MESSEN UND PRÜFEN Optische Techniken 66 MIKROSKOPBASIERTES MESSSYSTEM FÜR AUTOMATISIERTE PARTIKELANALYSE Saubere Bauteile Kontaminationsempfindliche Produkte und Bauteile für das Transportwesen, die Mikroelektronik und das Gesundheitswe sen unterliegen äußerst strengen Sauber keitsanforderungen. In der Automobil branche hat es sich bewährt, den in VDA 19 [1, 2] und ISO 16232 festgelegten Richtlinien für die quantitative Bestim mung der Partikelverschmutzung auf Baugruppen und Bauteilen zu folgen. Es gibt verschiedene Methoden zur Sauberkeitsvalidierung, die den Sauber keitsgrad über einen quantitativen Ansatz mit Partikelanalyse bestimmen. Die Über prüfung erfolgt WW direkt durch eine Untersuchung der Bauteiloberflächen ohne Partikelex traktion oder WW indirekt durch die Extraktion der Par tikel von den Bauteiloberflächen. Bei der indirekten Methode werden die Partikel mithilfe unterschiedlicher Ex traktionsverfahren wie z. B. Beschallung, Druckspülen oder Schütteln von den Bauteiloberflächen entfernt und auf einen Membranfilter transferiert. Dazu wird beispielsweise die Extraktionsflüssigkeit filtriert. Für die anschließende Partikelanalyse kommen verschiedene Verfahren infrage. Je nach Größe und Materialeigenschaften der Partikel werden Lichtmikroskopie, Raster-Elektronenmikroskopie (SEM) oder energiedispersive Röntgenspektros kopie (EDS) eingesetzt. Es gibt mehrere grundlegende Kontaminationsarten [3, 4]: WW partikuläre Verschmutzungen: unbe lebt und anorganisch, z. B. Rückstände eines Herstellungsprozesses wie Ab rieb- bzw. Schleifpartikel oder Staub aus der Arbeitsumgebung, oder biolo gisch und organisch, z. B. Bakterien, Schimmel, Sporen, Hautschuppen oder Zellfragmente; WW molekulare Verunreinigungen: organi sche und anorganische Filme wie z. B. Rückstände von Zusatzstoffen, die im Laufe des Herstellungsprozesses beige geben werden (Tieftemperatur schmierstoffe, Konservierungsmittel), oder Fingerabdrücke. Für die abbildende Partikelanalyse ist die Lichtmikroskopie sicherlich das am wei testen verbreitete Verfahren. Im Hinblick auf Anforderungen der Sauberkeitskont rolle ist sie im Vergleich zu anderen Me thoden mit den geringsten Investitionen verbunden. Auch in puncto Analysege schwindigkeit schneidet sie mit am besten ab. Die Verfahren SEM und EDS werden P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 P8 P9 P 10 Partikel 10 69 Partikel 9 100 1148 417 84 0 1151 462 73 Partikel 1 1172 427 86 Partikel 2 1172 417 86 Partikel 3 1178 420 93 Partikel 4 1180 428 91 Partikel 5 1183 407 83 Partikel 6 1187 405 97 Partikel 7 1188 397 83 Partikel 8 1194 404 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 Höhe (µm) Breite (µm) Länge (µm) Bild 1. Analyse standardisierter Partikel. Die Partikelhöhe wird aus dem Unterschied zwischen den beiden Höhenwerten (Z-Werte) ermittelt. © Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 60 (2015) 6 © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit Die technische Sauberkeit von Bauteil oberflächen lässt sich auf verschiedene Weise ermitteln. Bei der indirekten Me thode werden die Partikel extrahiert und mit mikroskopbasierten Messsys temen analysiert. Damit können der Reinheitsgrad und die Wirksamkeit der Partikelreinigung überprüft werden. Optische Techniken MESSEN UND PRÜFEN 67 Literatur 50 < x < 100µm 26 Partikelgröße (x) Umfang 100 < x < 150µm © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit 130 21 3 150 < x < 200µm 2 200 < x < 400µm 6 7 0 400 < x < 600µm 5 0 600 < x < 1000µm 1 0 1000µm < x 0 2 0 10 20 Nicht gereinigt 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 Gereinigt Anzahl der Partikel Bild 2. Partikelanalyse vor und nach der Reinigung. Für die Sauberkeitsüberprüfung wurde ein indirektes Verfahren angewendet. Die Reinigungsmethode reduziert deutlich die Partikel im Bereich von 50 bis 600 µm auf der Bauteiloberfläche. eher für anspruchsvolle Forschungsaufga ben wie Ursachenforschung eingesetzt, für die detailliertere Informationen wie z. B. die elementare Zusammensetzung der Partikel benötigt werden. Für die Partikelerkennung stellt die optische Auflösung des Mikroskops den begrenzenden Faktor dar. Kann ein Parti kel rein optisch nicht aufgelöst werden, weil seine Dimensionen die Auflösungs grenze unterschreiten, ist auch keine Dif ferenzierung der einzelnen Partikelmerk male möglich. Die Auflösung R eines Objektivs hängt von der Wellenlänge λ des zur Beleuch tung der Probe dienenden Lichts sowie von der numerischen Apertur des Objek tivs (NA = n sin α) ab: R= 0.6 λ NA Dabei stellt n die Brechzahl des Mediums des Immersionsobjektivs dar und α den halben Öffnungswinkel des Lichtkegels, der in das Objektiv eintritt bzw. dieses ver lässt [5, 6]. Zur genauen Erkennung der Partikel ist ein ausreichender Kontrast der Parti kelhelligkeit gegen den Membranfilterhin tergrund ausschlaggebend. Nach Einstel lung eines Schwellenwerts anhand eines gut definierten Grauwerts kann eine Ana lyse der im Bild erfassten Partikel mittels Binarisierung erfolgen. Jahrgang 60 (2015) 6 Ein Extrembeispiel bilden weiße Partikel auf weißem Hintergrund. Hier ist es äu ßerst schwierig, einen Grauwert zu finden, der eine Unterscheidung der Partikel zu lässt. Daher ist in diesem Fall eine auto matisierte Analyse beinahe unmöglich. Für viele Bauteile in der Automobilin dustrie gelten hohe Anforderungen in Be zug auf die Partikelverschmutzung. Je nach Bauteil könnten bestimmte Partikel kritisch sein und Schäden verursachen. In vielen Fällen werden sogar zusätzliche Prüfungen durchgeführt, um die schädli che Wirkung unterschiedlich großer Par tikel systematisch zu untersuchen. Für diese Prüfungen werden Partikel mit einer möglichst gut definierten Mor phologie benötigt. Die Partikel wurden mit dem System Leica Cleanliness Expert, bestehend aus dem Lichtmikroskop DM2700M und der Software Cleanliness Expert, analysiert. Die kleinste zuverlässig detektierbare und analysierbare Partikel größe beträgt 5 μm. Zur Charakterisierung solcher Parti kel wurden Länge und Breite durch auto matisierte Softwareanalyse ermittelt, die Partikelhöhe wurde durch eine zusätzli che manuelle Analyse gemessen. Zur Hö henmessung (Z-Wert) wurde ein Lichtmi kroskop mit einem Objektiv mit geringer Schärfentiefe eingesetzt. Durch Fokussierung auf einen Punkt im Filterhintergrund und dann auf den höchsten Punkt des Partikels konnte die 1 Rochowitz, M.: Unsichtbare Qualitätsgröße. In: QZ Qualität und Zuverlässigkeit 60 (2015) 3, Carl Hanser Verlag, München 2 Rochowicz, M.: Große Schritte für die Technische Sauberkeit. Journal für Oberflächentechnik (JOT), Vol. 53, iss. 16 (June 2013), S. 10–11 3 Kreck, G.; Holzapfel, Y.: Reinheitsvalidierung von kontaminationskritischen Produkten. reinraum online, 20 Dec. 2012, reinraum printline, Jan. 2013, S. 4–9 4 Gail, L.; Gommel, U.; Hortig, H.-P.: Reinraumtechnik, 3rd Edition, Springer, Berlin, Heidelberg, 2012 5 Cremer, C.: Lichtmikroskopie unterhalb des Abbe-Limits. Lokalisationsmikroskopie, Physik In Unserer Zeit, Band 42, Heft 1, Januar 2011, S. 21–29, DOI: 10.1002/piuz.201101251 6 Borlinghaus, R.T.: Super-Resolution – On a Heuristic Point of View About the Resolution of a Light Microscope. Leica Science Lab; www.leica-microsystems.com/sciencelab/super-resolution-on-a-heuristicpoint-of-view-about-the-resolution-of-alight-microscope (Letzter Zugriff: 29.4.2015) QZ-Archiv Diesen Beitrag finden Sie online: www.qz-online.de/1019651 Partikelhöhe aus dem Unterschied zwi schen den beiden Z-Werten ermittelt wer den (Bild 1). Die Wirksamkeit der Reinigungsme thode wurde durch einen Vergleich der Sauberkeitsanalysenergebnisse für ein nicht gereinigtes und ein gereinigtes Bau teil überprüft (Bild 2). Beide wurden dem indirekten Validierungsprozess unterzo gen. q James A. DeRose, Leica Microsystems; Yvonne Holzapfel, Guido Kreck und Markus Rochowicz, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) OO Leica Microsystems GmbH Anja Schué T 06441 29-2201 [email protected] www.leica-microsystems.com www.qz-online.de © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden.
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