Economic Insight - Commerzbank Research Portal

Economic Research
Economic Insight
Brexit: Die Folgen für Großbritannien und die EU
3. September 2015
Spätestens Ende 2017 werden die Briten über den weiteren Verbleib ihres Landes in
der EU entscheiden. Aber was würde ein Austritt Großbritanniens aus der EU
bedeuten? Unserer Meinung nach halten viele der wirtschaftlichen Argumente für
einen Brexit einer genaueren Untersuchung nicht stand. Damit bleibt der Brexit eine
politische Entscheidung, der Großbritanniens wirtschaftliche und politische
Interessen aufs Spiel setzen könnte.
Das Wichtigste im Überblick
•
•
•
•
•
Camerons Versprechen, bis Ende 2017 ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft
durchzuführen, ist eher politisch als wirtschaftlich motiviert. Allerdings wird die
Unzufriedenheit der Briten auch von vielen anderen EU-Nationen geteilt (S. 2-4).
Der europäische Binnenmarkt ist ohne Frage mit (mit zumeist unvermeidlichen)
wirtschaftlichen, regulatorischen und fiskalischen Kosten verbunden. Per Saldo dürfte
aber der Nutzen des Binnenmarktes seine Nachteile überwiegen (S. 5-8).
Die Handelsbeziehungen zwischen den EU-Staaten sind eng. Dabei wird
Großbritanniens anhaltendes Defizit im Warenhandel mit der EU nur zum Teil durch
einen Überschuss in der Dienstleistungsbilanz kompensiert (S. 8 und S. 16).
Großbritannien profitiert netto von ausländischen Direktinvestitionen aus der EU,
die die Beschäftigung fördern und die Produktivität steigern. Empirischen Daten zufolge
hängen ca. 13% der Arbeitsplätze von Aktivitäten mit EU-Bezug ab, davon
überproportional viele in der Industrie und bei Finanzdienstleistern (S. 9-10).
Die Londoner City genießt das Privileg, Umschlagplatz für einen Markt mit 500 Mio
Menschen zu sein. Daher erzielt Großbritannien im Handel mit Finanzdienstleistungen
einen hohen Überschuss, und sein Weltmarktanteil in Bereichen wie dem
Devisenhandel nimmt weiter zu. Der Brexit könnte die Tür zu stark wachsenden
Märkten in Asien oder Nahost öffnen und dort Marktanteile erobern helfen (S. 11).
•
Viele meinen, dass ein Abbau der EU-Regulierung das Wachstum fördern würde.
Doch die Briten haben bereits einen der am wenigsten regulierten Produktmärkte und
den geringsten Arbeitnehmerschutz in der EU. Es ist kaum anzunehmen, dass die
Abschaffung von EU-Gesetzen einen kräftigen Schub geben würde (S. 12).
•
Mitentscheidend für die wirtschaftlichen Folgen eines Brexit wäre die künftige
Regelung der Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU. Zwar könnte
eine Einigung mit der EU den Zugang zum Binnenmarkt erhalten. Allerdings wäre dies
wohl mit Beiträgen zum EU-Haushalt verbunden, und Großbritannien hätte dann keinen
Einfluss mehr auf die Gesetzgebung der EU (S. 13-16). Ohne eine Einigung mit der EU
fielen zwar geringere Kosten an. Der sich daraus ergebende zumindest eingeschränkte
Zugang zum Binnenmarkt würde aber beträchtliche Risiken bergen.
•
Auch die EU profitiert von der britischen Mitgliedschaft. Großbritannien ist ein
wichtiger Exportmarkt für viele Länder und ein Nettobeitragszahler in den EU-Haushalt.
Politisch wird die EU durch die Mitgliedschaft einer großen, stabilen Volkswirtschaft
gestärkt, die liberalen Wirtschaftsreformen verpflichtet und gut in das globale
institutionelle Netzwerk eingebettet ist (S. 16).
•
Bei einem Austritt würde Großbritannien lediglich mit anderen Problemen ringen.
Der Zugang zu seinem größten Exportmarkt wäre eingeschränkt, und je nach Art der
Abkommen müsste Großbritannien große Teile der EU-Gesetze beachten, hätte aber
nicht die Macht, diese zu ändern – was den Euroskeptikern noch weniger gefallen
dürfte als das jetzige System. Die EU ist keineswegs perfekt, aber das Leben draußen
könnte sogar noch härter sein.
Inhalt
Der historische Kontext
2
Die politischen Aspekte des Brexits
3
Der Nutzen eines Binnenmarktes
5
Die Kosten eines Binnenmarktes
6
Die Themenbereiche im Detail:
(i) Handel
8
(ii) Ausländische Direktinvestitionen
9
(iii) Auswirkungen auf die
Beschäftigung
10
(iv) Auswirkungen auf
Finanzdienstleistungen
11
(v) Abbau der Regulierung
12
Welche Form könnte der Brexit
annehmen?
13
Quantifizierung der Austrittskosten
15
Wie die EU von Großbritanniens
Mitgliedschaft profitiert
16
Autor:
Peter Dixon
+44 20 747 51808
[email protected]
Chefvolkswirt:
Bitte beachten Sie die rechtlichen Hinweise auf Seite 19.
research.commerzbank.com / Bloomberg: CBKR / Research APP verfügbar
Dr. Jörg Krämer
+49 69 136 23650
[email protected]
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 1: EU ist Großbritanniens größter Exportmarkt
Warenexporte 2014, in Prozent des Gesamtvolumens
50.5 49.5
1800
1600
Die 10 größten Exportmärkte
40
1400
1200
30
20
1000
12.7
10
0
Nach Herkunft in Tausend, Daten der Volkszählung 2011
2000 1,878
60
50
GRAFIK 2: Zahl in Großbritannien ansässiger EU-Bürger
800
10.6
8.0
6.4
6.4
558
600
4.8
4.3
3.5
3.1
3.0
372
400
200
EU Nicht- US
EU
DE
NL
FR
IE
CN
BE
CH
ES
IT
Quelle: Britisches nationales Statistikamt (ONS)
0
EU
IE
146 125 155 118
82
105
FR
ES
LT
DE
IT
PT
73
PL
RO
Quelle: ONS
Was haben die Römer je für uns getan?
Die Einstellung der Briten zur EU erinnert an die Szene aus Monty Pythons Film „Das Leben des
Brian“, in der (der von John Cleese dargestellte) Reg die versammelten Mitglieder der Volksfront
von Judäa fragt: „Was haben die Römer je für uns getan?“. Dann wird darauf hingewiesen, dass
sie den Judäern den Aquädukt, die sanitären Einrichtungen, die Straßen, die Bewässerung, das
Schulwesen, die medizinische Versorgung und die öffentliche Ordnung gebracht haben.
Woraufhin Reg die unsterbliche Antwort gibt: „Also gut ... mal abgesehen von sanitären
Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der
Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und den allgemeinen Krankenkassen ... was,
frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?“
Die EU-Debatte ist oft von
Halbwahrheiten und
Fehlinformationen geprägt
Die EU gewährt Zugang zu einem Binnenmarkt mit mehr als 500 Millionen Menschen und
fördert den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Freizügigkeit von
Arbeitnehmern. Die Londoner City ist faktisch zum Finanzzentrum der EU geworden, und in die
EU geht auch die Hälfte der britischen Warenexporte (Grafik 1). Zwar äußern UKIP und andere
immer wieder Unmut darüber, dass Großbritannien eine riesige Zahl von EU-Migranten
aufnimmt, doch in Wirklichkeit leben fast ebenso viele britische Bürger im Rest der EU. So ergab
die Volkszählung von 2011, dass etwa 1,9 Millionen EU-Bürger in Großbritannien leben und 1,8
Millionen Briten im Rest der EU (Grafik 2). Letzteres ist symptomatisch dafür, was mit der
öffentlichen Debatte über die EU nicht stimmt: Sie ist umwölkt von Halbwahrheiten und
Fehlinformationen.
Es gibt Vor- und Nachteile,
aber unter dem Strich lohnt
sich unseres Erachtens die
EU-Mitgliedschaft
Die EU-Mitgliedschaft bietet offensichtlich zwar Vorteile. Man darf aber nicht die Augen davor
verschließen, dass sie auch Nachteile hat. Auf dem ganzen Kontinent gibt es Sorgen über das
Ausmaß der Auseinandersetzung von Bürgern mit der EU sowie zahlreiche Beschwerden aus
der Wirtschaft, dass EU-Verordnungen ihre Arbeit behindern. Es gibt also Verbesserungsbedarf
in Bezug darauf, wie die EU funktioniert und was sie den Bürgern bietet. Aber wie wir nachfolgend darlegen, ergibt eine Kosten-Nutzen-Analyse, dass Großbritannien aus der EU-Mitgliedschaft – politisch wie auch wirtschaftlich – größeren Nutzen zieht als aus einem Alleingang.
Großbritannien hat seit
seinem Beitritt bereits ein
Referendum durchgeführt
2
Der historische Kontext
Die Beziehungen der Briten zu der heute als Europäische Union bekannten Institution sind lang
und kompliziert. Im Jahr 1957 hatte Großbritannien es abgelehnt, den Vertrag von Rom zur
Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zusammen mit den sechs Gründungsmitgliedern zu unterzeichnen und verbrachte dann einen Großteil der nächsten sechzehn Jahre
damit, diese Entscheidung zu bereuen. In den 1960er Jahren wurden Vorstöße in Richtung
eines Beitritts zur EWG zweimal von der französischen Regierung vereitelt, die Großbritannien
eine „tief verwurzelte Feindseligkeit“ gegenüber der europäischen Integration vorwarf. Im Jahr
1973 trat Großbritannien dann schließlich bei (zeitgleich mit Dänemark und Irland). Die Tinte auf
dem Dokument war kaum trocken, als 1975 ein Referendum über die Mitgliedschaft angesetzt
wurde, weil die neue Labour-Regierung die ursprünglichen Bedingungen der Mitgliedschaft
ablehnte. Nach einer Neuverhandlung der Bedingungen stimmte die Wählerschaft mit 67,2% zu
32,8% für den Verbleib in der EWG.
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
Der Charakter der EU hat
sich seit Großbritanniens
Beitritt 1973 verändert
Da bereits ein Referendum stattgefunden hat – wenn auch schon vor 40 Jahren – warum sollte
man sich die Mühe mit einem weiteren machen? Ein Grund dafür ist, dass die Institution, der
die Briten einst beitraten, sich verändert hat. Im Jahr 1993 trat der Maastricht-Vertrag in
Kraft, und das europäische Projekt wandelte sich von einem mit rein wirtschaftlichen Zielen zu
einem, das einer größeren politischen Integration verpflichtet ist (und dabei in „Europäische
Union“ umbenannt wurde). Etwa zu dieser Zeit verschlechterten sich Großbritanniens
Beziehungen zur EU deutlich, weil insbesondere die Konservative Partei die politischen Aspekte
ablehnte. Nach Großbritanniens Ausscheiden aus dem Europäischen Währungssystem im Jahr
1992 war die Legislaturperiode von 1992 bis 1997 von heftigen Konflikten innerhalb der
Regierung mit Blick auf die Beziehungen des Landes zur EU geprägt. Während die LabourRegierung von 1997 bis 2010 weniger euroskeptisch war, wurde die Skepsis der bisherigen
Koalitionsregierung durch die Beteiligung der Liberaldemokraten weitgehend im Zaum gehalten
– auch wenn große Teile der Konservativen Partei nach wie vor offen euroskeptische Ansichten
vertreten.
Die politischen Aspekte des Brexits
Die Entscheidung für ein
Referendum über Verbleib
oder Austritt ist rein
politisch motiviert
Premierminister Camerons Versprechen von 2013, bis 2017 ein Referendum über die EUMitgliedschaft durchzuführen, ist im innenpolitischen Kontext zu sehen, in dem die euroskeptische Botschaft, mit der die UK Independence Party hausieren ging, den politischen Status quo
bedrohte. Im Wahlkampf spielte das versprochene Referendum dann jedoch kaum eine Rolle.
Denn die EU-Frage ist den meisten Wählern viel weniger wichtig als die Medien uns glauben
machen wollen. Tatsächlich ist deutlich zu spüren, dass sich die Debatte gar nicht wirklich um
die EU dreht. Sie ist Teil einer allgemeineren Gegenreaktion auf die Globalisierung, die auch in
vielen anderen europäischen Ländern zutage tritt, in Großbritannien aber in einer Anti-EUStimmung Ausdruck findet. Nach seinem Versprechen fühlt sich Premierminister Cameron jetzt
verpflichtet, seinen Worten Taten folgen zu lassen – in erster Linie, um zu verhindern, dass der
euroskeptische Flügel seiner eigenen Partei ähnliche Probleme verursacht, wie sie bereits die
letzte Mehrheitsregierung der Konservativen von 1992-97 plagten. Wird dieses Thema nicht
angegangen, ergeben sich alle möglichen politischen Probleme für Cameron. Doch es besteht
wenig Zweifel daran, dass dies ein riskantes Spiel mit Großbritanniens nationalen Interessen ist.
Cameron hat eine „neue
Regelung zwischen
Großbritannien und dem
Rest der EU“ gefordert
In seiner Rede vom 23. Januar 2013 forderte Cameron eine neue Vereinbarung zwischen
Großbritannien und Europa. Wie wir damals anmerkten, gab es in dieser Rede viel
Lobenswertes. Denn darin äußerte er eine besser durchdachte Einschätzung des aktuellen
Zustands des EU-Projektes als seine Gegner ihm zugute hielten. In vielen Bereichen der EUPolitik besteht eindeutig Verbesserungsbedarf, und Cameron skizzierte seine Sicht einer „neuen
Europäischen Union, die fit ist für das 21. Jahrhundert“. Wenn eine Neuregelung zwischen
Großbritannien und dem Rest der EU erzielt werden kann, würde Cameron „mit Leib und Seele
für [den Verbleib in der EU] kämpfen“. Denn er erkennt ganz klar, dass dies im nationalen
Interesse Großbritanniens liegt. Die fünf Kernprinzipien, die der Premierminister erfüllt sehen
will, sind die Folgenden:
Die meisten EU-Staatsund Regierungschefs sind
jedoch mit anderen
Themen beschäftigt
3. September 2015
•
Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit durch Erweiterung des Binnenmarkes
•
Eine flexible Struktur, die „der Diversität ihrer Mitglieder Rechnung tragen kann“
•
Die Möglichkeit, dass „Befugnisse … an die Mitgliedstaaten zurückfließen“
•
Eine verbesserte demokratische Legitimierung
•
„Fairness: Alle neuen Regelungen, die für die Eurozone erlassen werden, müssen für
diejenigen drinnen und draußen fair sein“.
Ein Problem mit diesem Ansatz ist jedoch, dass er sich auf Ausnahmen für die Briten stützte.
Viele der von Cameron angesprochenen Probleme betreffen in höherem oder geringerem
Maß auch andere Mitgliedstaaten. So zeigte die Eurobarometer-Umfrage vom Dezember
2014, dass Bürger von Ländern, die bisher überzeugte Anhänger der EU waren, wie
beispielsweise Deutschland, sich jetzt über viele Aspekte des Projekts beunruhigt äußern
(Grafiken 3 und 4). Doch es kann sein, dass der Premierminister zu hoch pokert, wenn er eine
Vertragsänderung auf EU-Ebene verlangt. Viele EU-Regierungschefs scheuen nicht nur davor
zurück, diesen Weg zu beschreiten. Sie sind überdies sehr mit dem Versuch beschäftigt, die
Eurozone zu retten. Darüber hinaus stehen 2017 in Frankreich und Deutschland Wahlen an.
3
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 3: Briten sind nicht die einzigen Euroskeptiker (I)
Anteil der Befragten, der angab, dass sich „die EU in die falsche
Richtung bewegt“
Anteil der Befragten, der einen Mangel an Vertrauen in die EU
äußerte
80
70
70
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
0
GRAFIK 4: Briten sind nicht die einzigen Euroskeptiker (II)
10
0
GR FR BE FI AT ES IT CY NL PT EU DE GB IE
Quelle: Europäische Kommission
GR CY ES GB IT DE FR PT EU BE AT IE NL FI
Quelle: Europäische Kommission
EU-Vertragsfragen würden somit eine unnötige Ablenkung darstellen. Ebenso wichtig ist, dass
Cameron keine starken persönlichen Beziehungen zu anderen EU-Regierungschefs hat und
dass er hart wird arbeiten müssen, um diese zu überzeugen, ihm Zugeständnisse zu machen.
Das „Bleiben“-Lager liegt in
Umfragen derzeit vorne
Im Fall des Brexits könnte
sich der Austritt langwierig
gestalten
Der Prozess des Referendums (und sein mögliches Nachspiel)
Noch vieles kann sich ändern im Vorfeld des Referendums, dessen Termin noch nicht feststeht.
Vor der Wahl hat die Regierung versprochen, dass es bis Ende 2017 kommt. Doch es wird
zunehmend darüber spekuliert, dass es bereits 2016 stattfinden könnte, um Konflikte mit
den Wahlterminen in anderen Ländern zu vermeiden. Meinungsumfragen zeigen, dass die
britischen Wähler zum Verbleib in der EU tendieren (Grafik 5). Doch diese Ergebnisse sind mit
Vorsicht zu genießen, denn vor der Parlamentswahl im Mai waren die Umfragedaten sehr
ungenau ausgefallen.
Falls die Wählerschaft tatsächlich für den Austritt aus der EU votiert, müsste die britische
Regierung sich auf Artikel 50 des Lissabon-Vertrages berufen, der von der EU verlangt, ein
Austrittsabkommen auszuhandeln. Sobald dieser Prozess in Gang gesetzt ist, dauert der
Verhandlungsprozess maximal zwei Jahre (oder bei beiderseitiger Zustimmung auch länger).
Derweil gelten die bestehenden EU-Regelungen weiter, wobei Großbritannien die Austrittsverhandlungen nicht beeinflussen könnte. Die Bedingungen des Austritts werden in erster Linie
von der Europäischen Kommission festgelegt, und es könnten sich Austrittsbedingungen ergeben, die für die britische Seite nicht günstig sind. Es gab Überlegungen, dass Großbritannien
den Prozess nach Artikel 50 vermeiden könnte, indem es den European Communities Act von
1972 aufhebt und somit einseitig austritt.
GRAFIK 5: „Bleiben“-Lager setzt sich nach vorne ab
„Sollte Großbritannien in der EU bleiben?“ Ergebnisse von Meinungsumfragen
70
60
50
40
30
20
10
0
Jan-15
Feb-15
Mar-15
Bleiben
Apr-15
Gehen
May-15
Jun-15
Unentschieden
Quelle: Wikipedia
4
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
TABELLE 1: Einige Vorteile der EU-Mitgliedschaft
Als EU-Mitglied spielt Großbritannien eine Rolle bei der
Als einer der größten Wirtschaftsblöcke der Welt kann die
Gestaltung der Regeln des Binnenmarktes
EU vom Rest der Welt bei Handelsgesprächen deutliche
Zugeständnisse erlangen, woraus Großbritannien einen
direkten Nutzen zieht
Die Freizügigkeit von Arbeitnehmern ist unter dem Strich
Die EU-Wettbewerbskommission hat entscheidend dazu
positiv für die Wirtschaft, weil sie Firmen ermöglicht, durch
beigetragen, den Missbrauch von Monopolen zu
Erschließung eines großen Marktes einen Fachkräftemangel
bekämpfen, weshalb die Telekommunikations- und
zu vermindern und die Kosten niedrig zu halten
Energiekosten niedriger sind als sie ansonsten wohl wären
Das EU-Recht senkt die Kosten für die Eintragung von
Hinzu kommen erhebliche persönliche Vorteile durch die
Patenten, denn es stellt sicher, dass man ein Patent nicht in
Freiheit, überall in der EU reisen, leben, arbeiten, studieren
jedem einzelnen EU-Markt, sondern nur einmal eintragen
und sich zur Ruhe setzen zu dürfen
muss
Quelle: Commerzbank Research
Doch das würde ebenso viele Probleme aufwerfen wie lösen, nicht zuletzt die Frage, wie die
Forderungen von Migranten zu behandeln sind – sowohl von Ausländern in Großbritannien als
auch von britischen Bürgern in anderen EU-Staaten. Bei einem solchen Ergebnis wäre zudem
eine Retourkutsche von Großbritanniens ehemaligen EU-Partnern möglich, was sogar noch
weniger günstig wäre als der Prozess gemäß Artikel 50.
Zudem könnte die Debatte
über Schottlands
Unabhängigkeit wieder
aufleben
Im Brexit-Fall könnte überdies die Diskussion um Schottlands Unabhängigkeit wieder auf die
Agenda gelangen. Es war beabsichtigt, dass dieses Thema nach dem Referendum von letztem
Jahr für eine Generation vom Tisch ist. Doch die Scottish National Party (SNP), die bei der Wahl
in diesem Jahr 56 der 59 Parlamentssitze nördlich der Grenze errungen hat, vertritt die Ansicht,
dass ihr in der Brexit-Frage ein Vetorecht zusteht. Doch ein solches wird ihr höchstwahrscheinlich nicht gewährt. Und da die SNP sich auf die Fahnen geschrieben hat, Widerstand gegen
einen Austritt aus der EU zu leisten, besteht die unerquickliche Aussicht auf eine Neuauflage
des Referendums von letztem Jahr, wobei der Ausgang nächstes Mal noch weniger sicher wäre.
Die wirtschaftlichen Aspekte des Brexits: Der Nutzen eines
Binnenmarktes
Der Zugang zum
europäischen Binnenmarkt
ist ein großer Vorteil der
EU-Mitgliedschaft
Was Großbritannien betrifft, ist einer der größten Vorteile der EU-Mitgliedschaft der Zugang
zum europäischen Binnenmarkt, der aus Gesetzen resultiert, die in den 1980er und 1990er
Jahren verabschiedet wurden. Mit Beitritt zur EWG 1973 ging Großbritannien eine Zollunion ein.
Aber im Zuge der Umsetzung des europäischen Binnenmarktes vertiefte sich die wirtschaftliche
Integration der EU-Staaten durch die Abschaffung anderer nichttarifärer Handelshemmnisse
(z. B. Verbesserung der Faktormobilität, harmonisierte aufsichtsrechtliche Anforderungen und
Steuern). Generell wird davon ausgegangen, dass die Schaffung des Binnenmarktes einen
positiven wirtschaftlichen Nettonutzen ergeben hat – wobei zahlreiche Studien jedoch lediglich
die Schwierigkeiten bei der Quantifizierung dieses Nutzens hervorheben konnten.
… und er hat viele
wirtschaftliche Vorteile
Tabelle 1 hebt einige der größten Vorteile hervor, die aus der EU-Mitgliedschaft erwachsen. Zu
den wichtigsten zählt, dass diese Großbritannien ermöglicht, auf internationaler Ebene eine
überproportional große Rolle zu spielen: Die Bevölkerung der EU ist mit 500 Millionen größer
als die der USA und Japans zusammen. Als EU-Mitglied hat Großbritannien Einfluss auf die
Festlegung der Regeln, die für einen riesigen Absatzmarkt gelten. Auch bietet der Binnenmarkt
Kostenvorteile, denn Unternehmen haben nur einen Satz Regeln zu beachten, anstatt mit allen
Handelspartnern separat verhandeln zu müssen. Schlussendlich – und das ist mag kontroverser
sein – wird behauptet, dass die EU die Bereitstellung kostengünstiger Güter und Dienstleistungen für EU-Bürger sicherstellt, indem sie ihre Wirtschaftsmacht nutzt, um Monopole zu
bekämpfen.
… wenn auch sein
Potenzial noch nicht
vollständig entfaltet ist
Versuche, den Nutzen (und die Kosten) zu quantifizieren, haben zu sehr unterschiedlichen
Ergebnissen geführt. Die erste Studie, die die geistige Grundlage für das Projekt des
1
europäischen Binnenmarktes bildete, wurde 1988 durchgeführt und ergab, dass die Einführung
des Binnenmarktes über einen Zeitraum von fünf Jahren zu einem Nutzen führen würde, der
schätzungsweise 4,3% bis 6,4% des Bruttoinlandsproduktes der EU entspricht. Einer jüngeren
1
Cecchini, P., M. Catinat & A. Jacquemin (1988) The European Challenge 1992: The benefits of a Single
Market
3. September 2015
5
Economic Research | Economic Insight
TABELLE 2: Ausgewählte Schätzungen zu den wirtschaftlichen Kosten und Nutzen der EUMitgliedschaft
Kosten der EU-Mitgliedschaft
Nutzen der EU-Mitgliedschaft
IOD (2000): Nettokosten betragen 1,75-3,0% des BIP
Pain und Young (2004): EU-Austritt würde das BIP
dauerhaft um 2,25% senken
IEA (2001): Kosten und Nutzen der Mitgliedschaft sind
Offizielle Schätzung der Regierung (FCO) ergibt, dass
gering. Nettokosten des Austritts betragen weniger als 1%
Netto-Haushaltskosten pro Person in Großbritannien 50 £ pro
des BIP
Jahr betragen, aber Zugang zum Binnenmarkt Nutzen von
300 £ pro Jahr bietet
Civitas (2004): Großbritannien würde durch einen EU-Austritt CEPR (2013) schätzt jährliche Kosten dauerhaft auf 1,24%
etwa 3-5% des BIP hinzugewinnen
bis 1,77% des aktuellen BIP
Minford, Mahambare und Nowell (2005): Laufende Kosten Ottaviano u.a. (2014): Brexit-Kosten betragen 1,13% bis
der Mitgliedschaft betragen etwa 3,2-3,7% des BIP
3,09% des BIP. Diese Schätzung könnte sich durch
dynamische Effekte verdoppeln
Quelle: Britisches Finanzministerium, Open Europe, Commerzbank Research
2
Studie zufolge hatte der europäische Binnenmarkt bis 2006 das BIP der EU um 2,16% erhöht
und 2,75 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Das ist nur halb so viel wie ursprünglich
behauptet. Allerdings ergab die Studie, dass das Potenzial des Binnenmarktes noch nicht ganz
realisiert worden ist und sich der Effekt verdoppeln lässt.
Unter dem Strich zeigen
Daten aus Großbritannien
und andernorts einen
wirtschaftlichen Nettonutzen
Eine Reihe von speziell auf Großbritannien bezogenen Studien ergab ein eher gemischtes Bild
3
(Tabelle 2). Die Analyse von Pain und Young (2004) war einer der umfangreichsten Versuche,
den Nettonutzen der EU-Mitgliedschaft zu bewerten. Dazu betrachtete man, was geschehen
könnte, wenn Großbritannien austreten sollte. Die Studie ergab, dass der aus niedrigeren
Lebensmittelpreisen und einer Verringerung der Haushaltsausgaben zu ziehende Nutzen mehr
als aufgewogen wurde von den Auswirkungen höherer Handelsbarrieren zur EU und verringerter
Zuflüsse an ausländischen Direktinvestitionen, die das Potenzialwachstum sowie die Exporte
belasten (siehe auch Seite 12). Auch Daten aus anderen EU-Staaten zeigen, dass sich die EUMitgliedschaft generell positiv auf die Wirtschaft ausgewirkt hat. Nach Schätzungen des
schwedischen Unternehmerverbandes hat sie beispielsweise zu einem Anstieg des schwedischen Trendwachstums um 0,4 Prozentpunkte beigetragen.
Die Kosten eines Binnenmarktes
Man darf die Kosten nicht
ignorieren; viele von ihnen
sind unvermeidlich
Die empirischen Daten zeigen zwar mehrheitlich, dass die EU netto einen wirtschaftlichen
Nutzen mit sich bringt. Doch darf man nicht übersehen, dass die Mitgliedschaft auch mit Kosten
verbunden ist. Diese gliedern sich in drei Bereiche: (i) Wirtschaftliche Kosten entstehen aus
der Durchsetzung einer protektionistischen Politik, die den Nutzen der Vielen (der Konsumenten)
zugunsten bestimmter wichtiger Interessengruppen verringert, (ii) regulatorische Kosten
werden vielfach als belastend betrachtet. Dass die Regulierung zugenommen hat, ist nicht zu
leugnen. Doch die Frage ist, ob die Kosten, insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen, den Nutzen überwiegen, (iii) fiskalische Kosten. Großbritannien ist ein Nettobeitragszahler in den EU-Haushalt, und die Euroskeptiker behaupten, dass dieses Geld besser für
inländische Projekte verwendet werden könnte.
Die regulatorischen Kosten
dürften unangemessen
hoch sein
In Bezug auf die wirtschaftlichen Kosten behaupten die Gegner, eines der größten schwarzen
Löcher sei die Landwirtschaft, wo Landwirte Subventionen vom Steuerzahler bekommen, die die
Lebensmittelpreise auf einem Niveau halten, das höher ist als es ohne die Gemeinsame Agrarpolitik wäre. Großbritannien zieht zwar keinen Nettonutzen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik.
Doch dies ist gegen den Nutzen aus dem EU-Kartellrecht und den Nettonutzen aus Bereichen
wie zum Beispiel der Umweltpolitik aufzurechnen. Die regulatorischen Kosten sind ähnlich
schwer zu beziffern: Das Funktionieren eines Binnenmarktes mit weitgehend harmonisierten
Standards erfordert einen aufsichtsrechtlichen Rahmen. Doch selbst die EU erkennt an, dass es
ein Problem mit Bürokratie gibt: Nach Berechnungen der Hochrangigen Gruppe im Bereich der
Verwaltungslasten haben die EU-Verwaltungslasten bei 123,8 Mrd. € (0,9% des EU-BIP 2012)
2
Ilzkovitz, F., A. Dierx, V. Kavocs & N. Sousa (2007) Steps towards a deeper economic integration: the
Internal Market in the 21st Century – a contribution to the Single Market Review (European Commission –
DG ECFIN; European Economy No. 271)
3
Pain, N. und G. Young (2004) ‘The macroeconomic impact of UK withdrawal from the EU,’ Economic
Modelling (21), 387-408
6
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 6: GB ist Nettozahler in den EU-Haushalt
GRAFIK 7: … und leistet zweitgrößten Nettogesamtbeitrag
In Prozent des Bruttoinlandsproduktes
1.2
1.0
0.95
20
0.98
0.97
Nettobeitrag 2013, in Mrd. €
0.91
0.89
0.90
0.8
0.6
0.4
0.35
0.50
0.46
10
0.43
0.42
0.42
5
0
0.2
0.0
15
-5
19732014
2015
2016
2017
Brutto
Netto
2018
Quelle: Bibliothek des Unterhauses, OBR, Commerzbank Research
2019
-10
-15
DEGB FR IT NL SE DK AT FI IE SI LU LT BG BE ES CZRO PT HUGR PL
Quelle: EU-Haushalt 2014-2020, House of Commons Briefing Paper 06455
die Spitze erreicht; seitdem sind Maßnahmen ergriffen worden, die diese um 0,2 Prozentpunkte
des Bruttoinlandsproduktes senken werden. Eine in Großbritannien oft geäußerte Kritik ist, dass
die Regulierung „vergoldet“ sei (d.h. es werden Standards erlassen, die über die EU-Mindeststandards hinausgehen) und mit mehr Eifer durchgesetzt werde als in anderen EU-Nationen.
Das mag zutreffen oder auch nicht (und dieser Behauptung wird von der britischen Regierung
heftig widersprochen), doch dieses Problem ist hausgemacht und kommt nicht aus Brüssel.
Und Großbritannien ist ein
Nettobeitragszahler in den
EU-Haushalt
Das Problem der fiskalischen Kosten ist eher leichter zu quantifizieren. Der von Großbritannien
2014 geleistete Bruttobeitrag zum EU-Haushalt wird auf 19,2 Mrd. £ (1,1% des BIP) geschätzt.
Nach Abzug von Rabatten und anderen Einnahmen belief sich der Nettobeitrag auf 9,8 Mrd. £
(0,5% des BIP). Somit war Großbritannien in 41 der 42 Jahre seiner EU-Mitgliedschaft ein
Nettobeitragszahler (die einzige Ausnahme bildete 1975). Im Zeitraum von 1973 bis 2014 betrug
der Nettobeitrag im Durchschnitt 0,35% des Bruttoinlandsproduktes. Seitdem ist er jedoch
gestiegen und dürfte 2016 bei 0,5% die Spitze erreichen (Grafik 6). Großbritannien ist in
absoluten Zahlen nach Deutschland der zweitgrößte Nettozahler (Grafik 7), auf Pro-Kopf-Basis
jedoch nur der fünftgrößte. Dennoch reichten die britischen Nettobeiträge 2013 aus, um die
Netto-EU-Einnahmen von Griechenland, Ungarn, Slowenien und Irland zu decken.
Doch während Großbritannien insgesamt ein Nettozahler ist, sind die Landesteile, in denen der
Lebensstandard unter dem EU-Durchschnitt liegt, Nettoempfänger von zentralen Mitteln.
Offiziellen britischen Daten zufolge erhielt Wales 2009 EU-Mittel in Höhe von 74 £ pro Kopf und
Nordirland erhielt 106 £ pro Kopf; Schottland kam in etwa plus/minus null heraus. Das impliziert
eindeutig, dass ohne EU-Gelder sogar noch höhere Transfers von den Steuerzahlern in England
zu denjenigen in den anderen Teilen Großbritanniens nötig wären.
Bewertung von Nettokosten und -nutzen
Es sollte nicht überraschen, dass die unter der Schirmherrschaft der EU durchgeführten
Studien Resultate ergaben, die für den europäischen Binnenmarkt günstig sind. Ebenso
überrascht nicht, dass Personen und Organisationen mit euroskeptischen Ansichten generell
behaupten, dass die Kosten der EU-Mitgliedschaft deren Nutzen überwiegen. Deshalb sind
Versuche, Kosten und Nutzen präzise abzuschätzen, mit Vorsicht zu genießen. Allerdings sind
die euroskeptischen Studien in zweierlei Hinsicht zu kritisieren: Erstens basieren sie auf
pessimistischen Annahmen und berücksichtigen mögliche Reformszenarien nicht. Zweitens
konzentrieren sie sich generell nur auf die direkten Kosten und Nutzen, ohne den potenziell
bedeutenden Nutzen zweiter Ordnung zu beachten. Ein Beispiel: Selbst wenn Großbritannien
kein EU-Mitglied wäre, müsste es eigene aufsichtsrechtliche Regelungen erlassen; die Kosten
der Bürokratie würden also nicht einfach verschwinden. Und wie einige Studien zeigten, wirken
sich ausländische Direktinvestitionen aus der EU potenziell signifikant aus, und zwar über ihren
Einfluss auf den technischen Fortschritt und ihre späteren Auswirkungen auf Potenzialwachstum
und Wettbewerbsfähigkeit.
3. September 2015
7
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 8: EU-Warenhandelsdefizit hoch und steigend
Warenbilanz, in Mrd. £
0
-10
-20
-30
-40
-50
-60
-70
-80
-90
5
0
-5
-10
-15
Defizitländer
-20
-25
1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014
Nicht-EU-Bilanz
Quelle: ONS
Es wird davon
ausgegangen, dass
Großbritanniens Handel
dank der EU-Mitgliedschaft
umfangreicher ist
-30
-35
DE NL BE IT FR ES PL CZ SE DK AT SI Son HU PT FI HR BG EE GR MT CY IE
st
Die Themenbereiche im Detail: (i) Handel
Einer der wichtigsten Diskussionsbereiche ist der Einfluss des Brexits auf den Handel. Die EU
ist ganz einfach Großbritanniens größter Exportmarkt; in sie gehen etwa 50% der gesamten
Warenexporte. Aber auch 55% der britischen Importe kommen aus der EU, sodass Großbritannien ein anhaltendes – und steigendes – Handelsbilanzdefizit mit seinen 27 EU-Partnern
aufweist (Grafik 8). So erwirtschaftete es im letzten Jahr nur mit sieben Ländern einen Überschuss, wobei der einzige nennenswerte positive Saldo gegenüber Irland zu Buche stand (Grafik
9). Doch bei den Dienstleistungen stellt sich die Lage ganz anders dar: Hier hat Großbritannien
einen ordentlichen Überschuss gegenüber EU- sowie Nicht-EU-Ländern (Grafik 10). So werden
die hohen Warenbilanzdefizite, zum Beispiel gegenüber Deutschland und den Niederlanden,
zum Teil durch ordentliche Überschüsse in der Dienstleistungsbilanz aufgewogen (Grafik 11).
Selbst vor der globalen Rezession wuchs der Handel mit Nicht-EU-Staaten stärker als der
Handel mit der EU, und dieser Trend ist heute sogar noch stärker ausgeprägt. Damit stellt sich
die Frage, wie gut Großbritannien außerhalb der EU überleben kann. Dabei hängt viel von
der Beschaffenheit der zukünftigen Handelsvereinbarungen ab (siehe Seite 13). Bemerkenswert
4
ist jedoch, dass aus Studien des Zentrums für Europäische Reformen (CER) hervorgeht, dass
Großbritanniens Handel mit anderen EU-Staaten 55% höher ist als er ohne die aktuellen EUHandelsregelungen gewesen wäre. So bemerkt das CER: „Reiche, große und benachbarte
Volkswirtschaften handeln mehr als arme, kleine und entfernte“. Das lässt darauf schließen,
dass es schwierig sein wird, Wohlstandseinbußen aus einem eingeschränkten Zugang zum EUMarkt durch eine Steigerung der Exporte in die kräftig wachsenden asiatischen Märkte
aufzufangen.
GRAFIK 10: Dienstleistungsbilanz ist im Plus
GRAFIK 11: GB erzielt Überschuss mit vielen EU-Staaten
Dienstleistungsbilanz, in Mrd. £
1999
Überschussländer
Quelle: ONS
Großbritannien verzeichnet
ein Handelsbilanzdefizit mit
der EU (das hohe
Warendefizit wird zum Teil
durch einen Überschuss
bei Dienstleistungen
ausgeglichen)
2001
2003
2005
2007
Nicht-EU-Bilanz
Quelle: ONS
2009
2011
EU-Bilanz
Dienstleistungsbilanz 2013, in Mrd. £
2013
5
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
-5
-6
Überschussländer
Defizitländer
NL DE IE SE IT LU DK MT FI BE CZ Son LV EE BG HR HU PL CY AT GR PO FR ES
st
Quelle: ONS
4
8
Warenbilanz 2014, in Mrd. £
10
EU-Bilanz
80
70
60
50
40
30
20
10
0
-10
GRAFIK 9: GB weist Defizit mit meisten EU-Staaten auf
Zentrum für Europäische Reformen (Juni 2014) ‘The economic consequences of leaving the EU’
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
Die inländischen
Investitionen sind niedrig,
was die Bedeutung
ausländischer
Direktinvestitionen erhöht
(ii) Ausländische Direktinvestitionen
Investitionen sind ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums und des Lebensstandards.
Leider hinkte Großbritannien in den letzten Jahren anderen Ländern hinterher. Seit 1980 betrug
die inländische Brutto-Anlageinvestitionsquote im Durchschnitt weniger als 20% des Bruttoinlandsproduktes. Damit liegt Großbritannien in einer Gruppe von zwölf Ländern, die kürzlich im
Auftrag der britischen Regierung für eine Studie bewertet wurde, an elfter Stelle. Angesichts des
offenbaren Mangels an inländischen Investitionen spielen ausländische Direktinvestitionen
eine noch wichtigere Rolle.
Ausländische Direktinvestitionen (ADI) werden definiert als „der Erwerb bzw. die Errichtung
einkommensgenerierender Vermögenswerte in einem anderen Land, der bzw. die die Kontrolle
über den Betrieb oder die Organisation nach sich zieht.“ Sie können klassifiziert werden als
horizontal, wobei Unternehmen Produktionsstandorte errichten, um Zugang zu Märkten zu
erlangen, oder als vertikal, wobei Firmen verschiedene Teile des Produktionsprozesses in
verschiedenen Ländern ansiedeln, um von einer lokalen Spezialisierung zu profitieren. ADI in
Großbritannien weisen Elemente beider Arten auf. In den 1980er Jahren beispielsweise steigerten japanische Unternehmen ihre Investitionen in Großbritannien kräftig, um Zugang zum EUMarkt zu erhalten. Das entspricht der empirischen Literatur, aus der hervorgeht, dass die
Marktgröße die wichtigste Determinante der ADI-Zuflüsse ist. ADI aus anderen EU-Staaten
umfassen beide Elemente, wobei Faktoren wie beispielsweise niedrige Unternehmenssteuern
und flexible Arbeitsmärkte ausländische Investitionen anziehen.
Ein Großteil der ADI in
Großbritannien stammt aus
der EU
Was den Empfänger betrifft, geht aus der Literatur hervor, dass ADI Arbeitsplätze schaffen
und deutliche Zweitrunden-Multiplikatoreffekte auf die lokale Wirtschaft haben. Einer der größten
Einflüsse auf die Wirtschaft ergibt sich aus dem Technologietransfer (zum Beispiel konnten dank
der Investitionen von japanischen und deutschen Autofirmen in Großbritannien die lokalen
Produktionsbetriebe ihre Produktivität deutlich steigern, was es Betrieben in Großbritannien
ermöglichte, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten). Unabhängig von der
Motivationslage haben ADI in Großbritannien in den letzten Jahren kräftig zugenommen, wobei
auf die EU jetzt 46% des Bestands ausländischer Direktinvestitionen in Großbritannien entfallen
(Grafik 12). Die USA sind hier zwar das größte Land, aber die nächsten drei (Niederlande,
Frankreich und Deutschland) machen etwa ein Drittel der Gesamtsumme aus. Nicht zu
vernachlässigen ist auch die Bedeutung der EU als Zielort für Investitionen britischer Firmen:
Ironischerweise haben britische Unternehmen im letzten Jahrzehnt höhere Erträge aus
Investitionen in der EU erzielt als Firmen aus der EU mit ihren britischen Aktivitäten. Allerdings
ist dies zum Teil auf Wechselkurseffekte zurückzuführen (Grafik 13).
Großbritannien dürfte zwar
ein attraktiver Ort für
Investitionen bleiben, aber
aus einem Brexit
erwachsen Risiken
Zahlreiche Faktoren deuten darauf hin, dass Großbritannien als Zielort für ADI attraktiv
bleiben wird. Die englische Sprache ist ein Faktor, der es Ausländern relativ leicht macht, in
Großbritannien tätig zu sein. Zudem bietet das Rechtssystem eine lockere Regulierung und die
Unternehmenssteuern sind niedrig. Doch der Brexit hätte zweifellos Auswirkungen. Derzeit hat
die Hälfte aller nicht aus der EU stammenden multinationalen Unternehmen sich dafür
GRAFIK 12: ADI in Großbritannien stammen fast zur Hälfte
aus der EU
In Prozent der britischen ADI-Verbindlichkeiten, 2013
60
Die 10 größten Investorenländer
46.4
10.0
8.0
6.0
40
4.0
26.9
30
20
2.0
0.0
15.4
8.0
10
0
Erträge des ADI-Bestands, in Prozent
12.0
53.6
50
GRAFIK 13: Britische Firmen haben mit Investitionen in der
EU mehr verdient
Nicht- EU
EU
US
Quelle: ONS
3. September 2015
NL
FR
-2.0
6.0
5.6
5.5
4.2
3.7
3.2
1.7
DE
LU
ES
JP
CH
AT
BE
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
EU-Erträge von ADI in GB
GB-Erträge von ADI in EU
Quelle: ONS, Commerzbank Research
9
Economic Research | Economic Insight
entschieden, ihr europäisches Hauptquartier in Großbritannien anzusiedeln. Neben rechtlichen
und sprachlichen Erwägungen erleichtert die EU-Gesetzgebung diesen Prozess durch die
Mutter-/Tochter-Richtlinie, die steuerliche Hürden für die Umverteilung von Gewinnen innerhalb
der EU beseitigt. Sollte Großbritannien außerhalb der EU stehen, würde das Land wegen des
Verlustes
dieser
rechtlichen
Unterstützung
zu
einem
weniger
anziehenden
Unternehmensstandort. Internationale Unternehmen müssen den Nettonutzen ihrer Aktivitäten in
Großbritannien bereits jetzt genau austarieren, weil die Kosten des Geschäftsbetriebs dort höher
sind als in den neuen osteuropäischen EU-Staaten (EU8). Bei einem Brexit könnte das Ergebnis
dieser Rechnung noch eindeutiger ausfallen.
(iii) Auswirkungen auf die Beschäftigung
Wegen der begrenzten Datenverfügbarkeit ist es erstaunlich schwierig, die Wirkung von ADI aus
der EU auf die britische Wirtschaft zu beziffern. Es sind jedoch Versuche unternommen worden
abzuschätzen, inwieweit britische Arbeitsplätze von den Exporten in die EU abhängen. Die
dazu verwendete Methode wurde ursprünglich in den 1990er Jahren entwickelt und 2011 vom
Centre for Economics and Business Research (CEBR) aktualisiert und geht in zwei Schritten
vor. Im ersten Schritt wird der direkte Effekt geschätzt, die sich aus den Exporten in die EU
ergibt. Im zweiten Schritt wird versucht, den Ausgaben für britische Güter und Dienstleistungen
aus den Einkommen und Gewinnen mit Exporten in die EU Rechnung zu tragen.
Schätzungen zufolge
hängen etwa 13% aller
Arbeitsplätze von den
Exporten in die EU ab
Als diese Analyse auf Basis von Daten bis Ende 1997 erstmals durchgeführt wurde, rechneten
5
die Autoren damit, dass etwa 3,75 Millionen Arbeitsplätze von den Exporten in die EU
abhingen, wobei 75% auf direkte Effekte und der Rest auf Zweitrundeneffekte zurückzuführen
6
waren. Aktualisierte Schätzungen des CEBR ergaben, dass sich die Gesamtzahl bis 2011 auf
4,2 Millionen erhöht hatte (Grafik 14), wobei der Anteil an der Gesamtbeschäftigung mit gut 13%
jedoch weitgehend konstant geblieben war. Die sektorspezifischen Anteile unterschieden sich
jedoch deutlich: 2011 hingen zwei Drittel der Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe vom
Handel mit der EU ab (1997: 47%), was 5,4% der Gesamtbeschäftigung entspricht (Grafik 15).
Zusätzlich hingen 23% der Arbeitsplätze in der Finanzdienstleistungsbranche vom Handel mit
der EU ab (1997: 16%), was 1,3% der Gesamtbeschäftigung entspricht.
Bei einem Brexit würden
zwar nicht alle diese
Arbeitsplätze
verschwinden, aber das
Stellenwachstum könnte
gedämpft werden
Das bedeutet nicht, dass alle diese Arbeitsplätze bei einem Brexit verschwinden würden –
schließlich würde immer noch ein signifikanter Handel zwischen Großbritannien und der EU
stattfinden. Diese Ergebnisse verdeutlichen jedoch, dass der Handel zwischen Großbritannien
und der EU einen wichtigen Einfluss auf die britische Beschäftigung und somit auch auf
das Wirtschaftswachstum insgesamt ausübt und dass Hemmnisse, die diesen Freihandel
behindern, das Wachstum belasten würden.
GRAFIK 14: Viele Arbeitsplätze vom EU-Handel abhängig
In Millionen
GRAFIK 15: Große Unterschiede zwischen den Sektoren
Anteil der vom Handel mit der EU abhängigen Arbeitsplätze in
ausgewählten Sektoren 2011, in Prozent
4.3
70
4.2
60
4.1
50
4.0
40
3.9
30
3.8
20
3.7
24.4
23.1
17.1
14.3
13.3
10
3.6
0
3.5
3.4
66.5
1997
1999
2001
2003
Quelle: CEBR
2005
2007
2009
2011
Ind
Berg Finanz Unter Transp. Gesamt
ustrie bau etc. dienstl. nehm
ens
dienstl.
10.1
IKT
5.0
4.5
Einzel Gesund
handel heit
Quelle: CEBR, Commerzbank Research
5
Ardy, B., I. Begg und D. Hodson (2000) ‘UK jobs dependent on the EU’ European Institute; South Bank
University
6
CEBR (2014) ‘UK jobs supported by exports to the EU’
10
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 16: Großbritannien ist der weltweit größte Nettoexporteur von Finanzdienstleistungen
In Mrd. $
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
GRAFIK 17: Mit der EU wird ein Drittel des Überschusses
im Finanzdienstleistungsbereich erzielt
In Mrd. £
70
60
50
40
30
20
10
2008
2009
2010
GB
2011
2012
Eurozone
USA
2013
2014
0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Rest der Welt
Quelle: UNCTAD, Commerzbank Research
EU
Quelle: ONS, Commerzbank Research
(iv) Auswirkungen auf Finanzdienstleistungen
Die Londoner City ist das
führende Finanzzentrum
der EU
Die Liberalisierung des globalen Kapitalverkehrs in den letzten dreißig Jahren hat dazu beigetragen, dass Großbritannien seine Position als führendes europäisches Finanzzentrum erlangt
hat. Dabei spielte der im Maastricht-Vertrag verankerte freie Kapitalverkehr eine sekundäre
Rolle, denn er trug zu einer Vertiefung der europäischen Kapitalmärkte bei, von der London
eindeutig profitiert hat. Großbritannien ist der weltweit größte Nettoexporteur von Finanzdienstleistungen (einschließlich Versicherungen), mit einem Überschuss von 95 Mrd. $ im Jahr 2014
im Vergleich zu geschätzten 47 Mrd. $ für den Euroraum (ohne Spanien) – den zweitgrößten
Exporteuer – und 36 Mrd. $ für die USA (Grafik 16). Im letzten Jahrzehnt stammte etwa ein
Drittel des britischen Überschusses im Finanzdienstleistungshandel aus der EU (Grafik 17). Das
ist umso bedeutender für eine Volkswirtschaft, die ein steigendes Leistungsbilanzdefizit aufweist.
… und der größte
Devisenmarkt der Welt
Beispielhaft für Londons Bedeutung als Finanzzentrum ist, dass mehr als 250 ausländische
Banken in Großbritannien tätig sind und dort die Hälfte aller europäischen InvestmentbankingGeschäfte durchgeführt wird. London ist der nach Umsatz größte Devisenmarkt der Welt und
mit fast 50% des globalen Gesamtvolumens auch der größte Markt für OTC-Zinsderivate (Grafik
18). Ebenfalls bemerkenswert ist, dass Großbritanniens Anteil am globalen Geschäft in einer
Reihe von Finanzmärkten seit der Jahrtausendwende weiter zugenommen hat (Grafik 19). So ist
von 2001 bis 2013 der Anteil am Devisenumsatz von 35% auf 41% gestiegen, und im selben
Zeitraum hat sich Londons Anteil am globalen Hedgefonds-Vermögen auf 18% verdoppelt.
Der Brexit würde neue
Herausforderungen
bedeuten
Die starke Position der Londoner City wird bei einem Brexit nicht schnell erodieren. Denn sie hat
von der Einrichtung von Qualifikations-Clustern profitiert und bietet eine Tiefe und Breite von
Liquidität, der nur wenige globale Finanzzentren gleichkommen. Aber diese Position wird
GRAFIK 18: London ist der größte globale Markt für
Devisen und Zinsderivate
In Prozent des weltweiten Gesamtvolumens, 2013
60
50
40
40.9
9.0
10
0
32
14.0
Internationale Bankkredite
Hedgefonds-Vermögen
UK
Umsatz Devisen
Quelle: BIZ
3. September 2015
US
9
0
Euro zone
Aktuell
Umsatz OTC-Zinsderivate
41
20
18
19
19
Seetransportversicherungen
22.8
49
35
Devisenumsatz
18.9
20
In Prozent des weltweiten Gesamtvolumens
OTC-Zinsderivate
48.9
30
GRAFIK 19: … und seine Bedeutung nimmt in vielen
Märkten weiter zu
10
18
20
30
40
50
60
2001
Quelle: The CityUK, BIZ
11
Economic Research | Economic Insight
zweifellos infrage gestellt werden. Beispielsweise ist bemerkenswert, dass etwa ein Viertel aller
Devisenmarkttransaktionen USD/EUR und ein weiteres Drittel andere eurobezogene Transaktionen zum Gegenstand haben. Im Jahr 2011 veröffentlichte die EZB eine Studie, die dafür
plädierte, dass alle großen eurobezogenen Transaktionen im Euroraum durchgeführt werden
sollten, was das Verbot des Clearings und Settlements solcher Transaktionen in Großbritannien
bedeutet hätte. In der Folge rief Großbritannien den Europäischen Gerichtshof an (der
ironischerweise heftig von Euroskeptikern kritisiert wird, die ihm vorwerfen, gegen Großbritanniens nationale Interessen zu handeln). Dieser hob den Vorschlag auf. Nach seinem Urteil
würde eine solche Maßnahme gegen die Regeln des EU-Binnenmarktes verstoßen, die den
freien Kapitalverkehr gestatten; zudem besitze „die EZB nicht die Kompetenz, die zur
Regulierung der Tätigkeit von Wertpapier-Clearingsystemen nötig ist, denn ihre Kompetenz
beschränkt sich ausschließlich auf Zahlungssysteme.“ Versuche, den Nicht-Eurozone-Handel
bei einem Brexit zu begrenzen, wären jedoch viel schwieriger abzuwehren, weil Großbritannien
dann nicht mehr so leichten Zugang zum EuGH hätte, was erhebliche negative Folgen für seine
dominante Position am Devisenmarkt nach sich ziehen könnte.
… die zum Aufstieg
anderer Finanzzentren
beitragen könnten
Es ist also möglich, dass der Brexit für Londons Position als Finanzzentrum eine Phase des
relativen Niedergangs signalisiert. Das mag nicht sofort erkennbar werden. Doch die stark
wachsenden Finanzzentren in Asien und Nahost wären gut positioniert, um davon zu profitieren.
Die asiatischen Volkswirtschaften erzielen gewaltige Handelsüberschüsse, und Märkte wie zum
Beispiel China treiben die Liberalisierung ihrer Finanzsysteme weiter voran. Dabei werden sie
zweifellos beginnen, die Produktbreite und -tiefe anzubieten, die für lokale Investoren attraktiv
sind. Desgleichen befinden sich die Märkte im Nahen Osten in Zeitzonen, die den asiatischen
näher sind. Auch andere europäische Finanzzentren könnten einen zunehmenden Teil des eurodenominierten Handels an sich ziehen, insbesondere, wenn die EU erneut versucht, das Thema
Währungs-Clearing zu forcieren. Aufsichtsrechtliche Fragen werden in diesem Bereich selbstverständlich eine große Rolle spielen, und ein Abbau der aktuellen Belastung durch gesetzliche
Vorschriften könnte die Nachteile des Brexits kompensieren.
(v) Abbau der Regulierung
EU-Regulierung ist ein
notwendiges Übel, scheint
aber noch einen Nettoertrag zu generieren
Das Thema regulatorische Kosten wird vom euroskeptischen Lager als ein Grund angeführt,
warum es Großbritannien außerhalb der EU besser erginge. Doch dieses Thema ist sehr viel
komplexer als die simplifizierenden Medienparolen es erscheinen lassen. Die Einrichtung eines
Binnenmarktes verursacht zwangsläufig Kosten – und die Regulierung ist ein Kennzeichen aller
heutigen Volkswirtschaften: Die Frage ist, ob der Nutzen die Kosten überwiegt. Die Beurteilung der regulatorischen Kosten ist so sehr mit Unsicherheit behaftet, dass die Resultate mit
größter Skepsis zu behandeln sind. Unverzagt hat der Think Tank Open Europe genau dies
versucht und die Schlussfolgerung gezogen, dass das Verhältnis von Nutzen zu Kosten im Zeitraum von 1998 bis 2009 bei inländischer Regulierung 2,35 betrug, bei EU-Regulierung jedoch
1,02. Mit anderen Worten ergab sich ein Nettoertrag von nur 2% aus EU-Regulierung, aber ein
Ertrag von 135% aus inländischer Regulierung. Dieses Argument ist zwar genutzt worden, um
zu belegen, dass die EU-Regulierung zugunsten inländischer Regulierung abgebaut werden
sollte. Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass ein Großteil dessen, was derzeit von der EU
gesetzlich geregelt wird, im Falle des Brexits innerhalb Großbritanniens geregelt werden müsste,
was das inländische Verhältnis von Nutzen zu Kosten reduzieren würde.
Großbritannien ist leicht
reguliert: Es gibt viele
inländische Themen, die
zuerst angegangen werden
sollten
Auf jeden Fall zeigen die von der OECD erstellen Indikatoren für die Produktmarkt-Regulierung
und den Arbeitsmarktschutz, dass die britische Wirtschaft bereits leicht reguliert ist
(Grafiken 20 und 21). Das Joch der EU-Regulierung einfach abzuwerfen, wird kaum einen
Unterschied machen. Hierzu das Zentrum für europäische Reformen: „Die Behauptung, dass ein
Austritt aus der EU eine angebotsseitige Befreiung für die Wirtschaft darstellen würde, ist
Wunschdenken. Die Faktoren, die das langfristige Wirtschaftswachstum … schwächen, sind …
im Inland angesiedelt“.
12
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 20: Britische Produktmärkte bereits leicht reguliert
Indexskala von 0 bis 6 von am wenigsten bis am meisten restriktiv
(2013)
GRAFIK 21: … ebenso wie der Arbeitsmarkt
Indexskala von 0 bis 6 vom geringsten bis zum stärksten Schutz
(2013)
2.5
3.0
2.5
2.0
2.0
1.5
1.5
1.0
1.0
0.5
0.0
0.5
0.0
NL GB AT DK SK EE FI DE PT HU BE CZ ES IE FR SE LT BG MT LV PL RO GR HR
Quelle: OECD
Die Beschaffenheit der
zukünftigen Handelsbeziehungen wird
Nettokosten und -nutzen
bestimmen
Schlechtester Fall: Kein
Abkommen mit der EU
GB EE IE HU FI SK ES DK PL GR AT SE CZ SI PT LU IT FR NL BE DE
Quelle: OECD
Welche Form könnte der Brexit annehmen?
Nachdem dargelegt wurde, dass die EU viel zu den ausländischen Direktinvestitionen, der
Beschäftigung und dem Finanzdienstleistungssektor beiträgt, liegt auf der Hand, dass eine
Brexit-Entscheidung nicht leichtfertig getroffen werden darf. Tabelle 3 zeigt einige Ergebnisse
der akademischen Studien auf, welche die wirtschaftlichen Folgen zu beziffern versuchten.
Diese sind jedoch nicht als präzise zu betrachten, in erster Linie, weil die wirtschaftlichen
Auswirkungen des Brexits von der Beschaffenheit der wirtschaftlichen Beziehungen zum
Rest der EU abhängen.
Grafik 22 fasst die Kosten und den Nutzen verschiedener Arten von Regelungen zusammen. Im
schlechtesten Fall gelingt es Großbritannien nicht, ein Handelsabkommen zu schließen und es
ist gezwungen, auf die WTO-Regeln zurückzugreifen, die auf Meistbegünstigten-Zolltarifen
basieren. Wie Tabelle 3 zeigt, reichen diese Tarife von null bis 10%, und gemäß der von Open
Europe durchgeführten Studie besteht in einer Vielzahl von Branchen ein hohes Risiko von
Beeinträchtigungen. So dürften etwa sektorspezifische Zulieferketten betroffen sein. Ein
Beispiel: Etwa 23% der in der britischen Automobilindustrie verwendeten Komponenten werden
aus Deutschland bezogen; hinzu kommen jeweils weitere 7-8% aus Spanien, Frankreich und
Belgien. Zudem sind die Meistbegünstigten-Zolltarife in Bereichen wie dem Automobil- oder dem
Agrarsektor mitunter hoch. Während Dienstleistungssektoren wie z. B. der Finanzbereich keinen
ausdrücklichen Tarifen unterlägen, würde der Verlust der Binnenmarktzugehörigkeit das Volumen des potenziellen Marktes für in Großbritannien ansässige Finanzdienstleister verringern.
Anders ausgedrückt, gäbe es eine Reihe von nichttarifären Hemmnissen, die von der EU
festgelegt würden und über die Großbritannien keine Kontrolle hat.
TABELLE 3: Potenzielle Auswirkungen des Brexits auf einzelne Sektoren
In die EU
exportierter
Handelsbilanz mit Potenzielle Barrieren für EU-Märkte
der EU (Mrd. £)
Prozentsatz
Risiko von
Chancen für ähnlichen
Beeinträch-
EU-Zugang
tigungen
Automobile
35,0
-13,95
10% Tarif
Hoch
Hoch
Chemie
56,6
-7,82
4,6% Tarif
Hoch
Mittel bis hoch
Luft- und Raumfahrt
44,6
2,56
Nulltarife
Hoch
Hoch
Maschinenbau
30,7
-5,47
1,7% 4,5% Tarife
Mittel
Hoch
Nahrungs- und Genussmittel
60,5
-16,56
Durchschnittliche Tarife über 20% und mehr
Hoch
Mittel bis hoch
Finanzdienstleistungen
41,4
16,06
Verschiedene EU-Marktzugangsregelungen
Hoch
Niedrig
Versicherungen
18,4
3,85
Verschiedene EU-Marktzugangsregelungen
Mittel
Mittel
Fachdienstleistungen
29,8
-1,92
Vorwiegend nationale Marktzugangsregelungen Mittel
Mittel
Quelle: Open Europe
3. September 2015
13
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 22: Stilisierte Darstellung der Optionen, die Großbritannien nach dem Brexit offenstehen
Vollständiger Zugang zum
Binnenmarkt
Bilaterales Abkommen
Schweizer Art
Binnenmarktzugang: Hoch
Mitbestimmung: Niedrig
Freiheit von EU-Regeln: Niedrig
Beitrag zum EU-Haushalt: Hoch
Binnenmarktzugang: Mittel
Mitbestimmung: Niedrig
Freiheit von EU-Regeln: Mittel
Beitrag zum EU-Haushalt: Mittel
Zugang zum EU-Markt
Hoch
Alleingang
Binnenmarktzugang: Niedrig
Mitbestimmung: Niedrig
Freiheit von EU-Regeln: Hoch
Beitrag zum EU-Haushalt: Niedrig
Niedrig
Quelle: Open Europe, Commerzbank Research
Bester Fall: Handelsabkommen mit der EU und
Freihandelsabkommen mit
anderen Handelsblöcken
Prinzipiell erwirkt Großbritannien im besten Fall ein Freihandelsabkommen, durch das es
seinen Zugang zum Binnenmarkt behält. Eine solche Regelung haben beispielsweise die EWRStaaten mit der EU ausgehandelt. Der Nachteil eines solchen Ausgangs ist jedoch, dass die
„assoziierten“ EU-Mitglieder die EU-Regeln einhalten müssen, ohne an deren Ausgestaltung
und Durchführung mitwirken zu können – was sogar noch weniger optimal erscheint als die
aktuelle Situation Großbritanniens. Zudem müssen Norwegen (und die Schweiz) für den Zugang
zum Binnenmarkt finanzielle Beiträge an die EU zahlen. Norwegen beispielsweise trug 2011
pro Kopf der Bevölkerung 106 £ bei – was 82% des britischen Nettobeitrags entspricht.
Die Schweizer Option stellt
ein Mittelding dar
Die Schweizer Option stellt ein Mittelding zwischen diesen beiden Extremen dar. Die Schweiz
hat den Zugang zum Binnenmarkt auf Einzelfallbasis ausgehandelt, was weitaus weniger
effizient ist als ein pauschales Abkommen und zudem bedeutet, dass sie zu vielen Bereichen
des Binnenmarktes keinen vollständigen Zugang hat (z. B. Finanzdienstleistungen, Verbraucherrechte, Außenhandelspolitik). Allerdings ist ihr Beitrag zum EU-Haushalt mit 41% des britischen
Netto-Pro-Kopf-Beitrags auch entsprechend niedriger. Dennoch muss die Schweiz ebenso wie
Norwegen für das Privileg zahlen, sich an Gesetze zu halten, die sich ihrer Kontrolle entziehen.
Die direkten Haushaltseinsparungen dürften sich
in Grenzen halten
Zunächst bewirkt der Brexit eindeutig Einsparungen durch die niedrigeren Beiträge zum EUHaushalt. Ein Abkommen im norwegischen Stil würde nur eine Budgetkürzung von etwa 17%
bedeuten, während ein Abkommen nach Art der Schweiz zu einer Verringerung von 59% führen
dürfte. Im ersten Fall müsste Großbritannien immer noch diejenigen Teile der EU-Gesetze
einhalten, die als belastend für Unternehmen betrachtet werden (z. B. die Arbeitszeitrichtlinie).
Im zweiten Fall würde der Zugang zu großen Teilen der EU-Dienstleistungswirtschaft fehlen.
Jeder Versuch, die Regelungen auf zusätzliche Sektoren auszuweiten, würde somit die
fiskalischen Kosten für Großbritannien erhöhen. Unter Berücksichtigung der Kombination aus
Kosten, gesetzgeberischer Kontrolle und Verhandlungen über den Grad des Marktzugangs
dürften Bemühungen, ein Abkommen mit der EU auszuhandeln, allerdings die schlechteste
aller möglichen Welten darstellen.
14
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 23: Auswirkungen verschiedener Brexit-Optionen
auf das britische Bruttoinlandsprodukt
Veränderung der Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Basisfall 2030,
in Prozent
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
-1.5
-2.0
-2.5
GRAFIK 24: Die Auswirkungen werden erst nach längerer
Zeit sichtbar
Veränderung der Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Basisfall, in
Prozent
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
-1.5
-2.0
-2.5
-3.0
2018
Schlechtester Abkommen mitAbkommen mit Bester Fall
Fall
EU
EU + FHA mit
Rest der Welt
Quelle: Open Europe
Die von Open Europe
durchgespielten Szenarien
führen zu einer Reihe
positiver und negativer
Ergebnisse
2020
Schlechtester Fall
2025
2030
Abkommen mit EU
Abkommen mit EU + FHA mit Rest der Welt
Quelle: Open Europe
Quantifizierung der Austrittskosten
7
Einer umfassenden Studie von Open Europe zufolge lässt sich eine breite Palette möglicher
Ergebnisse (Grafik 23) ableiten. Falls kein Handelsabkommen mit der EU geschlossen wird,
entsprächen die Kosten des Brexits nach einem Zeitraum von 12 Jahren 2,2% des Bruttoinlandsproduktes. Im anderen Extremfall ergeben die Simulationen, dass ein Ergebnis mit
Aushandlung eines Freihandelsabkommens (FHA) mit der EU und auch mit dem Rest der Welt,
sowie mit einem aggressiven Programm zur Abschaffung von Regulierung in Bereichen wie dem
Klimawandel und dem Arbeitnehmerschutz die Wirtschaftsleistung um 1,5% erhöhen könnte.
Dabei wird jedoch darauf hingewiesen, dass keiner dieser beiden Extremfälle wahrscheinlich ist
und dass die politisch realistische Bandbreite der Ergebnisse im Bereich von -0,8% bis +0,6%
des Bruttoinlandsproduktes liegt (also über einen Zeithorizont von 12 Jahren zu vernachlässigen ist). Ein FHA nur mit der EU dürfte zu geringen Wohlstandseinbußen führen, die 0,8% des
Bruttoinlandsproduktes entsprechen. Wird jedoch ergänzend auch ein FHA mit dem Rest der
Welt geschlossen, wäre eine Steigerung um 0,6% möglich. Doch um ein positives Ergebnis zu
erzielen, muss die britische Wirtschaft auf den verstärkten Wettbewerb von Drittmärkten, vor
allem in den Schwellenländern, positiv reagieren. Dieses Argument erscheint uns allzu
optimistisch: Es ist in etwa so, als würde man einen Nichtschwimmer ins eiskalte Meer werfen
und annehmen, dass – sofern er die Kälte nur lange genug überleben kann, um Schwimmen zu
lernen – er schnell den olympischen Standard erreichen wird.
Die Auswirkungen des Brexits werden erst nach längerer Zeit sichtbar. Diese Simulationen
bewerten die Ergebnisse über einen Zeithorizont von 12 Jahren, der als ausreichend lang
betrachtet wird, damit alle wirtschaftlichen Effekte zutage treten (Grafik 24). Die Unternehmen
dürften mit Verzögerung auf stärkere Handelshemmnisse (der tarifären und nichttarifären Art)
reagieren, und mit dem Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen wird auch deren Nutzen
für die britische Binnenwirtschaft mit der Zeit abnehmen.
Die konventionelleren
Resultate weisen auf ein
eindeutig negatives
wirtschaftliches Ergebnis
des Brexits hin
Die Analyse von Pain und Young (Grafik 25) ergibt Resultate, die eher typisch für die Literatur
sind. In ihr spielen ausländische Direktinvestitionen eine zentrale Rolle und sie basiert auf
den empirischen Daten, die zeigen, dass die Produktivität von Unternehmen im Auslandsbesitz
tendenziell höher ist als diejenige von inländischen Unternehmen, was auch auf lokale Firmen
ausstrahlt. Eine Verringerung der ausländischen Direktinvestitionen führt somit zu einer
Verlangsamung der Produktivitätssteigerung, die das Potenzialwachstum beeinflusst. Die
Autoren weisen darauf hin, dass auch die kurzfristigen Auswirkungen von den geldpolitischen
Bedingungen abhängen, und ihr Modell ergibt eine effektive Abwertung des Pfunds von nur
2,5% nach der Brexit-Ankündigung. Es ist zwar zu erwarten, dass sich Unsicherheitseffekte in
der Folge stärker auswirken, doch die anfängliche Bewegung ist gering. Tatsächlich hat das
Pfund in den ersten vier Tagen im Mai 2015 um diese Größenordnung aufgewertet.
7
‘What if...? The Consequences, challenges & opportunities facing Britain outside EU’ (Open Europe, März
2015)
3. September 2015
15
Economic Research | Economic Insight
Kosten
Erhöhte Handelsbarrieren zur EU
Nutzen
GRAFIK 25: Quantifizierung der Brexit-Auswirkungen
Reduzierung des Bestands an
ausländischen Investitionen
Fiskalische Einsparungen
Rückgang um 1% reduziert technischen
Fortschritt um 0,32%
Rückgang um 10% verringert
Exportvolumen um 0,75%
Tarife von 6,7% plus Zollformalitäten (auf
etwa 2% des Transaktionswertes) werden
relative Preise aller britischen Exporte um
5% erhöhen
Netto-Staatsausgaben sind 3 Mrd. £
niedriger
Niedrigere Lebensmittelpreise
Preise für nichtindustrielle Importe fallen
insgesamt um 5,25%
Nettokosten des Austritts werden das BIP um
schätzungsweise 2,25% senken
Quelle: Pain, N. und G. Young (2004) ‘The macroeconomic impact of UK withdrawal from the EU,’ Economic Modelling (21), 387-408
8
Die Ergebnisse von Ottaviano u.a. (2014) ähnelten denjenigen von Pain und Young. Durch eine
Analyse der Wirkung von Veränderungen bei den sektorspezifischen Zollschranken ergibt sogar
ihr optimistisches Szenario, in dem Großbritannien eine Vereinbarung über den Zugang zum
Binnenmarkt aushandeln kann, eine langfristige Reduzierung im Umfang von 1,1% des
Bruttoinlandsproduktes. Ihr pessimistisches Szenario, in dem Großbritannien gezwungen ist,
die Meistbegünstigten-Zolltarife zu nutzen, ergibt einen Rückgang um 3,1%. Zudem stellt diese
Studie heraus, dass Barrieren innerhalb der EU mit der Zeit reduziert werden dürften, da sich
auch der Binnenmarkt für Dienstleistungen weiterentwickelt – wovon Großbritannien bei einem
Brexit nicht profitieren würde, was die potenziellen Wohlstandseinbußen erhöht.
Wie die EU von Großbritanniens Mitgliedschaft profitiert
Auch die EU profitiert von
Großbritannien: Für viele
Länder ist es ein großer
Exportmarkt
Die Debatte konzentriert sich zwar zum Großteil auf die Kosten des Austritts für Großbritannien.
Doch ein Austritt hätte auch Folgen für den Rest der EU. Beispielsweise ist das Land für viele
EU-Staaten ein wichtiger Exportmarkt: für deutsche Warenexporte ist es der drittgrößte (Grafik
26). So ist es nach wie vor ein wichtigerer Zielort als China (doch wie lange noch, steht auf
einem anderen Blatt) und wesentlich wichtiger als Italien. Ähnliches gilt auch für andere EUStaaten (Grafik 27). So zählt Großbritannien für neun Länder zu den drei wichtigsten
Exportzielen und für vierzehn Länder zu den fünf wichtigsten. Es liegt eindeutig nicht im
Interesse von Ländern wie Deutschland, dass der Zugang zum britischen Markt auf irgendeine
Weise eingeschränkt wird.
Austritt hätte auch Folgen
für den Haushalt
Wie bereits bemerkt, ist Großbritannien auch der zweitgrößte Nettobeitragszahler in den EUHaushalt. Um die gleichen Nettozuflüsse für die Nettoempfänger aus dem EU-Haushalt
sicherzustellen, müssten die verbliebenen Nettozahler ihre Beiträge um mehr als 26% erhöhen.
Alternativ dazu würden, wenn die Nettozahler nicht bereit sind, mehr zu leisten, die Empfängerländer 25% weniger erhalten. So oder so trägt Großbritanniens Status als Nettobeitragszahler viel dazu bei, ein großes Loch im Haushalt zu stopfen.
8
Ottaviano, G., J. Pessoa, T. Sampson, J. Van Reenen (2014) ‘The Costs and Benefits of Leaving the EU’
Centre for Economic Performance, LSE
16
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
GRAFIK 26: Deutschlands zehn größte Exportmärkte
GRAFIK 27: Großbritannien ist für viele EU-Staaten ein
wichtiger Exportmarkt
Warenexporte, in Prozent des Gesamtvolumens 2014
Anteil an Warenexporten 2014, in Prozent. Beschriftung der Balken
zeigt Großbritanniens Rang
10
9
9.0
18
8.5
7.4
8
7
16
6.6
14
6.5
6
12
5.0
5
4.8
4.2
4
4.1
10
3.7
8
3
6
2
4
1
2
0
FR
US
GB
CN
Quelle: Statistisches Bundesamt
NL
AT
IT
PL
CH
BE
0
2
2
3 3
4
3 3
5
5 4 2
3 6
6 4 8
7 5
8 6 8 6
9
11 11
IE CY BE NL ES DK DE SE FR PT PL IT FI SK CZ MT LV RO LT GR HU LU AT EE BG
Quelle: IWF, Commerzbank Research
Großbritanniens
Das Land hat eine große,
stabile Wirtschaft und ist
liberalen Wirtschaftsreformen verpflichtet
Doch Großbritannien ist nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen von Bedeutung. Das
angelsächsische Wirtschaftsmodell ist zwar in großen Teilen Kontinentaleuropas nicht beliebt.
Doch die Briten zählten zu den Triebkräften für die Schaffung des Binnenmarktes und spielten
eine zentrale Rolle bei der Erweiterung der EU um die Länder des ehemaligen Ostblocks. Kurz
gesagt, hat Großbritannien eine große, stabile Wirtschaft und ist liberalen Wirtschaftsreformen verpflichtet. In Deutschland wurden bereits Befürchtungen laut, dass die EU sich bei
einem Austritt Großbritanniens von diesem liberalen Modell entfernen und einen stärker
protektionistischen Ansatz verfolgen könnte, der reformresistenter ist. Das wiederum würde die
Sorge vertiefen, dass sich die Eurozone ganz zu einer Transferunion entwickelt.
Großbritannien (und auch
Frankreich) spielt auf der
Weltbühne eine große
Rolle
Großbritannien sowie der Rest der EU führen auf der Weltbühne eine symbiotische Beziehung.
Neben Frankreich hat Großbritannien einen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat, und das
gibt der EU bei der Diskussion internationaler Sicherheitsfragen theoretisch großes Gewicht
(wenngleich Frankreich und Großbritannien in Bezug auf den Irakkrieg 2003 diametral entgegengesetzte Meinungen vertraten). Dennoch sichert dies Großbritannien eine starke Position, von
der aus es Einfluss ausüben kann, der noch durch seine Mitgliedschaft in vielen internationalen
Gremien verstärkt wird: der G8, der G20, dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank,
der OECD, der Internationalen Energieagentur, dem Finanzstabilitätsrat und der
Klimarahmenkonvention der UN. Zusammen mit der Größe seines Finanzsektors verleiht
Großbritanniens Position im Herzen des internationalen institutionellen Rahmenwerks dem Land
großen Einfluss, wenn es um die Anwendung effektiver Sanktionen im Namen der EU geht.
Die EU-Mitgliedschaft
stärkt auch Großbritanniens globale Rolle
Großbritannien ist zudem (trotz jüngster Sorgen wegen Kürzungen der Militärausgaben) eine
recht große Militärmacht und verfügt immer noch über das fünftgrößte Militärbudget der Welt.
Die direkten Effekte der britischen Militärausgaben auf den Rest der EU sind zwar begrenzt.
Doch sie dürften den Druck auf Deutschland erhöhen, eine größere Rolle in der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik der EU zu übernehmen. Zudem verfügt Großbritannien über ein
gut entwickeltes Netzwerk diplomatischer Kontakte sowie über Know-how, das einen wertvollen
Beitrag dazu leisten kann, die Anliegen der EU voranzutreiben, falls es zu diesem Zweck
eingesetzt werden sollte. Zudem wird Großbritannien in einer Welt zunehmender internationaler
geopolitischer Bedrohungen mehr Nutzen daraus ziehen, Teil eines größeren Blocks zu sein als
alleine zu stehen. Und darüber hinaus wird die Nützlichkeit Großbritanniens als Verbündeter der
USA auf politischer Ebene von seiner EU-Mitgliedschaft gestärkt. Nach dem Brexit würde
Großbritannien somit wohl eine kleinere globale Rolle spielen.
Der Brexit wäre ein Schlag
für die EU, deren Ruf
bereits ramponiert ist
Ein letzter – und nicht zu unterschätzender – Punkt ist der Schlag für das Prestige der EU, den
der Brexit zweifellos bedeuten würde. Die jüngste Malaise in Bezug auf Griechenland hat das
Ansehen der Region in vielen Teilen der Welt nicht gerade verbessert, und eine Ablehnung
durch Großbritannien würde den Eindruck verstärken, dass die Glaubwürdigkeit der EU
gefährdet ist. Das soll nicht bedeuten, dass die EU-Staats- und Regierungschefs auf alle Forderungen der britischen Seite eingehen sollten. Doch es dürfte ein Anreiz bestehen, den Briten
3. September 2015
17
Economic Research | Economic Insight
entgegenzukommen, damit sie sich nicht von einer der erfolgreicheren wirtschaftlichen und
politischen Partnerschaften der Moderne abwenden.
Die wirtschaftlichen
Argumente für den Brexit
sind nicht überzeugend
Schlussgedanken
Nach Prüfung der Daten scheint der Nutzen der EU-Mitgliedschaft für Großbritannien die
Kosten zu überwiegen. Die EU ist zwar eine Institution mit vielen Fehlern. Doch Euroskeptiker,
die die EU auf wirtschaftlicher Basis kritisieren, verfehlen weitgehend das Thema. Die Belege
dafür, dass ein Abbau der Bürokratie Großbritanniens wirtschaftliche Situation verbessern
würde, sind gelinde gesagt nicht überzeugend. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass
eine Welt mit geringeren Handelshemmnissen zu höherem wirtschaftlichen Wohlstand führen
sollte als eine mit stärkeren Hemmnissen. Somit dürfte ein Brexit-Ergebnis, das den Zugang
zum europäischen Binnenmarkt beschränkt, nicht in Großbritanniens nationalem Interesse sein.
Zahlreiche empirische Daten untermauern diese Einschätzung, wenngleich einige Studien zu
dem Schluss gelangen, dass die Verluste im Handel durch Gewinne in anderen Bereichen mehr
als kompensiert werden können.
Ebenso ist der ungehinderte Zugang zu einem Markt von 500 Millionen Menschen ein Vorteil,
den die britische Finanzdienstleistungsbranche nach den aktuellen Regelungen genießt.
Bewegte sich das Land außerhalb der EU, entfiele dieser Nutzen im Gegenzug für sehr
unsichere Gewinne. Denjenigen, die behaupten, dass Großbritannien die Einbußen im Handel
mit der EU durch eine Steigerung seiner Exporte in die stark wachsenden asiatischen Märkte
kompensieren könnte, entgeht ebenfalls das Wesentliche – nämlich, dass reiche Länder in
unmittelbarer Nähe tendenziell den größten Gewinn aus dem Handel ziehen. Alles in allem stellt
der Brexit unserer Meinung nach ein wirtschaftliches Spiel mit den nationalen Interessen dar,
wobei nicht ersichtlich ist, dass dieses zu positiven Ergebnissen führen würde.
Wir sind von den wirtschaftlichen Argumenten für den Brexit zwar nicht überzeugt, aber auch
nicht blind für die Defizite der EU. Fragen der demokratischen Legitimation und ihre Ferne von
den Bürgern der Mitgliedsländer haben in den letzten Jahren ihre Legitimität infrage gestellt.
Doch in einer Welt zunehmender geopolitischer Spannungen und dem Aufstreben globaler
Supermächte wie beispielsweise China werden die europäischen Nationen als Teil der EU
besser in der Lage sein, ihre Präsenz auf der Weltbühne zu wahren. Trotz aller Fehler der EU
wird oft der ursprüngliche Zweck dieser Staatengemeinschaft übersehen, nämlich nach einem
Jahrhundert der Konflikte in Westeuropa die Nationen miteinander zu verbinden. Dieses Ziel
hat sie erreicht, denn sie hat dazu beigetragen, die längste Zeit des Friedens und Wohlstands
der Moderne herbeizuführen.
Die EU ist keineswegs
perfekt, aber das Leben
draußen könnte sogar noch
härter sein
18
Es scheint zwar gute wirtschaftliche Argumente für einen Verbleib in der EU zu geben. Doch
letzten Endes muss Großbritannien den wirtschaftlichen Nutzen gegen die politischen Kosten
abwägen. Denn die EU ändert ihren Charakter, um die Probleme der Eurozone zu bewältigen.
Doch in Anbetracht der Option einer halb losgelösten Existenz außerhalb der EU, in der
Großbritannien sich schwerlich dem Einfluss der EU entziehen könnte, ist unser Fazit, dass die
EU zwar keineswegs perfekt ist, dass aber das Leben draußen noch viel härter sein könnte.
3. September 2015
Economic Research | Economic Insight
Für die Erstellung dieser Ausarbeitung sind der Bereich Corporates & Markets der Commerzbank AG, Frankfurt am Main, bzw. etwaig in der Ausarbeitung genannte
Filialen der Commerzbank verantwortlich. Corporates & Markets ist der Investmentbereich der Commerzbank, in dem die Research-, Anleihe-, Aktien-, Zinsproduktund Devisenaktivitäten zusammengefasst sind.
Die Verfasser dieses Dokuments bestätigen, dass die in diesem Dokument geäußerten Einschätzungen ihre eigenen Einschätzungen genau wiedergeben und kein
Zusammenhang zwischen ihrer Dotierung – weder direkt noch indirekt noch teilweise – und den jeweiligen, in diesem Dokument enthaltenen Empfehlungen oder
Einschätzungen bestand, besteht oder bestehen wird. Der (bzw. die) in dieser Ausarbeitung genannte(n) Analyst(en) sind nicht bei der FINRA als ResearchAnalysten registriert/qualifiziert und unterliegen nicht der NASD Rule 2711.
Dieses Dokument dient ausschließlich zu Informationszwecken und berücksichtigt nicht die besonderen Umstände des Empfängers. Es stellt keine Anlageberatung
dar. Die Inhalte dieses Dokuments sind nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder irgendeiner anderen Handlung
beabsichtigt und dienen nicht als Grundlage oder Teil eines Vertrages. Anleger sollten sich unabhängig und professionell beraten lassen und ihre eigenen Schlüsse
im Hinblick auf die Eignung der Transaktion einschließlich ihrer wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit und Risiken sowie ihrer Auswirkungen auf rechtliche und
regulatorische Aspekte sowie Bonität, Rechnungslegung und steuerliche Aspekte ziehen.
Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen sind öffentliche Daten und stammen aus Quellen, die von der Commerzbank als zuverlässig und korrekt
erachtet werden. Die Commerzbank übernimmt keine Garantie oder Gewährleistung im Hinblick auf Richtigkeit, Genauigkeit, Vollständigkeit oder Eignung für einen
bestimmten Zweck. Die Commerzbank hat keine unabhängige Überprüfung oder Due Diligence öffentlich verfügbarer Informationen im Hinblick auf einen
unverbundenen Referenzwert oder -index durchgeführt. Alle Meinungsaussagen oder Einschätzungen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers bzw. der
Verfasser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hierin zum Ausdruck gebrachten Meinungen
spiegeln nicht zwangsläufig die Meinungen der Commerzbank wider. Die Commerzbank ist nicht dazu verpflichtet, dieses Dokument zu aktualisieren, abzuändern
oder zu ergänzen oder deren Empfänger auf andere Weise zu informieren, wenn sich ein in diesem Dokument genannter Umstand oder eine darin enthaltene
Stellungnahme, Schätzung oder Prognose ändert oder unzutreffend wird.
Diese Ausarbeitung kann Handelsideen enthalten, im Rahmen derer die Commerzbank mit Kunden oder anderen Geschäftspartnern in solchen Finanzinstrumenten
handeln darf. Die hier genannten Kurse (mit Ausnahme der als historisch gekennzeichneten) sind nur Indikationen und stellen keine festen Notierungen in Bezug auf
Volumen oder Kurs dar. Die in der Vergangenheit gezeigte Kursentwicklung von Finanzinstrumenten erlaubt keine verlässliche Aussage über deren zukünftigen
Verlauf. Eine Gewähr für den zukünftigen Kurs, Wert oder Ertrag eines in diesem Dokument genannten Finanzinstruments oder dessen Emittenten kann daher nicht
übernommen werden. Es besteht die Möglichkeit, dass Prognosen oder Kursziele für die in diesem Dokument genannten Unternehmen bzw. Wertpapiere aufgrund
verschiedener Risikofaktoren nicht erreicht werden. Hierzu zählen in unbegrenztem Maße Marktvolatilität, Branchenvolatilität, Unternehmensentscheidungen,
Nichtverfügbarkeit vollständiger und akkurater Informationen und/oder die Tatsache, dass sich die von der Commerzbank oder anderen Quellen getroffenen und
diesem Dokument zugrunde liegenden Annahmen als nicht zutreffend erweisen.
Die Commerzbank und/oder ihre verbundenen Unternehmen dürfen als Market Maker in den(m) Instrument(en) oder den entsprechenden Derivaten handeln, die in
unseren Research-Studien genannt sind. Mitarbeiter der Commerzbank oder ihrer verbundenen Unternehmen dürfen unseren Kunden und Geschäftseinheiten
gegenüber mündlich oder schriftlich Kommentare abgeben, die von den in dieser Studie geäußerten Meinungen abweichen. Die Commerzbank darf
Investmentbanking-Dienstleistungen für in dieser Studie genannte Emittenten ausführen oder anbieten.
Weder die Commerzbank noch ihre Geschäftsleitungsorgane, leitenden Angestellten oder Mitarbeiter übernehmen die Haftung für Schäden, die ggf. aus der
Verwendung dieses Dokuments, seines Inhalts oder in sonstiger Weise entstehen.
Die Aufnahme von Hyperlinks zu den Websites von Organisationen, die in diesem Dokument erwähnt werden, impliziert keineswegs eine Zustimmung, Empfehlung
oder Billigung der Informationen der Websites bzw. der von dort aus zugänglichen Informationen durch die Commerzbank. Die Commerzbank übernimmt keine
Verantwortung für den Inhalt dieser Websites oder von dort aus zugängliche Informationen oder für eventuelle Folgen aus der Verwendung dieser Inhalte oder
Informationen.
Dieses Dokument ist nur zur Verwendung durch den Empfänger bestimmt. Es darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne vorherige schriftliche Genehmigung
der Commerzbank auf irgendeine Weise verändert, vervielfältigt, verbreitet, veröffentlicht oder an andere Personen weitergegeben werden. Die Art und Weise, wie
dieses Produkt vertrieben wird, kann in bestimmten Ländern, einschließlich der USA, weiteren gesetzlichen Beschränkungen unterliegen. Personen, in deren Besitz
dieses Dokument gelangt, sind verpflichtet, sich diesbezüglich zu informieren und solche Einschränkungen zu beachten. Mit Annahme dieses Dokuments stimmt der
Empfänger der Verbindlichkeit der vorstehenden Bestimmungen zu.
Zusätzliche Informationen für Kunden in folgenden Ländern:
Deutschland: Die Commerzbank AG ist im Handelsregister beim Amtsgericht Frankfurt unter der Nummer HRB 32000 eingetragen. Die Commerzbank AG
unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Graurheindorfer Strasse 108, 53117 Bonn, Marie-Curie-Strasse 24-28, 60439
Frankfurt am Main und der Europäischen Zentralbank, Sonnemannstrasse 20, 60314 Frankfurt am Main, Deutschland.
Großbritannien: Dieses Dokument wurde von der Commerzbank AG, Filiale London, herausgegeben oder für eine Herausgabe in Großbritannien genehmigt. Die
Commerzbank AG, Filiale London, ist von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und von der Europäischen Zentralbank amtlich zugelassen
und unterliegt nur in beschränktem Umfang der Regulierung durch die Financial Conduct Authority und Prudential Regulation Authority. Einzelheiten über den
Umfang der Genehmigung und der Regulierung durch die Financial Conduct Authority und Prudential Regulation Authority erhalten Sie auf Anfrage. Diese
Ausarbeitung richtet sich ausschließlich an „Eligible Counterparties“ und „Professional Clients“. Sie richtet sich nicht an „Retail Clients“. Ausschließlich „Eligible
Counterparties“ und „Professional Clients“ ist es gestattet, die Informationen in dieser Ausarbeitung zu lesen oder sich auf diese zu beziehen. Commerzbank AG,
Filiale London bietet nicht Handel, Beratung oder andere Anlagedienstleistungen für „Retail Clients“ an.
USA: Die Commerz Markets LLC, („“Commerz Markets“), hat die Verantwortung für die Verteilung dieses Dokuments in den USA unter Einhaltung der gültigen
Bestimmungen übernommen. Wertpapiertransaktionen durch US-Bürger müssen über die Commerz Markets, Swaptransaktionen über die Commerzbank AG
abgewickelt werden. Nach geltendem US-amerikanischen Recht können Informationen, die Commerz Markets-Kunden betreffen, an andere Unternehmen innerhalb
des Commerzbank-Konzerns weitergegeben werden. Sofern dieses Dokument zur Verteilung in den USA freigegeben wurde, ist es ausschließlich nur an "US
Institutional Investors" und "Major Institutional Investors" gerichtet, wie in Rule 15a-6 unter dem Securities Exchange Act von 1934 beschrieben. Commerz Markets
ist Mitglied der FINRA und SIPC. Die Commerzbank AG ist bei der CFTC vorläufig als Swaphändler registriert.
Kanada: Die Inhalte dieses Dokuments sind nicht als Prospekt, Anzeige, öffentliche Emission oder Angebot bzw. Aufforderung zum Kauf oder Verkauf der
beschriebenen Wertpapiere in Kanada oder einer kanadischen Provinz bzw. einem kanadischen Territorium beabsichtigt. Angebote oder Verkäufe der beschriebenen
Wertpapiere erfolgen in Kanada ausschließlich im Rahmen einer Ausnahme von der Prospektpflicht und nur über einen nach den geltenden Wertpapiergesetzen
ordnungsgemäß registrierten Händler oder alternativ im Rahmen einer Ausnahme von der Registrierungspflicht für Händler in der kanadischen Provinz bzw. dem
kanadischen Territorium, in dem das Angebot abgegeben bzw. der Verkauf durchgeführt wird. Die Inhalte dieses Dokuments sind keinesfalls als Anlageberatung in einer
kanadischen Provinz bzw. einem kanadischen Territorium zu betrachten und nicht auf die Bedürfnisse des Empfängers zugeschnitten. In Kanada sind die Inhalte dieses
Dokuments ausschließlich für Permitted Clients (gemäß National Instrument 31-103) bestimmt, mit denen Commerz Markets LLC im Rahmen der Ausnahmen für
internationale Händler Geschäfte treibt. Soweit die Inhalte dieses Dokuments sich auf Wertpapiere eines Emittenten beziehen, der nach den Gesetzen Kanadas oder
einer kanadischen Provinz bzw. eines kanadischen Territoriums gegründet wurde, dürfen Geschäfte in solchen Wertpapieren nicht durch Commerz Markets LLC getätigt
werden. Keine Wertpapieraufsicht oder ähnliche Aufsichtsbehörde in Kanada hat dieses Material, die Inhalte dieses Dokuments oder die beschriebenen Wertpapiere
geprüft oder genehmigt; gegenteilige Behauptungen zu erheben, ist strafbar.
Europäischer Wirtschaftsraum: Soweit das vorliegende Dokument durch eine außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässige Rechtsperson erstellt wurde,
erfolgte eine Neuausgabe für die Verbreitung im Europäischen Wirtschaftsraum durch die Commerzbank AG, Filiale London.
Singapur: Dieses Dokument wird in Singapur von der Commerzbank AG, Filiale Singapur, zur Verfügung gestellt. Es darf dort nur von institutionellen Investoren laut Definition
in Section 4A des Securities and Futures Act, Chapter 289, von Singapur („SFA“) gemäß Section 274 des SFA entgegengenommen werden.
Hongkong: Dieses Dokument wird in Hongkong von der Commerzbank AG, Filiale Hongkong, zur Verfügung gestellt und darf dort nur von „professionellen
Anlegern“ im Sinne von Schedule 1 der Securities and Futures Ordinance (Cap.571) von Hongkong und etwaigen hierin getroffenen Regelungen
entgegengenommen werden.
Japan: Commerzbank AG, Tokyo Branch ist für die Verteilung von Research verantwortlich. Die Commerzbank AG, Tokyo Branch unterliegt der Aufsicht der
japanischen Financial Services Agency (FSA).
3. September 2015
19
Economic Research | Economic Insight
Australien: Die Commerzbank AG hat keine australische Lizenz für Finanzdienstleistungen. Dieses Dokument wird in Australien an Großkunden unter einer
Ausnahmeregelung zur australischen Finanzdienstleistungslizenz von der Commerzbank gemäß Class Order 04/1313 verteilt. Die Commerzbank AG wird durch die
BaFin nach deutschem Recht geregelt, das vom australischen Recht abweicht.
© Commerzbank 2015. Alle Rechte vorbehalten. Version 9.21
Commerzbank Corporates & Markets
Frankfurt
Commerzbank AG
DLZ - Gebäude 2, Händlerhaus
Mainzer Landstraße 153
60327 Frankfurt
London
Commerzbank AG
London Branch
PO BOX 52715
30 Gresham Street
London, EC2P 2XY
Tel: + 49 69 136 21200
Tel: + 44 207 623 8000
20
New York
Commerz Markets LLC
Singapore Branch
Commerzbank AG
Hong Kong Branch
Commerzbank AG
225 Liberty Street,
32nd floor
New York,
NY 10281 - 1050
Tel: + 1 212 703 4000
71, Robinson Road, #12-01
Singapore 068895
15th Floor, Lee Garden One
33 Hysan Avenue, Causeway Bay
Hong Kong
Tel: +65 631 10000
Tel: +852 3988 0988
3. September 2015