WISSENSWERTES Hautschutz Von der Gefährdungsanalyse zum Hautschutzplan Foto: © Peter Greven Physioderm Hautkrankheiten sind die häufigsten Berufskrankheiten. Dennoch genießt der Hautschutz vor allem in kleineren und mittleren Betrieben nicht denselben Stellenwert wie andere Formen der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Gerade die Schutz- und Pflegeprodukte werden von den Mitarbeitern häufig nur sehr verhalten angenommen. Ein verständliches und professionelles Hautschutzkonzept und entsprechende Schulungen helfen, diese Barrieren abzubauen. Die Hände vor und nach der Arbeit eincremen? Das halten viele Männer immer noch für unnötig und unmännlich. Was Andreas Schuldt sieht, wenn er im Auftrag des Euskirchener HautschutzSpezialisten Peter Greven Physioderm (PGP) in deutschen Betrieben unterwegs ist, hat mit professionellem Hautschutz häufig wenig zu tun. „Veraltete Spendersysteme, keine oder keine ausreichende Erklärung zur Anwendung der Produkte und eine mangelnde Akzeptanz der Mit- 40 Sicherheitsingenieur 8/2015 arbeiter: Der Status quo, den ich vor allem in kleineren und mittleren Betrieben häufig vorfinde, zeigt, dass das Bewusstsein für den Stellenwert des Hautschutzes in vielen Unternehmen noch ausbaufähig ist“, berichtet der PGP-Außendienstler. Häufig mangele es dabei vor allem an einem professionellen Hautschutzkonzept. Ein solches Hautschutzkonzept besteht aus drei Bausteinen: aus dem Hautschutz vor, der Hautreinigung während und der Hautpflege nach der Arbeit. „Diese Bausteine müssen im Konzept aufeinander abgestimmt und eng verzahnt sein“, sagt Schuldt. Das Konzept muss den Mitarbeitern detailliert erklärt werden. „Ohne die Mitwirkung der Mitarbeiter oder sogar gegen die Mitarbeiter hat Darstellung: © Peter Greven Physioderm WISSENSWERTES Hautkrankheiten machen rund ein Drittel aller begründeten Verdachtsanzeigen auf eine Berufskrankheit aus – und sind damit die größte Krankheitsgruppe. Quelle: Deutsche Unfallversicherung ein Hautschutzkonzept keine Chance“, weiß Schuldt. Dabei gilt es zunächst häufig, Barrieren zu überwinden. „Dass sie ihre schmutzigen Hände reinigen müssen, verstehen die meisten ja noch. Aber die Hände vor und nach der Arbeit eincremen? Das halten insbesondere männliche Arbeiter für unnötig und auch für unmännlich“, schildert er die Vorbehalte, die im Arbeitsalltag häufig noch immer existieren. Hautschutz ist nicht teuer Dabei sollte eigentlich schon ein Blick in die Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung genügen, um die Bedeutung des Hautschutzes deutlich zu machen. Hautkrankheiten machen rund ein Drittel aller begründeten Verdachtsanzeigen auf eine Berufskrankheit aus – und sind damit die größte Krankheitsgruppe. Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch viel höher. „Und auch eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien belegt die Bedeutung des Hautschutzes am Arbeitsplatz“, sagt Andreas Schuldt. Nur spiegelt sich das in vielen Unternehmen noch nicht in konkreten Maßnahmen wider. Und das, obwohl Hautschutz gar nicht teuer ist. Den Kosten von etwa 15 und bis 25 Euro pro Mitarbeiter, mit denen ein professionelles Hautschutzkonzept jährlich zu Buche schlägt, stehen wesentlich höhere Ausfallkosten entgegen, wenn ein Mitarbeiter wegen einer Hauterkrankung ausfällt. Bei einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von zwölf Arbeitstagen im Falle von Hautkrankheiten entstehen dem Arbeitgeber nämlich Ausfallkosten von bis zu 6000 Euro. Aber nicht nur betriebswirtschaftlich rechnet sich professioneller Hautschutz. „Auch die Mitarbeiter honorieren das eigentlich immer“, spricht Schuldt aus Erfahrung. So war es auch im Falle der Henkel Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co.KG. Am Standort Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt das österreichische Unternehmen mit Stammsitz in Waidhofen an der Thaya über 60 der rund 140 Mitarbeiter. Zwei Drittel der Belegschaft in Neustadt- Glewe arbeitet am Polierbad, wo die Mitarbeiter Metalloberflächen veredeln. Die beigestellten Werkstücke werden mit diversen Chemikalien sowohl gebeizt als auch elektropoliert und endgereinigt. Das dient der Funktionalität der Oberflächen und dem Korrosionsschutz. Die Branchen, die Henkel beliefert, sind ebenso vielschichtig wie qualitätsbewusst. Unter anderem erstreckt sich die Bandbreite über die Automobilbranche, die Luft- und Raumfahrttechnik, aber auch die Pharma- und Biotechnische Industrie. „Ein einheitliches Konzept fehlte“ „Unsere Mitarbeiter arbeiten vorwiegend im Nassbereich, wo Handschuhpflicht herrscht“, beschreibt Kirsten Kretzschmar, die bei Henkel die kaufmännische Leitung unterstützt. Im Gegensatz zum Tragen von Handschuhen, für das es eigene Normen gibt, wird der Hautschutz als Persönliche Schutzausrüstung aus den allgemeinen Arbeitsschutz-Normen hergeleitet und in den Richtlinien der Berufsgenossenschaften konkretisiert. Das ist im Sicherheitsingenieur 8/2015 41 Die Farben des Hautschutzplans bei Henkel korrespondieren mit den Farben auf den Spendern. Vergleich zu einem klaren Normengerüst recht unübersichtlich. „Bereits seit vielen Jahren stellen wir als Firma Hautschutzpräparate zur Verfügung. Jedoch wurden gerade die Schutz- und Pflegeprodukte nur sehr verhalten angenommen, da ein einheitliches Konzept fehlte“, schildert Kirsten Kretzschmar. Der Wunsch, den Hautschutz zu professionalisieren, erwuchs bei Henkel nach einer Sitzung des Arbeitsschutzausschusses (ASA) mit der externen Sicherheitsfachkraft und dem Betriebsarzt. Bei dieser Sitzung stand das Thema Hautschutz auf der Tagesordnung. Schnell war im Hause Henkel klar, „dass wir künftig noch mehr tun und ein Hautschutz-Konzept implementieren wollen.“ Warum? „Um unseren Mitarbeitern etwas Gutes zu tun und natürlich auch, um Prävention zu betreiben, denn wer den Hautschutz vernachlässigt, riskiert langfristige Folgen wie Arbeitsplatzwechsel oder Berufsunfähigkeit der Mitarbeiter“, sagt Kirsten Kretzschmar. Der Hautschutzplan: individuell, aber nicht zu kleinteilig Das ist der Punkt, an dem Andreas Schuldt und PGP ins Spiel kommen. 42 Sicherheitsingenieur 8/2015 Über den Technischen Händler Harry Wegner, der Henkel mit Arbeitsschutzprodukten versorgt, kam die Verbindung zu Stande. „Bei der ersten Begehung habe ich mir alle Abteilungen angeschaut, denn alle Tätigkeiten und Arbeitsplätze sind anders und haben ihre speziellen Anforderungen“, beschreibt Schuldt die ersten Schritte. Der Handschuhträger beispielsweise braucht spezielle Produkte. Der Mitarbeiter, dessen Haut starken Verschmutzungen ausgesetzt ist, benötigt Reinigungsmittel, die zwar wirksam, aber nicht zu scharf sind. „Man darf nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“, erklärt Schuldt bildhaft. Denn wenn der Hautreiniger zu scharf gewählt ist und mit Reibstoffen arbeitet, die zu Hautirritationen führen können, wird die vermeintliche Lösung schnell zum Problem. „Bei all diesen arbeitsplatzspezifischen Anforderungen ist die große Herausforderung einen Hautschutzplan zu entwickeln, der allen individuellen Belastungen gerecht wird, und der trotzdem einfach verständlich und nicht zu kleinteilig ist.“ Der Hautschutzplan, den er für Henkel entwickelte, enthielt schließlich vier Produkte: ein Hautschutzmittel für wechselnde Arbeitsstoffe, zwei Hautreiniger – der eine für leichte, der andere für starke Verschmutzungen – und eine Pflegelotion. Bei der Bereitstellung wurde auf ein geschlossenes System mit Spendern umgestellt. Diese vier Produkte im geschlossenen Spendersystem testeten die Henkel-Mitarbeiter dann im Anschluss drei Wochen lang. „Erprobung ist das Fundament für jeden Hautschutzplan. Denn wenn die Mitarbeiter die Produkte nicht annehmen, findet der gesamte Hautschutzplan keine Akzeptanz.“ Akzeptanzprobleme gab es nicht bei Henkel. Im Gegenteil. „Das Feedback war sehr positiv. Besonders gut kam bei unseren Mitarbeitern an, dass die Produkte so schnell einziehen“, sagt Kirsten Kretzschmar. Mitarbeiter, deren Haut zuvor spröde und trocken war, bemerkten nach kurzer Zeit eine Verbesserung. Ihre Erfahrungen in der Testphase vermerkten die Mitarbeiter auch in einem Fragebogen, der von PGP ausgewertet wurde. Foto: © Peter Greven Physioderm Foto: © HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG WISSENSWERTES Die Herausforderung ist, einen Hautschutzplan zu entwickeln, der individuell, aber einfach verständlich und nicht zu kleinteilig ist. Regelmäßige Überprüfung Änderungswünsche gab es keine. In einem letzten Schritt führte PGP-Mitarbeiter Andreas Schuldt nach der erfolgreichen Testphase und vor dem regulären Start des neu erarbeiteten Hautschutzplans noch eine Schulung bei den HenkelMitarbeitern durch. „Eine solche Schulung ist wichtig, um den Hautschutz im Bewusstsein der Mitarbeiter zu verankern, und um Fragen zur richtigen Anwendung der Produkte zu beantworten, die gegebenenfalls noch auftauchen.“ Auch nach dem Start wird ein Hautschutzplan immer wieder überprüft. Schuldt: „In der Regel schauen wir jedes Jahr oder maximal alle zwei Jahre in den Betrieben vorbei, um zu sehen, wie sich der Hautschutzplan bewährt hat, und ob er beispielsweise wegen neuer Anforderungen angepasst werden muss.“ Seit Anfang des Jahres ist der Hautschutzplan bei der Firma Henkel nun in Kraft. „Unsere Mitarbeiter sind regelrecht begeistert. Und es ist keine Übertreibung zu sagen, dass der Hautschutz bei uns mittlerweile gelebt wird“, sagt Kirsten Kretzschmar. www.pgp-hautschutz.de Das Stellen-Portal für Ihren Erfolg! DAS NEUE KARRIER EPORTAL ! Sind Sie auf der Suche nach … Dann nutzen Sie ab sofort die Vorteile von fachjobs24.de : ... einer neuen beruflichen Herausforderung? ... qualifizierten Fach- und Führungskräften für Ihr Unternehmen? Optimale Bewerberansprache und Jobsuche durch zielgruppenspezifische Branchen-Channels Einzigartiges, branchenübergreifendes Netzwerk Kompetente Beratung durch erfahrene Experten in allen Branchen Das innovative Stellenportal für User, Leser und Arbeitgeber 37 Online-Partner, 31 Print-Partner, 1 Adresse! Die 6 Branchen-Channels auf fachjobs24.de Architektur Arbeitswelt Handwerk und Design Wissen Augenoptik Industrie Sicherheitsingenieur 8/2015 43 Jetzt gleich neue Jobs finden oder inserieren: www.fachjobs24.de
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