sondernutzung nicht entgegen, dass es den Schutz einer Versammlung nach Art. 8 GG beanspruchen könnte und dadurch ausschließlich den
Regelungen in Art. 8 GG und dem Versammlungsgesetz unterläge, weil das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch zur Mitbenutzung des öffentlichen Straßenraums berechtigt (BVerfG, Urteil vom 11.11.1986, NJW 1987, 43; Schnebelt/Kromer,
a.a.O., Rn. 297). Denn bei dem Straßenfest „Walpurgisnacht im Kiez“ handelt es sich
nicht um eine solche Versammlung.
Eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 16.05.2007, NVwZ 2007, 1431) dadurch charakterisiert,
dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere
Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der
öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des
Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG ist es
wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht ausreichend, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zu-
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sammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet
ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG und damit auch des Versammlungsgesetzes sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteter Erörterung
oder Kundgebung (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001, NJW 2002, 1031). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken. Die Erörterung und Kundgebung muss in Angelegenheiten erfolgen, die zur öffentlichen Meinungsbildung bestimmt und geeignet
sind.
Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst nicht nur das gewählte Thema der
Veranstaltung, sondern auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter
zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will. Die
vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens. Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, fallen allerdings nicht darunter (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001,
a.a.O.).
Wenn eine Veranstaltung sowohl Elemente enthält, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck
nicht zuzurechnen sind, kommt es entscheidend darauf an, ob diese „gemischte
Veranstaltung“ ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (BVerfG, Beschluss vom 12.07.2001,
NJW 2001, 2459). Die rechtliche Beurteilung hat sich danach zu richten, ob sich die
Veranstaltung aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters ihrem Gesamtgepräge nach, das heißt bei einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen
Umstände, als Versammlung darstellt oder ob andere Zwecke im Vordergrund stehen. Dabei sind nur solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente
zu berücksichtigen, mit denen ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die also nicht nur vorgeschoben sind, um den Schutz der
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Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können (BVerwG, Urteile vom 22.08.2007,
NVwZ 2007, 1434, und vom 16.05.2007, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen ist das Straßenfest „Walpurgisnacht im Kiez“ keine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG, sondern eine große, vor allem auf Unterhaltung
ausgerichtete öffentliche (Massen-)Party. Aus der (maßgeblichen) Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen, über die Vorgänge im Einzelnen informierten Betrachters haben die Teilnahme bzw. Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung
bei dem Straßenfest um den 1. Mai im Kiez keine besondere Bedeutung. Die Nähe
zum 1. Mai als politisch besetzter Feiertag bietet nur den Anlass für dieses Fest (wie
für viele andere Feste im Zusammenhang mit der Nacht vom 30.04 auf den 01.05.,
der so gen. „Walpurgisnacht“), das mit den 1. Mai-Kundgebungen in keinem organisatorischen oder inhaltlichen Zusammenhang steht. Diesem von der Beklagten untersagten Fest fehlt annähernd jeder politische Charakter, nach seinem Gesamtgepräge stehen eindeutig Spaß und Unterhaltung im Vordergrund (BVerfG, Beschluss
vom 24.10.2001, a.a.O., zur „Fuck-/Love-Parade“).
Hinweis: Wenn man zu dem (hier allerdings fern liegenden) Ergebnis gelangt wäre,
dass das Straßenfest eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG ist, dann
müsste man nicht nur einen Verstoß gegen Straßenrecht verneinen, sondern die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes generell ablehnen, weil bei
einer (nicht aufgelösten) Versammlung nur Maßnahmen nach dem Versammlungsgesetz zulässig wären (s. hierzu VG Freiburg, verwaltungsgerichtliche
Praxis - 14. Veranstaltungsreihe 2011, 2. Besprechungsfall „Teures Ende einer Wagenburg“, S. 5). Deshalb wäre es durchaus auch sachgerecht, die
Frage, ob das Straßenfest eine Versammlung ist, bereits an früherer Stelle,
bei der Prüfung der §§ 1, 3 PolG als in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage, zu beantworten. Eine Qualifizierung des Straßenfestes als Versammlung hätte wohl die Rechtswidrigkeit des Festverbots zur Folge, weil
das Versammlungsgesetz keine Rechtsgrundlage für das Festverbot enthält
bzw. weil die Stadt K das ihr nach § 15 Abs. 1 VersG zustehende Ermessen
nicht fehlerfrei, d. h. unter gebührender Berücksichtigung des Grundrechts
auf Versammlungsfreiheit, ausgeübt hätte. Das soll hier aber nicht vertieft
werden.
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3.3
Die Stadt K hat auch das ihr nach § 3 PolG eingeräumte, gemäß § 114 Satz 2
VwGO gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Ermessen ohne erkennbare Fehler ausgeübt.
3.3.1 Insbesondere hat sie sich bei ihrer Ermessensausübung auch an straßenrechtlichen Gesichtspunkten und damit am Zweck des verletzten Gesetzes orientiert. In der Begründung des angegriffenen Bescheids nannte die Stadt als Gründe
für ihre Verfügung die Nutzung des öffentlichen Straßenraums ohne die erforderliche Erlaubnis, die Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, die Verunreinigungen und Beschädigungen des öffentlichen Straßenraums. Mit diesen Erwägungen bewegt sich die Stadt ohne Zweifel im Rahmen der
straßenrechtlichen Ermessensgesichtspunkte. Soweit die Stadt darüber hinaus auch
auf die von dem Fest ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen und sonstigen Belästigungen der Anwohner abgestellt hat, handelt es sich dabei um Ordnungsgesichtspunkte, die mit der öffentlichen Straße und ihrem Widmungszweck in einem sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. hierzu Schnebelt/Kromer, a.a.O., Rn. 247 ff., 251,
253 und 255).
3.3.2 Aus dem fehlenden Einschreiten der Stadt in den vergangenen Jahren kann B
keinen rechtlich erheblichen Vertrauenstatbestand ableiten. Die Stadt hat keine Aktivitäten entfaltet, die B einen Vertrauensschutz vermitteln könnten; sie hat lediglich
im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von Maßnahmen gegen das Fest abgesehen. Die Stadt K hat jedoch das Recht, ihre Ermessensausübung gegenüber
rechtswidrigen Handlungen in Zukunft zu ändern, ohne dadurch den Grundsatz der
Gleichbehandlung zu verletzen. Das gilt umso mehr, wenn die Ärgernisse im Zusammenhang mit dem Straßenfest - wie das nach dem Sachverhalt der Fall ist - beständig zunehmen. Wenn B rechtzeitig Sicherheit darüber, ob er seinen Stand auch
2015 betreiben darf, hätte haben wollen, dann hätte er einen Antrag auf Erteilung
einer Sondernutzungserlaubnis stellen können und müssen.
3.3.3 Auch im Übrigen sind keine Fehler in der (gemäß § 114 Satz 2 VwGO) gerichtlich nur eingeschränkten Überprüfung des Ermessens der Beklagten zu erkennen.
Das Festverbot ist zur Gefahrenabwehr geeignet, erforderlich und angemessen
gewesen. Insbesondere wären einzelne Auflagen zur einschränkenden Regle-
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mentierung des Festes zur Gefahrenabwehr ungeeignet gewesen, um die formelle
Illegalität der gesamten Veranstaltung des Straßenfestes zu beseitigen; das hätte nur
durch dann verhindert werden können, dass einem/r oder mehreren Veranstalter/in/n
des Festes auf einen Antrag hin eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden wäre.
Ergebnis: Die Klage des B ist unbegründet.
C)
Die Klage des C
I.
Zulässigkeit der Klage
C greift den Bescheid vom 27.04.2015 deshalb als rechtswidrig an, weil den potentiellen Veranstaltern und Teilnehmern des Straßenfestes mit den dort erlassenen Regelungen seines Erachtens zu geringe Beschränkungen auferlegt würden; insbesondere müssten die ausgesprochenen Verbote zeitlich länger gelten.
1.
Wegen der zwischenzeitlichen Erledigung des VA wäre die gegen den Be-
scheid der Stadt K vom 27.04.2015 gerichtete Klage des A ebenfalls nur als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (siehe oben zu I. 1 der Klage des A). Eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als einer „fortgesetzten
Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage“ (siehe oben zu I. 2. der Klage des A)
kann aber nur dann zulässig sein, wenn auch alle Prozessvoraussetzungen für
die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage vorliegen (Kopp/Schenke, a.a.O.,
§ 113 Rn. 118).
1.1
Eine Anfechtungsklage des C wäre aber auch ohne Eintritt der VA-Erledi-
gung unzulässig gewesen, weil dem C für die von ihm erhobene Klage gegen den
Bescheid vom 17.04.2015 das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Mit einer Anfechtungsklage kann C nur eine (vollständige oder teilweise) Aufhebung eines VA erreichen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rn. 1 ff., 5). Damit wäre dem Begehren des C
aber noch weniger gedient als mit einem unveränderten Fortbestand des angegriffenen Bescheids.
13
1.2
Für das Begehren auf Erlass eines VA wäre allein die Verpflichtungsklage
statthaft (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rn. 1, 27). Eine Verpflichtungsklage setzt aber,
wie sich aus den §§ 68 Abs. 2, 75 Satz 1 VwGO und dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergibt, voraus, dass vor Klageerhebung ein Antrag auf Erlass des begehrten VA bei der zuständigen Behörde gestellt wurde (Kopp/Schenke, a.a.O.,
§ 42 Rn. 6). Das hat C nicht getan.
2.
Eine andere statthafte Klage als eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist hier
nicht erkennbar. Das gilt auch im Hinblick auf die allgemeine Feststellungsklage
nach § 43 VwGO. Denn nach ganz h. M. gilt § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (analog)
auch für den Fall des erledigten Verpflichtungsbegehrens, d. h. für den Fall, dass die
Behörde den Erlass eines VA mit einem bestimmten vom Kläger begehrten Inhalt
unterlassen hat. Dadurch verdrängt die speziellere Fortsetzungsfeststellungklage
die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO (Kopp/Schenke, a.a.O., § 113
Rn. 109; a. A. vertretbar).
Ergebnis: Die Klage des C ist unzulässig (auf die Frage, ob C überhaupt einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Erlass einer „schärferen“ Verbotsverfügung gehabt hätte, kommt es demnach nicht an, weil das erst Gegenstand der Begründetheitsprüfung wäre, die aber die Bejahung der Zulässigkeit der Klage voraussetzt).
D)
Klage der D
I.
Zulässigkeit der Klage
D wendet sich inhaltlich nur gegen die Untersagungsverfügung in Nr. 2. des angegriffenen Bescheids vom 27.04.2015 („Glasverbot“). Damit ist auch nur dieser Teil der
„Allgemeinverfügung“ vom 27.04.2015 Gegenstand ihrer Klage.
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1.
Klageart
Nach den Ausführungen zur Zulässigkeit der Klagen des A und B, die hier entsprechend gelten, ist ebenfalls die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1
Satz 4 VwGO analog statthaft.
2.
Klagebefugnis
Das Glasverbot betrifft auch die im Kiez wohnende C und ist somit geeignet, die C in
ihren Rechten, d. h. in ihrer Handlungsfreiheit (bei der Gestaltung ihres Einkaufs), zu
beeinträchtigten. Für C besteht deshalb die Möglichkeit, durch das verfügte Glasverbot in ihren Rechten gemäß § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu werden. Sie ist danach
klagebefugt.
3.
Fortsetzungsfeststellungsinteresse
D hat - wie B - auch ein berechtigtes Interesse (i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) an
der begehrten Feststellung in Form der Wiederholungsgefahr, da sie befürchtet,
auch in den kommenden Jahren durch vergleichbare Verbote wie dem Glasverbot im
Bescheid vom 27.04.2015 in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt zu werden.
4.
Sonstige Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage der D sind (wie bei B)
nicht erkennbar.
Zwischenergebnis: Die Klage der D ist zulässig.
II.
Begründetheit der Klage
Die Klage ist begründet, wenn das in Nr. 2. der „Allgemeinverfügung“ der Stadt K
vom 27.04.2015 verfügte Glasverbot rechtswidrig war und die D in ihren Rechten
verletzt hat.
15
1.
Ermächtigungsgrundlage für das Glasverbot
=> §§ 1, 3 PolG
Speziellere Vorschriften, auf die das Glasverbot gestützt werden könnte, sind nicht
ersichtlich.
2.
formelle Rechtmäßigkeit
Zu 2.1 bis 2.4 wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Klage des B verwiesen.
2.5
hinreichende Bestimmtheit des Glasverbots nach § 37 Abs. 1 LVwVfG
Ein Verwaltungsakt ist hinsichtlich seines Regelungsinhalts dann nicht hinreichend
bestimmt, wenn sein Inhalt auch mit Hilfe anerkannter Auslegungsregeln nicht
hinreichend bestimmt werden kann. Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht eines verständigen Adressaten (Empfängerhorizont) an
und nicht auf die Vorstellung desjenigen, der den VA erlassen hat (Kopp/Ramsauer,
a.a.O., § 37 Rn. 6 ff.).
2.5.1 Die Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Glasverbots betreffen zum
einen den zeitlichen Geltungsbereich des Glasverbots. Anders als der örtliche
Geltungsbereich, der durch eine Verweisung auf die im Adressfeld genannten Straßen klar bestimmt ist, ist der zeitliche Geltungsbereich nicht hinreichend bestimmt.
Das gilt vor allem für den Beginn des Glasverbots, aber auch für dessen Ende. Der
Adressat dieser Verfügung kann ihr nicht entnehmen, ab wann er keine Gläser und
Glasbehältnisse mehr in den Kiez rein- oder rausbringen darf. Dass das Glasverbot
ab sofort, also bereits ab Bekanntgabe der Verfügung vom 27.04.2015 und damit
lange vor irgendwelchen Gefahren im Zusammenhang mit dem 1.-Mai-Fest, in Kraft
treten soll, entspricht aus der Warte eines verständigen Adressaten ersichtlich nicht
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dem Willen der Stadt K, die das Glasverbot mit den Verunreinigungen und Beschädigung während des Straßenfestes begründet hat. Wenn die Stadt K ihre Verfügung
aber so verstanden wissen wollte, dass das Glasverbot während der gesamten Dauer der Veranstaltung gelten soll - darauf könnte auch die Bestimmung über das Ende
des Glasverbots hindeuten -, bliebe die gesamte Geltung des Glasverbots unklar.
Denn dann stellte sich die Frage, was mit Beginn und Ende der Veranstaltung gemeint ist. Aus der Verfügung unter Nr. 1. des Bescheids vom 27.04.2015 ergibt sich,
dass es gerade keine Veranstaltung mit den dort beispielhaft („insbesondere“) beschriebenen Ausprägungen geben darf. Für den Adressaten des Glasverbots würde
sich bei dieser Auslegung die für ihn kaum zu beantwortende Frage stellen, welche
Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um einem bestimmten Geschehen im örtlichen
Geltungsbereich der Verfügung die Qualität einer Veranstaltung zuzusprechen, zumal die Aktivitäten, die vom Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen umfasst sind,
weiterhin nicht verboten werden sollen. Danach wären nicht nur der Anfang, sondern
auch das Ende des Glasverbots, also die gesamte Geltungsdauer, völlig unklar; es
bliebe sogar die Frage offen, ob das Glasverbot überhaupt auch dann gelten soll,
wenn das Festverbot entweder beachtet oder hoheitlich durchgesetzt wird.
2.5.2 Auch der Kreis der Adressaten des Glasverbots ist nicht hinreichend bestimmt. So ist schon nicht klar, ob D als Anwohnerin im Kiez überhaupt mit den „Personen, die in der Zeit vom 30.04.2015 bis zum 02.05.2015 im Bereich der …-Straßen
Veranstaltungen durchführen oder an ihnen teilnehmen wollen“ gemeint sein soll,
wofür aber wiederum Einiges spricht, weil es der Behörde ansonsten bei der Durchsetzung ihres Verbots schwer fiele zu klären, wer Veranstalter, Teilnehmer oder Besucher des Straßenfestes und wer Anwohner ist, zumal auf viele Personen beides
zutreffen dürfte.
Damit ist das Glasverbot bereits wegen fehlender Bestimmtheit und des darin liegenden Verstoßes gegen § 37 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig (zu der Frage, ob die fehlende Bestimmtheit eines VA nur dessen Rechtswidrigkeit oder sogar dessen Nichtigkeit
zur Folge hat, vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 17 f. und § 44 Rn. 26). Ob das
angegriffene Glasverbot auch aus anderen, insbesondere aus materiellen Gründen
rechtswidrig ist, kann hiernach offen bleiben.
17
3.
Da D von dem (zeitlich) unbestimmten Glasverbot persönlich betroffen war,
wurde sie durch das Glasverbot auch (i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) in ihren
Rechten verletzt.
Ergebnis: Die (auf das Glasverbot beschränkte) Klage der D ist begründet.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts würde danach lauten:
Es wird festgestellt, dass die Verfügung in Nr. 2. des Bescheids der Beklagten (der Stadt K) vom 27.04.2015, mit der im örtlichen Geltungsbereich dieses Bescheids auf den öffentlich zugänglichen Flächen bis zum
Ende der Veranstaltung, längstens bis zum Ablauf des 02.05.2013, verboten wurde, Gläser und Glasbehältnisse mitzuführen, rechtswidrig war.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.