Laudatio Roland Ledergerber

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STARTFELD Diamant 2015 - Laudatio
Preisverleihung, 23. Juni 2015, Hauptsitz der St.Galler Kantonalbank
Roland Ledergerber,
Präsident der Geschäftsleitung, St.Galler Kantonalbank
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich begrüsse Sie auch von meiner Seite herzlich zur diesjährigen
Preisverleihung des STARTFELD Diamant. Es freut mich, dass wir nun
bereits zum vierten Mal wiederum sehr hochkarätige und ungeschliffene
Diamanten für den Jungunternehmerpreis der St.Galler Kantonalbank
auszeichnen dürfen. Es macht mich auch stolz, dass wir als führende
KMU-Bank der Region und in enger Zusammenarbeit mit STARTFELD
fünf Unternehmen mit Beratung, Schulungen und einem Preisgeld von
insgesamt 50‘000 Franken unterstützen und fördern dürfen.
Wer den Hauptpreis heute Abend mit nach Hause nehmen darf, werde ich
ganz zum Schluss sagen – und somit also noch für Spannung sorgen.
Als Mitglied der Jury war es unsere Aufgabe, aus den fünf Finalisten den
nach unserer Ansicht innovativsten Jungunternehmer zu erküren. Dass
alle preiswürdig sind, lag auf der Hand: Die Vorjury hatte ja aus den rund
30 Bewerbern bereits die Nomination für die Endauswahl vorgenommen.
In der zweiten Phase des Wettbewerbsprozesses erhielten die fünf
Nominierten die Möglichkeit, in spezifisch auf Jungunternehmer
zugeschnittenen Management-Seminaren zusätzliche ManagementKompetenz zu erwerben und ihr Geschäftsmodell auf
Optimierungspotenzial zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Im Anschluss daran mussten sie im dritten Schritt ihre Innovation, ihre
Geschäftsidee und ihr Unternehmenskonzept persönlich vor der Jury
präsentieren und erläutern. Heute nun findet mit der Preisverleihung der
finale Schritt des Wettbewerbsprozesses statt.
Allen Bewerbern gemeinsam ist, dass sie ein Bedürfnis lokalisiert haben
oder einen Mangel erkannt und diesen dank ihrer Idee erfolgreich
behoben haben. – Sie werden sich nun fragen, was daran besonders
innovativ sein soll. Kundenwünsche erkennen und erfüllen ist ja das
tägliche Brot jeder Unternehmerin und jedes Unternehmers.
Um dies zu erklären, möchte ich Ihnen die Geschichte des britischen
Hausgeräteherstellers Dyson erzählen.
Ihr Gründer und Chef, James Dyson, gilt in der Branche als Tüftler,
welcher mit einem beutellosen Staubsauger den Durchbruch geschafft
hat. Mittlerweile ist der Name „Dyson“ das Synonym für diese Art Geräte
geworden. Am Anfang seiner Erfindung stand aber zunächst ein grosser
Frust: So habe er es jeweils gehasst, laufend neue Beutel für seinen
Staubsauger zu kaufen. Enttäuschung oder Wut über Dinge, die nicht
funktionieren, wie sie eigentlich sollten, sind Dysons Antreiber für eine
Innovation. Dies gilt auch für andere seiner Entwicklungen: So hat er eine
Schubkarre entworfen, bei der er das Rad durch einen Ball ersetzt und so
verhindert, dass diese im Boden einsinken kann. Aktuell arbeitet er an
einem Wasserhahn, der gleichzeitig auch die Hände trocknet.
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Das Beispiel von James Dyson zeigt: Als innovativ gilt nicht zwingend nur
das bahnbrechend Neue oder die revolutionäre Produktidee, egal, ob sie
jemand braucht oder nicht. Vielmehr ist es die Fähigkeit, etwas
Bestehendes, wie eben einen Staubsauger, zu nehmen, und sich zu
fragen, wie man diesen noch besser machen kann.
Auch bei unseren Finalisten stand am Anfang ihrer Geschäftsidee nicht
selten auch eine persönliche Frustration Pate.
 Zum Beispiel bei Philipp Ringli von Peakhunter, der auf dem
Hundstein im Alpstein seinen eigenen, früheren Gipfelbucheintrag
ansehen wollte und feststellen musste, dass diese Seite
herausgerissen war.
 Oder bei Timo Steitz von ShoeSize.Me, der bei einer Fabrik für
massgefertigte Schuhe arbeitete, die mit zu vielen Retouren aus
dem Online-Shop kämpfte.
 Bei Meteomatics waren es ungenaue Wetterprognosen, die Martin
Fengler anspornten.
 Bei Josip Sunic von Prime Computer wiederum waren es laute und
ineffiziente PCs. Er sagte sich, dass dies auch besser zu machen
sein sollte und begann zu tüfteln.
 Und im Falle von DSE Systems AG waren es lange andauernde
Baustellen, die jeweils Unmut hervorrufen, sowohl bei den
Autofahrern als auch den Anwohnern in Bezug auf Lärm, Abgase
und Behinderungen.
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Was bei den fünf Startups, die in die Endrunde kamen, ebenfalls auffällt:
sie sind überwiegend in traditionellen Bereichen tätig, in denen man kaum
noch Innovationen vermutet: Ihre Innovationen befassen sich mit
Alltagssituationen: sei es Strassenbau, beim Schuhkauf, bei Bergtouren,
bei der Nutzung von PCs oder der 24-Stunden-Wetterprognose.
Unsere Finalisten haben für Alltagsfragen neue Antworten gefunden und
damit traditionelle Bereiche, die teils auch bereits gesättigt sind,
revolutioniert. Dank ihren Innovationen haben sie gleichzeitig die
herkömmlichen Geschäftsmodelle weitergetrieben. Auffallend ist, dass sie
sich die Möglichkeiten der Digitalisierung zunutze gemacht haben.
 Bei ShoeSize.Me gelingt es damit, den Online-Schuhkauf sowohl für
den Schuhhändler als auch für den Kunden wesentlich effizienter
und reibungsloser zu gestalten.
 Peakhunter wiederum schafft es dank der Digitalisierung, eine uralte Tradition, wie das Gipfelbuch, in eine moderne und nachhaltige
Form zu überführen.
 Bei DSE Systems AG war es die Fähigkeit zur Prozessoptimierung,
wie man sie aus der Industrie kennt, und welche es ermöglicht,
Bauwerke und damit auch die Baustelle als nachhaltige
Gesamteinheit zu begreifen.
 Nachhaltigkeit steckt auch in den Prime Computern – dies notabene
in einer Branche, die manchmal jedes unspektakuläre SoftwareUpdate gleich als bahnbrechende Innovation ankündigt.
 Ebenfalls neuen Drive hat Meteomatics der Wettervorhersage
gegeben. Dank den ferngesteuerten Drohnen gelingt es
Meteomatics, die meteorologisch bisher nicht auswertbaren unteren
Luftschichten bis 1,5 km erschliessen zu können.
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Gestatten Sie mir hier einen kurzen Schwenk zur Finanzbranche. Sie gilt
ja ebenfalls als ein traditioneller Markt mit austauschbaren Produkten und
vergleichsweise niedrigem Innovationsgrad. Doch auch hier eröffnen sich
den Banken durch die Digitalisierung neue Wege, um in Zukunft
erfolgreich zu sein. Kunden sind dank den neuen Technologien heute in
der Lage, jederzeit und von fast überall aus mit ihrer Bank zu interagieren.
Smartphone, Tablet oder Notebook ermöglichen es, Zahlungen
vorzunehmen, Wertschriftenportefeuilles durchzusehen und
Wertschriftenkäufe und –verkäufe zu tätigen. Immer mehr Menschen –
und dies beileibe nicht nur die jüngere Generation – nutzen die Vorteile
des Digital Banking.
Dieser Wandel bringt es mit sich, dass auch ein etabliertes Unternehmen,
wie die St.Galler Kantonalbank, ihr Geschäftsmodell überdenken und
allenfalls anpassen muss. Für uns als klassische Universalbank besteht
dabei die Herausforderung, die neue, digitale Welt in unser
Dienstleistungsspektrum aufzunehmen, ohne dabei die traditionelle Welt
zu vernachlässigen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass im Bankgeschäft die
Maschine den Menschen nie ganz verdrängen kann. Gerade bei
komplexen Bedürfnissen, wie dem Kauf eines Einfamilienhauses, einer
Pensionierungsberatung oder der Finanzplanung wünschen die Kunden
ein Gegenüber, an das sie sich persönlich und vertraulich wenden
können. Ich bin froh, dass dies auch in Zukunft so sein wird und dass die
Möglichkeiten der Digitalisierung die Vorzüge des zwischenmenschlichen
Kontaktes nicht in allen Bereichen aufzuwiegen vermögen.
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Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Innovationen sind wichtig.
Innovationen treiben uns weiter und sichern die Wettbewerbsfähigkeit. Ich
geniesse es, Innovationen zu beurteilen und neue Konzepte kennen zu
lernen. Diese inspirierende Auseinandersetzung findet jeweils statt, wenn
sich unsere Jury alljährlich zur Ermittlung des Gewinners von Startfeld
Diamant trifft. An dieser Stelle danke ich meiner Kollegin Cornelia Gut,
und meinen Kollegen Alfred Lichtensteiger, Thomas Scheitlin, Jürg Stuker
und Kurt Weigelt, für die jederzeit fruchtbare und anregende
Zusammenarbeit.
Immer wieder spannend finde ich den Dialog mit den Jungunternehmern.
Dabei findet ein Lernprozess auf beiden Seiten statt. Durch den
mehrstufigen Bewerbungsprozess sehen sich die Startups mehr und mehr
mit der Unternehmensrealität konfrontiert und wir umgekehrt werden
durch die neuen und mutigen Ideen inspiriert und fasziniert.
Bei der Präsentation dieser Ideen haben wir übereinstimmend eine
interessante Beobachtung gemacht, die meine vorhin gemachte
Bemerkung über den Wert des persönlichen Kontaktes nur unterstreicht:
Es fiel uns nämlich auf, dass alle Finalisten ihre Geschäftsidee vor Ort
und im persönlichen Kontakt mit der Jury viel besser zur Geltung bringen
konnten als in den eingereichten Konzeptpapieren. Unseren
Jungunternehmern ist offenbar bewusst, dass es nicht reicht, „nur“ eine
gute Idee zu haben, sondern man muss diese auch überzeugend
darlegen. Und: Man muss die Mitmenschen von der eigenen Idee
begeistern können. Die persönliche Interaktion ist in dieser Hinsicht der
digitalen Information matchentscheidend überlegen.
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Dennoch hat sich bei allen bisher aufgeführten Gemeinsamkeiten unter
den fünf Finalisten einer besonders herausgeschält. Damit spanne ich Sie
nun nicht weiter auf die Folter und komme zur Verkündigung des
Hauptgewinners.
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«The Winner is»
Der erste Preis des diesjährigen Startfeld DIAMANT geht an
Die Meteomatics GmbH aus St.Gallen.
Die Meteomatics hat die Jury aus verschiedenen Gründen ganz
besonders überzeugt.
 Erstens: Die Innovation
Der Startup Meteomatics ist mit der Meteodrohne weltweit das erste
Unternehmen, das direkte Messwerte in der Grundschicht, also in
einer Höhe bis zu 1,5 km, erheben kann. Diese Schicht ist gerade
für die kurzfristigen Wetterprognosen interessant, da hier, im
Übergang vom Nebel zum klaren Himmel, etwas laienhaft formuliert
die „Zutaten“ für Gewitter, Hochnebel oder Eisregen liegen. Die
üblichen Wetterstationen decken diesen Bereich nicht ab, denn ab
Boden wird nur ein schmales Band zwischen zwei und zehn Metern
Höhe gemessen. Die Messdaten, welche die Drohnen erheben,
werden in ein hochauflösendes Wettermodell von Temperatur,
Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit eingelesen, welches die
perfekte 24-Stundenprognose liefern kann. Kein anderes
Konkurrenzprodukt kann die gleiche Prognosegüte liefern.
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 Zweitens: Das Marktpotential
Das Marktpotential für diese Prognosen und Produkte ist enorm.
Dabei sind aber nicht nur wir „normalen“ Prognosen-Konsumenten
von Interesse, sondern vielmehr richtet sich Meteomatics an
Energiehandelsunternehmen, Energieproduzenten, Netzbetreiber,
Versicherungen, Agrarunternehmen, aber auch Flughäfen,
Tourismusgebiete bis hin zu staatlichen Wetterdiensten. In einem
ersten Schritt der Kommerzialisierung ist die Erschliessung des
Marktes Schweiz vorgesehen. In einem nächsten Schritt wird die
Erweiterung des Messnetzes nach Deutschland angestrebt. Derzeit
läuft eine Testphase mit sieben Geräten in der Ostschweiz. Verläuft
diese Testphase erfolgreich und erlangt das System Marktreife, sind
dem Ausbau eigentlich keine Grenzen gesetzt. Das Marktpotential
für Wetterprognosen wird in Europa auf über EUR 4 Mrd. pro Jahr
geschätzt. Langfristig ist ein europaweites Messnetz oder auch der
Einstieg in den US-amerikanischen Markt denkbar.
 Und drittens: Das Jungunternehmerteam.
Der CEO Dr. Martin Fengler ist Mathematiker und verfügt über rund
10 Jahre Erfahrung im Bereich der Meteorologie. Vormals bei der
Meteomedia in Gais tätig, ist er der Unternehmensgründer und trägt
die Vision eines drohnengestützten Messnetzes. Ihm zur Seite steht
ein Team, das sowohl die Erfahrung im Aufbau und Betrieb von
meteorologischen Messnetzen als auch die Kompetenz in der
Entwicklung von markführenden Prognosesystemen verbindet.
Darüber hinaus sind nebst IT-Expertisen auch erfahrene Fluglehrer
und Drohnenpiloten an Bord, die u.a. auch als Instruktoren an der
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NTB Buchs und der ZHAW tätig sind. Ebenso verstärkt ein
prominenter Beirat die fachliche Kompetenz des Teams.
 Last but not least: Die Wurzeln in der Ostschweiz.
Bei Meteomatics handelt es sich – und als Vertreter der St. Galler
Kantonalbank betone ich das besonders gerne – um ein Projekt, das
fast ausnahmslos in der Ostschweiz entwickelt wird.
Es ist Ihnen, lieber Herr Fengler zu wünschen, dass ihre Drohnen bald
Flüge über die Landesgrenzen hinaus unternehmen. Ihre Innovation wird
zwar nicht das Wetter selber, jedoch auf jeden Fall seine Prognose
besser machen.
Mit grosser Freude überreiche ich den STARTFELD Diamant 2015 der
Meteomatics GmbH. Darf ich Sie bitten, nach vorne zu kommen?
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