Unterdorf 57 CH- 5703 SEON Tel: +4176 341 26 39 E-Mail: [email protected] Frühlingstörn Kos - Athen 05. - 14. Mai 2015 Segeln hat ja viel mit überraschenden Situationen zu tun, die das Ganze eben spannend und anspruchsvoll machen. Die erste Überraschung – eine bürokratische – war aber dann doch zu viel des Guten. Die zweite – ein dreitägiger Sturm - gehört in diesem Segelgebiet allerdings eher zu den möglichen Anforderungen. Unsere Oldie-Crew (Lindi und Lucien) packte alles positiv an, so dass es am Ende doch noch eine erfolgreiche Segelreise wurde. . Wir dürfen nicht absegeln! „No, you cannot sail, you have no transitlog“ sagte der Zollbeamte, als wir endlich im zweiten Versuch am Montag im Zollbüro vorsprachen. Die Woche vorher konnte der anwesende Beamte unsere Yacht nicht im Computersystem finden und wegen dem 1.Mai, verzögerte sich alles nochmals um 4 Tage. Lange Gesichter bei Lindi und Lucien, die nun schon einen Tag warteten und endlich mit dem schönen Wind, der vor der Marina Kos blies, Richtung Athen segeln wollten. Was war geschehen? Letzten Herbst hatte ich das alte Transitlog vorschriftsgemäss beim Zoll abgegeben, allerdings war es das zweite Zollbüro, das für Ausreisen in die Türkei zuständig war. Die Beamtin nahm das Log entgegen, schaute kurz rein und fragte, wo wir die Sarabella liegen hätten. „We leave it Kos Marina over winter“, antwortete ich. „OK, you can go“, meinte sie. Hier geschah Fehler Nummer eins: -1- Die Beamtin hätte unser Boot unter Zollverschluss nehmen müssen, damit die erforderliche 6-monatige Karenzzeit zur Erlangung des neuen Logs im nächsten Frühling eingehalten ist. Das vermaledeite Transitlog mit dem falschen Ausreisestempfel Als wir nun im (richtigen) Zollbüro standen, erklärte mir der Beamte, ich hätte letzten Herbst eine Woche vor Abgabe, in für die Türkei ausklariert, dabei waren wir an diesem Tag in Kos und konnten dies mittels Hafenquittung und Logbuch beweisen. Wie dieser Stempel in mein Transitlog kam, ist bis heute in Rätsel! Und damit war der Fehler übersehen worden und das Log wurde ins Hauptbüro nach Piraeus geschickt. Damit war die Kacke am Dampfen und die Sarabella war unter Zollverschluss. Wir durften nicht absegeln! Wir wurden auf eine „Anhörung“ auf Dienstag vertröstet. Um es kurz zu machen: Nach drei Stunden konnte ich das neue Transitlog von Yannis dem Agenten für solche Zollgeschichten, entgegen nehmen. Kostenpunkt: 325 Euro Busse (wofür??) und 30 Euro für das Papier. Dass alles ohne Quittung ablief, muss ich wohl nicht erwähnen. Ab nach Pserimos! Aber jetzt hielt uns nichts mehr, da es nun schon Dienstag Mittag war und „nur“ noch schnell die defekte, kaum drei Monate alte (!) Elektrotoilette, durch die manuelle Version ersetzt werden musste. Zollverschluss Am nächsten Tag glaubten uns zwar die Beamten – die Beweise waren einleuchtend und erdrückend – aber für die Schreibtischtäter in Piraeus waren sie weder schlüssig noch von Bedeutung. Das bedeutete, sie mussten eine Geschichte erfinden, wie diese Fehler passieren konnten. Zum Glück half mir Christos, der als Basisleiter für das Boot verantwortlich war. Ich sass da wie begossener Pudel und über meinen Kopf hinweg wurde – wohlverstanden in Griechisch – mit viel Brimborium, Hände verwerfen und offensichtlichen Flüchen das Ganze zu Papier gebracht. Die (zweite) elektrische WCPumpe hat den Winter nicht überlebt. Sie war nur drei Monate in Gebrauch! Es muss wieder von Hand gepumpt werden. Endlich können wir segeln! Lindi ist am Steuer. Nach nur 2 Stunden gemütlichem Segeln legen wir als einziges Boot längsseits im kleinen Hafen von Pserimos an und genossen den ersten Apéro. Was für ein Saisonstart! Endlich habe ich das ersehnte Transitlog, nur sind wir € 365 ärmer. -2- Damit hatten wir die letzte Insel der Dodekanes Gruppe erreicht. Ab morgen werden wir mit dem Ziel Amorgos zu den Kykladen wechseln. Die Kykladen empfangen uns sanft Als wir von Levitha absegelten, wussten wir noch nicht, dass dies der letzte Leichtwindtag gewesen sein sollte. Der erste Apéro an Bord in Pserimos. Die 40 Meilen bis Amorgos verliefen teils unter Segel (25 sm) oder Motor ereignislos. Ohne Probleme legten wir Katapola an. Doch schon der nächste Morgen liess ahnen, dass es nun zur Sache gehen wird. Bevor wir aber beim Rausfahren die Segel setzen konnten, winkte uns ein Fischer wild mit seinen Armen. Zuerst dachten wir, er wollte uns Fische verkaufen, aber sein Zeichen war eindeutig: er hatte einen Motorenschaden und treib trotz heftigem Rudern unweigerlich auf die Felsen zu. Also nahmen wir ihn in den Schlepptau zurück in den Hafen. Wir sind die Einzigen in Pserimos. Wir verlassen die Dodekanes Am nächsten Morgen nahmen wir die 25 Meilen zur „Schäflein“-Insel Levitha unter den Kiel, was wir bei angenehmen drei Beaufort spielend schafften. Verwundert waren wir allerdings, als wir hier zehn Boote, an den vom einzigen Wirt der Insel gelegten Bojen, antrafen. Wir holten uns diesmal die Schafsklösse (meatballs) aus der Küche und kochten an Bord, da wir unseren Gästen den mühsamen und steinigen Weg zur Taverna ersparen wollten. Wir retten einen Fischer mit Motorschaden und schleppen ihn zurück in den Hafen von Amorgos. Ios rettet uns vor dem ersten Starkwind Kaum hatten wir von Amorgos abgelegt, frischte der Wind auf 15 Knoten auf. Doch wir hatten Glück: Obwohl Nordwind herrschte, konnten wir die Insel Ios mit eiWir hängen uns an eine Boje bei Levitha. -3- nem Amwindkurs von 330 Grad ohne aufkreuzen zu müssen, anlegen. Den heutigen Apéro genossen wir verdientermassen! Sollte es so weitergehen? Es sollte und es kam noch viel dicker! Serifos: Wir werden eingeweht Lucien geniesst das Steuern bei 20 Knoten. Nach zwanzig Meilen frischte es nochmals fünf Knoten auf und wir reduzierten erneut die Segelfläche. Ziemlich erschöpft erreichten wir nach 54 Meilen den Hafen von Ios. „Wie sollen wir anlegen?“, fragte die Crew sorgenvoll, als es bei der Anfahrt mit 25 Knoten Gegenwind bliess. „Keine Sorge“, meinte ich, „nach der Hafenecke ist der Wind weg“. Die Windgrenze liegt kaum 50 Meter vor unserem Anlegeplatz in Ios. Die Prognosen verhiessen, das, was in den Kykladen des öftern vorkommt. Der Nord- oder Nordwestwind nimmt Sturmstärke an. Muss man dann noch gegenan segeln, muss man entweder ziemlich masochistisch veranlagt sein und eine Mannschaft haben, denen solche Strapazen nichts ausmacht. Nun Lindi mit ihren 77 und Lucien mit seinen 87 Jahren war das eindeutig zu viel, was natürlich verständlich war. Folglich segelten wir so lange wie wir konnten nach Norden, d.h. bis Serifos und hatten das Glück uns an eine der stärksten Mooringbojen hängen zu können. Sie wird in den nächsten vier Tagen Windböen bis 50 Knoten (ca. 100 km/h) aushalten müssen. Der kleine Hafen war voll und für unseren Tiefgang nicht geeignet. Ein solcher Wind, ähnlich dem Meltemi, der aber normalerweise nur im Sommer bläst, war für diese Jahreszeit sehr aussergewöhnlich. Die Isobarenkarte (s. unten) zeigt es aber deutlich. Wir sassen zwischen einem Tiefdruckgebiet im Süden und einem kalten Hoch über Russland, das Nordwind brachte. Und tatsächlich, kaum waren wir im geschützten Hafenteil hinter den Häusern, konnten wir mit Buganker am Steg anlegen. Die Isobarenkarte zeigt es deutlich: wir sind zwischen einem Hoch über Russland und einem Tief über der Südtürkei eingeklemmt. Ios Hafen im Nachtlicht der untergehenden Sonne. -4- von den Beinen geweht und konnten das kochende Meer ehrfurchtsvoll betrachten. „Zum Glück sind wir geblieben“, meinten sie einstimmig, obwohl sie als gestandene Segler schon viel erlebt hatten. Eine kleine Schicksalsgemeinschaft an der Mooringbojen Serifos: Ann und Alan mit ihrer Malö und die Sarabella im Hintergrund. Wer nun glaubt, dass dies Anlass zu Trübsal blasen wäre, kennt Griechenland nicht. Erstens gibt es bei solchen Windverhältnissen jeden Abend Hafenkino, wenn wieder neue Boote anzulegen oder zu Ankern versuchen. Es ist manchmal schon himmeltraurig, wie wenig Seemannschaft vor allem die Chartercrews an den Tag legen. Den Vogel schoss aber ein australisches Ehepaar ab, die am ersten Tag zwei Stunden zu ankern versuchten und am nächsten Tag bei der Hafeneinfahrt (ohne Leinen und Fender!) dem Nachbarboot das halbe Rigg abrasierten und ihre Selbststeueranlage zertrümmerten. Der Hauptort hoch oben am Berg. Zweitens gibt es auf diesen Inseln immer was zu entdecken: Den am Berg oben gelegenen Hauptort (die „Chora“) ein reizendes Dörflein mit typisch kykladischer Ambiente (blaue Häuser, schmale Gassen, gastfreundliche Leute). Die „Chora“ und eine typische Ecke mit orthodoxer Kapelle. Die Aussicht von der Bergspitze des Hauptorts und das kochende Meer im Hintergrund. Lucien und Lindi fuhren mit dem Dorfbus hoch, genossen die Aussicht, wurden fast -5- Es wurde uns folglich in den vier Tagen kaum langweilig, wenn wir nicht mit dem Dinghi an Land gingen, lasen wir (Lindi: „Endlich habe ich Zeit zum Lesen“) oder kommunizierten via WhatsApp (Wifi aboard sei Dank) mit der Familie zu Hause. Ein Abschluss nach Mass Nach vier Tagen war der Spuk vorbei, die Boje hatte gehalten und am letzten Abend konnten wir in Ruhe an Land essen gehen. Nach zwei Stunden unter Motor ankerten wir für den Mittagshalt in Kythnos in der Bucht mit der heissen Quelle und Regi und Lindi genossen das Bad in der Steinbadewanne. Das heisse Bad in der Quellen-Steinbadewanne. Wir geniessen nach vier Tagen das Essen an Land. Am Donnerstag früh lösten wir die Leinen und fuhren unter Flaute aus der Bucht von Serifos, kurvten um die Südecke und nahmen Kurs auf das 40 Meilen entfernte Athen. Nach einer Stunde hievten wir den Anker und segelten bald schon unter Gennaker an Kea vorbei. Jetzt waren es noch sieben Meilen bis zur Marina in Lavrion. Am Donnerstag Abend legten wir nach 245 sm in der Olympic Marina in Lavrion bei Athen an. Unsere Segelstrecke: Kos – Pserimos – Levitha – Amorgos – Ios – Serifos – Kythnos - Athen -6-
© Copyright 2024 ExpyDoc