Einführung: Biomechanik von Sportverletzungen – Teil 2 PD Dr. Kai-Uwe Schmitt AGU Zürich – Arbeitsgruppe für Unfallmechanik www.agu.ch Anatomie Knochen [Nigg & Herzog, 1999] Knochen – mechanische Eigenschaften 3-Punkt-Biegeversuch (Kompakta): Elastischer Bereich Plastisch Bereich Versagen (Bruch) [Whiting, Zernicke] Knochen – mechanische Eigenschaften Kraft (Spannungs-)Dehnungs-Diagramme [Yamada 1970] Knochen – mechanische Eigenschaften Viskoelastizität: Kriechen, Ermüdung, Hysterese Eigenschaften sind abhängig von der Deformationsgeschwindigkeit Höherer E-Modul bei höhere Deformationsrate (Knochen wirkt „härter“ bzw. „stärker“) Knochen – mechanische Eigenschaften Anisotropie: E-Modul der Kompakta ist richtungsabhängig: - In longitudinaler Richtung: 17,0·109 N/m2 - In transversaler Richtung: 11,5·109 N/m2 Max. Zug-/Druckspannungen sind richtungsabhängig: - Zug longitudinal/transversal: 133·106 N/m2 / 51·106 N/m2 - Druck longitudinal/transversal: 193·106 N/m2 / 133·106 N/m2 [Brinkmann et al. 2002] Knochen – mechanische Eigenschaften Änderung/Unterschiede der mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit von: Alter Geschlecht Trainingszustand Knochen - Frakturen Knochen - Frakturen Frakturen: direkte/indirekte Krafteinleitung Ermüdungsfrakturen Prinzipiell mögliche Ursachen: Festigkeit des Knochens reduziert Belastungsgrenze wurde überschritten Knochen - Frakturen Einflussfaktoren: Amplitude: mehr Energie >> komplexere Frakturen Deformationsgeschwindigkeit/Einwirkdauer: - Viskoelastisches (zeitabhängiges) Materialverhalten >> zusätzliche (sekundäre) Risse >> Knochen kann „explodieren“ Bereiche mit Spannungskonzentrationen Frakturen [Levine 2002] Frakturen [Levine 2002] Frakturen Ermüdungsfrakturen Veränderung der Knochenstruktur durch Überbelastung Mikrotrauma: Ermüdung >> mikroskopische Risse (microcracks) Normalerweise Resorption des Materials um die Mikrofraktur und Aufbau neuen Knochens >> bei ständiger, hoher Belastung: Ungleichgewicht, höheres Frakturrisiko Ermüdungsfrakturen Vorkommen: V.a. Tibia (Langstreckenlauf), Fuss (Tanz), Fibula Risikofaktoren: Frühere Ermüdungsfraktur Muskelermüdung Beinlängen-Unterschied (>0,5 cm) bei Frauen: geringere Knochendichte Verletzungen Hüfte - Ermüdungsfraktur Einfluss M. gluteus medius A: Muskel entspannt B: Muskel kontrahiert [Egol et al.1998] Knieverletzungen – Bänder/Sehnen Aufgabe der Sehnen/Bänder? Welche mech. Eigenschaften nötig? Bänder/Sehnen – mechanische Eigenschaften Viskoelastizität (Relaxation/Kriechen) Abhängig von Querschnittsfläche und Struktur (fehlern) Nicht-lineare Kraft-Deformations-Kurve Bänder/Sehnen – mechanische Eigenschaften Bänder/Sehnen – Verletzungen Ruptur Ermüdungsverletzung Zyklische Belastung >> Mikrotrauma (an Kollagenfasern) Verlust der normalen Kollagenarchitektur, Ersatz durch amorphe Struktur >> geänderte mech. Eigenschaften, weniger belastbar Knieverletzungen - ACL Vorderes Kreuzband (ACL) Zweitkräftigste Band im Knie (bis ca. 2,2 kN) Verhindert Vorwärtsbewegung der Tibia relativ zum Femur (isolierte) ACL-Ruptur: - Innenrotation und Hyperextension oder Aussenrotation und Valgus Ruptur auch in Kombination mit anderen Bandverletzungen z.B. bei seitlichen Anprall Knieverletzungen - PCL Hinteres Kreuzband (PCL) PCL kräftiger als ACL bei 30°-Flexion am lockersten Verletzungen nicht so häufig (nur 5-10% aller Bandrupturen am Knie) [Peterson 2002] Knieverletzungen - PCL Verletzungsmechanismen: Tibia wird relativ zum Femur nach hinten geschoben [Peterson 2002] Knieverletzungen - PCL Verletzungsmechanismen: Sturz auf gebeugtes Knie plötzliche Hyperextension (Überstreckung) [Whiting/Zernicke 1998 ,Peterson 2002] Knieverletzungen Knieverletzungen - ACL Auswertung der FIS World Cup Rennen “slip catch mechanism” “landing back-weighted” “dynamic snowplow” [T. Bere et al. 2013] Knieverletzungen - ACL Untersuchung mittels Computersimulationen Validierung mittels Video und medizinischen Daten Knieverletzungen Computersimulationen Detailanalyse einzelner anatomischer Strukturen Spannungen/Dehnungen Parameterstudien Positionen, Geschwindigkeiten, ... Untersuchung verschiedene Therapieansätze Z.B. verschiedene „Grafts“, Einfluss Muskelaufbau Implikation für Rehabilitation Knieverletzungen Frauen erleiden häufiger ACL-Verletzungen als Männer 3 – 8 mal häufiger [Elliot et al. 2010, Sutton & Bullock 2013] z.B. Basketball, Volleyball, Fussball… Warum?
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