Vielfalt der Eukarya - Schwerpunkt Pilze Pilze- griech. Mycota, lat. Fungus/Fungi 1. Vorkommen und Bedeutung - Weltweit, vorzugsweise in terrestrischen Ökosystemen, - ca. 70.000 Arten von geschätzten 1.5 Mio. z.Z. bekannt - saprophytische, symbiontische oder parasitische Lebensweise - Bodenfruchtbarkeit - Ernährung - Wirkstoffproduzenten (Antibiotika, Toxine, Immunmodulatoren ….) - Pflanzen- und Tierpathogene - Biotechnologische Nutzung (Enzyme, org. Säuren, Antibiotika, Lebensmittel…) 2.Pilzzelle - Eukaryotische Zelle; haploider Chromosomensatz; diploides Stadium i.d.R. kurz, - Häufig mehrkernige Stadien, - Lysosomen (lytische Enzyme), Peroxysomen (Katalase + Peroxodase), Parenthosomen an den Septen, Vakuolen (klein, aber auch zum Transport benutzt) - Lineare Chromosomen; teilweise zirkulare oder lineare Plasmide - Genom 14-62 Mb; durchschnittlich 10-20% repetitive Sequenzen - GC-Gehalt zwischen 38 und 63% (Basidiomyceten: 50-63%) - Pilzzellwand: Chitin (Oomyceten: Cellulose); Protein, Glycoprotein, Glucan; Hefen: Mannane 3.Pilzwachstum a) Zelluläre Pilze (Hefen) Wachsen durch Knospung in alle Richtungen (isotrop); mitotisch; Sprossmycel; b) filamentöse (mycelbildende) Pilze wachsen in Form eines Mycels, das aus einzelnen Hyphen besteht; die Hyphen wachsen apikal (an der Hyphenspitze) und damit polar (anisotrop); Verzweigungen wachsen auch apikal; damit wird die Fläche erschlossen; Hyphen können an bestimmten Stellen auch verschmelzen (Anastomosen); es entsteht ein Hyphengeflecht das Zellwandmaterial wird in Vesikeln entlang des Cytoskeletts (Mikrotubui und Actinfilamente) zur Hyphenspitze (Spitzenkörper) transportiert, der die Verteilung und den Einbau der Vesikel in die Zellwand steuert. ATP-abhängiger Transport an Motorproteinen (Myosin an Actinfilamenten, Dyneein an Mikrotubuli). Der Transport von Zellkernen, Mitochondrien, ER und Vakuolen erfolgt in umgekehrter Richtung über weite Strecken und Zellgrenzen hinweg, die Hyphen der echten Pilze sind durch Septen in Kompartimente gegliedert; Die einzelnen Kompartimente sind oft mehrkernig und bilden Syncytien, wobei die Kerne identisch (Homokaryon) oder verschieden (Heterokaryon) sein können. Die Septen können nur durch ein Woronin-Körperchen verschlossen ein (einfache S.) oder Doliporen besitzen, die von einer membranösen Kappe, dem Parenthosom umgeben sind. Durch die Poren findet Stoff-und Organellentransport statt Pilze können durch Zusammenlagerung gewebeähnliche (parenchymatische) Strukturen bilden: - Pseudoparenchym (Plektenchym) in den makroskopischen Fruchtkörpern und Hyphenstränge (Rhizomorphe) im Boden. c) Pilze bilden ein Substratmycel und ein Luftmycel Luftmycelbildung durch Proteinschicht aus aggregierten Hydrophobin-Monomeren an der Hyphenoberfläche (Umfaltung der löslichen Monomerform in Aggregatform mit 8 Systeinresten); Luftmycel trägt i.d.R. Sporen, die der Verbreitung des Pilzes dienen Hydrophobin auch für Anheftung an hydrophobe Oberflächen, z.B. Cuticula von Pflanzenzellen und zur Plektenchymbildung in Fruchtkörpern 4. Einteilung der Pilze Pilze gehören zur Domäne der Eukarya und besitzen aufgrund phylogeneticher Analysen (18S-rDNA) einen selbständigen Rang: - Echte Pilze: Baisiomyceten (Hymenomyceten; Phragmobasidiomyceten) Ascomyceten Zygomyceten Glomeromyceten Chytridiomyceten Hefeartige Sprossung und/oder filamentöses Wachstum; septierte Hyphen; Chitin in der Zellwand - Oomyceten: fädige Wachstumsform und Morphologie der Fruchtkörper pilztypisch; jedoch kein Chitin sondern Cellulose in der Zellwand; Nähe zu den Braunalgen -Myxomyceten und Acrasiomyceten: amöboides Wachstum, das phylog. Nähe zu den Protisten anzeigt - Deuteromyceten: Formklasse der Pilze, die sich entweder nur asexuell vermehren oder deren sexuelles Stadium bisher nicht gefunden wurde (Fungi imperfecti) Die asexuelle Sporenbildung ist ähnlich der von bekannten Ascomyceten -Hyphenomyceten: Formenklasse von Pilzen, die nur als Hyphen bekannt sind (keine Sporenbildung) -Zusätzlich zur 18s-Analyse heute die Untersuchung von intergenischen Bereichen der rRNA üblich (18S-, 5,8 S-, 28S-rRNA wird in einem Transkript abgelesen; mehr als 200 Genkopien im Genom; Sequenzbereich zwischen den rRNA-Genen = ITS-Region (internal transcribed spacer) Sequenzbereich zwischen den Transkriptionseinheiten = IGS (intergenic spacer) Sequenzbereich unterliegen weniger dem Selektionsdruck = größere Sequenzdiversität Phylogenetische Verwandschaften, aber auch Taxonomie unterhalb der Artebene 5.Vermehrung der Pilze Pilze vermehren sich sexuell (meiotisch) und asexuell (mitotisch); Dabei wird die sexuelle Vermehrung als Hauptfruchtform, die asexuelle als Nebenfruchtform bezeichnet. Allerdings vermehren und vor allem verbreiten sich die Pilze besonders intensiv über die Nebenfruchtform (Mitose). Asexuell: Neben einer Zweiteilung (Spalthefe: Schizzosaccharomyces pombe) , Knospung (Sprossung) bei (Saccharomyces cerevisiae) bilden die Hyphen der Mycelpilze direkt oder an speziellen Trägern oder in Behältern (Sporangien) Sporen. Diese Sporen/Tochterzellen sind genetisch identisch Bei der asexuellen Vermehrung wird zwischen a) Planosporen = Zoosporen: 1-2 Geißeln, entstehen in Planosporangien (Zoosporangien); Vorkommen bei Wasserpilzen und einigen Parasitischen Pilzen b) Aplanosporen bei Landformen - Knospung (Sprossung) bei Hefen oder hefeartige Stadien dimorpher Pilze - Querteilung bei Schizzosaccharomyces pombe - Zerfall (Fragmentierung) von Hyphen: Oidien - Exogene abgeschnürte Sporen (Phialo- oder Konidionsporen; Blastosporen) - Endogen abgeschnürte Sporen (Sporangiosporen) - Chlamydosporen (Dauerformen) unterschieden. Luftmycel sowie Anzahl und Struktur der Sporenträger bestimmen die Oberflächentextur von Pilzkulturen: wattig, samtig, krümelig ….) Die meisten asexuellen Sporen an Trägern sind gefärbt. Sexuell: Die sexuellen Vermehrungsstrukturen bilden hingegen die Grundlage für die Systematik (Einteilung der Pilze). In diesen Strukturen findet die Meiose (Reduktionsteilung) statt, wobei haploide Kerne entstehen, die in haploiden Sporen verbreitet werden. Diese haploiden Sporen im Ergebnis einer sexuellen Vermehrung können auskeimen und sich asexuell weiter vermehren. Die sexuellen und asexuellen Stadien der Pilze sind in der Regel morphologisch unterschiedlich. Die morphologischen Strukturen der asexuellen Vermehrung werden als Anamorph, die der sexuellen Vermehrung als Teleomorph bezeichnet. Teilweise tragen beide Vermehrungsformen einer Art verschiedene Namen, weil sie wegen der morphologischen Unterschiede früher zwei getrennten Arten zugeordnet wurden. In der Molekularbiologie hat sich der Anamorph eingebürgert: Aspergillus nidulans anstelle von Emericella nidulans Bei Pilzen entsteht aus der Zygote entweder ein Dauerorgan (z.B. eine Spore), das meist nach der Meiose zu einem Sporangium auskeimt (z.B. Zygomyceten) oder kein Dauerorgan, sondern durch Teilung des Zygotenkerns entstehen typische Meiosporangien (Ascomyceten und Basidiomyceten) Bei der sexuellen Vermehrung sind 3 Phasen zu unterscheiden: - Plasmogamie - Karyogamie - Meiose Die einzelnen Phasen können unterschiedlich lang und morphologisch verschieden sein. Die Plasmogamie erfolgt entweder durch - Die Verschmelzung morphologisch nicht differenzierte Hyphen: Somatogamie - Die Verschmelzung morphologisch gleicher (Isogamie) oder verschiedener beiderseits beweglicher Gameten (Anisogamie) oder eines unbewegliche n Gameten (Oogamie) - Die Verschmelzung von zwei Gametangien (Gametangiogamie) Kreuzungstypen Sexuelle Vermehrung bei Pilzen setzt genetisch differente und kompatible Partner/Kerne/Genome voraus. Die Kompatibilität wird über Kreuzungstypen (mating types: +- oder a,α) realisiert, die in bestimmten Genorten verschieden sind. Je nach Anzahl der Gene und vorhandener Allele gibt es wenige oder viele Kreuzungstypen. Manche Pilze können innerhalb eines Individuums den Kreuzungstyp durch Genregulation verändern. Pilze, die zur Kreuzung (sexuellen Vermehrung) zweier Individuen erfordern (zweier Mycelien) werden als zweihäusig (heterothallisch) bezeichnet, Individuen, die beide oder mehrere Kreuzungstypen tragen als einhäusig (homothallisch). 6.Stoffwechsel der Pilze Pilze sind chemo-organo-heterotrophe Mikroorganismen und leben meistens saprophytisch. Die Substrate werden durch extracelluläre Enzyme in Monomere oder Oligomere abgebaut und in die Zelle aufgenommen. Viele saprophytische Pilze leben im Bereich der Pflanzenwurzeln und werden zur Rhizosphäre gezählt. Symbiontische Pilze im Boden bilden die sog. Mykorrhiza (Pilzwurzel), die die Pflanze mit Wasser und Mineralien versorgt und von Assimilaten oder Ausscheidungen der Pilzwurzeln lebt. Parasitische Pilze ernähren sich von ihren Wirten. 7. Sexuelle Vermehrung einzelner Pilzklassen Sexuelle Vermehrung der Basidiomyceten Prinzip: Bilden ihre Sporen an Basidien; Ständer – und Hutpilze; Hutgröße zwischen 1 cm und 35 cm beim Riesenschirmling (Macrolepiota procera); Bilden sex. Sporen an unseptierten Basien im Hymenium (Pseudoparenchym)= UG Hymenomyceten Hymenium in Form von Röhren (z.B. Steinpilz: Boletus edulis) oder Lamellen (z.B. Champignon: Agaricus bisporus oder Spätblättling: Schizophyllum commune); auch in Form von Leisten (Pfifferling: Cantharellus cibarius) Hutform- und –farbe; Sporenfarbe und –struktur als Bestimmungsmerkmale; Molekularbiol. Methoden, wenn keine Fruchtkörper vorhanden sind; Meiste Hymenomyceten sind bodenbewohnend, in Mykorrhizasymbiose, auf lebendem oder totem Holz Zweite Untergruppe: Phragmobasidiomyceten Phytopathogene Rostpilze (Uredinomyceten) und Brandpilzer (Ustilaginomyceten), z.B. Maisbeulenbrand: Ulstialgo maydis Bilden ihre sex. Sporen (Sporidien) an septierten Phragmobasidien; Verwandschaftlich in der Nähe der Phragmobasiomyceten (obwohl keine Phragmobasidien gebildet werden): Cryptococcus neoformans, ZNS-Infektionen Lebenszyklus von Schizophyllum commune Das primäre haploide Mycel aus gekeimter Basidiospore enthält in jeder Zelle nur einen Kern (Monokaryon). Durch Plasmogamie entsteht Dikaryon. Schnallenbildung erhält dikaryotischen Zustand für längere Zeit aufrecht. Das Dikaryon bildet hochorganisierte Fruchtkörper in dessen Hymenium durch Vergrößerung endständiger Zellen Basidien entstehen, in deren Karyogamie und unmittelbar Meiose stattfinden, wobei 4 Tochterkerne enstehen, die exogen abgeschnürt werden. - Lange Dikaryonphase – Sexuelle Vermehrung der Ascomyceten Bildung eines Schlauches (Ascus) mit sexuellen Sporen; Bei den Proroascomyceten (S. cerevisiae) liegen die Asci frei vor und enthalten 4 Sporen, bei den Euascomyceten werden ausdifferenzierte, schlauchförmige Asci in Fruchtkörpern gebildet, die 4, 8 oder mehr Sporen enthalten, die durch an die Meiose anschließende Mitosen entstehen; Spezifische männliche und weibliche Fortpflanzungsstrukturen: Antheridium, Oogonium und Trichogyne; dikaryotisches Mycel mit Hakenbildung; Fruchtkörperformen: Cleistothecium (Emericella nidulans, Eurotium amstelodami), Perithecium (Neurospora crassa, Podospora anserina, Chaetomium globosum), Apothecium (Aleuria aurantia) Zwei Kreuzungstypen; Genorte nicht homolog und damit keine Allele (nicht durch Mutation auseinander hervorgegangen), sondern Idiomorphe (Gene mit unterschiedlicher Funktion) Mating Type Switching: Jede Zelle enthält die Information für beide Kreuzungstypen (jedoch jeweils nur eine aktiv); 3 Genorte, von denen 2 die stille Information für jeden Kreuzungstyp enthalten; der 3. Genort wird abgelesen, seine Information legt den Kreuzungstyp fest. Durch Transposition und Rekombination kann eine stille Information in den aktiven Genort gelangen und den Kreuzungstyp verändern. Sexuelle Vermehrung der Zygomyceten Heterothallische Vermehrung wird durch Trisporsäure gesteuert, die die Zygosporenbildung auslöst; jeder Kreuzungspartner allein zu dessen Synthese nicht befähigt, Austausch von Zwischenstufen erforderlich, Glomeromyceten - Mutualistische Symbiose mit Wurzeln der meisten Landpflanzengattungen - Arbusculäre Endomykorrhiza (130 Pilzarten), z.B. Glomus mossae Pilz liefert Mineralstoffe, Stickstoff, Phosphor, Wasser Pflanzen liefert Assimilate (Findet die ausgekeimte Pilzspore keinen passenden Pflanzenpartner, dann Rückzug und weitere Ruhephase, bis geeignete Wurzel vorhanden) - Ectomykorrhiza: Pilze bilden ausgedehntes Mycel im Waldboden Pilze sind spezialisiert auf wenige Baumarten; umgekehrt nicht Hyphenmantel um Kurzwurzeln des Baumes, dann Einwachsen zwischen den Zellen der Rinde und starke Verzweigung= Hargtig`sches Netz; dort Nährstoffaustausch Mit dem großen Pilzmycel übernehmen die Pilze die Funktion der Wurzelhaare, die ansonsten nur Tage leben und stets ersetzt werden müssen Ectomykorrhiza schütz Baum gegen Stress und parasitische Pilze Pilz braucht Baum zur Fruchtkörper- oder Sporenbildung, z.B. Steinpilz (Boleus edulis), kann daher nicht in Kultur gezogen werden; Wirtspezifität: Birkenpilz; Lärchenporling; + spezielle Formen der Orchideen und Ericaceen Über 90% der Landpflanzen können Mykorrhizen mit geeigneten Pilzen ausbilden Flechten: Symbiose von Pilzen mit photosynthetisch aktiven Organismen (Cyanobakterien oder Algen): Photobiont und Mycobiont Sexuelle Vermehrung der Chitridiomyceten - Asexuelle Vermehrung durch bewegliche Zoosporen - Sexuelle durch Gameten ; häufig einzellig, selten querwandlose Hyphen - An feuchten Standorten; saprophytisch, aber phytopathogene Vertreter: z.B. Kartoffelkrebs Synchytrium endobioticum oder Batrachochytrium dendrobatidis: blockiert die Immunabbwehr von Amphibien, indem er die Apoptose (programmierter Zelltod) von B- und T-Lymphozyten auslöst 8. Lebensweisen der Pilze 1. Saprophytische Pilze: Substrate werden durch extrazelluläre Enzyme zur Monomeren hydrolysiert und in die Zelle aufgenommen (Induktion, Repression der Enzymbildung) Weißfäule-Pilze (bevorzugter Abbau des Lignins und Cellulose bleibt übrig) und Braunfäule-Pilze (bevorzugter Abbau der Cellulose und Lignin bleib übrig) Besonderer Fall: Hausschwamm (Serpula lacrymans); benötigt Wasser(Feuchte) nur zum Eindringen in das Holz, dann reicht das metabolische Wasser aus dem Ligninabbau Bildung von Pilztoxinen (Mykotoxine: z.B. von Aspergillus flavus = Aflatoxine) 2. Phytopathogene Pilze a) Claviceps purpurea: Mutterkornpilz b) Phytophtora infestans: Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel c) Ustilago maydis: Maisbeulenbrand
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