Züge, Krankheiten und Markenkleidung

Züge, Krankheiten und Markenkleidung
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Rosenheimer Bahnhof: Täglich greift die Bundespolizei dort Flüchtlinge auf. Fotos Simeth
© OVB
Sie kommen lediglich mit einer Plastiktüte in der Hand in den Notunterkünften an. Darin ist
ihr gesamtes Hab und Gut.
Doch wie geht es dann für die Flüchtlinge weiter? Diese und weitere Fragen rund um das
Thema "Asyl" stellten über 200 Leser im Rahmen einer Aktion der OVB-Heimatzeitungen.
Für die Antworten stehen Vertreter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der
Regierung von Oberbayern, der Polizei, der Deutschen Bahn sowie des Landratsamts
Rosenheim zur Verfügung. In loser Reihenfolge werden die Leserfragen auf Sonderseiten
beantwortet.
∗ Wie geht die Deutsche Bahn mit Flüchtlingen in den Zügen um?
Flüchtlinge reisen in den Zügen nach Angaben der DB Mobility Logistics AG wie jeder
andere Fahrgast auch. Asylbewerber in Zügen kennen die Verantwortlichen in größerem
Ausmaß seit vergangenem Herbst, als viele begannen, die EuroCity-Züge von Italien aus über
den Brenner zu nutzen, um nach Mittel- und Nordeuropa zu gelangen.
∗ Werden längere Züge eingesetzt, um für alle Fahrgäste Sitzplätze zu haben?
Bisher war es bei den DB-Zügen nicht notwendig, zusätzliche Wagen anzuhängen oder
Sonderzüge zu fahren. Das liegt auch daran, dass sowieso ein dichter Bahnverkehr zwischen
Österreich und Bayern stattfindet.
∗ Werden die Züge desinfiziert, nachdem Asylbewerber mitgefahren sind - zum Schutz
vor Krankheiten?
Ein derartiger Fall ist bisher nicht aufgetreten. Hier ist die DB aber gegebenenfalls in Kontakt
mit den Behörden. Meridian dagegen reinigt seine Züge bei Bedarf zusätzlich unterwegs.
∗ Bislang hieß es, dass die Turnhalle am Raublinger Gymnasium zu Schuljahresbeginn
wieder zur Verfügung stehen würde, weil die dort untergebrachten Asylbewerber bis
dahin in Container umziehen würden. Wie ist der aktuelle Stand?
Das Landratsamt plant nach wie vor die Turnhalle zum Schulbeginn wieder zur Verfügung zu
stellen. 100-prozentige Zusagen sind aber nicht möglich.
∗ Stimmt es, dass das Landratsamt Diebstähle von Flüchtlingen bis zu 55 Euro
ausgleicht?
Nein. Hier handelt es sich um eine Straftat.
∗ Warum beziehen die Asylbewerber, obwohl sie Taschengeld bekommen und für
Nahrung und Unterkunft gesorgt ist, von den Tafeln Spenden? Steht den Asylsuchenden
das Angebot denn zu?
Die Versorgung durch die Tafeln ist eine kommunale Leistung auf freiwilliger Basis. Ähnlich
wie beispielsweise freier Eintritt bei gemeindlichen Schwimmbädern. Prinzipiell stehen
Tafeln aber Bedürftigen offen.
∗ Was passiert mit den hier gestrandeten kranken Menschen? Warum gibt es keine
Quarantänestation?
Kranke werden vom Arzt behandelt. Soweit eine Quarantäne aus medizinischer Sicht
einzurichten ist, geschieht dies auch.
∗ Wie sieht es hinsichtlich Altersstruktur, Geschlecht und Familienstand der
ankommenden Bewerber aus?
Die meisten sind Männer zwischen 18 und 45 Jahren. Der jüngste Flüchtling, der im
Landkreis Rosenheim in einer betreuten Einrichtung der Diakonie lebt, ist acht Jahre alt.
∗ Wie sicher bin ich noch in meinem Garten in Autobahnnähe?
Die Bürger können laut Polizei beruhigt sein. Die Flüchtlinge wollen nur in Deutschland
ankommen. Oft wird die Polizei verständigt, wenn Gruppen hilflos umherlaufen. Die
Menschen sind dann richtiggehend erleichtert, wenn sie die Polizei sehen und von ihr in
Bussen zur Registrierung - meist nach Piding zu den Schleierfahndern - gebracht werden.
∗ Wie groß ist die Gefahr, dass in Deutschland wieder Krankheiten wie Pocken, Masern,
Ebola etc. eingeschleppt werden?
Hier ist die Regierung von Oberbayern tätig. Nachdem es drei Fälle von Masern in der
Bayernkaserne in München gab, plant das Münchner Gesundheitsamt nun ein "abgestuftes
Riegelimpfungsverfahren". In einer ersten Stufe sollen dazu Kinder im Alter bis zu zwei
Jahren gegen Masern geimpft werden, sofern die Eltern einwilligen. In einer zweiten Stufe
soll dann den 16- bis 30-Jährigen die Impfung angeboten werden, weil bei dieser
Altersgruppe oft Impflücken bestehen. Das Landratsamt und die Stadt Rosenheim impfen alle
minderjährigen Flüchtlinge nach Vorliegen der jeweiligen Gesundheitchecks.
∗ Man sieht die jungen Männer den ganzen Tag im Rosenheimer Salingarten sitzen. Wie
finden sie sich in der Stadt zurecht, woher wissen sie, wo die nächsten Toiletten sind?
Die ehrenamtlich Aktiven helfen den Asylbewerbern bei der Orientierung. Mit Stadtplänen
sind sie des Weiteren unterwegs. Damit sowie mit Hinweisschildern samt Piktogrammen
finden sich die Flüchtlinge zurecht.
∗ Was passiert mit Asylbewerbern, die Unruhe in ihren Unterbringungen stiften?
Sie werden zur Ordnung gerufen und je nach Vorfall auch verlegt. Dies ist aber keine
Verbesserung für den Flüchtling. Unter allen Umständen will man vermeiden, dass durch
Fehlverhalten eine positive Konsequenz erfolgt. Bei Strafsachen wiederum gibt es staatliche
Sanktionen sowie polizeiliche Mitteilungen an die Behörden, die mit dem Asylantrag befasst
sind. Das Asylrecht an sich wird durch derlei Aktionen nicht verwirkt, da es Grundrecht ist.
∗ Warum sitzt der Täter im Fall der Schlägerei unter Asylbewerbern in Rohrdorf nicht
wie im Fall des Messerstechers in U-Haft?
Der Mann mit der Messerattacke wurde festgenommen. Die Staatsanwaltschaft stellte
Haftantrag. Er sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Der zweite Täter muss sich wegen
gefährlicher Körperverletzung verantworten. Hier setzt die Justiz prinzipiell die
Untersuchungshaft je nach Fall fest.
∗ Auffällig viele afrikanische Asylantragsteller gibt es im Raum Rosenheim. Viele davon
kommen bestimmt aus "sicheren Herkunftsstaaten" Afrikas. Wie sieht es hier bei den
Verfahren aus?
Zahlen können hierzu momentan nicht genannt werden. Aber: Erstanträge auf Asyl wurden
bis einschließlich Juli von 4871 Flüchtlingen aus Eritrea sowie 3381 aus Nigeria bearbeitet.
Prozentual gesehen gehören Afrikaner zur Minderheit bei den Anträgen. Als sichere
Herkunftsstaaten gelten derzeit die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie Bosnien
und Herzegowina, Ghana, Mazedonien, Senegal und Serbien. Dort liegen momentan für das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine für eine Schutzgewährung relevanten Gründe
vor. Kosovo, Albanien und Montenegro sollen ebenfalls als sichere Herkunftsländer
eingestuft werden. Dennoch muss auch hier jeder Antrag einzeln geprüft werden.
OVB vom 12.09.2015