CfP_Kommpol_2016 - Mehr als Wutbürger, Shitstorms und

Mehr als Wutbürger, Shitstorms und Lügenpresse?
Emotionen in der politischen Kommunikation
Gemeinsame Jahrestagung der Fachgruppe „Kommunikation und Politik“ der Deutschen
Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK), des Arbeitskreises
„Politik und Kommunikation“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW) und
der Fachgruppe „Politische Kommunikation“ der Schweizerischen Gesellschaft für
Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM)
Donnerstag, 11.02.2016, bis Samstag, 13.02.2016
Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, Ludwig-Maximilians-Universität
München
Thema
Emotionen wie Angst, Wut, Sympathie oder Hoffnung spielen für die öffentliche Wahrnehmung von
politischen Inhalten, Akteuren und Institutionen eine wichtige Rolle. In vielen Fällen sind
Emotionen im Prozess der politischen Kommunikation gewollt bzw. Gegenstand bewusster
Inszenierung, etwa als Teil der Selbstdarstellung von Akteuren oder Institutionen, als Mittel zur
Mobilisierung der politischen Anhängerschaft, oder als Teil von Skandalen, die gegen Inhalte oder
Personen des politischen Gegners gerichtet sind. Emotional einprägsame Botschaften, Bilder und
Geschichten scheinen zudem den Vorlieben des Publikums und den Auswahlkriterien von
Journalisten entgegenzukommen. Aus normativer Perspektive werden emotionalisierende und
unterhaltende Formen der Politikvermittlung jedoch überwiegend kritisch betrachtet und im Widerspruch zum Ideal rationaler, sachorientierter Diskurse und Entscheidungsprozesse gesehen.
Insbesondere negative Emotionen gelten in diesem Zusammenhang als problematisch, da sie das
Vertrauen des Publikums in politische Institutionen und Akteure untergraben können. Vor dem
Hintergrund dieser normativen Skepsis ist die Forschung zu Emotionen in der politischen
Kommunikation bislang fragmentarisch geblieben. Ziel der Tagung ist es, eine systematische
Aufarbeitung emotionaler Faktoren auf der Ebene der Kommunikatoren, Inhalte und Wirkungen
politischer Kommunikation anzustoßen, methodische Ansätze der Operationalisierung von
Emotionen zu bündeln und eine differenzierte normative Perspektive zu entwickeln.
Inhaltliche Schwerpunkte
1. Kommunikatoren: Emotionen können im Prozess der politischen Kommunikation von den
Kommunikatoren bewusst oder beiläufig als Kommunikationsmittel eingesetzt werden, um das
Publikum zu aktivieren, zu binden, zu überzeugen oder zu beeinflussen. Zu fragen wäre hier zum
einen nach emotionalen Kommunikationsstrategien der Primärkommunikatoren, die mit ihrer
Selbstdarstellung beim Publikum um Sympathien werben oder ihre politischen Inhalte durch
emotionale Ansprache zu vermitteln suchen, etwa in Reden und Talkshows, im Bereich der
Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, des politischen Aktivismus, des Populismus oder der
Propaganda. Primärkommunikatoren sehen sich zudem nicht selten mit den Herausforderungen
eines gegen sie gerichteten emotionalen Meinungsklimas konfrontiert, etwa im Fall politischer
Skandale oder von „Shitstorms“, denen sie im Rahmen von Krisen-PR zu begegnen versuchen. Des
Weiteren sind hier Berufsnormen und Rollenbilder im Umgang mit emotionalen Inhalten und
Darstellungsformen von Interesse, etwa im Bereich des Journalismus oder der politischen PR. Der
Blick kann sich aber auch auf Laienkommunikatoren richten, die den Emotionalisierungsgrad
politischer Diskurse durch sozialen Medien oder Nutzerkommentare entscheidend prägen können.
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2. Inhalte: Emotionen sind auch auf der Ebene der Medieninhalte und Darstellungsformen präsent.
Die politische Kommunikations- und Journalismusforschung hat sich hier bislang vor allem auf die
aktuelle Berichterstattung und Phänomene wie Emotionalisierung, Personalisierung, Visualisierung,
Negativismus und Skandalberichterstattung konzentriert, die als Indikatoren für eine allgemeine
Boulevardisierung angesehen werden. In letzter Zeit finden jedoch verstärkt auch politische Inhalte
in Unterhaltungsformaten wie Spielfilmen, Fernsehserien, politischer Satire, Reality-, Talk- und
Comedy-Shows Aufmerksamkeit. Ebenso gilt das Interesse verstärkt interpersonalen Diskursen,
etwa vor dem Hintergrund der „civility“ der politischen Auseinandersetzung. In diesem
Zusammenhang stellt sich etwa die Frage nach geeigneten Analysekritierien für das
Emotionalisierungspotential von Inhalten auf Text-, Bild-, Argumentations- oder Narrations-Ebene.
Zum anderen ist die Einbettung von Emotionen in größere inhaltliche oder formale
Zusammenhänge wie journalistische Frames, Nachrichtenfaktoren oder Genres von Bedeutung.
3. Rezeption und Wirkung: Emotionale Kommunikationsstrategien und Inhalte sind immer auch
mit expliziten oder impliziten Wirkungsannahmen verbunden. Es stellt sich deshalb nicht zuletzt die
Frage nach der Bedeutung von Emotionen in Rezeptions- und Wirkungsprozessen. Welchen
Einfluss haben Emotionen auf die selektive Nutzung politischer Medieninhalte? Wie wirken sich
Emotionen auf das Rezeptionserleben und die Verarbeitung politischer Inhalte aus? Inwiefern
können Emotionen Prozesse des Lernens, der Meinungsbildung, der Anschlusskommunikation zu
politischen Themen oder gar politische Mobilisierung beeinflussen? Wie wirken sich emotionale
Botschaften auf Wahlentscheidungen aus? Forschungsbefunde zu narrativen Persuasions- und
Kultivierungseffekten, fiktionalem Priming, Framing und Agenda Setting lassen darauf schließen,
dass das emotionale Involvement des Publikums auch implizite Effekte auf politisch relevante
Einstellungen nach sich ziehen kann. Inwiefern Emotionen zu einer reflektierten, deliberativen
Rezeptionshaltung beitragen können, ist dagegen bislang kaum erforscht, für die normative
Einordnung von Emotionen in der politischen Kommunikation aber von besonderem Interesse.
4. Normative Aspekte: Aus normativer Perspektive werden Emotionen in der politischen
Kommunikation traditionell mit Skepsis gesehen. Hintergrund dafür ist u.a. die Annahme, dass
emotionale Inhalte zwar dem Publikumsgeschmack entgegenkommen und den Partikularinteressen
einzelner Akteure dienen können, dass sie dem Prozess einer rationalen demokratischen Meinungsund Willensbildung aber insgesamt schaden. Diese Gegenüberstellung von individuellem und
gesellschaftlichem Interesse ist allerdings aus verschiedenen Gründen zu hinterfragen. Inwiefern ist
es realistisch, unter konsequentem Verzicht auf emotionale Inhalte und Darstellungsformen eine
breite Öffentlichkeit für politische Themen zu erreichen? Sind Emotionen in jedem Fall dysfunktional für die politische Meinungs- und Willensbildung, oder sollte zwischen funktionalen und
dysfunktionalen Formen der emotionalen Ansprache differenziert werden? Und wenn ja, nach
welchen Kriterien? Um solche Fragen zu beantworten, ist eine theoretische Aufarbeitung von
Schnittstellen zwischen Emotions-, Kommunikations- und Demokratie- bzw. Öffentlichkeitstheorien erforderlich, die im Rahmen der Tagung angeregt werden soll.
5. Empirische Operationalisierung: Auch in Bezug auf die Operationalisierung von Emotionen
im Bereich der politischen Kommunikation sollen von der Tagung neue Impulse ausgehen. Wie
können verschiedene Komponenten von Emotionen (z.B. affektive, kognitive, motivationale, physiologische und Verhaltens- Komponenten) gemessen werden? Durch welche Stimulusmerkmale,
Aufgaben oder Versuchsanweisungen können Emotionen experimentell variiert werden? Wie lassen
sich Emotionen oder einzelne Emotionskomponenten inhaltsanalytisch kodieren, und welche automatisierten Analyseverfahren stehen dabei zur Verfügung?
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Einreichungen
Erbeten werden theoretische, empirische und/oder methodische Beiträge. Vortragsvorschläge
(20 Min.) sind als aussagekräftige Extended Abstract (800-1.000 Wörter exklusive Literaturverzeichnis) mit Angabe des Schwerpunkts einzureichen. Bitte laden Sie Ihr Abstract als Word-Datei
hoch unter: http://review.bib-polok.de/kommpol2016/
Der Beitrag darf in dieser Form nicht bereits publiziert oder auf einer wissenschaftlichen Tagung
präsentiert worden sein. Dieser Sachverhalt ist im eingereichten Textdokument ausdrücklich zu
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Einreichung. Ein Deckblatt ist nicht erforderlich. Autorennahmen, institutionelle Zugehörigkeit und
Kontaktdaten können bei der Einreichung direkt in das Konferenz-Tool eingegeben werden.
Die Vorschläge werden per Double Blind Peer Review begutachtet. Für die Auswahl der Vorträge
gelten die in DGPuK und DVPW üblichen Kriterien: Bezug zum Tagungsthema, Güte der
theoretischen Fundierung, Relevanz der Fragestellung, Angemessenheit der Vorgehensweise sowie
Klarheit und Prägnanz der Darstellung.
Abgabetermin für die Einreichung von Abstracts ist der 15. Oktober 2015. Die Ergebnisse des
Reviews werden bis zum 30. November 2015 bekannt gegeben. Die Tagungsorganisatoren behalten
sich vor, bei der Auswahl der Beiträge auch die Gesamtkonzeption der Tagung zu berücksichtigen
sowie einzelne Vorträge als Invited Talks zu integrieren. Es ist geplant, ausgewählte Beiträge der
Jahrestagung in einem Tagungsband oder einem Special Issue einer Fachzeitschrift zu
veröffentlichen.
Organisatorische Hinweise
Die Tagung wird am Donnerstag, den 11. Februar, abends mit einem Get-Together beginnen und am
Samstag, den 13. Februar, gegen Mittag enden. Angaben zum Veranstaltungsort, dem Programmablauf, zur Anmeldung sowie zu Unterkunfts- und Anreisemöglichkeiten finden Sie ab Oktober
2015 auf der Tagungswebsite: www.kommpol2016.ifkw.lmu.de
Kontakte
FG Kommunikation und Politik (DGPuK)
Prof. Dr. Katharina Kleinen-von Königslöw [email protected]
Prof. Dr. Mike S. Schäfer [email protected]
AK Politik und Kommunikation (DVWP)
Prof. Dr. Stefan Marschall [email protected]
FG Politische Kommunikation (SGKM)
Prof. Dr. Marlis Prinzing [email protected]
Lokale Veranstalter
Prof. Dr. Anne Bartsch [email protected]
Prof. Dr. Carsten Reinemann [email protected]
Organisationsteam: [email protected]
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