Jahr der Dankbarkeit

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„In einer Familie, die nicht aus Mumien besteht, gehören Konflikte dazu.“ (Reinhard Mey) Hätte
es nicht zum Anfang des Jahres der Dankbarkeit ein romantischeres Zitat sein können? Uns
gefällt dieser Satz, weil er ehrlich ist und weil Familie der Ort ist, an dem man erleben kann,
dass man sich streiten und dennoch lieben kann. Wir wünschen anregende Gedanken zum
dankbaren Miteinander in der Familie, mit allen „Ecken und Kanten“!
Stefanie & Vasi
Impuls
Es war irgendwann im Jahre 1991, ich muss wohl sehr unzufrieden mit mir und meiner
damaligen Situation gewesen sein. Zu dieser Zeit hatte ich einige gewaltige „Baustellen“,
Beziehungskrise, Arbeitsplatzwechsel und Unzufriedenheit. Alles, ich und um mich herum, es
war alles einfach schei...nbar nicht ok. Klar, dass insbesondere meine Eltern, sie haben mich
letztlich erzogen und damit zu dem gemacht, was ich bin, nicht besonders gut in der Bewertung
davon kamen.
Nach langen Gesprächen mit einem Freund war ich überzeugt etwas tiefer in mein Selenleben
zu schauen zu müssen. Nein, nicht auf so einer roten Couch oder so ähnlich, sondern in einem
lebhaften Kreis von Menschen, die wie ich auf der Suche waren. Ich lernte bei einer sehr
interessanten Veranstaltung jede Menge Menschen jeglicher Couleur kennen. Sie waren
ebenso getrieben wie ich. Wir waren ca. 150 Personen und hatten scheinbar alle richtig harten
Boden zu beackern. In den folgenden drei Tagen „Klausurtagung“ öffneten sich viele
Teilnehmer und begannen über Ihre Probleme zu sprechen, sie anzufassen und für sich
begreifbar zu machen.
Für mich wuchs in dieser Zeit die Erkenntnis, dass nicht nur
die Erziehung durch meine Eltern, sondern auch andere
Umstände, Schlüsselerlebmisse, Situationen und Reize
während meiner Kindheit und meines Heranwachsens
wesentlich zu meiner Persönlichkeitsbildung beigetragen
haben. Ich konnte mich in vielen Dingen die ich bis dahin der
„verkehrten Erziehung“ durch meine Eltern angelastet habe
ganz anders betrachten und akzeptieren.
Eine wesentliche Erkenntnis jener Tage ist, dass ich vieles in meiner Zeit als Heranwachsender
als Selbstverständlichkeit wahrnahm. Vieles wäre mir ohne Hilfe und Unterstützung meiner
Eltern nicht möglich gewesen. Ihnen dafür von Herzen zu danken war mehr als überfällig.
Impuls
Interview
Praxistipp für den Alltag
Kontakt
Familie
Noch während der Veranstaltung schrieb ich einen langen Brief an meine Eltern und
bedankte mich für alles was sie mir gegeben und ermöglicht haben. Dieser Brief endete mit den Worten: „Ihr habt mich in Liebe zu mir erzogen und unterstützt, ich
danke euch von Herzen dafür. In Liebe euer Sohn Gunther.“
Das war der vielleicht wichtigste Brief den ich je meinen Eltern schrieb. Er veränderte nachhaltig unsere Beziehung. Ich bin dankbar, dass ich bei meinen Eltern behütet
aufwachsen konnte, und ebenso dankbar, dass ich heute zusammen mit meiner Frau
Heike unsere Kinder genauso wohlbehütet und sorgenfrei aufwachsen sehen kann..
„Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem was man nicht sieht.“ (Hebräer 11,1)
Gunther Knierim (53) arbeitet als technischer Leiter und ist dankbar für seine Familie. Ansonsten lässt er sich gerne beim Motorradfahren den Wind um die Nase wehen.
Interview
Du bist das Dritte von fünf Kindern. Welche fünf Wörter fallen dir ein, wenn du an
deine große Familie denkst?
Bunt, zu Hause, teilen, streiten, immer jemand da.
An welche witzige Begebenheit denkst du gerne zurück? Welche würdest du gerne
vergessen?
Es gab sehr viele lustige und besondere Momente. Einmal haben meine Brüder und
ich gemeinsam überlegt, ob man auch im Kopfstand ein Glas Wasser trinken könnte.
Das musste natürlich gleich ausprobiert werden – die Versuchsperson war natürlich
ich und der Versuchsort, zur großen
Freude
unserer
Mutter,
das
Wohnzimmer. Einer meiner Brüder
versuchte meine Beine oben zu
halten, der andere reichte mir das
Wasserglas. Wir mussten so lachen,
dass es einige Anläufe brauchte, bis
wir Erfolg hatten. Aber auch der
Versuch im Garten zu zelten war sehr
lustig, weil wir uns gegenseitig
Gruselgeschichten erzählt haben und
dann einer nach dem anderen wieder im Haus verschwand – zur großen Belustigung
unserer Eltern. Vergessen möchte ich eigentlich keine meiner Familienerinnerungen,
auch wenn es einige gibt, die nicht schön waren. Vor allem mit meinem 3 Jahre älteren
Bruder habe ich im Teeniealter viel gestritten. Da fielen auch Worte, die uns sehr
verletzt haben. Auch war es nicht immer leicht und ein andauernder Lernprozess zu
teilen.
Familie
Sei es die Tüte Haribo oder die Zeit mit den Eltern, Freunde, das Bad. Ich wage zu
behaupten, dass jeder Mensch, egal in welcher Familie oder Familienkonstellation er
aufgewachsen ist, Verletzungen erlebt und Macken mitbekommen hat. Vieles davon
wird mir so langsam klar, aber dennoch möchte ich meine Familie nicht missen und
die Erfahrungen, die ich gemacht habe, nicht vergessen oder ungeschehen machen.
Trotz Streits und anderen doofen Erlebnissen, erlebe ich dich als Mensch, der für
seine Familie dankbar ist. Wofür genau bist du in Bezug auf deine Familie dankbar?
Ich bin vor allem dafür dankbar, dass ich lernen durfte, dass ich angenommen bin,
dass ich geliebt bin. Auch, dass mir meine Eltern sowohl Grenzen gesetzt als auch
Freiheiten gegeben haben, dass ich gehen durfte und jetzt immer wieder willkommen bin und wir uns als Familie aufeinander verlassen können.
Jetzt gibt es Menschen, die keine große Familie haben. Evtl. sogar nur eine Person
als "Familie" definieren. Was würdest du diesen Menschen gerne in Bezug auf
"Dankbarkeit" und "Familie" sagen.
Ich bin der Meinung, dass der Grund, warum wir eine Familie haben, der ist, dass wir
einen Schutzraum haben und in diesem „aufwachsen“ können. Wir machen alle unterschiedliche Erfahrungen in unseren Familien, aber die wichtigste ist, dass wir erleben dürfen, wir sind geliebt. Wie große die Familie ist, ist dabei nicht wichtig.
Zum Schluss. Man sagt "Freunde kommen und gehen, aber die Familie bleibt für
immer". Würdest du dem so zustimmen oder eher nicht? Warum?
Ähm, ich glaube das kann ich nicht. Sowohl in meiner Arbeit als auch in meinem privaten Umfeld erlebe ich und ich denke viele von uns, dass „Familie“ nicht mehr ein
festes, unerschütterliches „System“ ist. Genau dieser Schutzraum, den Familie darstellen soll, gerät bei machen stark in´s Wanken und manche erleben ihn gar nicht.
Freunde können diesen Schutzraum ersetzen, vor allem, wenn sich nicht nur aus
Gleichaltrigen bestehen. Dann kann man durchaus in Freunden eine Ersatzfamilie
finden. Ich habe solche Freunde, die für mich auch Familie sind und die nicht kommen und gehen. Aber ist es so, dass meine Verwandten meine Herkunftsfamilie bleiben und diese Verbindung durchaus eine ist, die man nicht einfach aufheben kann.
Nicht in allen Fällen tut sie immer gut, aber ich würde mir selbst und allen anderen
immer raten diese Verbindung nicht ganz zu lösen, sondern durch Versöhnung und
Vergebung versuchen immer wieder neue Wege gehen zu können.
Eva-Maria Konstantinidis (30) arbeitet als
Schulsozialarbeiterin und ist von ganzem
Herzen dankbar für ihre Tochter Salome.
Ansonsten näht sie leidenschaftlich gerne
und liest Bücher.
Familie
Praxis für den Alltag
Welche Menschen auf unserer Familie verdanken wir sehr viel? Wie wäre es mit einem
Dankeschön-Brief, einer E-Mail oder einer Karte?
Kontakt / Rückmeldung
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Das Team: Julia Hollstein (Verteilung), Karin Haese (Lektorat), Stefanie Kühn (Inhaltliche
Verantwortung), Thomas Meth (Bilder), Vasi Konstantinidis (Inhaltliche Verantwortung).
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