Jahresschlusspredigt 2015 1 P R E D I G T zum J A H R E S S C H L U S S 31.12.2015, 18.30 Klaus Eibl, Pfarrer von St. Gertrud Liebe zum Jahresschluss 2015 versammelte Gemeinde! Da es seit Jahren unserem Herrn Kardinal um den Entwicklungsprozess in der ED Wien geht: APG 2.1 „Gerufen in die Schule des Meisters“, und er mit dem ersten Adventsonntag dieses Jahres 2015 die 140 Entwicklungsräume in unserer Diözese festgelegt hat, empfiehlt es sich, über die sieben Schritte in seinem Hirtenbrief noch ein wenig zu reflektieren, nachzudenken. Wörtlich heißt es im Hirtenbrief zum Stadtdekanat 18: „Die Pfarren Gersthof, Pötzleinsdorf, St. Severin, Währing, Weinhaus bilden einen Entwicklungsraum“. Im Kommentar dazu heißt es: „Entwicklungsräume sind Regionen, in denen mehrere Pfarren ihre Mission neu entdecken. Die Selbständigkeit der Pfarre wird dadurch nicht berührt. Mission heißt Sendung: Wir sind als Christen zu allen Menschen gesendet, um ihrem HeilWerden zu dienen. Der Entwicklungsraum soll helfen, neu zu erfahren, wozu Gott uns in Dienst nehmen will. Dazu legt uns der Erzbischof in einem Hirtenbrief sieben Schritte ans Herz …“ Um die Konkretisierung dieser Schritte geht es mir in meinen Ausführungen. 1. Richten wir unser ganzes Tun an der missionarischen Dimension der Kirche aus! Entsprechend dem Auftrag Jesu in Mt 28,19f „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin BEI EUCH alle Tage bis zum Ende der Welt“ – siehe das Spruchband beim zweiten Flügel unseres Ambo in der Gertrudkirche, darstellend das zweite Testament. Entsprechend diesem Auftrag ist die Kirche eine missionarische; sie geht hinaus und wartet nicht, bis jemand kommt. Und wenn wir statt KIRCHE WIR einsetzen, ist jede und jeder von uns betroffen, denn: Wir sind Kirche. Ich bin, jede und jeder von uns ist angesprochen: Mission ist Sendung. Wir sind gesendet, wir sind geschickt zu den Menschen als Getaufte, als Gefirmte, selbstverständlich auch als Geweihte. Daher die Fragen von Kardinal Schönborn: Entspricht unser Handeln unserer Mission? Dient es der Sendung der Kirche? Wofür nutzen wir unsere Ressourcen, unsere Begabungen, unsere Fähigkeiten? Wie leben wir die Grundfunktionen jeder christlichen Gemeinde: Liturgie, Caritas, Verkündigung? Wie ist unser Engagement in Bezug auf Flüchtlinge, auf die Armen? Wie ist unser Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung? – Wir sind mitverantwortlich, dass die Menschen und die ganze Schöpfung h e i l wird. Christliche Mission betrifft alle Dimensionen kirchlichen Handelns; daher die konkrete Frage an mich, an uns: Dient das, was ich tue, dem Heil-Werden der Menschen? 2. Teilt das Wort Gottes regelmäßig in euren Teams, Gruppen, Treffen und handelt gemeinschaftlich danach! Das II. Vatikanische Konzil (1962-1965) hat eine eigene Konstitution über das Wort Jahresschlusspredigt 2015 2 Gottes (Dei verbum) verabschiedet. In der katholischen Kirche wurde in der Vergangenheit Gottes Wort mitunter stiefmütterlich behandelt – das Sakrament, die Eucharistie, stand an erster Stelle (auch im deutlichen Gegensatz zu den Kirchen der Reformation). Das Konzil hat auf die Gleichrangigkeit von Wort Gottes und Sakrament hingewiesen. Das haben wir bei der Raumgestaltung der Gertrudkirche auch sinnenfällig gemacht: Tisch des Wortes – Tisch des Brotes in gleichrangigen Brennpunkten einer gedachten Ellipse. Ist die Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes auf regelmäßige oder gelegentliche Mitfeiern der Gottesdienste beschränkt, oder nehmen wir öfters die Bibel zur Hand – allein, in der Familie, in Gruppen -, um über die Inhalte nachzudenken und mit unserem nfrontieren? Kardinal Schönborn lädt uns aktuellen Leben zu konfrontieren? Kardinal Schönborn lädt uns dazu ein, ja er fordert uns geradezu auf, das Wort Gottes zu teilen. 3. Nehmt als Engagierte aus den Pfarren bzw. Gemeinden an einem Glaubenskurs im Entwicklungsraum teil! Weiterbildung ist in allen Bereichen unseres Lebens vonnöten, ansonsten gäbe es keinen Fortschritt. Nur im Glauben meinen wir oft, dass das, was wir im Religionsunterricht einmal diesbezüglich gelernt haben, reiche für ein ganzes Leben. Wenn ich an die Skripten meiner Studienzeit zurückdenke, dann könnte ich heutzutage nur wenig damit anfangen. Es braucht die Herausforderung, auch die Herausforderung im Glauben. Gerade in Glaubensfragen sind wir oft sprachlos, weil wir uns zu wenig und zu selten mit Fragen des Glaubens auseinandersetzen. Ich staune über die gelegentliche Aussage von Gesprächspartnern: „Mir nimmt nichts und niemand meinen Glauben weg“. Als ob Glaube ein Besitz wäre, den ich habe oder nicht habe; Glaube ist – gerade im persönlichen Bereich – dynamisch, vielen Verunsicherungen ausgesetzt; um den Glauben muss ich gelegentlich ringen. Und das geht sicher gemeinsam, in einer Gruppe, in einem Glaubenskurs leichter. Dabei geht es – mit den Worten unseres Kardinals – um einen fruchtbaren Austausch über den Glauben, unsere Hoffnungen, aber auch um die Fragen und Unsicherheiten des Lebens. 4. Wagt gemeinsam Neues und setzt Schritte, um als Gemeinde in die Breite und in die Tiefe zu wachsen! Viele Menschen, wenn nicht alle, denken und handeln nach einem gewissen Beharrungsprinzip; oder wie es mir im Jahr 1992 ein Pfarrer in Köln ins Gesicht geschleudert hat: „Wir in Köln sind konservativ: wir bewahren das Gute“. Diese Antwort habe ich bekommen, weil ich bedauernd feststellte, dass es in der Wochentagskapelle des Domes keinen „Volksaltar“ gebe. Solange wir nur auf Althergebrachtem verharren, wird es keinen Fortschritt geben; solange für uns nur die Tradition zählt, wird es keine Veränderung geben und schon gar kein Wachstum der Gemeinde an Zahl und Tiefe. Eine Anleihe von der anglikanischen Kirche nehmend empfiehlt Kardinal Schönborn, über sieben Merkmale einer vitalen Gemeinde nachzudenken und für die eigene Gemeinde zu konkretisieren: Wir schöpfen Kraft aus dem Glauben; richten den Blick nach außen; fragen nach Gottes Willen heute; Jahresschlusspredigt 2015 3 wagen Neues und wollen wachsen; handeln als Gemeinschaft; schaffen Raum für alle; konzentrieren uns aufs Wesentliche. 5. Versammelt euch einmal mit den anderen kirchlichen Orten im Entwicklungsraum! In dieser Hinsicht ist – ausgehend von unserem Dechant Dr. Rodt – viel Vorarbeit geleistet worden. Seit vielen Jahren gibt es bei uns eine Pastoralen Dekanatsrat, in dem alle wichtigen Gruppen und Einrichtungen einschließlich Bezirksvertretung, Caritas, Ökumene, Vikariatsrat eingebunden sind. Außerdem hat es im Vorfeld dieser Strukturreform mehrere gemeinsame Treffen der Pfarrgemeinderäte im Dekanat – sprich neuestens: Entwicklungs- raum - gegeben, sodass wir in dieser Richtung nur noch weiterzuarbeiten brauchen, um uns noch besser zu vernetzen. 6. Schafft durch Zusammenarbeit Freiraum für Neues! Da es in jeder Pfarre bzw. Gemeinde besondere Charismen gibt, könnten diese auch anderen zur Nutzung angeboten werden. Da braucht nicht mehr jede Gemeinde das komplette Pastoral- programm zu bieten, sondern eben nur das, was eine Gemeinde – aufgrund der eigenen personalen Ressourcen – an besonderen Schwerpunkten für andere anbieten kann. Damit könnten Freiräume geschaffen werden, in denen Neues wachsen kann, in denen Zeit gewonnen wird für Kreativität. Darüber hinaus legt unser Herr Kardinal großes Gewicht auf die Sorge um die jungen Menschen. Neben der Sorge um neue Ausdrucksformen des Christseins, des Betens, des Glaubens und des Engagements für die Welt, brauchen gerade junge Leute Freiräume, brauchen Rückhalt, brauchen Wegbegleitung. Die Jugendlichen von heute sind die Erwachsenen von morgen, die Gemeinden leiten, begleiten werden auch in geistlichen und kirchlichen Berufen, um die wir uns annehmen mögen. Eine weitere Chance des Entwicklungsraumes ist die Möglichkeit, nicht nur in der Pastoral, sondern auch in der Verwaltung Synergien zu schaffen, die zu mehr Freiraum verhelfen werden. 7. Macht Schritte auf dem Weg zu Pfarre NEU! Auch wenn sich im Augenblick nichts zu ändern scheint, hat es doch einleitend geheißen: „Die Selbständigkeit der Pfarre wird dadurch nicht berührt“, so führt der Weg über die Seelsorgeräume oder die Pfarrverbände hin zum eigentlichen Ziel des Entwicklungsprozesses: der Pfarre NEU, die eben aus mehreren Pfarren und Gemeinden gebildet wird. Sich darauf schrittweise aber doch zielgerichtet vorzubereiten, ist Aufgabe der nächsten wenigen Jahre, denn: die Zeit drängt. Strukturreformen sind gut, solange sie aktualisiert werden und nicht durch Zaudern überholt werden. Jahresschlusspredigt 2015 4 Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Neben diesen Entwicklungsräumen und der Vision der Pfarre NEU werden vonseiten der Diözese mannigfache Hilfen für den Weg dahin angeboten, die nach Maßgabe von Zeit und Mitteln auch angenommen werden mögen. Unterstützung von diözesanen Dienststellen gibt es: - im Gebet - durch Begleitung - durch Ressourcen - durch Materialien - durch weitere Angebote zum Diözesanprozess. Dem Herrn Kardinal ist es wichtig, dass sich alle Gemeinden in den kommenden Monaten bis zur PGR-Wahl 2017 auf den Weg machen. Abschließend verweist Kardinal Schönborn nochmals auf die grundlegenden Merkmale des Diözesanen Entwicklungsprozesses APG2.1. Dabei geht es - um einen geistlichen Prozess - um einen missionarischen Prozess - um einen partizipativen Prozess - um einen vernetzten Prozess. Der Heilige Geist möge uns anleiten, dass wir – als Pfarre St. Gertrud – gut unterwegs sind. Mit dem Dank an Gott für alles Vergangene legen wir die Zukunft am Beginn des Jahres 2016 getrost in seine Hand. Amen. Jahresschlusspredigt 2015 5 Als Einleitung zu den Fürbitten wird die kirchliche Statistik vorgetragen: STATISTIK 2015 2014 Taufen 20 28 Taufgespräche 55 58 Trauungen 2 2 Trauungsgespräche 11 12 Silberhochzeit 1 0 Goldene Hochzeit 0 1 Diamantene Hochzeit 1 1 Kommunionkinder 9 13 Neugefirmte 10 9 Konversionen 0 0 Wiedereintritte 4 4 Begräbnisse 33 40 etwa 77 etwa 103 Kirchenaustritte
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