Frauen und Führung – Theoretische Annahmen, Empirische

Frauen und Führung – Theoretische Annahmen,
Empirische Evidenz, Ausblick
Erk Piening
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Lehrstuhl für Organisation, Personal und Unternehmensführung
Mainz, den 14. Dezember 2015
Agenda
1) Einführung
2) Frauen und Führung – Theoretische Perspektiven
à  Annahmen über Führungserfolg
à  Annahmen über weibliche Führungskräfte
3) Frauen und Führung – Empirische Befunde
à  Einfluss weiblicher Führung auf den Unternehmenserfolg
4) Zusammenfassung und Ausblick
1) Einführung
Frauen in Führungspositionen – Schlagzeilen
„As Leaders, Women Rule”
If you want a great executive: Hire a
female (Business Week, 2000)
„Weibl
ich
gskräft e
(McKin e benötigt“
sey, 20
07)
Führun
ements
„Die Zukunft des Manag
2012)
ist weiblich“ (Die Welt,
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„Männer haben die Wel
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es jetzt richten“ (taz, 20
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1) Einführung
Frauen im deutschen Arbeitsmarkt
Arbeitsmarkt allgemein:
• 
• 
39,6 Millionen Erwerbstätige (2013) à 18,4 Millionen Frauen (46,5%)
(Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2015)
Erwerbstätigenquote Frauen zwischen 15 und 65 Jahren: 68,8% (2013)
vs. 58,8% (2003); Männer 77,7% (2013) (Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2015)
Frauen in Führungspositionen:
• 
Anteil von Frauen in Führungspositionen (z.B. Geschäftsführung, Bereichsleitung,
Führungsposition in der Verwaltung): 30% (bis 34 Jahre = 37%, über 54 Jahre = 20%)
(Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2013)
• 
Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder in börsennotierten Unternehmen Dez. 2014: 5,6%
(2013: 6,1%); 21% Unternehmen mit mind. einer (2013: 23%) und 3% mit mehr als einer
Frau im Vorstand (Quelle: EY Mixed Leadership Barometer, 2015)
à  Nur Dax: 7,4% weibliche Vorstände (2013: 6%); mind. 1 weiblicher Vorstand: 40%
• 
Anteil weiblicher Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen 2015: 21,4% (2011: 10%)
(Quelle: FidAr 2015)
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2) Frauen und Führung – Theoretische Perspektiven
Annahmen über Führungserfolg
Eigenschaftsorientierte Ansätze:
Führungserfolg beruht auf bestimmten stabilen, individuellen
Persönlichkeitsmerkmalen, z.B. Intelligenz, Dominanz, emotionale
Stabilität, Selbstvertrauen, Maskulinität, Aggressivität,
Machtstreben
Verhaltenswissenschaftliche Ansätze:
Führungserfolg basiert auf individuellen, veränderbaren
Führungsstilen, z.B. mitarbeiterorientiert vs. aufgabenorientiert,
transaktional vs. transformational
Kontingenztheoretische Ansätze:
Führungserfolg folgt aus der Passung individueller Verhaltensstile
und Anforderungen der Situation
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Die Person ist
entscheidend
Das Verhalten ist
entscheidend
Der Fit von VerhaltenSituation ist
entscheidend
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2) Frauen und Führung – Theoretische Perspektiven
Annahmen über weibliche Führungskräfte
Implizite Führungstheorien (z.B. Lord, 1985; Lord & Maher, 1993)
•  Mitarbeiter haben ein Idealbild einer Führungskräft, das sie
mit der Realität vergleichen und ihre Führungskraft kategorisieren
•  Archetypen der Führung (Quelle: Neuberger 2002, S. 255ff)
à  Held (selbstaufopfernd, entschlossen)
à  Vater (charaktervoll, integer, leistungsstark)
...
•  „Think manager–think male paradigm“ (Schein 1973, 1975)
Role Congruity Theory (RCT) (Early & Karau, 2002)
•  Deskriptiver Bias: Inkompatibilität zwischen den Charakteristika von Frauen und der
Rolle als Führungskraft
•  Präskriptiver Bias: Frauen, die männliche Rollenmuster (Führungsstile) zeigen, werden
aufgrund der Inkongruenz zu Rollenerwartungen negativ bewertet
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3) Frauen und Führung – Empirische Befunde
Wahrnehmung, Charakteristika, Effekte weiblicher Führung
Studienfokus
Wie führen
Frauen?
Wie werden
weibliche
Führungskräfte
wahrgenommen?
Ergebnisse
• 
• 
• 
• 
Wie wirkt sich
weibliche Führung
aus?
Keine signifikanten Unterschiede im Führungsstil (aufgaben- vs.
mitarbeiterorientiert) von Frauen und Männern (Eagly & Johnson, 1990)
Frauen nutzen eher transformationalen Führungsstil (Bass et al., 1996;
Eagly et al., 2003); Männer mit größerer Motivation hierarchisch zu
führen (Eagly et al., 1994)
Insgesamt geringe
Unterschiede im
Führungsverhalten
von Frauen und
Männern
Frauen werden negativer bewertet, wenn sie geschlechteruntypische
Emotionen und Verhaltensweisen zeigen (Eagly et al., 1992; Forsyth et al.
Maßgeblicher
Einfluss von
Stereotypen auf die
Wahrnehmung von
weiblichen
Führungskräften
1997; Lewis, 2000)
• 
• 
• 
Fazit
Frauen, die in traditionell männlichen Domänen erfolgreich sind,
werden als weniger sympathische und wünschenswerte
Führungskraft gesehen (Early et al., 1995; Heilman & Okimoto, 2007)
Managern erfolgreicher (weniger erfolgreicher) Unternehmen werden
männliche (weibliche) Attribute zugeschrieben (Ryan et al., 2011)
Studien zeigen wahlweise positiven (Shrader et al., 2003; Krishnan & Park,
2005), negativen (Shrader et al., 1997; Ryan & Haslam, 2005) oder keinen
Effekt (z.B. Lindstädt et al. (2011) von Frauen in Führungspositionen auf
den Unternehmenserfolg
Unter bestimmten Bedingungen wirkt sich weibliche Führung positiv
auf die Zusammenarbeit von Teams aus (Post, 2015)
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Widersprüchliche
Befunde zur Wirkung
weiblicher Führung
à vom Kontext
abhängig
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4) Zusammenfassung und Ausblick
Weibliche Führung – Grundlegende Zusammenhänge
Geführte
•  Eigenschaften
•  Stereotypen
•  Erwartungen
Wirkung
Org. Kontext
• 
• 
• 
• 
• 
Industrie
Org. Kultur
Landeskultur
Performance
Diversität
Weibliche Führung
•  Rollenverständnis
•  Führungsstil
•  Sonstiges
Verhalten
•  Emotionen
•  Individuum
•  Team
•  Organisation
Quelle: Eigene Darstellung
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4) Zusammenfassung und Ausblick
Fazit
• 
Widersprüchliche empirische Befunde
à  Führung als komplexes Phänomen: Frage, ob Frauen oder
Männer die besseren Führungskräfte sind, greift zu kurz
à  Kontextabhängigkeit von Führungserfolg
• 
Wahrnehmung und Erwartungen der Mitarbeiter als zentrale
Einflussgrößen auf Führung
à  Anzeichen für einen Wandel geschlechterbezogener Stereotypen (Duehr & Bono, 2006)
à  Zunehmende Bedeutung authentischer und ethischer Führung
• 
Internationale Erfahrungen deuten auf einen langsamen, aber
stetigen Anstieg des Anteils von Frauen in Führungspositionen hin
à  Weibliche Fortune 500 Vorstände: 1995 = 9,6%, 2006 = 14,9%, 2013 = 16,9%,
2015 = 20% (1 weiblicher CEO in 1998 vs. 26 in 2015)
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Prof. Dr. Erk P. Piening
Lehrstuhl für Organisation, Personal und Unternehmensführung
JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ
Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
Tel. +49 (0)6131-39-23754
Fax: +49 (0)6131-39-23004
http://www.orga.bwl.uni-mainz.de/index.php
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Anhang
Arbeitsmarktstatistiken
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Anhang
Frauen in Führungspositionen
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Anhang
Frauen in Führungspositionen
(Quelle: EY Mixed Leadership Barometer, 2015)
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Anhang
Frauen in Führungspositionen
Lehrstuhl für Organisation, Personal und Unternehmensführung
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Anhang
Frauen in Führungspositionen
Lehrstuhl für Organisation, Personal und Unternehmensführung
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Anhang
Lohnunterschiede Frauen/Männer
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Anhang
Empirische Befunde – Führungsstile von Frauen
Autoren
Stichprobe
Ergebnisse
Eagly & Johnson
(1990)
Meta-Analyse aus 162 Studien
Keine signifikanten Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Führungsstil (aufgabenvs. beziehungsorientiert)
Eagly et al. (1994)
Meta-Analyse aus 51 Studien
Männer haben eine höhere Motivation als Frauen, andere hierarchisch zu führen (sie wollen
anderen z.B. eher ihre Wünsch aufoktroyieren und aus der Gruppe hervorstechen)
Bass et al. (1996)
3 Studien; Befragung von Mitarbeitern
amerikanischer Unternehmen
Frauen nutzen tendenziell häufiger einen transformationalen Führungsstil (betätigen sich
häufiger als Coach/Mentor werden als Vorbilder wahrgenommen)als Männer. Effektstärke ist
aber nur gering
Ross & Offerman
(1997)
Regressionsanalyse; 4200 Kadetten
von 40 Führungskräften der US Army
Transformationaler Führung ist positiv mit weiblichen Attributen und negativ mit männlichen
Attributen (z.B. Aggressivität, Maskulinität) korreliert
Eagly et al., (2003)
Meta-Analyse aus 45 Studien
(hauptsächlich Wirtschafts- und
Bildungsunternehmen)
Frauen nutzen häufiger einen transformationalen Führungsstil; Männer zeigen häufiger einen
„Laissez-faire“ Führungsstil
Douglas (2012)
Hierarchical Linear Modeling; 393
Mitarbeiter und 26 Führungskräfte
eines amerikanischen Unternehmens
Männliche Führungskräfte nutzen häufiger transformationalen Führungsstil als weibliche
Führungskräfte
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Anhang
Empirische Befunde – Wahrnehmung weiblicher Führung
Autoren
Stichprobe
Ergebnisse
Butler & Geis (1990)
Laborexperiment
Sowohl Männer als auch Frauen zeigen negativere affektive Reaktionen gegenüber Frauen
in Führungspositionen
Eagly et al. (1992)
Meta-Analyse aus 61 Studien
(Goldberg Experimente)
Frauen werden etwas weniger positiv als Führungskräfte bewertet. Negativere Bewertung
insb. wenn sie maskulinen Führungsstil (autokratisch, direktiv) nutzen und Männer die
Beurteiler sind
Early et al. (1995)
Meta-Analyse aus 96 Studien
Frauen (Männer) werden positiver in femininen (maskulinen) Rollen und Organisationen (z.B.
Bildungseinrichtungen vs. Militär) bewertet
Forsyth et al. (1997)
Experiment; 85 amerikanische
Studierende
Frauen, die einen aufgabenorientierten Führungsstil einsetzen, werden weniger von ihren
Mitarbeitern gemocht
Lewis (2000)
Experiment; 368 amerikanische
Studierende
Mit Geschlechterstereotypen konsistente Emotionen (Traurigkeit/Wut) führen zu einer
positiveren Bewertung der Führungskraft
Heilman & Okimoto
(2007)
3 experimentelle Studien
Frauen, die in traditionell männlichen Domänen erfolgreich sind, werden als weniger
sympathisch und feindseliger betrachtet und als Führungskraft gewünscht
Johnson et al. (2008)
Mixed-Studies Design (Experimente
und Befragungen)
Um als effektive Führungskräfte wahrgenommen zu werden, muss Frauen Sensitivität und
Stärke zugeschrieben werden (Männern nur Stärke)
Ryan et al. (2011)
3 Studien, die Fragebögen mit
unterschiedliche multivariate Analysen
auswerten
Manager erfolgreicher Unternehmen werden mit typisch männlichen Attributen assoziiert (bei
weiblichen Befragen werden auch weibliche Attribute genannt). Stereotype Eigenschaften
von Frauen werden tendenziell mit Managern weniger erfolgreicher Unt. assoziiert
Paustian-Underdahl
et al. (2014)
Meta-Analyse aus 95 Studien
Männer haben positivere Selbstwahrnehmung als Führungskräfte, wohingegen Frauen
positiver von anderen wahrgenommen werden. In weiblich/männlich dominierten Org. wird
das jeweils dominierende Geschlecht positiver bewertet
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Anhang
Teamebene
Organisationsebene
Empirische Befunde – Effekte weiblicher Führung
Autoren
Methode/Stichprobe
Ergebnisse
Shrader et al. (1997)
Regressionsanalyse; 200 größten
amerikanischen Unternehmen
Negativer Zusammenhang zwischen dem Anteil von Frauen im Vorstand und
Aufsichtsrat und dem finanziellen Erfolg; Anteil der Frauen im Management
insgesamt wirkt sich positiv aus
Krishnan & Park (2005)
Regressionsanalyse; 679 Fortune
1000 Unternehmen
Unternehmen, deren Vorstand einen hohen Frauenanteil aufweist, sind
finanziell erfolgreicher (ROA)
Ryan & Haslam (2005)
Analyse von Archivdaten der FTSE
100 Unternehmen in GB
Anzahl der Frauen im Verwaltungsrat ist geringfügig negativ mit dem Aktienkurs
von Unternehmen korreliert. Frauen werden insb. in finanziellen Krisen/
Performancekrisen in den Verwaltungsrat berufen à „Glass cliff“
Miller & Triana (2009)
Regressionsanalyse; 326
Unternehmen aus dem Fortune 500
Unternehmen mit hoher Diversität im Aufsichtsrat sind forschungsorientierter
(F&E Intensität)
Lindstädt et al. (2011)
Paneldatenanalyse; 160 deutsche
Aktiengesellschaften im Zeitraum von
2002-2010
Kein signifikanter Einfluss des Anteils von Frauen auf den finanziellen Erfolg
von Unternehmen. Aber positiver Effekt für Unternehmen mit hohem Anteil
weiblicher Mitarbeiter
Huang et al. 2013
Paneldatenanalyse; Börsennotierte
amerikanische Unternehmen
Unternehmen mit weiblichen Finanzvorstand tätigen weniger
Unternehmensakquisitionen und ihre Akquisitionen haben positiveren Beitrag
zum Shareholder Value à Risikoaversion und weniger Selbstüberschätzung
Dawley et al. (2004)
Regressionsanalyse; 142
Trainerwechsel amerikanischer
Frauenbasketballteams
Keine Unterschiede in der kurz- und langfristigen Performance von Sportteams,
die eine Frau oder einen Mann neu als Trainer eingestellt haben
Post (2015)
Hierachical Linear Modeling; 86
Innovationsteams in 29 Unternehmen
Vorteile weiblicher Teamleader im Hinblick auf die Kohäsion, Kommunikation
und Lernfähigkeit hängt von Kontextfaktoren, wie z.B. der Teamgröße,
geografischer Dispersion und Zusammensetzung ab
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