6 Kapitel 6 Schlussfolgerung und Ausblick Ziel dieser Arbeit war die Gewinnung neuer Einblicke in Bezug auf die aktiven Zentren und auf mechanistische Aspekte der selektiven katalytischen Reduktion von Stickoxiden mit Ammoniak an dem Katalysator Fe-ZSM-5. Dazu wurden unterschiedlichste Fe-ZSM-5Katalysatoren mittels verschiedenen Präparationsmethoden unter Variation des Eisengehalts präpariert, die katalytische Aktivität in drei Testreaktionen (Standard-SCR, schnelle SCR, NO-Oxidation) gemessen und in Kooperation mit weiteren Gruppen (Prof. Brückner, Leibniz-Institut für Katalyse, Rostock; Prof. Schünemann; Technische Universität Kaiserslautern) durch verschiedene Charakterisierungsmethoden (UV/VIS, EPR, MössbauerSpektroskopie) untersucht. Durch die genannte Kombination konnten neue Einblicke hinsichtlich der aktiven Zentren der Standard-SCR und der schnellen SCR gewonnen werden. Weiter konnte die Rolle der NO-Oxidation als vielfach diskutierten geschwindigkeitslimitierenden Schritt der Standard-SCR durch detaillierte Untersuchungen und Vergleiche der separaten Reaktionsgeschwindigkeiten kritisch hinterfragt werden. Aktive Fe-Zentren Die aktive Spezies von Fe-ZSM-5-Katalysatoren in der Standard-SCR wird in der Literatur vielfach kontrovers diskutiert. Dabei können zwei Hauptthesen festgehalten werden. Einige Gruppen gehen von lediglich isolierten Spezies aus [28–30] während andere Gruppen wiederum isolierte und oligomere Fe-Spezies als aktive Zentren der Standard-SCR sehen [31]. Innerhalb dieser Arbeit konnte kongruent zu den Ergebnissen von Schwidder et al. [26] ein Anstieg der Umsätze mit steigendem Eisengehalt beobachtet werden. Die Ermittlung der zugehörigen normalisierten Reaktionsgeschwindigkeiten (bezogen auf nFe ) zeigt jedoch deutlich, dass dies nur bis zu einem Eisengehalt < 0,6 wt.% der Fall ist. Eine weitere Erhöhung des Eisengehalts führt zur Verringerung der normalisierten Reaktionsgeschwindigkeit. Dies verweist auf unterschiedliche intrinsische Aktivitäten der vorherrschenden Fe-Spezies. Diese wurde durch die Proben mit identischem Eisengehalt (Anwesenheit von Sekundärionen), aber deutlich unterschiedlichen Umsatzverläufen, unterstützt. Eine Untersuchung von 57 Fe-ausgetauschten Proben der Präparationsreihe mit Sekundärionen zeigt zwar, dass unterschiedliche isolierte Spezies (tetraedrischer und oktaedrischer Umgebung), oligomere Spezies und unterschiedlich große Eisenoxidpartikel im Ausgangszustand vorliegen, aber nicht alle Spezies unter Standard- 129 6 Schlussfolgerung und Ausblick SCR-Bedingungen zum Umsatz der Stickoxide beitragen. EPR-Studien verweisen auf eine vollständige Reduktion des Signals bei g≈6, welches als isoliertes Eisen in oktaedrischer Umgebung (β -Position) gedeutet wird. Dadurch, dass diese Zentren unter Standard-SCR-Bedingungen dauerhaft reduziert vorliegen, kann ein Beitrag ihrerseits zur Aktivität ausgeschlossen werden [141]. Die vollständige Reduktion der isolierten Spezies oktaedrischer Umgebung (g≈6) ist dabei in Übereinstimmung mit Ergebnissen aus der Literatur [65, 143]. Mössbauer-Spektren zeigen übereinstimmend zu den EPR-Messungen einen deutlichen Anstieg des Fe(II)-Anteils. Sowohl die EPR-Spektren (g≈4,3 und g≈2) als auch die Mössbauer-Spektren (Komponente K2) lassen eine Korrelation zwischen den Umsatzverläufen und den Signalen der isolierten Spezies (mit Ausnahme g≈6) und oligomeren Spezies zu. Für eine weitere Differenzierung der Spezies sind jedoch MössbauerMessungen bei tieferen Temperaturen und unterschiedlichem Feld notwendig. Zusätzlich sei dabei angemerkt, dass die NO2 -TPD-Messungen nach Iwasaki et al. [28] nicht zur Quantifizierung aktiver Spezies der Standard-SCR geeignet sind. Es besteht keinerlei Korrelation zwischen Umsätzen und dem Hochtemperatur-Signal aus NO2 -TPD-Messungen. Ebenso sind UV/VIS-Messungen zur Quantifizierung einzelner Fe-Spezies wenig geeignet, da die Gegenüberstellung mit Mössbauer-Spektren deutlich zeigt, dass sowohl die Anteile oligomerer Spezies als auch von Eisenoxidpartikel deutlich unterschätzt werden. Die Annahme identischer Extinktionskoeffizienten ist offenbar nicht gegeben. In Bezug auf die schnelle SCR werden isolierte Spezies als aktive Zentren gedeutet, wobei dieser Ansatz auf den Ergebnissen von Schwidder et al. [26] beruht. Entgegen der Annahme, dass der Unterschied zwischen Standard-SCR und schneller SCR hauptsächlich auf dem Wegfall der NO-Oxidation zu NO2 beruht, kann ein starker promotierender Effekt durch geringste Verunreinigungen an Fe beobachtet werden (Vergleich Fefreier MFI, Ausgangszeolith H-ZSM-5, Fe-ZSM-5). In Übereinstimmung zu den Ergebnissen von Schwidder et al. [26] konnten auch in dieser Arbeit unterschiedlichen Trends zwischen Standard-SCR und schneller SCR beobachtet werden. Daraus kann geschlossen werden, dass schnelle SCR und Standard-SCR an unterschiedlichen aktiven Zentren ablaufen. Dies wurde insbesondere durch die Ergebnisse der Probenreihe mit gleichen Eisengehalt unter Anwesenheit von Sekundärionen bewiesen. Dabei wurde durch die Anwesenheit von großen Mengen an Na der promotierende Effekt von zusätzlich eingebrachtem Eisen fast vollständig aufgehoben. Die Charakterisierung speziell basierend auf EPR- und Mössbauer-Spektroskopie zeigte einen deutlich unterschiedlichen Effekt der Reaktionsgase auf die Fe-Spezies. Das Signal isolierter Spezies in β -Position (g≈6), welches unter Standard-SCR-Bedingungen vollständig reduziert war, ist unter Bedingungen der schnellen SCR deutlich sichtbar. Dies bedeutet, dass durch die Anwesenheit von NO2 die Spezies weiter am Redoxzyklus teilnehmen, sie könnten damit die Quelle der deutlich höheren Umsätze unter den Bedingungen der schnellen SCR darstellen. Weiterführende 130 Untersuchungen innerhalb der Kooperation zeigten dabei, dass dieses Verhalten bei allen präparierten Fe-ZSM-5-Katalysatoren auftritt. Speziell sind die Signale bei g≈6 und g≈4,3 in der schnellen SCR besonders bei hohen Umsätzen ausgeprägt und mit den Umsatzverläufen unterschiedlich aktiver Katalysatoren korrelierbar (siehe [139]). Konsistent zu den EPR-Ergebnissen sind die Mössbauer-Spektren. So zeigen diese deutlich, dass nach der schnellen SCR der Anteil an Fe(II)-Spezies (K3) geringer ist als in den dehydratisierten Materialien (Ausgangszustand) und nach Standard-SCR-Messungen. Zusammenfassend zeigen die katalytischen Ergebnisse, dass Standard-SCR und schnelle SCR an unterschiedlichen aktiven Zentren ablaufen. Dabei hat die Reaktionsatmosphäre einen besonderen Einfluss auf die vorliegenden Fe-Spezies. Die unterschiedlich hohen Umsätze von Standard-SCR und schneller SCR können auf das unterschiedliche Verhalten isolierter Spezies oktaedrischer Umgebung (β -Position; g≈6) zurückgehen. Während diese in der Standard-SCR vollständig reduziert sind und damit nicht an der Reaktion teilnehmen, läuft die NO-Umsetzung an anderen Fe-Spezies mit einer geringeren intrinsischen Aktivtität ab. EPR- und Mössbauer-Spektren lassen dabei den Schluss zu, dass die Reaktion sowohl an isolierten Spezies (α - und γ -Spezies) als auch oligomeren Spezies stattfindet. Im Gegensatz dazu nehmen die isolierten Spezies in β -Position unter den Bedingungen der schnellen SCR am Reaktionsverlauf teil, wobei die hohen Umsätze dadurch eventuell auf diese zurückgehen. Für eine bessere Unterscheidung der einzelnen Spezies und deren Korrelation mit den katalytischen Daten sind weitere MössbauerUntersuchungen bei geringeren Temperaturen und unterschiedlichem Feld nötig. Weiter ist eine bessere Abstimmung der Vorbehandlungstemperaturen und der Dehydratisierung (syn. Luft, He) für die Standard-SCR notwendig, um den Zustand während der Reaktion besser zu konservieren. Hinsichtlich der Diskrepanz zwischen EPR- und MössbauerSpektren in Bezug zur Detektierbarkeit von Einsen(III)oxidpartikeln wären EPR-Vergleichsmessungen bei höheren Temperaturen wünschenswert. In Zusammenhang mit den Ergebnissen von Sobalik, Dedecek et al. [97–100], welche ein unterschiedliches Reaktivitätsverhalten der Fe-Spezies in Koordination zu Al-Paaren (Al-O(SiO)2 -Al) oder einzelnen Al-Einheiten (Al-I-(SiO)n>2 -Al) feststellten, könnte die unterschiedliche Stabilität der Fe-Spezies erklärt werden. Sobalik et al. [98] fand im Fall von Fe-FER, dass speziell die Fe-Spezies in β -Position, koordiniert mit Al-Paaren, die aktiven Zentren der N2 O-Zersetzung darstellen. Diese Zentren werden auf Grund der AlPaare insbesondere im Fe(II)-Zustand stabilisiert (Al-O-FeII -O-Al). Diese Tatsache stimmt mit der Beobachtung der β -Zentren (EPR, g≈6), welche unter Standard-SCR vollständig zu Fe(II) reduziert sind und erst durch Anwesenheit von NO2 reoxidiert werden können, überein. Die Stabilisierung der β -Zentren durch die Al-Paare erklärt weiter das unterschiedliche Verhalten der Standard-SCR und schnellen SCR nach Alterungsexperimenten [26, 95]. Im Fall der Standard-SCR konnten Schwidder et al. [26] eine starke Desakti- 131 6 Schlussfolgerung und Ausblick vierung beobachten, während die Umsätze der schnellen SCR nur geringfügig beeinflusst wurden. Weiter wäre die starke Umsatzverringerung in der schnellen SCR durch die NaEinbringung erklärbar, indem Na mit Al-O-FeII -O-Al wechselwirkt und die aktive Spezies zu Gunsten von Al-O-FeIII -O + NaO-Al aufgespalten wird. Zur Untersuchung dieser Annahme wären es vorteilhaft, Zeolithe mit unterschiedlichen Anteilen an gepaarten und ungepaarten Al-Spezies mit Fe einzutauschen und diese hinsichtlich ihrer Aktivität zu untersuchen. Insbesondere könnte die Umverteilung mittels weiter EPR-Studien charakterisiert werden. Anschließende Alterungsstudien würden die Untersuchung des Effekts vervollständigen. Mechanistische Diskussion Ein strittig diskutierter mechanistischer Aspekt ist die Rolle der NO-Oxidation zu NO2 in Bezug zur Standard-SCR. Häufig wird der Unterschied zwischen Standard-SCR und schneller SCR auf die NO-Oxidation zu NO2 zurückgeführt. Demnach besteht die StandardSCR aus der NO-Oxidation zu NO2 und der Weiterreaktion des gebildeten NO2 mit NO und NH3 im Sinne der schnellen SCR. Um Rückschlüsse der Rolle der NO-Oxidation zu NO2 auf die Standard-SCR zu ziehen, wurden die normalisierte Reaktionsgeschwindigkeiten beider Reaktionen über eine Vielzahl unterschiedlichster Fe-ZSM-5-Katalysatoren miteinander verglichen. Die Untersuchung der NO-Oxidation zeigte jedoch, dass die Katalysatoren in Abhängigkeit von der Vorbehandlung ausgeprägte Aktivierungsverhalten zeigen. Durch Variation der Vorbehandlung konnte ermittelt werden, dass Umsatzmessungen im Ausgangszustand der NO-Oxidation irrelevant für mechanistische Diskussionen sind. So konnte unter anderem eine deutliche Aktivierung ab Temperaturen > 523 K durch den Kontakt mit der Reaktionsmischung der Standard-SCR beobachtet werden. Weitere Untersuchungen zeigten, dass der Aktivierungseffekt weder auf Spuren von NH3 noch auf Cl− (präparationsbedingt) zurückgeht. Wahrscheinlicher ist, dass die aktiven Spezies erst einen Redoxzyklus ausgesetzt werden müssen oder eine Umverteilung der Fe-Spezies (siehe unterschiedlich stark ausgeprägter Aktivierungseffekt je nach Präparationsmethode) erfolgt. Mittels operando-UV/VIS- und EPR-Messungen war bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Aufklärung der Ursache des Aktivierungseffekts möglich. Weiterführende IR- und Mössbauer-Messungen sind im Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern vom Leibniz-Institut für Katalyse (Prof. A. Brückner) und der Technischen Universität Kaiserslautern (Prof. V. Schünemann) geplant. Um für mechanistische Diskussionen einen direkten Vergleich der normalisierten Reaktionsgeschwindigkeiten von StandardSCR und NO-Oxidation zu gewährleisten, sind Messungen im Sinne eines Wechselexperiments für jeden Zustand der Standard-SCR notwendig. Die direkte Vergleich der normalisierten Reaktionsgeschwindigkeiten der NO-Oxidation 132 und Standard-SCR zeigt deutlich, dass diese unterschiedliche Trends aufweisen; es bestehen keinerlei Korrelationen. Das unterschiedliche Verhalten stellen die NO2 -Bildung als geschwindigkeitslimitierenden Schritt allein schon in Frage. Der Vergleich der normalisierten Reaktionsgeschwindigkeiten der NO-Oxidation zu NO2 und der Standard-SCR verdeutlicht die Diskrepanz um so mehr. In einigen Fällen überschreitet die normalisierte Reaktionsgeschwindigkeit der NO-Oxidation die der Standard-SCR in anderen Fällen wiederum kann der gegenteilige Effekt beobachtet werden, wodurch die NO2 -Bildung als Teilschritt der Standard-SCR ausgeschlossen werden kann. Weiter implizieren die Ergebnisse, dass eine der beiden Teilreaktionen (NO-Oxidation oder schnelle SCR) unter den Bedingungen der Standard-SCR inhibiert wird. Als inhibierende Komponenten kommen H2 O und NH3 in Frage. Der Einfluss des durch die Standard-SCR gebildeten Wassers wurde in Anlehnung an die Ergebnisse von Ruggeri et al. [85] abgeschätzt und kann in diesem Fall ausgeschlossen werden. Folglich wird die NO2 -Bildung unter Standard-SCRBedingungen, ähnlich der Standard-SCR [13, 73–75], durch die Anwesenheit von NH3 inhibiert [74]. Die von Ramis et al. [81] postulierte Reaktion von NO aus der Gasphase oder aus einem schwach adsorbierten Zustand mit einer Amid-Spezies kann aufgrund der Inhibierung durch NH3 ebenfalls als Teilschritt der Standard-SCR ausgeschlossen werden. Wahrscheinlicher ist die von Sun et al. [22] aufgestellte These, in welcher zwar die NO-Oxidation ein Teilschritt darstellt diese jedoch nicht bis zum NO2 erfolgt, sondern zu einem geringeren Oxidationszustand (N3+ ), welcher direkt weiter reagiert. Weiter erklärt dies die nebensächliche Rolle der Brønsted-sauren Zentren in der NH3 -SCR an Fe-Zeolithen [95, 137], die in dieser Arbeit auch durch die Einbringung von Sekundärionen beobachtet werden konnte: Die Probe SSIE-I-Na(↓) wies in der Standard-SCR trotz eines Sekundärionenanteils von 50 % deutlich höhere Umsätze auf als die Probe ohne Sekundärionen. 133
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