gewerbesteuerrisiko für BAg bei fehlender steuerlicher

Rechtsprechnung
STEUERRECHT
Gewerbesteuerrisiko für BAG bei fehlender
steuerlicher Mitunternehmerstellung einer Ärztin
von RA, FA für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann,
Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Ist eine Ärztin nicht am Vermögen einer Berufsausübungsgemeinschaft
(BAG) beteiligt und erhält sie nur einen Prozentteil ihrer Honorarumsätze,
fehlt regelhaft die steuerliche Mitunternehmerstellung. Vereinnahmt die
BAG Einkünfte aus der zudem vollständig eigenverantwortlichen Behandlungstätigkeit der Ärztin, unterliegen diese nach § 18 EStG der Gewerbesteuer, die sodann die Gesamteinkünfte der BAG erfasst (Abfärbetheorie).
Dies entschied das Finanzgericht (FG) Düsseldorf (Urteile vom 19.9.2013,
Az. 11 K 3968/11 F, Abruf-Nr. 141601, und 11 K 3969/11 G, Abruf-Nr. 141602).
Der Fall
Die Augenärzte A und B betrieben eine BAG in der Rechtsform einer GbR. Im
Jahr 1998 nahmen sie die Augenärztin C in die BAG auf. Der zugrunde ­liegende
Gesellschaftsvertrag sah unter anderem vor:
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
„„ Die Gesellschafter üben die Geschäftsführung gemeinschaftlich aus, w
­ obei
Entscheidungen mehrheitlich zu treffen sind.
„„ Für künftig aus der BAG entstehende Verbindlichkeiten (z. B. der Kassenärztlichen Vereinigung oder von Patienten) haften die Partner als Gesamtschuldner, im Innenverhältnis aber nur nach dem Grad ihres Verschuldens.
„„ Für jeden Vertragspartner ist auf dessen Kosten eine angemessene
­Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.
„„ A und B führen bis zum 31. März 2001 die Buchwerte ihrer Praxis im Sonderbetriebsvermögen fort. Neue Investitionen tätigen A und B bis dahin
ebenso im eigenen Namen wie etwaige Reparaturen; C ist bis dahin zu Null
an den materiellen Werten der Gemeinschaft beteiligt.
„„ C kann mit Wirkung zum 31. März 2001 ein Drittel der Praxis erwerben.
„„ Als Gewinn erhält C bis zum 31. März 2001 jährlich 37 Prozent vom eigenen
Honorarumsatz für die ersten 200.000 DM und 42 Prozent für die darüber
liegende Summe, sofern ein entsprechender Gewinn erzielt wird.
„„ Die Verfügungsmacht über die Konten und die Barkasse liegen bis zum 31.
März 2001 bei A und B bzw. ihren Ehefrauen.
„„ Der Vertrag enthält keine Regelungen für den Fall des Ausscheidens eines
Gesellschafters oder für die Auflösung der Gesellschaft.
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Abruf-Nrn. 141601
und 141602
Ärztin einer BAG war
an ihren Umsätzen
beteiligt, trug sonst
aber kein Risiko
C machte zum 31. März 2001 keinen Gebrauch von der Erwerbsoption. Die
BAG wurde mit den bisherigen Vereinbarungen weitergeführt. 2011 v­ eräußerte
A seinen Gesellschaftsanteil an den weiteren Arzt D. C erwarb unmittelbar im
Anschluss daran von D und B jeweils einen 2,5-prozentigen Gesellschaftsanteil.
2007 gab die BAG eine Feststellungserklärung ab, in der sie wie in den Vorjahren A, B und C als Mitunternehmer aufführte und für A und B jeweils ca.
590.000, für C ca. 85.000 Euro Gewinne aus selbstständiger Tätigkeit erklärte.
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ARZT- UND MEDIZINRECHT
KOMPAKT
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Rechtsprechnung
2009 wurde im Rahmen einer Betriebsprüfung die fehlende Mitunternehmerstellung der C moniert. Die BAG verfüge außer den Forderungen aus Leistungen über kein Gesamthandsvermögen, da Praxiseinrichtung, Bankguthaben
und Verbindlichkeiten nur A und B zugerechnet würden. Betriebs- und Finanzierungskosten trügen A und B allein. Die Einkünfte der BAG seien somit
nicht einheitlich und gesondert für A, B und C festzustellen. Die Einkünfte von
C seien vielmehr als Einkünfte aus Einzelunternehmen anzusetzen, während
die Einkünfte der zweigliedrigen BAG bestehend aus A und B einheitlich und
gesondert festzustellen seien. Soweit die zweigliedrige BAG Honorare von C
vereinnahme, beruhte dies nicht auf leitender und eigenverantwortlicher
­Tätigkeit von A und B, sodass diese Einkünfte gewerblich seien und den
­gesamten Betrieb infizierten. Einspruch und Klage dagegen blieben erfolglos.
Die Entscheidung
Nach §§ 179, 180 AO werden einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige
Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften
mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich
­zuzurechnen sind. Bei einer selbstständig oder gewerblich tätigen GbR ist
diese Voraussetzung erfüllt, wenn mehrere Personen den Betrieb als Unternehmer (Mitunternehmer) führen. Daran fehle es aber, urteilte das FG.
Betriebsprüfer
monierten fehlende
Stellung als
Mitunternehmerin
Ärztin keine
Mitunternehmerin:
Gewerbliche
Einkünfte für BAG
Mitunternehmer müssen über Mitunternehmerinitiative verfügen und Mitunternehmerrisiken tragen. Beide Merkmale können im Einzelfall mehr oder
weniger ausgeprägt sein, müssen aber kumulativ vorliegen. Mitunternehmerrisiko bedeutet Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens.
Der Gesellschafter muss daher nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg
beteiligt sein. Der Gesellschaftsvertrag muss auch Gewähr dafür bieten, dass
der Mitunternehmer (grundsätzlich) im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil Anspruch auf den
Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des
­Zuwachses an dem Firmenwert hat. C nehme hier aber nur – begrenzt – am
Misserfolg, nicht aber am Erfolg und den Gewinnchancen der GbR teil. Zudem sei das Mitunternehmerrisiko von C in signifikantem Umfang beschränkt
und könne nicht durch eine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden. Neben der fehlenden Gewinnbeteiligung biete der Gesellschafts­
vertrag keine hinreichende Gewähr für eine Beteiligung der C an den stillen
Reserven oder dem Wertzuwachs der BAG.
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Da C ihre Patienten zudem unstreitig eigenverantwortlich behandelte, hätten
A und B hinsichtlich dieser Umsätze nicht mehr leitend und eigenverantwortlich i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG tätig werden können – mit der Folge, dass
die BAG insgesamt als Gewerbebetrieb anzusehen sei.
FAZIT | Berater sollten mit Bedacht agieren: Neben die vertragsarztrechtliche
Vorgabe der Tätigkeit „in freier Praxis“, konkretisiert durch das viel diskutierte
Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Juni 2010 (Az. B 6 KA 7/09 R), tritt nun bei
„Scheingesellschaften“ zu den harschen vertragsarztrechtlichen Sanktionen
noch ein gravierendes steuerliches Risiko hinzu. Abzuwarten bleibt, ob der Bundesfinanzhof im Rahmen der eingelegten Revisionen die Urteile bestätigt.
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Beratung sollte
sorgsam unter
Beachtung der
Risiken erfolgen
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