Europäische Kommission ergreift Maßnahmen zur

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Europäische Kommission ergreift Maßnahmen zur strafrechtlichen
Bekämpfung der Radikalisierung
Brüssel, 19. Oktober 2015
Am 19. Oktober richten die Europäische Kommission und die luxemburgische
Ratspräsidentschaft die erste hochrangige Konferenz über die strafrechtliche Reaktion auf
die Radikalisierung aus.
An der Konferenz nehmen Justizminister, Mitglieder des Europäischen Parlaments, Regierungsvertreter,
der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, Eurojust und an vorderster Front tätige
Praxisvertreter (z. B. Staatsanwalte und Gefängnisdirektoren) teil. Die Bekämpfung der Radikalisierung
ist ein Eckpfeiler der Europäischen Sicherheitsagenda, in der die gemeinsamen Maßnahmen der
Europäischen Union im Bereich der Terrorismusbekämpfung dargelegt werden.
Die für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung zuständige EU-Kommissarin Vera Jourová wird
Beratungen über einen besseren Umgang mit der Radikalisierung und angemessene strafrechtliche
Reaktionen auf diese gemeinsame Herausforderung leiten. Sie erklärte hierzu: „Die Radikalisierung
stellt europaweit eine wachsende Bedrohung dar. Mit der Radikalisierung im Internet und der
Problematik der ausländischen Kämpfer sind in den letzten Jahren neue Herausforderungen
aufgekommen. Besonderen Anlass zur Sorge gibt die Radikalisierung in Gefängnissen. Die
Mitgliedstaaten haben zwar damit begonnen, Initiativen zu ergreifen, um dieser Herausforderung zu
begegnen, aber viele Fragen in Bezug auf die optimale Vorgehensweise sind weiterhin offen. Durch die
Vernetzung all dieser Erfahrungen wird es einfacher, eine wirksame strafrechtliche Reaktion
festzulegen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten durch Finanzierung einschlägiger Projekte und
durch Schulung von Angehörigen der Strafjustiz im Umgang mit radikalisierten Personen unterstützen.“
Auf der Konferenz erklärte das für Migration, Inneres und Bürgerschaft zuständige
Kommissionsmitglied Dimitris Avramopoulos: „Das entschlossene Vorgehen gegen Radikalisierung
ist eine wichtige Priorität bei der Terrorismusbekämpfung. In unserer Europäischen Sicherheitsagenda
kommt dies sehr deutlich zum Ausdruck. Wir stehen vor einer grenzübergreifenden Herausforderung,
die gemeinsame Anstrengungen seitens der Mitgliedstaaten auf verschiedenen Verwaltungsebenen
sowie seitens der zuständigen Einrichtungen und der verschiedenen Bereiche erfordert. Deshalb wollen
wir unser bestehendes Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung durch ein innerhalb von Europol
angesiedeltes Exzellenzzentrum stärken, um den Austausch von bewährten Verfahren und
Informationen mit mehr als 2000 Fachleuten und Rechtspraktikern in Europa zu verbessern. Mit
demselben Ziel werde ich dieses Jahr mit einigen wichtigen Vertretern ein Online-Forum lancieren, um
mit Hilfe des Internets die Wirksamkeit unserer gemeinsamen Maßnahmen zur Bekämpfung der
Radikalisierung zu erhöhen. Dies ist ein Kampf, den Europa – unsere Gesellschaften, unsere Kultur,
unsere Union – nicht verlieren darf.“
Die Beratungen der Minister und Praxisvertreter werden sich auf folgende Themen konzentrieren:
- Möglichkeiten der Vermeidung einer Radikalisierung in Gefängnissen und der
Verbesserung der Risikobewertung – Vertreter von Gefängnisverwaltungen und andere
Experten werden über ihre bisherige Vorgehensweise beraten, insbesondere über die
Unterbringung der Gefängnisinsassen (getrennt oder in die allgemeine Gefängnispopulation
integriert) und über Möglichkeiten der Feststellung von Anzeichen für eine Radikalisierung in der
Gefängnisgemeinschaft.
- Neue Herausforderungen für Richter und Staatsanwälte in den nationalen
Strafrechtssystemen, die sich in Bezug auf den Umgang mit potenziellen ausländischen Kämpfern
und Rückkehrern stellen. Hier wird es z. B. um die Frage gehen, ob Rehabilitationsprogramme
während des Strafverfahrens durchführbar sind.
Die Schlussfolgerungen der Konferenz werden von Kommissarin Jourová und der luxemburgischen
Präsidentschaft mit Unterstützung bestimmter Mitgliedstaaten auf der Dezembertagung des Rates
Justiz und Inneres präsentiert.
Die Reaktion auf Extremismus und Radikalisierung sollte sich an den gemeinsamen europäischen
Werten orientieren, und die Sicherheitsmaßnahmen sollten eine gesellschaftliche Dimension aufweisen.
Im Anschluss an ein Kolloquium über Grundrechte, bei dem es um die Bekämpfung von antisemitisch
und antimuslimisch motiviertem Hass ging, legte die Kommission konkrete Maßnahmen für die EU,
nationale und lokale Behörden, die Zivilgesellschaft, die Medien und Führungspersönlichkeiten der
betroffenen Gemeinschaften vor. Diese Maßnahmen reichen von Bildung, Nichtdiskriminierung,
religions- und kulturübergreifendem Dialog bis hin zu Maßnahmen zur Bekämpfung von
Hassverbrechen und Hassreden.
Hintergrund
Die Europäische Kommission beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit dem Problem der
Radikalisierung, insbesondere über das im Jahr 2011 eingerichtete Aufklärungsnetzwerk gegen
Radikalisierung (RAN). RAN ist ein Dachnetzwerk, das Experten und Praxisvertreter, die sich für die
Verhütung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus in ganz Europa einsetzen, miteinander
in Kontakt bringt. Ziel ist der Austausch von Ideen, Know-how und Erfahrungen im Bereich der
Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus.
Im April 2015 stellte die Kommission die Europäische Sicherheitsagenda vor, auf deren Grundlage
mit Hilfe zahlreicher politischer Strategien und Instrumente der EU ein besserer
Informationsaustausch, eine verstärkte operative Zusammenarbeit und ein erhöhtes gegenseitiges
Vertrauen erreicht werden sollen. Prioritäten der Agenda sind die Bekämpfung von Terrorismus,
organisierter Kriminalität und Cyberkriminalität. Diese Bereiche sind miteinander verknüpft und weisen
eine starke grenzübergreifende Dimension auf, so dass EU-Maßnahmen sehr wirksam sein können. Ein
weiterer Schwerpunkt liegt auf der Bedeutung der strafrechtlichen Dimension der Bekämpfung von
Terrorismus und organisierter Kriminalität. In der Agenda hat die Kommission fünf Prioritäten für die
strafrechtliche Reaktion auf Terrorismus festgelegt, zu denen auch die Ausarbeitung wirksamer
Deradikalisierungs- und Ausstiegsprogramme sowohl innerhalb als auch außerhalb von Haftanstalten
gehört.
In den Schlussfolgerungen des Rates Justiz und Inneres vom 15./16. Juni 2015 zur erneuerten EUStrategie der inneren Sicherheit 2015-2020 wird die Zusage der Mitgliedstaaten bekräftigt, sich
mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Schlussfolgerungen bilden die Grundlage für die
Zusammenarbeit und das gemeinsame Handeln in den nächsten fünf Jahren. Vorrangige Ziele sind die
Verhinderung der Radikalisierung in Gefängnissen und die Entwicklung wirksamer Deradikalisierungsund Ausstiegsprogramme.
Weitere Informationen siehe:
Website der Veranstaltung
Programm
Aufklärungsnetz gegen Radikalisierung
Europäische Sicherheitsagenda
IP/15/5861
Kontakt für die Medien:
Melanie VOIN (+ 32 2 295 86 59)
Christian WIGAND (+ 32 2 296 22 53)
Kontakt für die Öffentlichkeit: Europe Direct – telefonisch unter 00 800 67 89 10 11 oder per E-Mail