Warum gleich um die ganze Welt?

BUSINESS EXCELLENCE
Aufbau von operativem Nearshoring
reit, in der Nearshore-Einheit zu
konzentrieren? Welche Arbeits­
felder werden zukünftig auf der
Onshore-Seite wegfallen und was
sind die Konsequenzen für die
Onshore-Arbeitskräfte? Welche
Schnittstellen resultieren aus der
neuen Konstellation? Welcher Per­
sonalbedarf ergibt sich für die
Onshore- und Nearshore-Lokation?
Warum gleich um
die ganze Welt?
Von Christian Bussmann, Jan Bieser und Rüdiger Schulze
Das Nearshoring von Serviceleistungen hat sich hier
in der Konzernwelt als vielversprechender Ansatz
etabliert, um die Overhead-Kosten zu senken. Eine
beliebte Form des Nearshorings ist die hybride
Organisationsform. Nearshoring-Projekte in dieser
Hybridstruktur stellen Unternehmen jedoch auch
vor erhebliche Herausforderungen und potentielle
Mehrkosten.
A
nalog zum klassischen Off­
shoring beinhaltet das Near­
shoring die Verlagerung von
Aufgaben in ausländische Pro­
duktionsstätten und Servicezent­
ren, die in Märkten mit tieferen
Lohnkosten lokalisiert sind. Statt
Konzernaufgaben nach Indien,
China oder Südafrika zu verla­
gern, orientieren sich viele euro­
päische Konzerne vermehrt an
aufstrebenden osteuropäischen
Märkten wie Polen, Tschechien
oder der Slowakei. Dies bringt ei­
nige Vorteile mit sich: Während
annähernd die Kostenvorteile des
Christian Bussmann und Jan Bieser sind
Consultants bei der Detecon (Schweiz) AG in
Zürich und unterstützen Unternehmen bei der
Entwicklung und Implementierung von Trans­
formations- und Nachhaltigkeitsstrategien.
Rüdiger Schulze ist Managing Consultant
und Mitglied des Führungskreises bei der
Detecon (Schweiz) AG in Zürich. Er verant­
wortet dort den Industriebereich Versor­
gungswirtschaft und ist Experte für Finance
Shared Service Center für Kunden aus dem
Telekommunikations- und Energiesektor.
MQ Management und Qualität 06/2015
Offshorings erreicht werden, lei­
det das Nearshoring in geringe­
rem Masse an typischen Kompli­
kationen wie der grossen Zeitdif­
ferenz oder den erheblichen kul­
turellen Differenzen, die eine Zu­
sammenarbeit erschweren.
Beim hybriden Nearshoring wer­
den nur Teile von operativen Or­
ganisationseinheiten verlagert,
die in überschaubarer Form in der
Onshore-Gesellschaft weiterexis­
tieren. Dies hat einige erfreuliche
Effekte: Der Verlust von Wissen
und Leistungsträgern kann redu­
ziert werden, während die Nähe
zwischen Dienstleister und Hei­
matorganisation deutlich höher
bleibt, als es bei der kompletten
Verlagerung von Unternehmens­
bereichen in Nearshore- oder Off­
shore-Lokationen je möglich wä­
re. Dem gegenüber steht der kon­
tinuierliche Koordinationsauf­
wand zwischen Onshore und Ne­
arshore, welcher langfristig Res­
sourcen bindet. Nur wenn ein
umfassendes und effizientes Ne­
arshoring-Konzept aufgesetzt und
erfolgreich implementiert wird,
können Einsparpotenziale reali­
siert werden, welche über den
Mehraufwand hinausgehen. In
diesem Zusammenhang wird hier
ein Framwork vorgestellt, welches
die erfolgreiche Konzipierung und
den effizienten Aufbau von Ne­
arshore-Einheiten begleitet (vgl.
Abbildung 1). Es haben sich ge­
nerell sechs kritische Erfolgsfak­
toren herauskristallisiert, die die
erfolgreiche Planung und Imple­
mentierung einer hybriden Ne­
arshore-Einheit beeinflussen.
Diese lassen sich dabei in drei
grundsätzliche thematische Di­
mensionen aufteilen.
1. Organisatorisches
Framework festlegen
Das Grundgerüst einer hybriden
Nearshoring-Organisation bildet
das organisatorische Framework.
Dieses wird idealerweise zu Be­
ginn der Planung erarbeitet. Es
bildet das Fundament der neuen
Organisationsform und schafft
dadurch wichtige Rahmenbedin­
gungen für die restlichen Phasen
der Ausarbeitung und Imple­
mentierung des Nearshore-Kon­
zepts. Dies animiert die Organi­
sation dazu, sich zu Beginn wich­
tigen und potentiell auch unan­
genehmen Fragen zu stellen. Wie
viel Kompetenz und Spezialisten­
wissen ist man mittelfristig be­
Da Nearshoring-beauftragte Or­
ganisationseinheiten sich oft ei­
ner Vielzahl von internen und ex­
ternen Anforderungen (beispiels­
weise die Aufrechterhaltung der
Funktionalität und Output-Quali­
tät bei gleichzeitiger Kostenreduk­
tion, die Wahrung der Interessen
der Onshore-Mitarbeiter oder die
Einhaltung von Datenschutzbe­
stimmungen) ausgesetzt sehen,
denen die neue Organisations­
form gerecht werden muss, be­
steht die Gefahr, sich in der Kom­
plexität zu verlieren. Oft wird nach
dem Weg des geringsten Wider­
stands gesucht, um diese Ansprü­
che zu erfüllen, wobei die langfris­
tige Perspektive vergessen geht.
Daher ist es ungemein wichtig, die
Suche nach dem richtigen organi­
satorischen Framework auf der
«Meta-Ebene» zu beginnen. Los­
gelöst von den diversen Beschrän­
kungen kann hier ein funktionales
Zielbild für die neue Organisation
in Form eines Funktionendia­
gramms erarbeitet werden – die
Vision der neuen Organisations­
einheit. Diese Vision kann dann in
einem nächsten Schritt mit den
diversen Anforderungen und Vor­
gaben hinsichtlich Qualitäts- und
Effizienzansprüchen, Kapazitä­
ten, Kompetenzen und techni­
schen/rechtlichen Hindernissen
verprobt und angepasst werden.
2. Personal
Um den Neashore-Standort zu ei­
nem vollwertigen, produktiven
Bestandteil der neuen Organisati­
onsform zu machen, kommt der
richtigen Personalselektion für
die aufzubauende NearshoreNiederlassung eine essentielle
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Organisatorisches Framework 2 Personal 3 Zusammenarbeit a a b Personalselek<on Personalbefähigung (Wissenstransfer & Infrastruktur) b Governance
c Bedeutung zu. Nearshore-Lokati­
onen werden häufig bewusst an
Standorten mit einem starken An­
gebot an potentiellen Arbeitskräf­
ten gewählt. Die Führungskräfte
der Onshore-Organisation befin­
den sich daher oft in der luxuriö­
sen Lage, die Wahl aus einer Fülle
von motivierten Kandidaten mit
sehr diversen Bildungshinter­
gründen und Arbeitserfahrungen zu
haben. Erfahrungsgemäss wird
diese Aufgabe oft dadurch er­
schwert, dass die operativen
Onshore-Führungskräfte als wich­
tigster (fachlicher) Stakeholder
nur peripher in den Personalse­
lektionsprozess eingebunden sind.
Gerade bei grösseren NearshoringProjekten im Konzernumfeld wird
das gesamte Einstellungsverfahren
häufig zentral in der NearshoreLokation durchgeführt. OnshoreFührungskräfte werden über mög­
liche Kandidaten konsultiert, inter­
agieren aber wenig oder gar nicht
mit den Kandidaten, bevor diese
angestellt werden. Hinzu kommt
in der Regel ein eingeschränktes
Verständnis auf Onshore-Seite
über die Bildungs- und Arbeitssitu­
ation am Nearshore-Standort. Dies
kann dazu führen, dass OnshoreFührungskräfte Schwierigkeiten
bekunden, die Arbeitskräfte mit
dem besten Fit für ihre Organisati­
on auszuwählen.
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Fachliche Prozesse & Schni:stellenmanagement Integra<on Um diese Hindernisse zu über­
winden, lohnt sich eine gewis­
senhafte Vorbereitung
der
Onshore-Führungskräfte auf den
Selektionsprozess. Es gilt, ein gu­
tes Verständnis der Ausbildungs­
systeme des Nearshore-Standorts
sowie ein realistisches Bild für die
tatsächlichen Fähigkeiten der
Kandidaten und ihre Erwartun­
gen zu entwickeln. Daher lohnt
es sich oft, einen intensiven Aus­
tausch mit den Personalverant­
wortlichen vor Ort, den Near­
shore-Projektkoordinatoren und
mit Vertretern anderer OnshoreOrganisationseinheiten zu pfle­
gen, die bereits Erfahrungen mit
dem Nearshore-Standort gesam­
melt haben. Weiterhin hilft es, die
Anforderungsprofile für die Ne­
arshore-Positionen vor Beginn
der Personalsuche möglichst
konkret auszuformulieren. Häu­
fig neigen Führungskräfte dazu,
die bestmöglichen verfügbaren
Arbeitskräfte zu akquirieren
(Universitätsabschluss vorge­
schrieben). Die Einstellung von
überqualifizierten und hoch mo­
tivierten Nearshore-Mitarbeitern
für stark-repetitive Tätigkeiten
ohne grossen Entwicklungsspiel­
raum kann jedoch zu Interes­
senskonflikten führen. Kurzfristig
ermöglicht dieses Vorgehen zwar
eine schnelle Einarbeitung, mit­
Selbst die Leistung des fähigsten
Mitarbeiters wird massgeblich
durch die Werkzeuge und das
Wissen beeinflusst, welches ihm
für die Erledigung seiner Aufga­
ben zur Verfügung gestellt wird.
Eine konsequente Ausbildung der
Nearshore-Mitarbeiter ist essenti­
ell – der dafür benötigte Zeit- und
Planungsaufwand des OnshorePersonals muss hier jedoch auch
berücksichtigt werden. Hier kön­
nen Kapazitätsengpässe auftre­
ten, welche die Funktionsfähig­
keit der Organisationseinheit zeit­
weise einschränken. Demgegen­
über stehen die berechtigten An­
sprüche des Nearshore-Perso­
nals, während der Einarbeitungs­
phase angemessen betreut, gefor­
dert und ausgelastet zu werden.
Häufig ein stiefmütterliches Da­
sein in der operativen NearshorePlanung fristen ausserdem Be­
rechtigungskonzepte, welche oft
als notwendiges Übel wahrge­
nommen werden. Dabei gestaltet
sich die Identifikation und Imple­
mentierung der korrekten Be­
rechtigungsrollen häufig an­
spruchsvoll und ist nicht selten
Abb. 2
Unsere Projekterfahrungen deu­
ten darauf hin, dass die Entwick­
lung eines ganzheitlichen Schu­
lungskonzepts inklusive detail­
lierter Roadmap-Planung für die
Einarbeitungsphase einen mass­
geblichen Beitrag zur erfolgrei­
chen Ausbildung der neuen Near­
shore-Einheit leisten kann. Ver­
antwortlichkeiten für Schulungen
und Coaching auf der OnshoreSeite sollten hier klar definiert
werden, um mögliche personelle
Engpässe während der Schu­
lungsphase rechtzeitig zu erken­
nen und zu vermeiden. Darüber
hinaus motiviert ein Einarbei­
tungsplan mit definierten Meilen­
steinen Nearshore-Mitarbeiter
und hilft Lern-Fortschritte zu be­
urteilen. In Bezug auf Systemzu­
griffe hat es sich regelmässig als
äusserst lohnenswert erwiesen,
sich der Berechtigungsthematik
rechtzeitig anzunehmen. Aus den
definierten Rollenprofilen der
Nearshore-Mitarbeiter lassen sich
klare Berechtigungskonzepte
ableiten, die in Absprache mit
den notwendigen Stellen frühzei­
Verschiedene Ansätze für den erfolgreichen Wissenstransfer.
Selbststudium Schulungen Coaching Beschreibung 1 Prozessuale Schni:stellen  Eigenständiges Erlernen durch Studium von Handbuch & Dokumena<onen
 Schulungen durch Fachexperten (on-­‐site oder remote)  Kon<nuierliche Begleitung bei der Ausführung von Aufgaben durch Onshore-­‐Fachexperten (on-­‐site oder remote) Vorteile Definierter Verantwortungs-­‐
bereich
Personalbestands-­‐ ziele die Ursache von Verzögerungen
im Rollout. Auch der Zugriff und
die Verarbeitung von Daten über
Landesgrenzen stellen Betriebe
oft vor Herausforderungen.
 Hoher Wiederverwendungsfaktor  Stetige Verfügbarkeit von Fachexperten nicht notwendig  Hoher Interak<onsfaktor  Individuelles Eingehen auf Stärken & Schwächen des Nearshore-­‐Personals  Plaborm für Integra<on  Sehr interak<v  Individuelles Eingehen auf Stärken & Schwächen des Nearshore-­‐Personals  Kon<nuierlicher Austausch Onshore-­‐Nearshore Nachteile telfristig kann dies jedoch zu Un­
terforderung, Unzufriedenheit
und hoher Personalfluktuation
auf Nearshore-Seite führen.
 Wissen teilweise kaum schri_lich erfassbar  Hoher Dokumenta<onsaufwand  Ungeeignet für Handling von Ausnahmefällen  Hoher Schulungsaufwand  Begrenzter Schulungs-­‐ zeitraum
 Hohe Kosten (on-­‐site Schulungen)  Kon<nuierlicher & hoher Aufwand Geeignete Aufgaben Das Detecon-Framework zur erfolgreichen Verankerung
von hybriden Nearshoring-Strukturen.
 Stark strukturierte Aufgaben  Kein oder wenig Entscheidungs-­‐
spielraum in der Ausführung  Geeignet für alle Aufgabentypen  Aufgaben mit vielen Spezialfällen  Sachverständnis & Improvisa<onsfähigkeit benö<gt Komplexität
der Aufgabe Abb. 1
Einfache, standardisierte Aufgaben Komplexe, variable Aufgaben MQ Management und Qualität 06/2015
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Hybrides Nearshoring: Zu beachtende Punkte
– Hybrides Nearshoring eröffnet Kostensenkungspotenziale für eine Vielzahl
von Unternehmensaufgaben
– Nur mit einer wohldurchdachten Planung und Umsetzung des NearshoringKonzepts können die potentiellen Ersparnisse realisiert werden
– Die Definition einer geeigneten Organisationstruktur & Aufgabenteilung für
die Nearshoring-unterstützte Einheit ist von immenser Bedeutung für eine
zielgerichtete Umsetzung und den langfristigen Erfolg
– Die Personalselektion und -entwicklung sollte von der Onshore-Organisation
intensiv betreut und systematisch geplant werden
– Die fachliche und persönliche Integration zwischen Onshore- und NearshoreEinheiten muss auf Führungskräfte- und Mitarbeiterebene aktiv getrieben,
werden, um eine effiziente Zusammenarbeit zu ermöglichen
tig umgesetzt, geprüft und bei Im­
plementierungsverzögerungen
durch entsprechende Über­
gangslösungen ergänzt werden
sollten.
3. Zusammenarbeit
Das Grundgerüst der fachlichen
Zusammenarbeit bildet das Pro­
zessmodell der Organisationsein­
heit. Innerhalb dieses Modells
werden die organisationsinter­
nen und übergreifenden Abläufe
definiert. Schnittstellen zu exter­
nen Einheiten sind durch abtei­
lungsspezifische NearshoringProjekte meistens nicht betroffen.
Die Erweiterung der Organisati­
onseinheit um Nearshore-Mitar­
beiter führt jedoch meist zu neu­
en internen Schnittstellen und
Komplexitätserweiterungen. Die­
se müssen bewusst gesteuert wer­
den, um den gewohnten Quali­
täts- und Effizienzansprüchen
gerecht zu werden. Onshore- wie
auch Nearshore-Mitarbeiter müs­
sen genau darüber im Bilde sein,
welche Verantwortlichkeiten sie
innerhalb der Abläufe wahrneh­
men, welche Schnittstellen sie be­
dienen und wer entsprechende
Vorarbeit leisten muss, um sie in
ihrer Rolle zu befähigen.
Eine der Grundvoraussetzungen
dafür ist ein umfassendes Prozess­
modell, mit klaren Verantwort­
lichkeiten, Aktivitätenbeschrei­
bungen sowie In- und Output-De­
finitionen für alle Abläufe, auf die
MQ Management und Qualität 06/2015
die Organisationseinheit einwirkt.
Durch die Erarbeitung des organi­
satorischen Frameworks wurde
hier bereits Vorarbeit geleistet, da
daraus neue interne Schnittstellen
direkt abgeleitet werden können.
Diese können mithilfe üblicher
Prozess-Werkzeuge, wie beispiels­
weise einer RACI-Matrix, erfasst,
definiert und in der Organisation
verankert werden. Im Falle von
kleineren internen Prozessen rei­
chen oft auch einfachere Darstel­
lungen – wichtig ist jedoch, dass
die Abläufe eindeutig festgelegt,
dokumentiert und kommuniziert
werden. Dieses zugrundeliegende
Prozess-Konzept strukturiert letzt­
lich die Abläufe und Kommunika­
tionswege, damit die sich die Or­
ganisation in der neuen Struktur
zu einem funktionierenden Gan­
zen zusammenfügt.
Jede Organisationseinheit braucht
Führungspersonen, die die Mitar­
beiterschaft mit Hinblick auf die
Erfüllung der abteilungsspezifi­
schen Verantwortlichkeiten moti­
viert, steuert und entwickelt. Die
geographische Distanz zwischen
den steuernden und ausführen­
den Kräften kann in diesem Kon­
text den Informationsaustausch
und die Abstimmung erschweren.
Um diese Herausforderungen zu
meistern, empfiehlt sich gerade
zu Beginn ein hohes Engagement
der Onshore-Führungskräfte in­
nerhalb des Aufbaus des Ne­
arshore-Standorts. Regelmässige
bilaterale Abstimmungen mit den
Nearshore-Mitarbeitern und die
Teilnahme an Telekonferenzen so­
wie Schulungen und Vorort-Besu­
chen sind Mittel um steuernd ein­
zugreifen und sich selbst ein Bild
über die Strukturen in Nearshore
zu machen. Dies nimmt teilweise
viel Zeit in Anspruch, bietet dafür
eine Plattform um gewünschte
Automatismen, Verhaltensformen
und Qualitätsansprüche zu entwi­
ckeln. Um Kapazitätsengpässen
entgegenzuwirken, besteht die
Möglichkeit, Onshore-Mitarbei­
ter, die Führungsaufgaben für die
Nearshore-Lokation überneh­
men, bewusst von anderen Ver­
pflichtungen zu entlasten. Mittel­
fristig ist es zudem empfehlens­
wert, gezielt Leistungsträger und
Der Aufbau von
hybriden NearshoreOrganisationen ist ein
wertvoller Ansatz für
die Erschliessung
von Kostensenkungs­
potentialen.
Teamleiter in der Nearshore-Lo­
kation zu entwickeln, da langfris­
tig die Anwesenheit einer Vertrau­
ensperson vor Ort nicht zu erset­
zen ist. Entsprechende Ansprüche
an die Qualifikationen einzelner
Nearshore-Mitarbeiter sollten be­
reits in die Personalselektion ein­
fliessen.
Kulturelle Hürden, Zeitzonenun­
terschiede und geographische Di­
stanz sind bei Nearshoring-Pro­
jekten kleinere Hindernisse als
beim klassischen Offshoring.
Nichtsdestotrotz führen diese As­
pekte auch im Nearshoring-Kon­
text zu erheblichen Herausforde­
rungen, die nicht durch reine Pro­
zessoptimierung überwunden
werden können. Es braucht inten­
sive Bemühungen zur Integration
der Nearshore-Mitarbeiter in die
Gesamtorganisation. Diese kann
in diverser Form gefördert werden,
wie beispielsweise durch gemein­
same Anlässe ausserhalb des Ar­
beitsalltags oder Besuche vor Ort
in den Nearshore- oder OnshoreLokationen, was allerdings mit ho­
hem Kosten- und Zeitaufwand
verbunden ist. Es existieren ergän­
zend aber auch weniger kostenin­
tensive und trotzdem effektive
Mittel. Wird von den Führungs­
kräften authentisch vorgelebt,
dass Nearshore-Mitarbeiter voll­
wertige Mitglieder der Organisa­
tion darstellen, erhöht dies die
Chance deutlich, dass sich diese
Sichtweise mittelfristig auch in
der Mitarbeiterschaft etabliert.
Nearshoring – In Kürze
Der Aufbau von hybriden Ne­
arshore-Organisationen ist ein
wertvoller Ansatz für die Erschlies­
sung von Kostensenkungspoten­
zialen – solange man die Projekte
mit der notwendigen Systematik
und Aufmerksamkeit durchführt.
Im Rahmen unserer Projekttätig­
keit haben wir die Erfahrung ge­
macht, dass auf operativer Ebene
die rechtzeitige, umfassende und
strukturierte Planung von Ne­
arshore-Organisationseinheiten
mehr als die halbe Miete für eine
erfolgreiche Umsetzung ist. Ein
wohldurchdachtes organisatori­
sches Framework macht alle spä­
teren Schritte einfacher, zielfüh­
render und maximiert die lang­
fristige Leistungsfähigkeit der
Organisation. Zudem ermöglicht
es, Schnellschüsse im Zusam­
menhang mit der essentiell wich­
tigen Personalthematik zu ver­
meiden. Von grosser Bedeutung
ist neben der Etablierung länder­
übergreifender Prozesse auch die
persönliche Integration der Ne­
arshore-Mitarbeiter in die Orga­
nisation.
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